Was haben Piloten und Verkäufer gemeinsam? Auf den ersten Blick scheinbar nichts! Denn im Gegensatz zu Piloten müssen Verkäufer keine Maschinen durch die Lüfte steuern, um ihr Ziel zu erreichen. Trotzdem haben beide Berufe viel gemeinsam.
Verkäufer und Piloten sind zum Beispiel in den entscheidenden Momenten ihrer Tätigkeit allein. Sie müssen komplexe Situationen mit allen Sinnen erfassen und intuitiv die richtigen Entscheidungen treffen. Das gilt für Verkäufer im Gespräch mit Kunden und Piloten im Cockpit gleichermaßen.
Für beide Berufe gilt zudem: Ohne ein solides Know-how kann man sie nicht erfolgreich ausüben. So muss zum Beispiel bereits der Pilot einer kleinen Propellermaschine ein gewisses technisches Know-how haben. Er muss zudem wissen, wie man ein Flugzeug sicher zum Zielort fliegt. Deutlich mehr Fachwissen und fliegerisches Können benötigt jedoch ein Jet-Pilot.
Ähnliches gilt für das Verkaufen. Auch hier gibt es gewisse Eigenschaften und Grundfertigkeiten, die jeder Verkäufer braucht – unabhängig davon, was er verkauft. Doch je komplexer die Produkte und Leistungen sind, umso mehr fachliches und verkäuferisches Know-how müssen deren Verkäufer haben. Sonst können sie den Verkaufsprozess nicht so gestalten, dass der Kunde am Ende sagt "Ja, das will ich haben".
Sich auf den "Flug" vorbereiten
Je komplexer das Produkt ist und je vielschichtiger die Kundenerwartungen sind, umso gezielter muss sich ein Verkäufer auch auf Kundengespräche vorbereiten. Ein Brötchenverkäufer muss zwar auch gewisse vorbereitende Arbeiten erfüllen – zum Beispiel seine Ware so präsentieren, dass sie Kunden anspricht. Doch weit umfassender ist die Gesprächsvorbereitung bei solchen technischen Gütern wie Heizungs- und Solaranlagen oder so erklärungsbedürftigen Produkten wie Bauspar- und Wartungsverträgen.
Für ihre Verkäufer gilt: Sie müssen sich vor Kundengesprächen umfassend über den Kunden informieren, damit sie im Vorfeld bereits ahnen: Welchen Bedarf könnte er haben? Und: Welche Produkte/Leistungen sind deshalb voraussichtlich für ihn interessant? Denn nur dann können sie die Flugroute, also das Verkaufsgespräch realistisch planen.
Ähnlich verhält es sich beim Fliegen. Je komplexer ein Flugzeug ist, umso mehr Vorbereitung bedarf der Flug. Und umso wichtiger ist es vorab, den gesamten Flug gedanklich durchzuspielen – unter anderem, um zu checken, ob alle Voraussetzungen gegeben sind, um das Ziel sicher zu erreichen; des Weiteren um zu ermitteln: Mit welchen "Turbulenzen" muss ich auf dem Flug rechnen und wie kann ich diese meistern?
Hochkonzentriert starten und "landen"
Doch damit sind die Parallelen nicht erschöpft. Selbst Nicht-Piloten wissen heute: Das Starten und das Landen sind die gefährlichsten Phasen beim Fliegen. Hier muss der Pilot – trotz aller technischen Hilfsmittel – hochkonzentriert sein, um keine folgenschweren Fehler zu begehen. Dasselbe gilt für Verkaufsgespräche. Auch hier sind die "Start-" und "Landephase" für den Erfolg eminent wichtig. Denn in der Startphase, wenn sich Kunde und Verkäufer erstmals persönlich gegenüber stehen, formt sich der Kunde anhand des Auftretens des Verkäufers – oft binnen weniger Sekunden – einen ersten Eindruck von ihm. Und von diesem Eindruck hängt es ab, wie viel Vertrauen und Sympathie er dem Verkäufer entgegen bringt. Und dies entscheidet wiederum weitgehend darüber, wie das Verkaufsgespräch verläuft.
Also muss ein Verkäufer der Startphase – ähnlich wie ein Pilot – besondere Beachtung schenken. In ihr muss er all seine Energien mobilisieren, damit er bei dem Kunden einen Top-Ersteindruck macht. Dasselbe gilt für die "Lande-", sprich Abschlussphase. In ihr muss der Verkäufer sozusagen alle Antennen ausgefahren haben, damit er wahrnimmt: Welche Signale sendet der Kunde aus? Und: Was gilt es noch zu tun, damit Kunde tatsächlich sagt "Ja, das will ich haben"? Sonst ist die Gefahr groß, dass der "Flug" – selbst wenn er bisher reibungslos verlief – mit einer Bruchlandung endet, und der Kunde gegen Ende des Verkaufsgesprächs zum Beispiel sagt "Ich lasse mir das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen" und auf Nimmerwiedersehen verschwindet. Dann war alle Liebesmühe vergebens.
Regelmäßig checken: Ist der "Kurs" noch richtig?
Wie gut und sicher die Landung gelingt, hängt beim Fliegen auch davon ab, was der Pilot tut, bevor der Landeanflug beginnt – also das Flugzeug noch über den Wolken "schwebt". In dieser Phase muss er immer wieder checken: Befinden wir uns noch auf dem richtigen Weg zum Ziel? Ist technisch alles okay? Und bevor er zum Landanflug ansetzt, muss er erkunden: Ist die Ladenbahn frei oder stehen noch Hindernisse im Weg?
Ähnlich ist es beim Verkaufen. Auch hier muss der Verkäufer im Verlauf des Gesprächs regelmäßig checken: Befinde ich mich noch auf dem richtigen Weg? Zum Beispiel, indem er dem Kunden Fragen stellt wie:
"Entspricht diese Lösung grundsätzlich Ihren Vorstellungen?" Oder:
"Ist dieser Vorschlag mit Ihrem Budget vereinbar?"
Denn dann können eventuelle Hindernisse, die einem Vertragsabschluss noch im Wege stehen, noch beseitigt werden – bevor der Verkäufer zum Landeanflug "ansetzt".
Profis fallen nicht vom Himmel
Für das Fliegen und für das Verkaufen gilt: Wer ein echter Profi werden möchte, muss üben, üben und nochmals üben. Deshalb setzen sich sogar erfahrene Piloten immer wieder in einen Flugsimulator, um zu trainieren. Das Ziel hierbei: Sie wollen eine solche Routine auch im Umgang mit kritischen Situationen entwickeln, dass sie, wenn diese tatsächlich auftreten, ihre Maschine trotzdem sicher landen können. Top-Piloten reflektieren zudem nach jedem Flug, was gut und was weniger gut lief, um hierfür abzuleiten, was sie künftig noch besser machen könnten.
Entsprechendes gilt für Spitzen-Verkäufer. Auch sie wissen: Spitzenleistungen im Verkauf fallen nicht vom Himmel. Sie sind das Ergebnis einer systematischen Entwicklung der eigenen Kompetenz. Deshalb schulen auch sie regelmäßig ihr Können und Know-how. Außerdem checken sie regelmäßig, was sie noch besser machen könnten – damit sie nicht nur ein Spitzen-Verkäufer sind, sondern dies auch bleiben. (oe)
Der Autor Ralph Guttenberger ist geschäftsführender Gesellschafter des Trainings- und Beratungsunternehmens Kaltenbach Training. Der Diplom-Ingenieur für Luftfahrttechnik war vor seiner Beratertätigkeit unter anderem Jet-Pilot und Kommandant einer Fliegerstaffel.
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