Ein umstrittenes Thema

Was taugt Motivation durch Anreize?

11.02.2011
Wichtiges Führungsinstrument oder Jahrhundert-Irrtum? Barbara Hess-Häusler geht der Frage nach.
Foto: HAG GmbH

Mehrere verhaltenspsychologische Studien zum Thema Motivationsanreize und Leistungsbereitschaft belegen: Die Aussicht auf Belohnung schwächt die natürliche Handlungsmotivation von Menschen. Das ist in Zeiten zum Teil emotional geführter Debatten um Mindestlöhne einerseits und überzogen wirkende Gehälter andererseits eine provokante These, die von Gegnern hoher Boni ebenso instrumentalisiert werden kann wie von Verteidigern von Lohndumping und Null-Euro-Jobs. Gibt die Verhaltensforschung diesen Ansätzen Recht; müssen wir im Interesse einer motivierten, leistungsstarken Gesellschaft Geld und Leistungsanreize abschaffen? Nein, sagt der Ökonom Uri Gneezy von der UC San Diego. Aber wir müssen begreifen, wie Motivation tatsächlich funktioniert, um erfolgreich motivieren zu können.

Materielle Leistungsanreize

Talentscouts weisen bereits seit Längerem darauf hin, dass die Leistungsträger von morgen mit überdurchschnittlichen Gehältern allein nicht mehr zu locken sind. Ist also an der Plattitüde "Geld macht nicht glücklich" doch etwas dran, und hat der Nachwuchs das erkannt? Mark Lepper von der Uni Stanford beschreibt das Phänomen so: Wer für seine Arbeit bezahlt werde, folgere daraus, dass er nicht um der Sache willen arbeite, sondern nur fürs Geld. Eine fatale Umdeutung, die, so der Forscher, zu Abstumpfung und Demotivation führe. Machen Sie sich daher die Wirkungslosigkeit reiner materieller Anreize bewusst und nehmen Sie diese Tatsache zum Anlass, die Motivation Ihrer Mitarbeiter als Herausforderung zu sehen, die auf mehreren Ebenen erfolgen muss und nicht auf ein vereinfachendes Reflexschema reduziert werden kann!

Nicht materielle Leistungsanreize

In einem SZ-Artikel vom 2. September 2009 führt N. Westerhoff die Online-Ezyklopädie Wikipedia als Beispiel für die hohe Leistungsbereitschaft von Menschen an, die eine Aufgabe um ihrer selbst willen ausführen: Das virtuelle Nachschlagewerk hält ein hohes Niveau, obwohl keiner der Beitragenden für seinen Zeitaufwand entlohnt wird. Für viele High Potentials stehen heute interessante Arbeitsaufgaben, ein gutes Betriebsklima, Karrierechancen, Weiterbildung und persönliche Entwicklung ganz oben auf dem Wunschzettel. Fordern Sie Ihre Mitarbeiter - das Gefühl, dass sie Ernst genommen und ihr Potential geschätzt wird ist besser geeignet, sie zu Höchstleistungen anzuspornen, als eine Bonuszahlung. Beweisen Sie Vertrauen in die Fähigkeiten Ihres Teams, setzen Sie Weiterbildung und Persönlichkeitsentwicklung als Motivationsanreize ein!

Materielle Sanktionen

Gleichzeitig mit den genannten Erkenntnissen stellen die Verhaltensforscher den gesamten klassischen Behaviorismus in Frage, der auf der Annahme beruht, ein bestimmtes Verhalten sei durch Belohnungen einerseits oder Sanktionen als negativen Anreiz andererseits quasi auf Knopfdruck abrufbar. In diesem Zusammenhang wurde die Wirkungslosigkeit von Geldstrafen untersucht: Die Betroffenen interpretierten sie eher als eine Art Ablasshandel, um sich von Verfehlungen freizukaufen, ohne das sanktionierte Verhalten langfristig abzustellen. Wie schon bei den Leistungsanreizen gilt: Lösen Sie sich von verkürztem materiellem Reflexdenken - auch die Androhung von Kürzungen der Bezüge bei Verfehlung bestimmter Ziele kann sich als völlig wirkungslos erweisen.

Fazit

Klassische materielle Anreizmodelle sind bei Weitem keine Erfolgsgarantie und führen nicht immer zum gewünschten Ergebnis, doch ohne Anreize kommt Motivation nicht aus - interessant ist die Verschiebung von materiellen zu nicht materiellen Anreizen, die vielen Menschen mindestens ebenso wichtig oder noch wichtiger sind als Gehaltszulagen und Sondervergünstigungen. Machen Sie sich diese Erkenntnis in Ihrer Motivationsarbeit zunutze!

Die Autorin Barbara Hess-Häusler ist Inhaberin der Unternehmensberatung kopfarbeit-seminare und auf die Schulung von Spitzenkräften spezialisiert.

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www.kopfarbeit-seminare.de