Sparmaßnahmen im Betrieb

Was tun beim Personalabbau?

01.12.2008
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen Unternehmen in allen Bereichen Einsparungen vornehmen, so auch im Personalbereich. Bei den Sparmaßnahmen muss einiges beachtet werden.

Die Turbulenzen an den Börsen haben auch Auswirkungen auf die Personalarbeit. Vor Kurzem ging durch die Presse, dass SAP seine Mitarbeiter um Verzicht bitten und "Zwangsurlaub" einrichten will. Es ist davon auszugehen, dass bald andere Unternehmen nachziehen werden.

Ob der Arbeitgeber Leistungen kürzen oder streichen darf, richtet sich immer nach der jeweiligen Anspruchsgrundlage der Leistung. So sind insbesondere zum Beispiel einzelvertragliche Ansprüche der Arbeitnehmer einseitig nur selten beeinflussbar. Im Folgenden werden die Möglichkeiten, aber auch die rechtlichen Grenzen verschiedener Einsparmethoden im Personalbereich dargestellt.

Einzelvertragliche Ansprüche und betriebliche Übung

Auch in der Wirtschaftskrise gilt der römische Rechtsgrundsatz: Verträge sind einzuhalten. Enthalten die Arbeitsverträge der Mitarbeiter Zusagen, z.B. über die Zahlung eines Weihnachtsgeldes, ein 13. Monatsgehaltes oder eine Prämie, können diese nicht vom Arbeitgeber einseitig herabgesetzt oder gestrichen werden. Ist der Arbeitnehmer mit der Reduzierung, Streichung oder Stundung einer Leistung nicht einverstanden, kann nur eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Diese muss aber zum einen die Kündigungsfrist einhalten und ist nach der strengen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nur im Sanierungsfall zulässig, um eine sonst drohende Insolvenz zu verhindern.

Dasselbe gilt für Ansprüche, die nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart sind, aber nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung entstanden sind. So haben Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes, wenn der Arbeitgeber drei Jahre in Folge ohne Hinweis auf die Freiwilligkeit eine solche Zahlung erbracht hat.

Die Flexibilität erhöhen lässt sich durch die Vereinbarung von Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalten. Dabei ist darauf zu achten, dass keinesfalls die beliebte Formulierung "die Zahlung ist freiwillig und jederzeit widerruflich" verwendet werden sollte. Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt sind nämlich unterschiedliche Instrumente, die sich gegenseitig ausschließen.

Mit dem Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt der Arbeitgeber sinngemäß, dass die erbrachte Zahlung ohne Rechtsanspruch des Arbeitnehmers erfolgt und aus der Zahlung auch kein Vertrauen auf künftige Zahlungen erwachsen soll. Insbesondere verhindert der Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen einer betrieblichen Übung. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die Formulierung nicht widersprüchlich ist, zum Beispiel weil in einer anderen Vertragsklausel der Anspruch ausdrücklich zugesagt wird (BAG, Urteil v. 30.7.2008, 10 AZR 606/07).

Freiwilligkeitsvorbehalte sind für Sonderzahlungen zulässig, nicht aber für monatlich zu zahlende Vergütungen oder Vergütungsteile (BAG, Urteil v. 25.4.2007, 5 AZR 627/06). Der Widerrufsvorbehalt ermöglicht dem Arbeitgeber dagegen, vertragliche Ansprüche aus bestimmten Gründen ganz oder teilweise zu widerrufen. Dies muss durch eine ausdrückliche Erklärung geschehen. Mit einem Widerrufsvorbehalt können nach der Rechtsprechung bis zu 25 Prozent der Gesamtvergütung flexibilisiert werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die vertragliche Klausel die möglichen Widerrufsgründe transparent macht (z.B. wirtschaftliche Gründe oder Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers). Die Vereinbarung einer "freien Widerruflichkeit" ist unwirksam (BAG, Urteil v. 11.10.2006, 5 AZR 721/05).

Tarifliche Ansprüche

Auf tarifliche Ansprüche dürfen Arbeitnehmer nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien verzichten, § 4 Abs. 4 TVG. Ist also z.B. die Zahlung eines Weihnachtsgeldes im Tarifvertrag vereinbart und ist das Arbeitsverhältnis tarifgebunden, scheidet eine Kürzung oder Streichung aus, selbst wenn der Arbeitnehmer einverstanden ist. Auch das Einverständnis des Betriebsrats ist nicht ausreichend. Die einzige rechtlich zulässige Möglichkeit zur Abweichung vom Tarifvertrag liegt in der Vereinbarung eines speziellen Haustarifvertrages mit der zuständigen Gewerkschaft in dem z.B. der Verzicht der Arbeitnehmer auf das Weihnachtsgeld gegen den Verzicht des Arbeitsgebers auf betriebsbedingte Kündigungen vereinbart wird.

Ansprüche aus Betriebsvereinbarungen

Ebenso wie bei tariflichen Ansprüchen dürfen Arbeitnehmer auf Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung nur verzichten, wenn der Betriebsrat zustimmt, § 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG. In der Praxis ist es freilich in der Regel einfacher, die Zustimmung des Betriebsrates zu Verzichten einzuholen, als die der (betriebsferneren) Gewerkschaft. Zudem besteht bei Betriebsvereinbarungen stets die Möglichkeit der Kündigung binnen der dreimonatige Kündigungsfrist, wenn nichts Abweichendes vereinbart ist (§ 77 Abs. 5 BetrVG).

Wenn ein die Betriebsvereinbarung Gegenstände der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats regelt (z.B. Verteilung einer Gratifikation, § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG), wirkt diese nach § 77 Abs. 6 BetrVG zwar nach. Da aber im Fall der vollständigen Streichung einer Sonderleistung kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht, kann der Arbeitgeber durch Kündigung der Betriebsvereinbarung derartige Ansprüche nach Ablauf der Betriebsvereinbarung beseitigen.

Sonstige Leistungen ohne Rechtsgrundlage

Häufig werden in Betrieben auch Leistungen außerhalb der oben genannten Anspruchsgrundlagen an die Arbeitnehmer erbracht. So findet beispielsweise in der Vorweihnachtszeit eine Betriebsfeier statt oder es wird im Sommer ein kostspieliger Betriebsausflug organisiert. Solche Sozialleistungen ohne Anspruchsgrundlage können für die Zukunft gestrichen werden. Es liegt im Ermessen des Arbeitgebers, ob er der Ansicht ist, dass sich die motivatorische Wirkung zum Beispiel von Veranstaltungen weiterhin "rechnet".

Vorsicht: Auch auf Sozialleistungen kann eine betriebliche Übung entstehen! Dies betrifft in der Regel nicht Betriebsfeiern- oder Veranstaltungen, aber z.B. andere Sozialleistungen wie Jubiläumsgelder, Kantinenzuschüsse oder einen kostenfreien Werksbusverkehr. Eine solche betriebliche Übung kann nicht einseitig beseitigt werden (siehe oben). Änderungen durch eine Betriebsvereinbarung sind nur möglich, wenn die Betriebsvereinbarung für die Belegschaft insgesamt nicht ungünstiger ist als dir frühere betriebliche Übung.

Praxistipp

Sozialleistungen oder Sonderzahlungen sollten entweder mit ausdrücklichem Freiwilligkeitsvorbehalt erfolgen oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. Im ersten Fall entsteht kein Rechtsanspruch der Mitarbeiter. Im zweiten Fall, kann die Betriebsvereinbarung bei Bedarf gekündigt werden. (oe)

Quelle: Haufe Online-Redaktion, www.haufe.de/arbeitsrecht