Interview mit Media-Saturn-CEO Wolfgang Kirsch

"Was wir tun, entspricht einer ständigen Suche"

21.10.2014 von Matthias Hell
Ob Multichannel-Pilotmarkt, Online-Schwerpunktsetzung oder Service-Offensive: Media-Saturn setzt zurzeit mehr Neuerungen um als je zuvor. Wolfgang Kirsch, CEO von Media-Saturn Deutschland, erklärt, wie sich der Elektronik-Retailer in der sich wandelnden Handelswelt positionieren will.

Herr Kirsch, bei der Eröffnung haben Sie den neuen Media Markt in Ingolstadt als "Leitbild für alle Media Märkte" bezeichnet – stellt der Markt aus Ihrer Sicht bereits das optimale Verkaufskonzept dar?

Wolfgang Kirsch: Einen Markt wie in Ingolstadt kann ich mir heute überall in Deutschland vorstellen – und würde dieses Konzept auch gerne an allen Standorten sehen, so ist es mittelfristig auch geplant. Allerdings ist damit noch kein Ende der Entwicklung erreicht, sondern unser Verkaufskonzept wird auf der in Ingolstadt gezeigten Plattform weiterentwickelt. Im Unterschied zu anderen Handelsunternehmen setzen wir nicht auf verschiedene Entwicklungslevels, die in mehrjährigem Rhythmus aufeinander folgen, sondern gehen bei Media Markt und Saturn mit jeder Neueröffnung ein Stück weiter. So gibt es bereits eine Reihe von Dingen, die wir künftig realisieren wollen und die in dem Markt in Ingolstadt noch nicht integriert sind.

Media-Saturn-Deutschlandchef Wolfgang Kirsch gehört dem Unternehmen seit 1993 an und ist seit 2008 Mitglied der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding.

Was sind das für Neuerungen? In welche Richtung muss sich der stationäre Technikhandel weiterentwickeln?

Kirsch: Wo sich der Handel hin entwickeln wird, weiß auch ich heute noch nicht. Im Prinzip entspricht das, was wir tun, einer ständigen Suche. So werden wir zum Beispiel in absehbarer Zeit in unseren Märkten den Einsatz von iBeacons testen. Ist das die Lösung? Man weiß es nicht, sondern muss es ausprobieren. Ein anderes Beispiel ist unsere Media Markt App, in welche wir schon bald Location Based Services integrieren, die es ermöglichen, Kunden anzusprechen, wenn sie sich in der Nähe einer unserer Märkte befinden.

Zudem muss man auch ausprobieren, was technologisch funktioniert. So haben wir in dem Media Markt in Ingolstadt noch nicht überall elektronische Preisschilder eingesetzt – weil es eine riesige Aufgabe ist, tausende von Preisschildern in unsere Markt-IT einzubinden. Wir probieren hier immer viel aus, bevor wir eine Neuerung in allen 260 Media-Markt-Standorten umsetzen.

Neuer Pilot-Media-Markt in Ingolstadt
Neuer Markt
Der neue Pilot-Markt in Ingolstadt
Das neue Entertainment-Bestellterminal
Video-Wall
Bei EP heißt das "Virtual Shelf": Die Video-Wall von Media Markt
Der individuelle interaktive Tarifberater
Smart Home bei Media Markt
Bestimmte Geräte lassen sich auch unmittelbar testen
Der neue Media Markt bei Nacht
Hier kann man den gewünschten Verkäufer finden
Am Online-Terminal
Wer mit dem Elektro-Auto kommt, kann während des Einkaufs seinen Tank aufladen
Drive-In
Der neuen Drive-In-Schalter - bisher kennt man so etwas eher aus dem Lebensmittel-Bereich
Der digitale Wegweiser
Hier kann jeder Kunde seine Meinung kundtun
3D-Drucker im Media Markt Ingolstadt
Handy-Beratung
Handy-Beratung per Touchscreen
Smartphone-Aufladung
Kunden können auch Smartphones in dem Markt aufladen
Die neuen Wearables im neuen Media Markt in Ingolstadt
und hier noch mehr Wearables
Neues Design
Auch die Corporate Identity soll den neuen Multichannel Media Markt wiederspiegeln

Wie ist Ihr Zeitplan für das Roll-out der in Ingolstadt eingeführten Neuerungen?

Kirsch: Zum einen sprechen wir hier vom neuen Corporate Design, das wir innerhalb eines Jahres auf alle deutschen Märkte übertragen wollen – und damit sind wir an ersten Standorten auch schon gestartet. Was das neue Verkaufskonzept betrifft, werden wir das immer dann umsetzen, wenn ein Marktumbau oder eine Modernisierung ansteht, was im Durchschnitt alle drei bis fünf Jahre der Fall ist. Aber wenn es ein großer Erfolg wird, kann es auch sein, dass wir deutlich mehr Gas geben.

"Es gibt heute nicht mehr ‚den Kunden‘"

Woher wissen Sie eigentlich, welche Neuerungen Kunden beim Einkauf wollen? Führen Sie dazu regelmäßig Kundenbefragungen durch?

Kirsch: Ja, natürlich, der Kunde steht bei uns im Mittelpunkt, deswegen führen wir regelmäßig Fokusgruppen-Interviews durch. Aber wir müssen Neuerungen vor allem ausprobieren, um zu sehen, wie sie bei den Kunden ankommen. Der neue Media Markt zum Beispiel läuft sehr gut und erhält von den Ingolstädtern sehr gute Kritiken. Vieles von dem, was wir in dem Markt umgesetzt haben, wird von den Kunden sehr gut angenommen.

Ist es also diese Verbindung von klassischem stationären Einkauf und Online-Funktionen, die der Kunden von heute will?

Kirsch: Es gibt heute nicht mehr "den Kunden". Es gibt unterschiedlichste Kundenwünsche, so wie es auch unterschiedlichste Einkaufsformate gibt – vom billigsten Discounter bis zur edlen Boutique. Natürlich stimmt es, dass das Internet den Handel revolutioniert hat. Eine große Anzahl der Kunden will aber trotzdem noch weiterhin vor einer Anschaffung einen Menschen sehen, der sich mit dem Produkt auskennt und ihnen ein gutes Gefühl bei ihrer Kaufentscheidung gibt. Gleichzeitig gibt es aber auch immer mehr Kunden, die auf das breite Angebot zugreifen, das wir ihnen online bieten.

Auch im Pilot-Markt in Ingolstadt setzen Sie auf Online-Terminals, die den Media-Markt-Webshop in das stationäre Umfeld integrieren sollen. Wie wird dieses Angebot von den Kunden angenommen?

Kirsch: Zunächst muss das Sortiment im Laden gewährleisten, dass wir den Großteil der Kundenwünsche erfüllen können. Das bedeutet, dass in allen Produktgruppen die Topprodukte beziehungsweise die am stärksten nachgefragtesten Artikel stationär verfügbar sein müssen. Das ist ein großer Unterschied zu einer Boutique, wo es nur ein kleines, ausgesuchtes Sortiment gibt. Gleichzeitig gibt es zu einzelnen Artikeln aber eine Vielzahl von Farbvariationen oder Zubehörteilen. Diese zu bevorraten, wäre nur schwer möglich und würde viel Geld kosten. Hier ist es sinnvoll, Kunden auf den Onlineshop zu verweisen und zu sagen: dieser Artikel ist zwar nicht lokal vorrätig, gehört aber zu unserem Bestand und kann morgen in den Markt bestellt oder nach Hause geliefert werden. Diesen Service finden viele Kunden – auch in unserer Online-Zeit – sensationell.

"Dass wir Same-Day-Delivery brauchen, steht für uns fest"

Um die Unmittelbarkeit der kanalüberschreitenden Warenverfügbarkeit weiter zu befeuern, hat Media-Saturn in diesem Frühjahr mit Anbietern wie Tiramizoo und MyTaxi Testläufe zur Same-Day-Delivery gestartet. Wo stehen Sie hier?

Kirsch: Wir stehen bei der Same-Day-Delivery vor der finalen Prüfung und werden das Thema auf jeden Fall weiter ausrollen. Dabei kann es sein, dass wir mit den genannten Anbietern zusammenarbeiten, doch gibt es auch alternative Möglichkeiten wie zum Beispiel im neuen Stuttgarter Einkaufszentrum Milaneo, wo der Center-Betreiber einen eigenen Expresslieferdienst anbietet, den auch der dortige Media Markt nutzt. Wir probieren hier viel aus, doch dass wir Same-Day-Delivery brauchen, steht für uns fest.

Ebenso steht aber auch fest, dass wir den Service weiter verbessern müssen. Die Lieferung mit einem Dienstleister wie Tiramizoo macht vor allem bei kleineren Produkten ohne zugehörige Installation Sinn. In Berlin bieten wir hingegen bereits eine Same-Day-Lieferung mit angeschlossenen Installationsservices. Wir befinden uns im Handel einfach in einer Zeit, die stark vom Ausprobieren – aber auch vom Wieder-Verwerfen - geprägt ist.

Wolfgang Kirsch bei der Pressekonferenz zur Eröffnung des Pilot-Media-Markts in Ingolstadt

Als Media Markt und Saturn mit ihren Onlineshops gestartet sind, sorgten nicht zuletzt die hohen Abholraten für Aufsehen. Ist das noch immer so?

Kirsch: Ja, die Pick-up-Raten sind noch immer so hoch. Das kommt zum einen daher, dass wir so viele Märkte haben, die auch sehr gut anfahrbar sind. Dazu kommt sicher, dass sich viele Online-Kunden im Markt noch informieren oder passendes Zubehör kaufen wollen.

Bei einem Abhol-"Drive-In", wie beim Media Markt in Ingolstadt, kommen die Kunden aber gar nicht mehr dazu, sich beraten zu lassen. Umgekehrt befinden sich in vielen älteren Märkten die Abholschalter recht versteckt. Müssen Sie das Thema Click & Collect noch optimieren?

Kirsch: In dem neuen Markt in Ingolstadt haben wir das Thema Abholung nicht mehr versteckt, sondern mit dem Drive-In und einer im Eingangsbereich angesiedelten Service-Theke dafür zentrale Stellen geschaffen. Der Ablauf ist so gestaltet, dass Artikel, die im Onlineshop als verfügbar angezeigt werden, innerhalb von einer Stunde abholbereit sind. Natürlich haben wir bei kleineren Produkten das Problem, das wir nicht wissen, ob der Kunde die Ware am Drive-In oder an der Service-Theke abholen will. Hier müssen wir einfach beobachten, wie sich das entwickelt, und uns flexibel daran anpassen. Unser Grundgedanke ist immer, dass wir den Kunden den Einkauf so bequem und so einfach wie möglich machen wollen.

Die wichtigsten Männer bei Media-Saturn
Olaf Koch
ist seit 1. Januar 2012 Vorstandsvorsitzender der Metro AG, die seit Januar 78,38 Prozent der Anteile der Media-Saturn-Holding besitzt. Vorher war Koch zwei Jahre lang Finanzvorstand. Er ist Nachfolger von ...
... Eckhard Cordes,
der nach internen Turbulenzen erklärt hatte, seinen bis Oktober 2012 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen.
Pieter Haas
ist seit dem zweiten Quartal 2013 Vorstandsmitglied bei der Metro AG, wo er unter anderem für Media-Saturn verantwortlich ist. Nach dem Rücktritt von Horst Norberg als Vorsitzender der Geschäftsführung von Media-Saturn wurde Haas in die Geschäftsführung der Media-Saturn Holding berufen, um die "strategische Neuausrichtung" und die damit verbundene "notwendige Restrukturierung" voranzutreiben – so lange bis ein neuer Chef gefunden wurde. <br> Nachdem ein Gericht im April 2015 die Klage von Erich Kellerhals, Minderheitsgesellschafter bei Media-Saturn, auf Abberufung von Haas abgewiesen hat, blieb Haas stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn Holding. <br> Haas arbeitet seit 2001 für Media-Saturn, zunächst als Geschäftsführer der niederländischen Landesgesellschaft. 2008 rückte er als COO in die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding auf.<br><br>
Erich Kellerhals
ist einer der Mitgründer von Media Markt und Minderheitsgesellschafter der Media-Saturn-Holding (21,62 Prozent der Anteile). Damit verfügt er über eine Sperrminorität in der Gesellschafterversammlung von Media-Saturn, die laut Firmenstatut bei 20 Prozent liegt und Grund für die internen Auseinandersetzungen der vergangen Monate war. Im Bild auch seine Frau Helga, die einst auch Mitgründerin war.
Leopold Stiefel
ist ebenfalls einer der Mitgründer des ersten Media Markts und war lange Zeit Minderheitsgesellschafter der Media-Saturn-Holding. 2002 hat er seine Tätigkeit als Vorsitzender der Geschäftsführung von Media-Saturn beendet. Seine letzten Anteile von 2,97 Prozent hat er im Januar 2013 für etwa 230 Millionen Euro an die Metro AG verkauft. Auch seine politische Karriere (CSU-Stadtrat in Ingolstadt) und seine Funktionärskarriere im Eishockey (ERC Ingolstadt) hat der mittlerweile 70-Jährige beendet.
Walter Gunz
war einer der vier Media-Markt-Gründer (dazu: Leopold Stiefel, Erich + Helga Kellerhals). Und obwohl er vor mehr als zehn Jahren ausgeschieden ist, sieht er sich weiter als Teil des Unternehmens. 2013 hat er ein Buch geschrieben ("Ich war doch nicht blöd"), in dem er auch auf die Anfangsjahre des Media Markt zurückblickt.
Horst Norberg
war von Anfang 2011 bis zum Mai 2014 CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding. Ende 2012 hatte er bekanntgegeben, dass er seinen Vertrag verlängert habe und noch bis Ende 2015 an der Spitze der Retail-Kette stehen werde.<br> Doch nach den neuen Entwicklungen im Eigentümerstreit zwischen den Media-Saturn-Gesellschaftern, die mit der "Stellenanzeige" von Erich Kellerhals begannen, fehlte ihm die nötige Rückhalt, so dass er seinen Rücktritt erklärte.<br> Norberg war 1987 zum Unternehmen gekommen – zunächst als Geschäftsführer der Media Märkte in Braunschweig und später Mülheim – und danach in die Geschäftsführung von Saturn aufgestiegen. Ab 2001 war Norberg Chief Operating Officer (COO) von Saturn und damit Mitglied der MSH-Geschäftsführung.
Martin Wild
trägt seit Mai 2014 den Titel des Chief Digital Officers (CDO) der Media-Saturn-Holding. Bereits im Juni 2013 war Wild als CEO an die Spitze des E-Tailers Redcoon gerückt (zunächst nur als Interims-CEO, dann vollamtlich), von dem Media-Saturn im Jahr 2011 für eine Kaufsumme von 125 Millionen eine 90-prozentige Mehrheit übernommen hatte. Zugunsten seiner neuen Aufgabe als MSH-CDO gab er seinen Posten ab.<br> In seiner Anfangszeit bei MSH war Wild Vice President Multi Channel gewesen. Einst hatte er den E-Tailer Home of Hardware (HoH) gegründet und ihn 2007 an den Bezahlsender Premiere verkauft, der das Unternehmen seinerseits 2008 an das Systemhaus Cancom weiterreichte (inzwischen gehört HOH zur Getgoods AG).
Wolfgang Kirsch
gehört dem Unternehmen seit 1993 an und ist seit 2008 Geschäftsführer der Media-Saturn-Holding GmbH. Als Chief Operations Officer (COO) verantwortet er die deutsche Landesgesellschaft und der Media-Saturn-Unternehmensgruppe, der er auch als CEO vorsteht.
Klaus-Peter Voigt
verstärkt seit dem 1. Juli 2013 als Chief Procurement Officer (CPO) die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding (MSH). Voigt hatte bereits von 1989 bis 2008 in verschiedenen Funktionen dem Management der Media-Saturn-Unternehmensgruppe angehört, zuletzt als COO und stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung. Sein überraschender Abgang 2008 wurde in Branchenkreisen damit erklärt, dass Voigt nach dem Rückzug des Firmengründers Leopold Stiefel selbst Ambitionen auf die Unternehmensführung gehegt hatte.
Michael Rook
war seit 1987 in verschiedenen Funktionen für den Media-Saturn-Konzern tätig. Von 2007 an war er Mitglied der Geschäftsführung von Media Markt, zuletzt COO von Media-Saturn. Im Zuge der Schmiergeldaffäre wurde er im November 2011 fristlos gekündigt und kam in Untersuchungshaft. Gegen seine Kündigung hat er erfolglos geklagt. Von Juni bis Dezember 2012 musste er sich vor dem Landgericht Augsburg zusammen mit anderen Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßiger Bestechung bzw. Bestechlichkeit verantworten. Er wurde zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt.
Rolf Hagemann
hat als CFO der Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding seit 2006 angehört und war ab Januar 2011 ihr stellvertretender Vorsitzender. Ende April 2012 hat er das Unternehmen verlassen. Ihm folgte ...
Georg Mehring-Schlegel
..., der aber bereits Anfang Juni 2012 den Posten wieder aufgegen hatte, nachdem Kellerhals ihm öffentlich die Kompetenz abgesprochen hatte.<br> Von Anfang Mai 2014 an war Mehring-Schlegel als Nachfolger von Martin Wild zusätzlich und interimsmäßig CEO des Online-Händlers Redcoon. Ab November 2014 wurde er dort abgelöst von ...
Martin Sinner
..., der als ein ausgewiesener Experte der Online-, Start-up- und Gründerszene gilt. Sinner hatte im Jahr 2000 das heute führende deutsche Vergleichsportal Idealo gegründet, dessen CEO er bis 2012 war. Innerhalb des Media-Saturn-Konzerns soll Sinner auch die neue "Electronics Online Group" (EOG) aufbauen – mit Redcoon als Kern.
Oliver Seidl
Neuer CFO (und gleichzeitig auch CIO) ist seit 2013 Oliver Seidl, der zuletzt Vorstandsvorsitzender beim TV-Hersteller Loewe war.
Roland Weise
war bis Ende 2010 CEO der Media-Saturn-Holding und wurde von Horst Norberg abgelöst.
Reiner Heckel
war bis Anfang Juni 2013 Geschäftsführer des E-Tailers Redcoon, der seit Juni 2011 zu 90 Prozent der Media-Saturn-Holding gehört. Der frühere Media-Markt-Manager Heckel hatte Redcoon 2003 gegründet und bis zur Übernahme durch Media-Saturn auf einen Umsatz von 432 Millionen Euro geführt. 2011 übernahme der Retailer für eine Kaufsumme von 125 Millionen Euro eine 90-prozentige Mehrheit an Redcoon.
Andreas Oerter
ist ebenfalls Mitglied der Redcoon-Geschäftsführung. Seit November 2011 ist Oerter Einkaufschef (CPO) von Redcoon. Zuvor war er als CPO der portugiesischen Landesgesellschaft von Media-Saturn tätig.
Axel Grimm
Seit dem 1. Mai 2013 ist auch Axel Grimm als CFO Mitglied der Redcoon-Geschäftsführung. Vorher war er CFO der Media-Saturn E-Business Concepts & Services GmbH.
Ulf Adebahr
ist seit Mai 2014 CTO/CIO und Mitglied der Geschäftsführung von Redcoon, wo er die Themen Customer Care, IT und Logistics verantwortet. Adebahr war bisher in führender Tätigkeit für die deutsche Organisation des u.a. für EAN-Codes zuständigen Stammdatendienstleisters GS1 tätig.
Philipp Haas
ist seit Mai 2014 Mitglied der Geschäftsführung der Media-Saturn E-Business GmbH. Haas begann 2005 seine berufliche Karriere bei Media-Saturn. Zuletzt war er mit Multichannel-Aufgaben bei Media-Saturn Spanien sowie in der Konzernzentrale in Ingolstadt betraut.
Ricardo Diaz Rohr
Seit Juli 2014 ist Ricardo Díaz Rohr Vice President IT Strategy & Steering bei der Unternehmensgruppe Media-Saturn und CIO der Media Saturn Holding GmbH. Damit verantwortet die strategische Ausrichtung der IT der gesamten Unternehmensgruppe. <br> Gleichzeitig ist Díaz Rohr CEO der IT-Tochter Media-Saturn IT Services GmbH (MSITS).
Carsten Strese
ist Geschäftsführer der Saturn Management GmbH.
Klaus Lahrmann
ist kommissarischer CEO der für die Eigenmarken von Media-Saturn (ok, Isy, Koenic und Peaq) verantwortlichen Unternehmenstochter Imtron.
Ditmar Krusenbaum
ist CEO der österreichischen Landesgesellschaft von Media-Saturn. Bis März 2014 war er CEO der Imtron GmbH, einer 100-Prozent-Tochter der Media-Saturn-Holding, und damit für die Eigenmarken von Media Markt und Saturn verantwortlich.
Frank Kretzschmar
Frank Kretzschmar ist seit 2005 Mitglied der Geschäftsführung von Media Markt und Saturn Österreich, 2008 hat er den Geschäftsführungsvorsitz übernommen. Von 2011 bis 2013 war er zudem COO der Media-Saturn-Holding in Ingolstadt.<br> Ab 2015 wird er als Chief Operations Officer (COO) innerhalb der Metro Group zu Real wechseln.
Andreas Oerter
war nach der Übernahme von Media-Saturn drei Jahre lang Einkaufschef von Redcoon gewesen, bis er das Unternehmen Ende 2014 auf eigenen Wunsch verließ. Oerter war ein klassischer "Metro-ianer", der seine berufliche Laufbahn 1991 bei Kaufhof begann. Über verschiedene Positionen im Metro-Konzern kam er Ende 2011 als CPO zu Redcoon, wo er auch in die Geschäftsführung einzog. Seit November 2013 fungierte Oerter dort allerdings nur noch als Managing Director und schied Anfang 2014 auch aus der Geschäftsführung aus.

"Wir glauben nicht an ein Standardformat"

Steckt hinter dieser Fokussierung auf die Bedürfnisse der Kunden die verschärfte Konkurrenz aus dem Online-Handel?

Kirsch: Media Markt war für die Kunden schon immer wie eine ganzjährige Messe: die Leute kommen und schauen, was es an Produkt-Neuigkeiten im Technikbereich gibt. Das macht unsere stationären Geschäfte attraktiv. Wir bieten damit mehr als nur den Kaufvorgang – und das ist etwas, was online nicht möglich ist. Wir wollen die Kunden an die Marke Media Markt binden und dafür brauchen wir auch die vielen Kanäle. Ein Kunden kann zu uns in den Markt gehen und sagen: das habe ich bei Media Markt online gekauft und brauche nun dazu Hilfe.

Dennoch hat die Online-Konkurrenz an ihrem Unternehmen Spuren hinterlassen – man denke nur an die berühmten "Preisinvestitionen", mit denen Sie Anschluss an das Internet-Preisniveau halten. Bereits ist auch von möglichen Standortschließungen die Rede. Wo werden Media Markt und Saturn in fünf Jahren stehen?

Kirsch: Ich denke, dass wir eher mehr Märkte haben werden als heute. Allerdings werden wir uns die Größe jedes einzelnen Marktes anschauen und uns zum Beispiel bei einer Vertragsverlängerung fragen, ob das bestehende Format noch passt. Manche Märkte werden wir vergrößern, andere verkleinern oder auch den Schnitt verbessern, um die Attraktivität zu erhöhen. Wir haben zuletzt in einer Reihe von kleineren Städten Märkte mit Flächen knapp unter 2.000 Quadratmetern eröffnet, die sehr gut funktionieren. Wir glauben nicht an ein Standardformat und wollen auch Geschäfte mit ein paar hundert Quadratmetern nicht ausschließen, wie wir sie zum Beispiel mit "Saturn Connect" in Polen erproben. Doch dass der stationäre Handel attraktiv ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass inzwischen auch Online-Händler Geschäfte eröffnen.

"Was wir online machen, kann nicht so schlecht sein"

Ein Beispiel für einen Online-Händler auf den Weg in den stationären Handel ist Cyberport. Mit seinen 500 bis 900 Quadratmeter großen Multichannel-Stores setzt der Online-Händler im Prinzip auf das gleiche Konzept wie "Saturn Connect"…

Kirsch: Wir betrachten kleinere Läden nur als Ergänzung oder als Satellit zu unseren großen Geschäften. Was will ein Kunde denn in einem kleinen Laden anschauen? Dort kann er nur online bestellte Ware abholen. Wir positionieren einen kleineren Saturn dagegen als Spezialanbieter ergänzend zu den klassischen Saturn-Geschäften. Aber nur eine kleine Fläche und ein großer Onlineshop – das bringt nichts.

Wolfgang Kirsch glaubt an die Kernkompetenz von Media-Saturn im stationären Geschäft und sieht den Retailer auch im Online-Handel gut aufgestellt.

Stichwort Online: nach spätem Start kam Media-Saturn 2013 auf einen Online-Umsatz von 1,25 Milliarden Euro. Das klingt nach viel, beinhaltet aber sowohl Redcoon wie auch das europaweite E-Commerce-Geschäft von Media Markt und Saturn. Wie zufrieden sind Sie mit der Geschwindigkeit der Online-Entwicklung?

Kirsch: Das ist einerseits viel zu langsam, andererseits legt unser Online-Geschäft aber kräftig weiter zu. Online ist für uns auch ein Motor für Umsätze, die stationär abgewickelt werden. Deshalb ist es uns auch im Prinzip egal, ob Einnahmen online oder stationär erwirtschaftet werden, Hauptsache, der Umsatz bleibt bei Media-Saturn.

Wenn wir ein Startup an der Börse wären und über eine Milliarde Euro Online-Umsatz machen würden, wären wir auf dem Markt ein Megastar. Bei uns sagen dagegen alle: über eine Milliarde Euro sind nicht so viel. Aber wenn Sie sehen, wie stark sich Redcoon, Mediamarkt.de und Saturn.de entwickeln – und das in einer Zeit, in der das Online-Wachstum so gering ist, wie selten zuvor – dann kann das, was wir machen, nicht so schlecht sein. Wir werden sowohl unser Multichannel-Business als auch Online Pure Play kräftig weiterentwickeln und wollen hier auch künftig überproportional wachsen.

Vor einigen Jahren standen die Marktgeschäftsführer zentral geführten Media-Saturn-Onlineshops noch ablehnend gegenüber. Wie ist heute die Akzeptanz für Ihren Online-Kurs?

Kirsch: Seitdem ist viel in den Köpfen der Geschäftsführer passiert. Alle haben verstanden, dass Online nicht der Feind ist, sondern uns im Gegenteil hilft. Wir müssen weiter ausprobieren, was für unser Unternehmen richtig ist und welche Funktionalitäten wir haben wollen. Dabei stört uns unsere Dezentralität nicht, sie hilft uns vielmehr – gerade in dieser Zeit.

"Das stationäre Geschäft können wir sehr gut"

Media Markt und Saturn sind für aufmerksamkeitsstarke Werbekampagnen bekannt. Inwiefern hat sich ihre Werbestrategie in den letzten Jahren verändert?

Kirsch: Man muss sich immer verändern. Wir werden zwar die Tonalität unserer Werbung nicht ändern, doch stellen wir heute die Markenqualität verstärkt ins Zentrum. Wir haben weiterhin einen sensationellen Preis, doch bieten wir auch eine Reihe von Merkmalen, die es rechtfertigen, dass unsere Kunden im Vergleich zu irgendeinem Online-Garagenhändler ein bisschen mehr Geld in die Hand nehmen.

Redcoon steht heute für billig. Media Markt und Saturn dagegen müssen sich zum Beispiel mit einem sogenannten Multichannel-Händler wie Cyberport vergleichen lassen. Wenn Online-Händler heute sagen, sie gehen in den stationären Handel, dann ist uns das willkommen, denn Stationär können wir nun wirklich sehr gut. Und wenn Kunden einfach nur billig kaufen möchten, ohne zusätzliche Services, dann sind sie bei Redcoon sehr gut aufgehoben.

Viele Händler – von Mobilfunk-Ketten bis zu den Verbundgruppen – versuchen sich heute als primäre Anlaufstelle für vernetztes Wohnen und Smart Devices in Szene zu setzen. Welche Rolle spielt dieses Zukunftsthema für Media-Saturn?

Kirsch: Auch wir sehen uns prädestiniert dafür, dieses Thema in den Markt zu tragen. Denn wir haben die größten Flächen und können hier auch am besten die Produkte zeigen. Zudem braucht man spezifisch geschulte Fachberater, um diese Themen überhaupt richtig umsetzen zu können. Sicherlich ist bei uns die Präsentation vernetzter Produkte noch nicht optimal, aber wir probieren vieles aus. Vor allem an den großen Standorten haben wir reichlich Präsentationsflächen, um Szenarien für vernetztes Wohnen zu zeigen. Wenn wir sehen, dass bestimmte Beispiele hier besonders gut funktionieren, werden wir diese entsprechend weiterentwickeln.

Vernetze Produkte, aber auch der Boom bei Smartphones und Tablets führen zu einer immer größeren Konvergenz zwischen Elektronik- und TK-Handel. In Großbritannien kam es kürzlich sogar zur Fusion von Dixons und Carphone Warehouse. Media-Saturn arbeitet im Mobilfunkbereich schon seit einigen Jahren mit Mobilcom-Debitel – wäre auch hier ein Zusammengehen vorstellbar?

Kirsch: Wir haben das Thema Mobile in den vergangenen Jahren stark ausgebaut und bieten inzwischen auch eigene Smartphone- und Datentarife an. Im Prinzip wäre es mir am liebsten, wenn wir für jedes Produkt, das eine SIM-Karte hat, auch den entsprechenden eigenen Tarif dazu hätten. Heute arbeiten wir hier mit verschiedenen Partnern zusammen, wie zum Beispiel Mobilcom-Debitel, aber auch Telefonica O2. Wir fühlen uns im Mobile-Bereich in Deutschland aber auf jeden Fall stark genug und müssen nicht jemand einkaufen, der uns zeigt, wie das Geschäft funktioniert. (mh)