Web-Service erspart der Hausbank Verwaltungsaufwand

07.11.2002
Wenig Marge brachte der Hausbank München bisher ihr Service, für Hausverwalter Mietkautionen zu verwalten. NCR automatisierte nun diesen Dienst über einen Web-Service. Das spart der Hausbank Kosten und soll zusätzlichen Umsatz bringen.

Mehr als 9.000 Hauseigentümer nutzen den Mietkautionsservice der Hausbank München, einer Spezialbank für die Wohnungswirtschaft. Auf mehreren 100.000 Konten verwaltet das Geldinstitut die Kautionszahlungen von Mietern aus ganz Deutschland. Da der Service wenig Marge, dafür aber einen großen Verwaltungsaufwand mit sich brachte, war die Hausbank bestrebt, die Kosten dafür zu senken.

Hardwareplattform von NCR

Seit den 80er-Jahren verwalten die Bankmitarbeiter die Mietkautionen mit einer vom Geldinstitut selbst entwickelten Software. Diese war ursprünglich auf einem Großrechner "NCR-VRX" installiert. Im Jahr 2000 beauftragte die Bank ihren langjährigen Dienstleister NCR, den Großrechner für die Mietkautionssoftware durch eine Client/Server-Architektur zu ersetzen. "Der Großrechner steht zwar immer noch bei der Bank, die Mietkautionssoftware läuft aber heute nicht mehr darauf", berichtet Olaf Holthausen, Senior Consultant bei NCR und technischer Projektleiter bei dem Hausbank-Projekt. Der Dienstleister passte die Applikation an die neue Server-Umgebung an. Jetzt können 15 Bankmitarbeiter auf das System zugreifen und die Mietkautionen verwalten.

Arbeitserleichterung für Bank und Hausverwalter

Die Anzahl der zu pflegenden Konten steigt kontinuierlich, gleichzeitig will die Hausbank keine zusätzlichen Mitarbeiter für den Dienst bereitstellen. Um den Hausverwaltern das Tagesgeschäft zu erleichtern, sollten diese einen Fernzugriff auf die Applikation erhalten. Auf diese Weise könnten sie eigenständig Konten für ihre Mieter anlegen und auflösen sowie Kontostände abfragen. "Wir benötigten dringend eine Lösung, mit der wir unseren Mietkautionsservice basierend auf einer Web-Anwendung automatisieren konnten", erklärt Gerd Liebsch, IT-Direktor der Hausbank München.

Wollte ein Hausverwalter bisher ein Kautionskonto für einen neuen Mieter eröffnen, musste er erst ein Antragsformular einreichen. Bankmitarbeiter erfassten die Daten an ihren PCs. Daraufhin überprüfte das System die Eingaben, berechnete eine Kontonummer und druckte eine Bestätigung aus, die per Post an den Verwalter ging. Erst dann konnte dieser die Kaution einzahlen. Bis dahin vergingen mindestens zwei, nicht selten fünf Tage.

Für Vermieter, die lediglich die Kautionen eines Hauses verwalten, mag diese Methode noch akzeptabel sein. Aber zum Kundenkreis der Hausbank zählen auch institutionelle Eigentümer mit mehr als 10.000 Wohnungen, die Kautionen in zweistelliger Millionenhöhe zu verwalten haben.

Für diese umständliche Vorgehensweise ist jedoch nicht die Hausbank verantwortlich, sondern der Gesetzgeber. Er schreibt den Vermietern nämlich vor, die Kautionen von ihrem Vermögen zu trennen und mit dem für Spareinlagen üblichen Zinssatz anzulegen - bei dreimonatiger Kündigungsfrist.

Um Hausverwaltern einen direkten Zugriff auf das System zu ermöglichen, suchte NCR-Projektleiter Olaf Holthausen gemeinsam mit seinem Kunden nach einer geeigneten Middleware mit passender Entwicklungsumgebung.

Überzeugende Betaversion

Zu dieser Zeit stellte Microsoft die erste Betaversion von Visual Studio Dotnet vor. "Performance, Robustheit und das vollständige Portfolio an Werkzeugen überzeugten uns vom Dotnet-Modell", so IT-Direktor Liebsch. Microsoft Dotnet ist ein Architekturmodell für die Informationsverarbeitung über das Internet. Die Daten einer Website sollen sich in eine programmierbare Anwendung verwandeln, in so genannte Web-Services. Diese könnten von anderen Websites ausgenutzt werden, so der Grundgedanke von Dotnet. Fremdanwendungen lassen sich mit Hilfe standardisierter Internetprotokolle und XML anbinden, sodass ein Informationsaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg möglich ist - unabhängig vom Betriebssystem und der Programmiersprache. Anwender erhalten damit jederzeit Zugriff auf ihre Daten.

Die Suite "Visual Studio Dotnet" enthält Programmierwerkzeuge zum Schreiben, Testen und Verbessern von Web-Services. Das Paket liefert Entwicklungsumgebungen für die Programmiersprachen C++, C# (sprich: C Sharp), Visual Basic und Visual C sowie die hierfür notwendigen Compiler. Wer hingegen mit Java Web-Services entwickeln möchte, sollte auf Entwicklungsumgebungen von Sun oder IBM zurückgreifen. Ferner trennt Microsofts Middleware ASP.net (Active Server Pages) den Code vom Layout der erstellten Website und wandelt sie somit in einen Web-Service um, der mit anderen Programmen kommunizieren kann.

Die Mietkautions-Software "Mikau" der Hausbank musste hierzu nicht neu geschrieben, sondern lediglich in einen Web-Service umgewandelt werden. Diese Aufgabe übernahm NCR in enger Zusammenarbeit mit Microsoft. Da es sich bei dem Projekt gleichzeitig um einen Betatest der Software handelte, hatte der Hersteller großes Interesse daran. Als Microsoft-Global-Partner verfügt NCR über gute Kontakte zu der Software-Company aus Redmond - für die Verwandlung der Software in einen Web Service benötigten die Programmierer von NCR und Microsoft lediglich eine Woche.

Möglichst viele Kunden sollen den Service nutzen

Die erste produktive Hauptversion ging nach einmonatiger Testphase im Dezember 2001 online. Seit diesem Zeitpunkt können sich die Hausverwalter in das Netz der Bank einwählen und Basisfunktionalitäten, wie die Anlage und Ansicht von Konten, nutzen. Die Bankmitarbeiter müssen in die Vorgänge nicht mehr eingreifen. Nach Eingabe von Benutzerkennung und Passwort füllen die Anwender am heimischen PC die Kautionsanträge aus, die anschließend an den Mikau-Dotnet-Server übertragen werden. Daraufhin erhalten sie sofort eine neue Kontonummer.

Alle Plausibilitätsprüfungen, die vorher die Sachbearbeiter vornahmen, führt das Programm eigenständig durch. Die Verwaltung der Kautionskonten sowie das Erzeugen neuer Kontonummern übernimmt ein zweiter Server, auf dem die Microsoft-SQL-Server-2000-Datenbank liegt. Beide Server sind Windows-2000-Advanced-Server. Die notwendige Hardware lieferte NCR, insgesamt stehen 27 NCR-Server bei der Hausbank. Bei einem ersten Performance-Test übertraf das mit Intel-Pentium3-Prozessoren ausgestattete System den von der Hausbank geforderten Durchsatz von 400 gleichzeitigen Zugriffen um ein Vielfaches. Insgesamt konnten sich laut NCR mehr als 5.000 Kunden gleichzeitig anmelden.

In der Anfangsphase des Projekts wählten sich die Bankkunden direkt in das Netzwerk der Bank ein ("dial in"). Die Hausbank bot hierfür zwei Einwahlknoten an, einen in München und einen in Leipzig. Seit Dezember 2001 baut NCR das System im Auftrag der Bank kontinuierlich aus. So besteht mittlerweile die Möglichkeit eines weitaus kostengünstigeren Zugangs über das Internet. Dieser ist mit 128-Bit-SSL-Verschlüsselung gesichert.

Außerdem programmierte NCR eine Schnittstelle für Mikau, über die die Hausverwalter ihre eigenen Systeme anbinden können. Ein großer Kunde der Hausbank, der mehr als 40.000 Kautionskonten verwaltet, plant zurzeit diese Schnittstelle zu benutzen. Diese wird anschließend die Mieterdaten aus dem System des Hausverwalter automatisch an die Hausbank übermitteln, die manuelle Eingabe entfällt. Die Architektur erlaubt diesen Datenaustausch, weil der Mikau-OnlineApplikation-Server seine Dienste als XML-Web-Services anderen Systemen zur Verfügung stellt.

Die Hausbank will all ihre Kunden auffordern, den Online-Service zu nutzen. Ferner soll die neue Lösung dazu beitragen, möglichst viele Neukunden zu gewinnen. Die Verantwortlichen der Bank versprechen sich mit dem Web-Service erhebliche Umsatzsteigerungen im Mietkautionsgeschäft.

NCR wiederum sammelte in dem Projekt wertvolle Erfahrungen im Umgang mit Visual Studio Dotnet. "Wir haben herausgefunden, wie wir effizient Programme schreiben können", erzählt NCR-Projektleiter Holthausen. Daneben beeindruckte das NCR-Team die Unterstützung aus Redmond. "Microsoft hat alle Fehler der Betaversion sofort behoben", so Holthausen. Beispielsweise stürzte beim Drücken einer bestimmten Tastenkombination regelmäßig und grundlos das komplette System ab. "Zwei Tage später bekamen wir zwölf CDs mit neuer Software, die den Fehler behob", sagt Holthausen. Zehn Versionen seiner Entwicklungsumgebung lieferte Microsoft im Laufe des Projekts an NCR aus, dennoch: "Wir waren verblüfft, wie stabil die unterschiedlichen Betaversionen arbeiteten."

Ganz abgeschlossen ist das Projekt bei der Hausbank noch nicht. "Man kann nicht genau sagen, ab welchem Zeitpunkt ein Projekt in die Pflegephase übergeht", sagt der Projektleiter. Die Hausverwalter arbeiten zwar bereits mit dem System, aber sein Team entwickelt fortlaufend neue Funktionalitäten.

www.hausbank.de

www.microsoft.com/germany/ msdn

www.ncr.de

ComputerPartner-Meinung

Ein Early Adopter geht grundsätzlich ein gewisses Risiko ein, weil er immer in irgendeiner Form ein Versuchskaninchen ist - vor allem wenn er als Entwickler mit einer neuen Software arbeitet. NCR machte allerdings guteErfahrungen damit und ist nun anderen einen Schritt voraus.

Zum einen war das Projektteam von der professionellen Unterstützung aus Redmond angenehm überrascht, zum anderen gewann NCR mit dem Projekt den zweiten Platz beim Microsoft Innovation Cup 2002. (ce)

Solution Snapshot

Kunde: Bank für Haus und Grundbesitz eG, Hausbank München, Sonnenstraße 13, 80331 München, IT-Director: Gerd Liebsch, Telefon:089 55141-161, www.hausbank.de

Problemstellung: Enormes Wachstum bei Mietkautionsservices bei vergleichsweise geringen Margen veranlassten die Hausbank München, diesen Prozess zu automatisieren. Bankkunden sollten Mietkautionskonten selbst online anlegen und verwalten können. Ziel war eine stabile und robuste Middleware mit leistungsfähiger Entwicklungsumgebung aus einem Guss.

Lösung: Programmieren des Web-Service "Mikau Online" (Mietkautionsservice-Management) sowie Aufbau und Implementierung der entsprechenden IT-Infrastruktur. Hardware: Intel-basierende Server von NCR Software: Windows NT 2000, Microsoft Visual Studio Dotnet beta2, SQL Server 2000 Netzwerkinfrastruktur: Netzdesign mit TCP/IP, Dial-In-Lösung mit Einwahlknoten und Authentifizierungs-Server, virtuelles privates Netz für die Anbindung via Internet (VPN)

VAR: NCR Deutschland GmbH, Ulmer Straße 160, 86156 Augsburg, Projektleiter: Dr. Olaf Holthausen, Telefon: 0172 8238529, www.ncr.com

Kontaktaufnahme: Die Hausbank München ist seit 1970 NCR-Kunde.

größte Herausforderung: Benutzung neuer Technologien (C#, ASP Dotnet, Ado Dotnet)

unerwartete Schwierigkeiten: Bei der verwendeten Software handelte es sich um eine Betaversion, die gelegentlich grundlos abstürzte.

Implementierungsdauer: Umsetzung der ersten Mikau-Lösung in einer Woche, anschließend Beschluss zur Programmierung einer vollständigen Web-Applikation. Dauer des gesamten Projekts zirka ein Jahr, wobei sich eine Wartungsphase nathlos anschloss.

aufgew. Mannstunden (VAR): Im Durchschnitt arbeiteten zirka drei NCR-Mitarbeiter ein Jahr lang an dem gesamten Projekt.

Verhältnis Hardware/Software/ Dienstleistung: 5 Prozent / 5 Prozent / 90 Prozent

Benefit für Kunden: Die Anlage von Kundenkonten erfolgt in Echtzeit als durchgängige Automatisierungslösung, eine Nachbearbeitung ist nicht erforderlich. Da sich die Hausverwalter über ein VPN direkt in das Netzwerk der Hausbank einwählen, ist das System vor Eindringlingen sicher. Ein erster Performance-Test mit Intel-Pentium3-basierenden Servern erlaubte einen Durchsatz von mehr als 5.000 Benutzern gleichzeitig von der Hausbank München waren nur 400 gefordert.

Benefit für VAR: NCR arbeitete als Early Adopter eng mit dem Visual-Studio-Entwicklungsteam von Microsoft zusammen und konnte so die im Laufe des Projekts auftretenden Probleme schnell lösen. Zudem gewann NCR den zweiten Platz beim Microsoft Innovation Cup 2002. Potenzielle NCR-Kunden können sich die Lösung vor Ort bei der Hausbank München anschauen.