Arbeitgeber haftet für Wettbewerbsverstöße

Welche Werbung über Social Media ist erlaubt?

09.04.2015 von Renate Oettinger
Für einen unter Druck stehenden Vertriebsmitarbeiter mag es verlockend sein, auf Facebook seine Zielgruppen anzusprechen und für die Produkte des Arbeitgebers zu werben. Doch das kann ins Auge gehen, sagt Manfred Wagner.

In einem Urteil vom 4.11.2013, Az. 12 O 83/13, ergangen in einem Prozess vor dem Landgericht Freiburg, wurde entschieden, dass ein Arbeitgeber für die Wettbewerbsverstöße eines für ihn tätigen Verkäufers auf dessen privater Facebook-Seite haftet, auch wenn der Arbeitgeber keinerlei Kenntnis von dessen Aktivität hatte.

Wer Social Media in gewerblicher Weise nutzt, unterliegt der Impressumspflicht. Dies gilt auf für die private Facebook-Seite eines Mitarbeiters.

Marketing über Social-Media-Portale wie Facebook ist hocheffizient. So entfällt schon beispielsweise die mühselige Suche nach Zielgruppen. Auf Facebook kann man seine Zielgruppen konkret ansprechen. Doch auch der interaktive Dialog ist ein Grund dafür, dass das Werben via Social Media so interessant ist. Es besteht eine große "Nähe" zum (potenziellen) Kunden. So mag es auch für unter Druck stehende Vertriebsmitarbeiter eine willkommene Möglichkeit sein, eigenmächtig auf die angebotenen Dienstleistungen hinzuweisen.

Angebote des Arbeitgebers beworben

Um einen solchen Mitarbeiter handelte es sich wohl bei einem Verkäufer aus einem mutmaßlich Freiburger Autohaus. Er bewarb auf seiner privaten Facebook-Seite unter Hinweis auf seine dienstliche Telefonnummer die aktuellen Angebote seines Arbeitgebers.

Dies stellte gleich in mehrfacher Hinsicht einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar, was von einem Verband auch beanstandet, abgemahnt und im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt wurde. Kurzum: Es fand ein kostenintensiver Rechtsstreit statt.

Doch wieso stellt es in rechtlicher Hinsicht ein Problem dar, wenn Mitarbeiter auch privat auf Facebook aktiv sind?

Mehrere Wettbewerbsverstöße

Die Antwort verblüfft, denn es muss nicht unbedingt ein rechtliches Problem darstellen. Hier jedoch fanden gleich mehrere Verstöße statt. Das betraf in drei Fällen einzelne Gesetze, die zwar außerhalb des UWG liegen, aber als sog. Marktverhaltensregeln angesehen werden und deshalb über § 4 Nr. 11 UWG zu einer wettbewerbsrechtlichen Relevanz gelangen.

Zunächst hatte der Mitarbeiter gegen die PKW-EnVKV i. V. m. der Richtlinie 1999/97/EG verstoßen, weil es der Werbung für Kraftfahrzeuge an Angaben zum CO²-Ausstoß mangelte.

Und weil er die Leistung des beworbenen Autos nur in PS angegeben hatte, fiel ihm ein Verstoß gegen das Gesetz über die Einheiten im Messewesen und die Zeitbestimmung i. V. m. der Richtlinie 80/181/EWG ebenfalls zur Last.

13 Tipps für Ihre Social-Media-Aktivitäten
Tipp 1: Nicht alles glauben
Glauben Sie nicht alle Erfolgsgeschichten, die die Propagandisten des "Viralen Marketing" und "Guerilla Marketing" sowie des "Social Media Marketing" und "Marketing 3.0" erzählen. Denn letztlich wollen sie etwas verkaufen.
Tipp 2: Hausaufgaben vorher erledigen
Prüfen Sie, bevor Sie sich für irgendwelche Social-Media-Aktivitäten entscheiden, zunächst: Habe ich meine Hausaufgaben im Bereich Marketing erledigt? Habe ich zum Beispiel eine Strategie, wie ich meine Zielkunden Schritt für Schritt zur Kaufentscheidung führe? Und habe ich meine Webseite für Suchmaschinen optimiert?
Tipp 3: die Kunden erkennen
Prüfen Sie insbesondere als Anbieter im B2B-Bereich, ob Sie über solche Kanäle wie Facebook, Google+ und Xing Ihre Zielkunden überhaupt erreichen.
Tipp 4: die Erwartungen kennen
Denken Sie dabei daran, dass Sie im Gegensatz zu solchen Marken wie Coca Cola oder Vereinen wie Bayern München als "Dienstleister für Unternehmen" keine Fans haben. Was Sie haben, sind Geschäftspartner, und diese haben andere Erwartungen an Sie als Fans.
Tipp 5: die Mehrarbeit hinterfragen
Prüfen Sie genau: Wie viel Mehrarbeit halse ich mir damit auf? Zum Beispiel für das Schreiben von Blog- oder Forumsbeiträgen? Oder für das Reagieren auf individuelle Fragen und Kommentare von "followers" und "friends"? Fragen Sie sich, ob und wie Sie diese Mehrarbeit neben Ihrer Alltagsarbeit stemmen können.
Tipp 6: von Illusionen lösen
Hegen Sie nie die Illusion, dass ein Blog von Ihnen zu einem Selbstläufer wird, der ohne weiteres Zutun (neue) Besucher und potenzielle Kunden anlockt. Dasselbe gilt für bei YouTube hochgeladene Videos. Sie werden von Ihren Zielkunden nur registriert, wenn diese von Ihnen über andere Marketingkanäle darauf hingewiesen werden.
Tipp 7: Bleiben Sie persönlich
Denken Sie speziell als Anbieter im B2B-Bereich stets daran: Die Fast-Food-Kommunikation über Social Media kann die persönliche Kommunikation mit den Entscheidern in den Unternehmen nie ersetzen. Sie kann sozusagen nur das "Sahnehäubchen" auf Ihrer Marketingkommunikation sein – mehr nicht.
Tipp 8: Kontakt halten
Sie können Social Media aber sehr wohl dafür nutzen, um den Kontakt zu Personen zu halten, bei denen sich aus betriebswirtschaftlicher Warte eine hohe Investition an Zeit und Geld nicht lohnt (zum Beispiel ehemalige Besucher offener Seminare. Oder Interessenten, deren Ertragspotenzial sehr niedrig ist).
Tipp 9: einen echten Mehrwert bieten
Um sich die Sympathien dieser Personen zu bewahren, müssen Sie ihnen aber einen echten Mehrwert bieten. Achten Sie deshalb bei Ihren Social-Media-Aktivitäten darauf, dass die Werbung für Ihre Leistungen und die nutzen-stiftende Information in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.
Tipp 10: Kontakte umwandeln
Beachten Sie bei Ihren Social-Media-Aktivitäten: 100 virtuelle Kontakte sind (meist) weniger wert als ein persönlicher Kontakt. Versuchen Sie deshalb, vielversprechende Netz-Kontakte in reale Kontakte umzuwandeln.
Tipp 11: über eigene Videos nachdenken
Denken Sie als Dienstleister, der primär seine Person vermarktet, durchaus darüber nach, Videos von sich selbst ins Netz zu stellen. Diese müssen aber hochprofessionell gestaltet sein, denn Ihre Zielkunden haben in der Regel eine jahrzehntelange Fernseherfahrung. Und ihre Erwartungen sind von den Werbespots in der "Glotze" geprägt.
Tipp 12: Hinterfragen Sie alle Tipps
Nichts ändert sich zurzeit so schnell wie die Medienlandschaft und das Mediennutzungsverhalten Ihrer Zielkunden. Entsprechend kritisch sollten Sie auch die vorstehenden Tipps des Autors lesen, denn sie geben primär dessen persönliche Einschätzungen wider. Und selbst wenn diese heute noch zutreffen, können sie morgen überholt sein
Tipp 13: Grundwissen aneignen
Eignen Sie sich deshalb außer im Bereich Marketing auch im Bereich Neue Medien ein solides Grundwissen an, denn sie werden im Marketing von morgen eine immer größere Rolle spielen. Sonst können Sie die Empfehlungen von solchen Beratern wie dem Autor nicht bewerten. Also können sie Ihnen den größten Nonsens erzählen und aufschwatzen.

Impressumspflicht

Doch selbst wenn der Mitarbeiter berücksichtigt hätte, wie man wettbewerbskonform für einen PKW wirbt, wäre sein Handeln dennoch wettbewerbswidrig gewesen. Denn wer Social Media in gewerblicher Weise nutzt, der unterliegt der Impressumspflicht des § 5 TMG. Ein Impressum hatte die private Facebook Seite des Mitarbeiters jedoch nicht. Darüber hinaus beanstandete der Verband auch noch eine Irreführung des Verbrauchers gem.§ 5 UWG, weil nicht ersichtlich geworden wäre, wer Inhaber des Autohauses und damit Anbieter des beworbenen PKW sei. Das jedoch musste aus formalen Gründen aber offenbleiben. Das Gericht durfte hierüber nicht entscheiden. Das bedeutet also, dass hier gleich eine ganze Reihe von Wettbewerbsverstößen stattgefunden hatte.

Wieso diese dem Arbeitgeber zugerechnet wurden, erklärt sich mit Blick auf § 8 Abs. 2 UWG. Danach werden Wettbewerbsverstöße von Mitarbeitern dem Unternehmen zugerechnet, auch wenn dieses keine Kenntnis davon hat.

Es handelte sich, wie der Volksmund sagt, um einen klaren Fall. Er verdeutlicht, dass der Markt sehr weitgehend beobachtet wird und wettbewerbswidriges Verhalten sehr schnell entdeckt und sanktioniert werden kann. Er zeigt jedoch auch, dass Mitarbeiter unabhängig vom Social Media Marketing des eigenen Unternehmens auch zu eigenen Maßnahmen greifen, die im Zweifelsfall teure Konsequenzen für das Unternehmen haben können.

Fazit

Das Urteil weist deutlich auf Compliance-Probleme hin, denen sich kleine wie große Unternehmen stellen müssen. Auch das Verhalten der Mitarbeiter in Social Media außerhalb des beruflichen Umfeldes, welches Konsequenzen für das Unternehmen haben kann, sollte zum Gegenstand einer IT- bzw. Social-Media-Richtlinie im Unternehmen gemacht werden, die arbeitsrechtlich wirksam im Unternehmen implementiert werden muss.

Weitere Informationen und Kontakt: Manfred Wagner ist Rechtsanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. www.mittelstands-anwaelte.de
WAGNER Rechtsanwälte, Großherzog-Friedrich-Str. 40, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681 958282-0, E-Mail: wagner@webvocat.de, Internet: www.webvocat.de