"Outsourcing" von Personal zur Krisenbewältigung

Wenn der Freie kommt, muss der Feste gehen

11.06.2009
Ein Arbeitgeber kann seinen Arbeitsnehmern kündigen und die von ihnen verrichtete Arbeit von Selbstständigen durchführen lassen. Dr. Christian Salzbrunn* nennt Einzelheiten.

In jedem Unternehmen gibt es Tätigkeiten, die nicht zwangsläufig durch einen fest angestellten Arbeitnehmer, sondern auch durch einen freien Mitarbeiter erledigt werden können. Entschließt sich nun ein Unternehmen, diese Tätigkeit tatsächlich an einen Selbstständigen zu vergeben, stellt sich die Frage, inwieweit dies eine betriebsbedingte Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer rechtfertigen kann, der diese Tätigkeit bislang im Unternehmen ausgeübt hat und seine bisherige Arbeit in Zukunft als freier Mitarbeiter für das Unternehmen durchführen soll.

Über diese Rechtsfrage hatte das Bundesarbeitesgericht zu entscheiden. Es ging um den Fall eines Arbeitnehmers, der seit dem Jahr 2001 bei einem Unternehmen der Städtewerbung beschäftigt war. Im Jahre 2004 entschloss sich das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen, Werbeanschläge künftig nicht mehr durch eigene Arbeitnehmer, sondern durch freie Mitarbeiter anbringen zu lassen. Es kündigte dem Arbeitnehmer und bot ihm an, dieselbe Tätigkeit künftig als freier Mitarbeiter fortzuführen. Hiergegen wandte sich der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage und zweifelte vor den Arbeitsgerichten die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung an. Zur Begründung führte er aus, dass die Vergabe der Plakatierungsarbeiten nicht zum Wegfall seines Arbeitsplatzes geführt hätte, denn auch die Subunternehmer seien weiterhin in weisungsgebundener Weise für das Unternehmen tätig. Sie seien damit rechtlich weiterhin als Arbeitnehmer einzustufen.

Freie Unternehmerentscheidung

Seine Klage blieb allerdings sowohl in den Vorinstanzen als auch vor dem BAG erfolglos. In ihrem Urteil wiesen die Richter des BAG zunächst grundlegend darauf hin, dass eine betriebsbedingte Kündigung nach dem § 1 Abs. 2 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) immer dann gerechtfertigt sei, wenn das Beschäftigungsbedürfnis für einen Arbeitnehmer entfällt. Dieses könne auch dadurch entfallen, indem ein Unternehmen seinen Betrieb reorganisiert und nach dem neuen Konzept die bisherige Tätigkeit nicht mehr in der bisherigen Form erforderlich ist.

Eine solche Umgestaltung könne als sog. freie Unternehmerentscheidung von den Arbeitsgerichten nicht auf ihre organisatorische oder betriebswirtschaftliche Zweckmäßigkeit hin überprüft werden, sondern allein darauf, ob diese Entscheidung willkürlich oder in sonstiger Weise rechtsmissbräuchlich erfolgt ist. Entschließe sich ein Arbeitgeber, bisher von Arbeitnehmern ausgeübte Tätigkeiten künftig nicht mehr durch diese, sondern durch Subunternehmer ausführen zu lassen, so stelle dies erst einmal eine nachvollziehbare Erwägung dar, infolge derer das Beschäftigungsbedürfnis für diese Arbeitnehmer entfallen könne und somit die betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt sei.

Eine willkürliche oder missbräuchliche Unternehmensentscheidung konnten die Richter des BAG im vorliegenden Fall nicht erkennen. Zudem ergab sich aus den Subunternehmerverträgen nicht, dass die künftigen freien Mitarbeiter als sog. Scheinselbständige für das Unternehmen tätig werden sollten. Insoweit stellte das BAG auf die üblichen Abgrenzungskriterien ab, wonach Arbeitnehmer derjenige ist, der aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung einer weisungsgebundenen Arbeit in persönlicher Abhängigkeit tätig ist.

"Outsourcing" als Mittel zur Krisenbewältigung

Aus dieser Entscheidung kann folgendes Fazit gezogen werden: Ein Arbeitgeber kann durchaus seinen Arbeitnehmern kündigen und die von ihnen verrichtete Arbeit von Selbstständigen durchführen lassen. Ein solches "Outsourcing" kann gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein wirksames Mittel zur Reduzierung der Arbeitnehmer und damit zur Kosteneinsparung darstellen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass mit den Subunternehmern echte "freie Mitarbeiterverhältnisse" begründet werden und der Arbeitgeber auf ein Weisungsrecht gegenüber diesen Mitarbeitern verzichtet.

Entscheidend ist dabei aber nicht die Bezeichnung des neuen Vertrages als freies Mitarbeiterverhältnis, sondern sämtliche Einzelheiten der weiteren Zusammenarbeit in tatsächlicher Hinsicht. Ein vermeintliches freies Mitarbeiterverhältnis kann sich so im Nachhinein schnell als ein Arbeitsverhältnis entpuppen, was gerade für den Arbeitgeber erhebliche finanzielle Gefahren beinhaltet. In Zweifelsfällen, in denen sich eine Abgrenzung nur schwer vornehmen lässt und der Arbeitgeber sein Direktionsrecht behalten möchte, sollte also eher auf ein Arbeitsverhältnis als auf ein freies Mitarbeiterverhältnis zurückgegriffen werden. (OE)

Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt.

Kontakt:

Alt-Pempelfort 3, 40211 Düsseldorf, Tel.: 0211 1752089-0, E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de