Der Mitarbeiter als Partner?

Wenn Mitbestimmung zur Perversion wird

12.03.2009
Mitbestimmung, das magische Wort - auf Wolken getragen von Gewerkschaften, in den Boden gestampft von Unternehmerverbänden. Von Helmut König.

Das Wort "Mitbestimmung" hat Arbeitskämpfe ausgelöst, Aussperrungen bewirkt und Feindschaften zwischen den Sozialpartnern geschürt. Es ist interessant, das Phänomen von mehreren Seiten zu beleuchten.

Ins Leben gerufen für ungelernte Arbeitskräfte …

Die einfachste bekannte Form der Definition von Mitbestimmung ist, dass Arbeitnehmer etwas haben wollen, was ihnen der Arbeitgeber nicht geben will. Hervorgegangen ist sie aus den Anfängen der Großindustrie, wo viele ungelernte, leicht austauschbare Arbeitskräfte unter teilweise unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten. Hier sind durch die Bildung von Arbeitnehmervertretungen viele wichtige Dinge erreicht worden, ohne die unsere heutige Gesellschaft nicht denkbar wäre.

In unserem Drang zur Perfektionierung führt diese Art der Mitbestimmung heute allerdings manchmal zur Perversion. Wenn zum Beispiel bei einer Personaleinstellung fünf Mitarbeiter des Unternehmens einem Bewerber gegenübersitzen, damit Mitbestimmungsfunktionen gewahrt sind, kann man sich vorstellen, welcher finanzielle Aufwand schon in mittleren Betriebsgrößen bei Einstellungsgesprächen getrieben werden muss. Und welche Auswirkungen bei größeren Unternehmen möglich sind, sah man voriges Jahr am Beispiel des Bestechungsskandals im Zusammenhang mit dem Betriebsratsvorsitzenden bei VW.

… aber welches Unternehmen braucht die heute noch?

Doch die Mitbestimmung wandelt sich. Nachfrage nach ungelernten Arbeitskräften ist kaum noch vorhanden, Qualifikation, Intelligenz oder fachliche Kompetenz sind gefragt. Dazu kommen Anforderungen an Motivation, Einsatzfreude oder Selbstbewusstsein. Unternehmen müssen im Rahmen von schlanken Arbeitsprozessen auf die Kompetenz und das Fachwissen ihrer Mitarbeiter setzen. Nur damit kann man sich heute vom Wettbewerb unterscheiden. Aber motivierte Mitarbeiter kann man sich nicht erzwingen, man muss sie sich erarbeiten.

Mein Mitarbeiter, mein Partner?

Selbstbewusste Mitarbeiter nehmen so viel Rücksicht auf ihr Unternehmen, wie das Unternehmen Rücksicht auf sie nimmt. Nur in einem fairen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann ein harmonisches Miteinander entstehen. Nicht nur Kunden und Lieferanten sind die Partner eines Unternehmens, sondern auch seine Angestellten. Zufriedene Mitarbeiter brauchen Beteiligung, Verantwortung und Integration.

Unzufriedene Mitarbeiter brauchen heute keine Gewerkschaft mehr für einen Arbeitskampf. Sie haben das Internet. Dort finden sie in Foren und bei Stellensuchmaschinen schnell rat- und tatkräftige Hilfe und auch einen anderen Arbeitgeber.

Laut einer aktuellen Untersuchung von Stepstone bei 20.000 Fach- und Führungskräften in Europa ziehen 42 Prozent einen Unternehmenswechsel noch in diesem Jahr in Erwägung. Da rollt eine Revolution auf die Firmen zu, die weder Unternehmensverbände noch Gewerkschaften ansatzweise begriffen haben. Hier werden sich auch die Personalberater von den Personalvermittlern scheiden, denn ein Personalberater hilft Unternehmen, Personal im Unternehmen zu behalten. Mit Personalvermittlung kann man aber schnell das Fünf-, Zehn- oder Zwanzigfache verdienen.

Wo ist der Weg in die Zukunft?

Die Gewerkschaften tun sicher gut daran, sich mit dieser neuen Situation zu beschäftigen. Sie haben das Problem, dass sie zum einen, gerade im internationalen Umfeld, noch traditionelle Arbeitnehmerinteressen zu vertreten haben und zum anderen Konzepte für diese neue Situation entwickeln müssen. Arbeitgeber sollten schnell Konzepte aufstellen, wie sie ihren Mitarbeitern wieder Spaß an der Arbeit im Unternehmen vermitteln können. Verdienst ist bei Spaß auch wichtig, wichtiger jedoch ist die Möglichkeit, dass man sich im Unternehmen verwirklichen kann.

Da haben besonders die Führungsebenen noch einiges zu lernen. Gerade dort haben viele Unternehmen noch nicht begriffen, dass ein Miteinander mit den eigenen Mitarbeitern erheblich stressfreier, ausgeglichener und gesünder ist als ein Gegeneinander - auch für die Führungskräfte. (oe)

Der Autor Helmut König ist Inhaber der Agentur Königskonzept. Kontakt: Mittelstr. 19, 35516 Münzenberg, Tel. 06033 746634 und 06033 746634, Fax 0721 151 430712, E-Mail: helmut-koenig@koenigskonzept.de, Internet: www.koenigskonzept.de