Ein Insider berichtet

Wer ist schuld an "Schweinepreisen"?

15.06.2009
Zahlreiche Beiträge im CP forum zeigen es: Das Thema Preisgestaltung trifft den Nerv der Händler. ChannelPartner hat einen Insider gefragt, wie "Schweinepreise" zustande kommen.

Zahlreiche Beiträge im ChannelPartner-Forum zeigen es: Das Thema Preisgestaltung trifft den Nerv der Händler. Viele Reseller beteiligten sich nach dem Beitrag "Broadliner sind oft zu teuer" an der Diskussion. So fragt sich Uwe Müller von UME - PC und Netzwerktechnik bei einem besonders günstigen Angebot für einen Oki-Drucker eines E-Tailers: "Wie soll ein normaler Händler da noch etwas verkaufen?" So ein Preis könne nicht mit Beratung und Service ausgeglichen werden.

"Es ist schon fast die Ausnahme, wenn man mal ein Produkt findet, dass man als Endverbraucher nicht irgendwo zum Händler-EK der Broadliner kaufen kann", klagt Forumsmitglied Michael Schröter alias "McLord". Seine Erkenntnis: "Die niedrigen Endkundenpreise können in der oben genannten Channelkette nur erreicht werden, wenn die Hersteller die E-Tailern nachträglich in Form von Boni/Quartalsrabatten etc. direkt bezuschussen!" Schröter nimmt an, dass die Hersteller so ganz bewusst die genannten E-Tailer als Factory-Outlet-Stores nutzen und so nach außen ihre Channeltreue proklamieren können.

ChannelPartner hat einen Insider bei einem Hersteller gefragt, wie "Schweinepreise" zustande kommen. Ihm zufolge gibt es mehrere Ursachen für die Preisdifferenzen. Hauptursache sieht der CP-Informant im Stückzahlen- und Umsatzdruck aus dem Headquarter. "Die Hersteller stellen die Distributoren bis unters Dach voll", weiß er. Wenn dann zum Monatsende die Ware nicht abgeflossen ist, drohen die Distis damit, die Geräte zu retournieren. "Dann geht das Geschacher los", erzählt er. Da jeder Mitarbeiter seine Ziele erreichen will und muss, werden mit einigen wenigen großen E-Tailern wie Notebooks-billiger.de "ganz besondere Konditionen" vereinbart. Der Preisverfall wird zusätzlich durch interne Konkurrenz angeheizt. "Das macht jeder", sagt der Insider. Zwar werde bei den Herstellern das Problem der dadurch leidenden Preisstabilität diskutiert, doch "es gibt halt jeden Monat einen 30.", meint er lapidar.

Beiträge im CP forum zu diesem Thema

Billigware von EU-Nachbarn

Billig-Angebot bei E-Tailer Amazon.

Ebenfalls Schuld an Niedrigpreisen sind in Importe aus Ländern der Europäischen Union. Wenn ein Hersteller es nicht schafft, einheitliche Preise im ganzen EU-Raum durchzusetzen, findet die Ware ihren Weg im EU-Binnenmarkt. Oft konkurrieren sogar die Ländergesellschaften des gleichen Herstellers untereinander mit günstigen Preisen, um gegenüber dem Headquarter gut dazustehen. Da Hersteller immer mehr dazu übergehen, Ware mit entsprechenden Verpackungen, Handbücher und Treiber-CDs für den gesamteuropäischen Markt zu konfektionieren, ist es leicht, sie umzuleiten. Diese Geräte kommen dann oft aus Süd- und Osteuropa nach Deutschland. Die Herstelleraussagen, man kämpfe für stabile Preise", hält der Mitarbeiter in der Regel für "vorgeschoben".

Rückläufig soll hingegen die Masche sein, dass überschüssige Projektware, die zum günstigen Projektpreis eingekauft wurde, als Einzelprodukt billig auf den Markt gebracht wird. Hier wirkt sich wohl die verstärkte Herstellerkontrolle aus. "Projekt-Überhänge können nicht der Grund für die guten Preise der E-Tailer sein, denn wie soll bitte schön ein "Großkundenprojekt" mit Consumernotebooks inkl. Vista Home aussehen? Ein paar tausend Business-Maschinen hier und da, OK. Aber nicht die Mengen und nicht die Artikel, über die wir hier reden", bemerkt Forumsmitglied Michael Schröter richtig.

Nur einen kleinen Teil der Dumping-Preise führt der Informant auf illegale Praktiken von unseriösen Händlern zurück, die gerne auf Shopping-Plattformen wie Ebay zugreifen. Die Szenarien reichen von "vergessenen" Urheberechts- oder Elektroschrottabgaben über Einfuhren aus Nicht-EU-Ländern bis zu Mehrwertsteuer-Betrügereien.

Die Niedrigpreise, insbesondere die der großen E-Tailer, sind also überwiegend durch die Hersteller toleriert oder sogar gewollt. Natürlich hat ChannelPartner auch bei Notebooks-billiger.de nachgefragt, wie es möglich ist, diese Preise zu realisieren. "Kein Kommentar", heißt es allerdings aus der Geschäftsführung um Vorstand Arnd von Wedemeyer.

Wo sehen Sie die Ursachen für "Schweinepreise"? Kennen Sie auch markante Beispiele, bei denen die Straßenpreise weit unter dem HEK liegen? Machen Sie bei der Umfrage unten mit und diskutieren Sie mit im ChannelPartner-Forum! (awe)

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