Herstellergarantie

Werbung mit lebenslanger Garantie doch zulässig

03.09.2008
Das Thema "lebenslange Garantie" wurde neu definiert. Soweit sich die Garantiezusage als selbstständiger Garantievertrag darstellt, ist eine Garantiezusage von mehr als 30 Jahren zulässig.

Der Bundesgerichthof hat in seiner Entscheidung vom 26.06.2008 (Az.:I ZR 221/05) das Thema "lebenslange Garantie" neu definiert. Soweit sich die Garantiezusage als selbstständiger Garantievertrag darstellt, der unabhängig von den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen besteht, ist nach Ansicht des 1. Senates eine Garantiezusage von mehr als 30 Jahren zulässig. Dr. Hans M. Wulf nennt Einzelheiten.

Bislang galt der Grundsatz, dass die Garantiezusage von Herstellern nur maximal 30 Jahre umfassen darf. So hatte der BGH in einer früheren Entscheidung vom 09.06.1994 (Az.:I ZR 91/92 - Zielfernrohr) entschieden, dass die Werbung mit einer "Garantie ohne jede zeitliche Einschränkung für die volle Funktionsfähigkeit, sachgemäße Behandlung vorausgesetzt" als wettbewerbsrechtlich irreführend anzusehen sei, weil eine dahingehende Verpflichtung gegen das - nunmehr in § 202 II BGB normierte --Verbot des rechtsgeschäftlichen Ausschlusses der Verjährung über diesen Zeitraum hinaus verstößt und nicht wirksam eingegangen werden kann.

Auch das OLG Frankfurt hatte in seiner Entscheidung vom 27.10.2005 (Az.: 6 U 198/04) eine Garantiezusage über 30 Jahre mit der Begründung als unzulässig angesehen, dass eine auf die Haltbarkeit von verkauften Sachen gerichtete Garantiezusage lediglich die Gewährleistungshaftung des Verkäufers ergänze, weshalb eine solche Garantiefrist der Sache nach wie eine Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche zu behandeln und damit unzulässig sei.

Sowohl die frühere Entscheidung des BGH als auch die Entscheidung des OLG Frankfurt stützen sich also auf die Annahme, dass sich die lebenslange Garantiezusage des Herstellers als Verlängerung der Verjährungsfrist für gesetzliche Gewährleistungsansprüche darstellt. Da Gewährleistungsansprüche jedoch ab dem Zeitpunkt der Übergabe der Ware verjähren, sei die Werbung mit einer lebenslangen Garantie wegen Verstoßes gegen § 202 BGB unzulässig.

Geänderte Rechtlage

In seiner aktuellen Entscheidung vom 26.06.2008 sieht der Bundesgerichtshof die Sachlage nun komplett anders:

Die Garantiezusage des Herstellers sei nicht als Verlängerung der Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche zu bewerten, sondern als eigenständiger Garantievertrag. Dieser sei - quasi ähnlich dem Instandhaltungsvertrag - wiederum als Dauerschuldverhältnis anzusehen, das so lange keine verjährbaren Ansprüche entstehen lasse, bis der Garantiefall eintritt. Der Garantievertrag könne also durchaus 35 Jahre laufen, ohne dass ein Mangel auftritt. Erst wenn dies passiere, beginne die Verjäh-rungsfrist (wohl drei Jahre) zu laufen, da erst jetzt aus dem Garantievertrag unmittelbare Ansprüche erwachsen.

Der BGH versucht in seiner Urteilsbegründung zwar, einen sachlichen Unterschied zwischen seinen beiden - sich widersprechenden - Entscheidungen zu finden, indem der Senat im ersten, älteren Fall die Garantiezusage als "Verlängerung der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen" auslegt und im aktuellen Fall aufgrund des individuellen Sachverhalts einen "eigenständigen Garantievertrag" in den Vordergrund stellt, der als Dauerschuldverhältnis einzuordnen ist. Allerdings ist diese Differenzi-rung absolut neu und nicht aus den vergangenen Urteilen herauszulesen. Insoweit ist davon auszugehen, dass der BGH seine Rechtsauffassung grundlegend geändert hat und nun bei Produkten mit äußerst langer Haltbarkeit im Grundsatz davon ausgeht, dass eine Werbung mit einer Garantielaufzeit über 30 Jahren - und damit auch lebenslang - zulässig ist.

Fazit

IT-Hersteller, dies sich im Jahre 2006 vom Urteil des OLG Frankfurt haben beeinflussen lassen und die Werbung mit einer "lebenslangen Garantie" daraufhin eingestellt haben, sollten aufgrund der geänderten Rechtslage überlegen, ob sie die Werbung wieder umstellen. (oe)

Der Autor Dr. Hans M. Wulf ist selbstständiger Rechtsanwalt in Hamburg und als Fachanwalt für IT-Recht auf die Beratung von IT-Firmen spezialisiert. Auf seinem Rechtsportal IT-Rechtsinfo.de finden Unternehmen der IT-Branche aktuelle Urteile und Hintergrundwissen zu ihrem Tätigkeitsschwerpunkt. Kontakt: Kanzlei Dr. Wulf, Elbchaussee 98, 22763 Hamburg, Tel.: 040 414313150, Fax: 040 391069588, E-Mail: info@kanzleidrwulf.de, Internet: www.kanzleidrwulf.de.