"Wettbewerber in Berlin wirken massiv auf unsere Leute ein"

06.08.2000
Die Gerüchteküche um den Berliner Distributor More Computer AG brodelt. Hat sich der Großhändler mit seinen Expansionsplänen übernommen? ComputerPartner-Redakteurin Silvia Lautz fragte nach bei Siegfried Rüde, Vorstandsvorsitzender der More Computer AG in Berlin.

Es gehen Gerüchte um, dass Sie Ihre Niederlassungen in Hürth und Hamburg schließen mussten. Was ist da dran?

Rüde: Unseren ursprünglichen Plan, in Hamburg und Köln völlig selbständige Geschäftsstellen aufzubauen, werden wir zunächst nicht realisieren. In einer ersten Stufe werden wir beide Standorte als Vertriebsniederlassungen ausbauen, deren personelle Besetzung ausschließlich vom Erfolg der dezentralen Organisation abhängt. Die Teilrealisierung des ursprünglichen Konzeptes basiert auf den heutigen Betriebsgrößen und wurde dementsprechend durch folgende Faktoren bestimmt: Unsere Zielsetzung des ertragsorientierten Wachstums verlangt grundsätzlich die Kostenreduzierung durch Konzentration der Logistik und Back-Office-Funktionen.

Örtlich segmentierte Unternehmensbereiche erschweren die Schnelligkeit und Effizienz der Unternehmensadministration. Die Beibehaltung des Dezentralisierungsprinzips für den Vertriebsbereich stärkt die heutige und zukünftige Kundenbindung. Der wirtschaftliche Erfolg der Vertriebsniederlassungen, von dem wir voll überzeugt sind, wird die Basis für die Realisierung weiterer Stufen unseres Ursprungskonzeptes bilden. Somit sehen wir den Ausbau unserer dezentralen Organisation hin zu eigenständigen Geschäftsstellen mit erweitertem Funktionsumfang nicht aufgegeben, sondern nur zeitlich in Stufen verschoben.

Sie wollen nun wieder das Geschäft in Berlin fokussieren. Dort sind aber mehr Mitarbeiter gegangen als gekommen. Wie viele Beschäftigte haben Sie - und wo wollen Sie neue Kapazitäten hernehmen?

Rüde: Wie bereits gesagt, werden wir nicht nur in Berlin tätig sein. Es ist außerdem absolut falsch, dass mehr Mitarbeiter gegangen als gekommen sind. Wir sind heute in Berlin mehr als 100 Mitarbeiter und waren am Ende des Geschäftsjahres 85. Richtig ist, dass Wettbewerber Filialen in Berlin eröffnet haben und massiv auf unsere Leute einwirken. Aber erstens wollten wir nicht alle halten, und zweitens sind auch nicht mehr alle dort. Die vorhandenen Kapazitäten reichen aber aus, um unsere Ziele zu erreichen.

Der Umsatz betrug vergangenes Jahr 163 Millionen Mark, dieses Jahr sollen es 230 Millionen sein, dann sind sogar 400 Millionen Mark für das Geschäftsjahr 2001/2002 geplant. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie diese Ziele erreichen?

Rüde: Es ist richtig, dass der Fachhandel auch die kleineren Distributoren wie More massiv unterstützt. Wir haben ja auch trotz unserer Umstrukturierungen unsere Performance außerordentlich steigern können. So können heute alle Lieferungen innerhalb von 24 Stunden beim Kunden sein, deren Bestellung bis 18.30 Uhr bei uns eingegangen ist. Unsere RMA-Abteilung arbeitet seit kurzem taggleich, also Austausch oder Einsendungen an den Hersteller, und die Fehlerquoten der Logistik liegen bei unter 0,5 Prozent. Wir sind daher zuversichtlich, dass wir auch im nächsten Geschäftsjahr wieder um etwa 50 Prozent wachsen können.

Umsatz ist nicht alles, wie uns spätestens der Niedergang der CHS gezeigt hat. Die Investitionen in die Geschäftsstellen haben sich offenbar nicht rentiert. Weitere Gelder fließen in das Label "Yakumo", ohne dass - zumindest zunächst - Geld zurückfließen wird. Wie steht es um die Profitabilität Ihres Unternehmens?

Rüde: Umsatz ist sicherlich nicht das einzige Unternehmensziel, das war es auch in der Vergangenheit nicht. Wir halten es für realisierbar, trotz der Anlaufverluste in den Niederlassungen das Ergebnis positiv ausfallen zu lassen. Durch die Senkung der Overhead-Kosten wird sich dann jede Niederlassung auch einzeln rechnen. Das Yakumo-Label kostet uns kein Geld, sondern ist schon jetzt ein erfolgreicher Margenbringer.