Auch fiktive Kosten sind zulässig

Wichtiges Urteil zur Betriebskostenabrechnung

02.12.2013
Laut BGH dürfen Vermieter auch eigene Sach- und Arbeitsleistungen in der Betriebskostenabrechnung ansetzen. Dabei müssen sie strenge Spielregeln befolgen. Wie Vermieter am besten vorgehen und den Zuspruch der Mieter finden, sagt Burkhard Raffenberg.
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Schnell sorgt die Betriebskostenabrechnung für Streit zwischen Vermieter und Mieter. Das Konfliktpotenzial wächst: Angesichts stark steigender Energiepreise reichen die Nebenkosten-Vorauszahlungen kaum aus, um die angefallenen Kosten zu decken. Immer mehr Mieter werden in der Betriebskostenabrechnung mit erheblichen Nachzahlungen belastet. Umso kritischer prüfen sie, ob der Vermieter alle Positionen ordnungsgemäß abgerechnet hat.

Gerade eigene Sach- und Arbeitsleistungen des Vermieters werden besonders kritisch beäugt. Jetzt sorgt ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Az. VIII ZR 41/12) für Klarheit über Art und Form der Abrechnung. Ein Vermieter ließ Hausmeister- und Gartenpflegearbeiten durch eigenes Personal ausführen. Die Richter hatten zu klären, ob der Vermieter die Eigenleistungen mit den Kosten eines fiktiven Dienstleisters in der Betriebskostenabrechnung ansetzen darf. Der Senat bejahte diese Frage. Aus Gründen der Praktikabilität darf der Vermieter auf den Kostenvoranschlag eines Dritten Bezug nehmen. Das BGH-Urteil schafft eine sichere Rechtsgrundlage für gewerbliche und private Vermieter. Diese dürfen umlegbare Arbeiten prinzipiell durch eigenes Personal oder in Eigenleistung erbringen.

Neue Chancen für Vermieter

Die Rechtsprechung bietet für Vermieter neue Chancen. Der Vermieter kann eigene Leistungen, die er bislang möglicherweise kostenlos übernommen hat, nun einfacher in der Betriebskostenabrechnung aufführen. Infolgedessen müssen einige Mieter zukünftig mit höheren Kosten rechnen. Allerdings zieht die Rechtsprechung eine klare Grenze: Die Kosten für Eigenleistungen dürfen das günstigste Angebot eines Drittunternehmens nicht übersteigen. Dies soll Mieter vor überhöhten Preisen schützen.

Wer als Vermieter Eigenleistungen umlegen möchte, sollte systematisch vorgehen und mit offenen Karten spielen (siehe unten "Beauftragen oder selber machen?"). Andernfalls drohen Konflikte. Hegt der Mieter den Verdacht, die Kosten orientierten sich an einem Gefälligkeitsangebot oder die Leistungen werden nicht fachgerecht erbracht, ist Streit programmiert. Mieter können im Zweifelsfall eine Wirtschaftlichkeitsprüfung beantragen. Schon vor Abschluss des Mietvertrages sollten Mieter genaue Informationen zu den Betriebskosten einholen. Aufschlussreich sind exakte Angaben zu den umlagefähigen Kosten und ihre Höhe in den letzten Jahren vor Mietbeginn. So lassen sich viele Konfliktpotenziale im Voraus erkennen und umgehen.

Für Mieter müssen Eigenleistungen des Vermieters nicht per se von Nachteil sein. Vielen Eigentümern liegt ihr Objekt sehr am Herzen. Sie gehen ihren Tätigkeiten mit großer Sorgfalt nach und lösen Aufgaben unter Umständen gründlicher als externe Dienstleister. Weiterer Vorteil: Eigenleistungen unterliegen grundsätzlich nicht der Umsatzsteuer, da die Leistungen eine Privatperson und kein Unternehmen erbringt. Somit lassen sich deutliche Kosteneinsparungen für die Hausgemeinschaft realisieren. Angesichts tendenziell weiter steigender Nebenkosten liegen Einsparungen im gemeinsamen Interesse von Vermieter und Mieter.

Aktuelle Gerichtsurteile (und Analysen) – Teil 1
Dienstwagen und Freistellung
Ein Arbeitgeber kann die Überlassung eines Dienstwagens an eine Arbeitnehmer im Falle einer Freistellung widerrufen. Dabei muss er die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen, sonst hat er unter Umständen dem Arbeitnehmer eine Nutzungsentschädigung zu zahlen.

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Jahresurlaub bei Krankheit
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr auch dann Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, wenn er im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig krank war. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat und eine tarifliche Regelung bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs dieser Rente auf Zeit ruht.

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Arbeitgeber in Facebook beschimpfen
Gemecker über den eigenen Arbeitgeber in Facebook rechtfertigt eine fristlose Kündigung. Ein Auszubildender hatte dort seinen Arbeitgeber als "Menschenschinder" und "Ausbeuter" bezeichnet. Außerdem schrieb er, dass er "dämliche Scheiße für Mindestlohn minus 20 Prozent erledigen" müsse.

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Google Analytics und Datenschutz
Wer auf seinen Webseiten das Tool "Google Analytics" nutzt, sollte für einen beanstandungsfreien Betrieb (Datenschutzbehörden!) u.a. folgende Maßnahmen umsetzen: Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung abschließen, auf Datenschutzerklärung hinweisen, Programmcode anpassen, Altdaten löschen

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Kopfhörer beim Autofahren
Ein generelles Verbot der Benutzung von Kopfhörern beim Autofahren besteht nicht (-->zum Beitrag). Sollte es nach einem Unfall zu einem Streitfall kommen, muss ein Richter die Frage nach einer Beeinträchtigung des Gehörs entscheiden. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass die Haftpflichtversicherung ihre Einstandspflicht aufgrund einer grob fahrlässigen Schadensherbeiführung zu kürzen versucht. Daher wird vom Tragen eines Kopfhörers beim Autofahren abgeraten.
Formulierungen bei Sonderangeboten
Ein Sonderangebot muss mindestens zwei Tage vorrätig sein. Bewirbt der Händler seine Ware mit dem Satz "Solange der Vorrat reicht", kann er wegen irreführender Werbung belangt werden – aber nicht von einem Kunden selbst, sondern nur von gewerblichen Verbänden, von Konkurrenten oder von den Verbraucherzentralen. Mit dem Satz "Ist voraussichtlich schon am ersten Tag vergriffen" ist der Händler bei Sonderangeboten auf der sicheren Seite.

Leserliches Fahrtenbuch
Bei einem handschriftlich geführten Fahrtenbuch eines Dienstwagens muss auf Leserlichkeit geachtet werden. Auch das Finanzamt muss die Einträge entziffern können – und nicht nur der Verfasser.

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eBay-Auktionen und Umsatzsteuer
Der Verkauf einer Vielzahl von Gegenständen über eBay ist eine nachhaltige unternehmerische Tätigkeit, womit die Verkaufserlöse der Umsatzsteuer unterliegen. Vor den Tücken des Fernabsatzrechts mag die Bezeichnung "Privatauktion" oder "Privatverkauf" in der Produktbeschreibung also schützen, vor dem Zugriff des Finanzamts rettet sie aber nicht.

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Schiffsreise als Betriebsausgabe
Wenn ein Unternehmer Geschäftspartner zu einer Schiffsreise einlädt, können die Aufwendungen für die Reise und hiermit zusammenhängende Bewirtungen in der Regel nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden. Grund: Es handelt sich um eine unangemessene Repräsentation, deren Kosten nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden dürfen.

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Wildunfälle und Versicherung I
Bei Zusammenstößen mit Haarwild ("Wildunfälle") springt die Teilkaskoversicherung für die Schäden am eigenen Fahrzeug ein. Allerdings muss es sich dabei um Jagdwild handeln. Der Zusammenstoß mit einem Eichhörnchen fällt nicht unter den Schutz der Teilkaskoversicherung, da es – anders als zum Beispiel ein Hase – kein Jagdwild ist.

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Diskriminierung im Arbeitsleben
Begründet der Arbeitgeber eine bestimmte Maßnahme (z.B. Aufgabenverteilung) gegenüber dem Arbeitnehmer, so muss diese Auskunft zutreffen. Ist sie dagegen nachweislich falsch oder steht sie im Widerspruch zum Verhalten des Arbeitgebers, so kann dies ein Indiz für eine Diskriminierung sein.

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Verlängerung befristeter Arbeitsverträge
Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer darf nach ein befristeter Vertrag höchstens dreimal verlängert werden. Durch einen Manteltarifvertrag können aber sowohl die Höchstdauer als auch die Anzahl der zulässigen Verlängerungen anders geregelt werden.

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Formulierung in Mahnschreiben
Wer einem säumigen Kunden in einem Mahnschreiben ankündigt, ihn im Falle weiterer Zahlungsunwilligkeit "ein auf Inkasso spezialisiertes Mitarbeiter-Team in den Abendstunden persönlich" vorbeizuschicken, muss seinerseits selbst mit einer scharfen richterlichen Abmahnung rechnen (-->zum Beitrag). Der angekündigte "Hausbesuch" kann nämlich vom Empfänger als mehr oder weniger versteckte Drohung verstanden werden, die "Inkasso-Spezialisten" würden ihr Anliegen vor Ort gegebenenfalls auch mit roher Gewalt durchzusetzen.
Abgabefrist für die Steuererklärung
Finanzbehörden dürfen Steuererklärungen, die von einem Steuerberater erstellt werden und deren Abgabetermin normalerweise am Jahresende liegt, vorzeitig anfordern und Abgabetermine ab dem 30. September festlegen. Dafür kommen unterschiedliche Gründe in Betracht: Betroffen sind insbesondere Steuerpflichtige, bei denen sich in den Vorjahren Auffälligkeiten (z.B. hohe Steuernachzahlungen, erhebliche Umsatzsteigerungen oder ein hohes Mehrergebnis bei der Steuerprüfung) ergeben haben.

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Geschwindigkeitsmessung mit Lasergerät
Bei einer Geschwindigkeitsmessung mit einem Lasermessgerät ist es nicht erforderlich, dass ein zweiter Polizeibeamter die Richtigkeit des abgelesenen und in das Protokoll eingetragenen Messwertes des messenden Kollegen kontrolliert. Somit ist das "Vier-Augen-Prinzip" keine Voraussetzung bei einer Verurteilung in einer Bußgeldsache.

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Anschlussflug und Reisegepäck
Fluggäste müssen auf einem Anschlussflug auch dann mitgenommen werden, wenn ihr Reisegepäck erst mit einem späteren Flug transportiert werden kann (-->zum Beitrag). Sollte als zum Beispiel das Gepäck schon beim Abflug eines Zubringerfluges rechtzeitig für beide Flüge abgefertigt worden sein, ist es nicht mehr erforderlich, dass die Reisenden 45 Minuten vor Abflug des Anschlussfluges noch einmal einchecken. Es reicht aus, dass sie sich noch vor dem Ende des Einstiegsvorgangs am Flugsteig einfinden, um das Flugzeug zu besteigen – auch wenn das Gepäck nicht mehr rechtzeitig umgeladen werden kann.
Versicherung und Sturmschäden
Bei Sturmschäden decken grundsätzlich die Gebäude-, Hausrat- und Kaskoversicherungen die Kosten ab. Allerdings spricht man bei einem Unwetter erst dann von einem Sturm, wenn mehr als acht Windstärken herrschen bzw. der Wind eine Geschwindigkeit von 62 km/h und mehr erreicht (= 34 kn und mehr).

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Ehrenamtliche Tätigkeit
Wer eine ehrenamtliche Tätigkeit ohne Vergütung ausübt und mündlich von seinem Dienst entbunden wird, hat bei einer Kündigungsschutzklage keine Aussicht auf Erfolg. Denn die Ausübung von Ehrenämtern dient nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz. Sie ist vielmehr Ausdruck einer inneren Haltung gegenüber Belangen des Gemeinwohls und den Sorgen und Nöten anderer Menschen.

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Fahrtenbuch als Excel-Datei
Eine Excel-Liste wird als Fahrtenbuch bei einem Dienstwagen nicht anerkannt. Denn in diesem Programm kann jederzeit verändert, hinzugefügt oder weggestrichen werden. Somit ist dies nicht zuverlässig genug für das Finanzamt.

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Wildunfälle und Versicherung II
Beim Ausweichen vor Wild können Autofahrer ihren Teilkaskoversicherungsschutz aufs Spiel setzen (-->zum Beitrag): Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshof ist es als fahrlässig anzusehen, wenn ein Autofahrer beispielsweise einem Hasen ausweichen will und dabei einen Schaden verursacht. Beim Zusammenstoß mit kleinen Tieren sind demnach weder für das Auto, noch für den Autofahrer schlimme Schäden zu erwarten.

Beauftragen oder selber machen?

Vermieter können nun auch Leistungen in Eigenregie oder durch eigenes Personal erbringen und in der Nebenkostenabrechnung umlegen. Mit der richtigen Herangehensweise können Vermieter und Mieter profitieren.

1. Aufgaben sondieren:

Nicht immer sind Aufträge an externe Kräfte zweckmäßig. Schnell rufen Dienstleister hohe Zusatzkosten etwa für Bereitschaftsdienste, Sondereinsätze oder Anfahrten ab, was gerade kleinen Hausgemeinschaften zu schaffen macht. Einige umlagefähigen Arbeiten lassen sich alternativ auch durch Eigenleistungen erledigen. Dazu zählen vor allem Hausmeistertätigkeiten, Gartenpflege oder Winterdienste.

2. Angebote einholen:

Eigenleistungen lassen sich nicht nach Belieben umlegen. Vermieter müssen nach fiktiven Kosten eines Drittunternehmers abrechnen. Zunächst sollten sie ein Leistungsverzeichnis erstellen und dann verschiedene Vergleichsangebote einholen. Die Kosten der Eigenleistungen müssen sich schlüssig aus dem Angebot eines Drittunternehmers ergeben. Es sollte von mehreren Angeboten das günstigste sein.

3. Mehrwert aufzeigen:

Mieter können den Umfang und Wert von Eigenleistungen nur schwer einschätzen. Mitunter hegen sie den Verdacht, dass der Kostenabrechnung ein Gefälligkeitsangebot zugrunde liegt. Vermieter sollten deshalb sehr transparent vorgehen. Am besten: Vergleichsangebote offenlegen und der Betriebskostenabrechnung beifügen.

Quelle: Burkhard Raffenberg (Rechtsanwalt in der Wirtschaftskanzlei DHPG in Bonn www.dhpg.de)