Wie Sie Ihr Publikum faszinieren

18.11.2004
Oft schalten die Zuhörer bei Reden innerlich nach zwei, drei Minuten ab. Zum Beispiel, weil der Redner nicht mit den Zuhörern kommuniziert. Kommunikationsprofi Thomas Hönscheid verrät einige Tipps, die Sie beim Planen Ihrer Weihnachts- und Neujahrsansprachen beachten sollten.

Der Saal ist geschmückt. Die Häppchen sind vorbereitet und die Gäste in eleganter Garderobe erschienen. Alle harren voller Ungeduld der Dinge, die da kommen werden. Dann tritt der Redner ans Pult und spricht die ersten Worte. Alle lauschen ihm gebannt. Doch nach zwei, drei Minuten erlahmt das Interesse der Zuhörer. Und sie denken immer häufiger: Wann ist die Rede endlich vorüber und wird das Büffet eröffnet?

Dieses Phänomen kann man in den kommenden Wochen wieder oft beobachten, denn die Zeit vor und nach dem Jahreswechsel ist die Hoch-Zeit für Reden. Schließlich gehört die Chef-Ansprache ebenso zum obligatorischen Programm einer Weihnachtsfeier wie der gemeinsame Schmaus. Ähnlich ist es bei den Neujahrsempfängen für Kunden und Verbandsmitglieder. Auch bei ihnen sind Reden ein fester Bestandteil des Programms. Und dies, obwohl die Zuhörer sie oft eher als "sättigende Beilage", denn als Ohrenschmaus empfinden.

Dabei blicken die Zuhörer der Rede des großen Herrn und Meisters oft durchaus gespannt entgegen - sofern sie nicht schon aus den Vorjahren die langatmigen und selbstdarstellerischen Reden des Chefs oder Verbandsvorsitzenden zur Genüge kennen. Entsprechend leicht könnten Redner ihr Publikum begeistern.

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Der Erfolg einer Rede hängt vorwiegend davon ab, ob der Redner die Sympathie des Auditoriums gewinnt. Wichtig sind auch Aufbau und dramaturgische Gestaltung der Rede. Der Inhalt hingegen hat auf die Bewertung einer Rede einen eher geringen Einfluss. Vereinfacht könnte man sagen: Der Redner muss vor allem einen Draht zum Publikum finden und seine Inhalte gut verpacken. Was er sagt, ist zweitrangig.

Ein Redner muss die Sympathie gewinnen

Doch wie gewinnt ein Redner die Sympathie der Zuhörer? Vor allem dadurch, dass er authentisch wirkt. Hierfür muss die Rede ihm auf den Leib geschneidert sein. Wenig glaubwürdig wirkt es, wenn ein "trockener Erbsenzähler" sich als Witzbold präsentiert. Oder wenn ein notorischer Einzelkämpfer sich plötzlich verbal mit allen Anwesenden verbrüdert. Das ist und wirkt nicht authentisch. Also gehen die Zuhörer auf Distanz.

Ein Redner gleicht einem Reiseführer. Er nimmt seine Zuhörer mit auf eine Gedankenreise - zum Beispiel durch das vergangene Jahr. Also muss er sich überlegen: Was ist der Anlass der Reise? Wohin soll sie gehen? Und, wer nimmt an der Reise teil? Erst danach sollte er das Reiseprogramm, also Inhalt und Ablauf der Rede, planen.

Eine Ansprache bei einer Weihnachtsfeier sollte zum Beispiel anders als eine Neujahrsrede konzipiert sein. Warum? Bei einer Weihnachtsfeier steht das gemeinsame Feiern im Vordergrund, bei einem Neujahrsempfang hingegen sollen die Zuhörer oft schon auf die Herausforderungen im neuen Jahr eingestimmt werden. Also kann die Rede mehr Information enthalten.

Der Redner muss über die Zuhörer Bescheid wissen

Beim Planen der Rede muss der Redner wissen: Wer sitzt mir gegenüber? Sind die Zuhörer vorwiegend Mitarbeiter, die den Chef nur zwei, drei Mal pro Jahr sehen, sollte die Rede anders konzipiert sein, als wenn im Auditorium nur Führungskräfte sitzen. Ebenfalls wichtig ist: Welche Beziehung besteht zwischen den Zuhörern? Kennen sie sich gut oder sehen sie sich nur einmal jährlich? Gehören sie derselben Organisation an oder nicht? Denn wenn die Anwesenden Tag für Tag zusammenarbeiten, haben sie auch gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen. Sehen Sie sich hingegen nur einmal jährlich, muss er auf andere Elemente zurückgreifen, um ihr Ohr zu finden. Zum Beispiel die Entwicklung in der Branche, der alle angehören. Oder die gemeinsamen schlechten Erfahrungen mit der Zahlungsmoral der Kunden.

Auch mit den Augen sollte man reden

Ein guter Redner kommuniziert mit seinen Zuhörern - selbst wenn nur er spricht. Zum Beispiel mit den Augen, indem er häufig den Blickkontakt mit dem Auditorium sucht. Deshalb sollten Reden so frei wie möglich vorgetragen werden. Wichtig ist es auch, das Publikum immer wieder persönlich anzusprechen. Nicht, indem Sie alle zwei, drei Minuten die Floskel "Meine sehr verehrten Damen und Herren" verwenden, sondern indem Sie den Zuhörern zum Beispiel rhetorische Fragen stellen wie "Kennen Sie folgende Situation,..." oder "Vielleicht geht es Ihnen auch so, ..." Oder indem Sie in die Rede Beispiele aus deren Erfahrungswelt integrieren. Auch ein Schuss Humor tut jeder Rede gut.

Beim Planen der Rede sollten Sie folgende Maxime beherzigen: Je kürzer eine Rede ist, umso besser ist sie meist. Eine Festrede anlässlich einer Weihnachtsfeier sollte zum Beispiel nicht länger als zehn, maximal fünfzehn Minuten dauern. Länger dauert auch die Fernsehansprache des Bundeskanzlers zu Silvester nicht.

Eine Rede sollte höchstens drei Kernbotschaften enthalten. Zum Beispiel: Die Arbeitsplätze sind sicher. Unser Unternehmen sieht einer rosigen Zukunft entgegen. Und: Dass es unserem Betrieb so gut geht, verdanken wir dem Einsatz aller Mitarbeiter.

Für das inhaltliche Planen Ihrer Rede können Sie die Mindmapping-Methode benutzen. Sie funktioniert wie folgt. Schreiben Sie zunächst in die Mitte eines Blatt Papiers das Thema oder den Anlass der Rede. Zum Beispiel: "Weihnachtsfeier" oder "Strategie 2005". Notieren Sie dann entlang von Linien, die von diesem Zentrum ausgehen, alles, was Ihnen zum Thema einfällt. Zum Beispiel: "Ertragsentwicklung", "Dank an Mitarbeiter", "Neue Produkte". Notieren Sie anschließend entlang von Seitenarmen dieser Linien alles, was Ihnen hierzu einfällt. So bekommen Sie schnell einen Überblick über die möglichen Inhalte der Rede. Und Sie können, für den Fall, dass es zu viel wird, problemlos einige (Seiten-)Arme streichen.

Ein knackiger Einstieg und ein feuriges Finale

Planen Sie besonders sorgfältig den Beginn und Schluss Ihrer Rede. Wie aufmerksam das Publikum Ihnen zuhört, hängt weit gehend vom Einstieg ab. Gute Einstiege sind zum Beispiel Anekdoten - zuweilen auch ein Witz. Ein Beispiel: Ein Franzose, ein Deutscher und ein Engländer werden zum Tode verurteilt. Alle haben einen letzten Wunsch frei. Zuerst der Franzose: "Ich möchte noch einmal die Marseillaise hören." Dann der Deutsche: "Ich möchte eine Rede halten." Schließlich der Engländer: "Ich möchte erschossen werden, bevor der Deutsche mit seiner Rede beginnt."

Bauen Sie Ihre Rede dramaturgisch auf. Alles sollte auf ein großes Finale hinstreben, das dafür sorgt, dass Ihre Rede dem Publikum im Gedächtnis bleibt - ähnlich wie bei einem Feuerwerk.

Eine Rede sollte aus möglichst kurzen Sätzen bestehen. Schachtelsätze mit mehreren Nebensätzen sind schnell unverständlich. Sie beinhalten zudem die Gefahr, dass der Redner sich verheddert und hängen bleibt. Dann ist bei ungeübten Rednern meist auch der Rest der Rede gelaufen. Denn sie werden nervös. Entsprechend häufig verhaspeln sie sich. Und irgendwann wartet das Publikum nur noch auf den nächsten Versprecher.

Wichtig ist eine aktive Sprache. Also zum Beispiel "Wir planen ..." statt "Unsere Planung sieht vor ...." Durchforsten Sie Ihre Rede, nachdem sie verfasst ist, nach substantivierten Verben wie "Durchführung", "Neuorientierung" und "Maximierung". Wenn ein solches Wort auftaucht, können Sie davon ausgehen: Diese Aussage kann einfacher, verständlicher formuliert werden.

Redesicherheit gewinnen Sie vor allem durch Routine und eine gute Vorbereitung. Hierzu zählt auch das laute Üben der Rede. Insbesondere den Einstieg, das Ende sowie die Übergänge zwischen den einzelnen Redepassagen sollten Sie so lange üben, bis Sie diese sozusagen auswendig kennen. Stoppen Sie beim Üben auch die Dauer der Rede. So merken Sie schnell, ob Ihre Rede zu lang ist.

Steckbrief

Thomas Hönscheid

Thomas Hönscheid, Darmstadt, ist professioneller Redenschreiber. Zu seinen Kunden zählen Finanzdienstleister, Autohersteller und Unternehmensberatungen.

Kontakt: Tel. 06151 292024

E-Mail: t.hoenscheid@t-online.de