Wilde Zeiten: die besten Tipps und Strategien gegen Rabattjäger

02.08.2001
Der Fall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung wird nicht alle Händler treffen: Die kleineren und mittleren Unternehmen werden von Rabattjägern größtenteils verschont werden, glauben jedenfalls die Experten. Wer dennoch kein Risiko eingehen möchte, kann mit einfachen Mitteln vorbeugende Maßnahmen treffen.

Das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung sind gefallen, viele Unternehmer befürchten nun eine Verschärfung des Wettbewerbs. "Um es vorwegzunehmen: Die langfristigen Folgen werden weitaus geringer sein als viele derzeit denken. Basarähnliche Zustände an den Kassen sind auf Dauer nicht zu erwarten", sagt Peter Kenning vom Institut für Handels-Management der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Insbesondere kleine und mittelständische Händler haben seiner Meinung nach keinen Ansturm der Rabattjäger zu befürchten. Sie könnten höchstens kurzfristig in den Sog geraten: "Der Preis war und ist nicht der zentrale Bestandteil ihres Marketing-Konzeptes."

Die Stärke der kleinen und mittleren Unternehmen besteht darin, dass sie ihren Kunden neben der persönlichen Betreuung auch Besonderheiten wie beispielsweise ein auf die lokale Kundschaft ausgerichtetes Sortiment bieten. Unternehmen wie Media-Markt könnten sich solche Dinge hingegen nicht leisten. Kenning: "Der Preis spielt daher in erster Line bei Real, Media-Markt und Co. eine wichtige, vielleicht sogar die wichtigste Rolle."

Kundenkarten nur in Kooperation sinnvoll

Diese Unternehmen wird der Fall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung am ehesten treffen, glaubt der Wirtschaftsexperte. Das haben auch die Firmen selbst erkannt: Längst wird hinter verschlossenen Türen an Konzepten gearbeitet, wie dem "neuen" Kunden zu begegnen ist. Es könne daher nicht verwundern, so Kenning, dass die Idee, "Verhandlungsneurotikern" bereits im Vorfeld mittels Payback-Card den Wind aus den Segeln zu nehmen, gerade von diesen großen Handelsunternehmen stammt.

Als Gegenmaßnahme sei dies auch für die kleineren Händler durchaus interessant: "Ein sinnvoller Weg, um hohe Kosten zu vermeiden, sind Kooperationsmodelle mit anderen Händlern vor Ort", erklärt Kenning, "aber auch branchenbezogene Kundenkarten, die zum Beispiel durch Einkaufsverbände geführt werden."

Im Alleingang sollte man das Modell aber nicht durchziehen, denn offenbar unterschätzen selbst große Konzerne die möglichen Folgen. So betrachte beispielsweise Karstadt den Fall des Rabattgesetzes seit der Einführung seiner Kundenkarte zwar technisch gelassen, "die ökonomischen Konsequenzen dieser technischen Gelassenheit können jedoch fatal sein", befürchtet Kenning. Das Ziel der Essener sei, die Kundenkarte mittels starker Partner an zirka 20 Millionen Kunden zu vermitteln. "Würde jeder dieser Kunden am Jahresende nur zehn Mark erstattet bekommen - dafür müsste er etwa 330 Mark Umsatz mit der Karte machen -, hätte das Unternehmen 200 Millionen Mark an seine Kunden zu überweisen." Verglichen mit dem Konzernüberschuss 1999 wäre das knapp die Hälfte des Gewinns.

Vielleicht sollte man deshalb lieber weniger aufwändige Methoden im Duell mit den Rabattjägern ins Auge fassen. Kenning rät als erste Gegenmaßnahme zur Schulung des Personals: "Im Hinblick auf die Beeinflussung des Kundenverhaltens spielen auch die Verkäufer eine zentrale Rolle." Zahlreiche Institutionen bieten bereits entsprechende Seminare an. Ein weiterer Weg, um die Risiken zu minimieren, sei, den Kunden rechtzeitig und umfassend über die künftige Handhabung zu informieren: "Händler, denen es gelingt, Preisehrlichkeit zu vermitteln, werden auf Dauer kaum Kunden verlieren."

Wer sich gegen Rabattjäger wappnen will, muss also Informationen über fair kalkulierte Preise anbieten, Argumentationsketten für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auf Lager haben und frühzeitig auf die Rabattstaffeln und Zugabepolitik der Konkurrenz reagieren. An Bedeutung gewinnen werden zudem Events und Aktionen zur Stärkung der Kundenbindung, glauben Analysten.

Bluff und Gegenbluff

Um gegen Feilsch-Versuche gewappnet zu sein, sollte man sich rechtzeitig Gesprächsstrategien zulegen, wie sie der Bundesverband Technik des Einzelhandels e.V. (BVT) empfiehlt.

- Kontra-Prozentzahl-Strategie: Konkrete Prozentnachlässe können teuer werden. Nachlassgespräche sollten deshalb in eine andere Richtung gelenkt werden. Nennen Sie niemals prozentuale Nachlässe, sondern den End- beziehungsweise Sonderpreis als Summe. In der Regel fällt der Nachlass dann geringer aus. Grundsätzlich gilt: nachfragen, welchen Nachlass der Kunde eigentlich will. Oft wird freiwillig mehr eingeräumt, als der Kunde erwartet hat.

- Service-Strategie: Verlängerte Garantien, zusätzliche Serviceleis-tungen und -gutscheine (zum Beispiel für Batteriewechsel) erschweren Smart-Shoppern bei vergleichsweise geringer Kostenbelastung ihre Feilsch-Strategie.

- Geld gegen Leistungsverzicht: Kunden, die bar bezahlen und auf Lieferung und Serviceleistungen verzichten, machen Kosteneinsparungen im Handel möglich. Im Umkehrschluss lohnt sich ein Rabatt.

- Bluff und Gegenbluff: Oft sagt der Kunde gerade bei Preisvergleichen nicht die ganze Wahrheit. Hinterfragen Sie vermeintlich billigere Konkurrenzangebote. Auch die Ankündigung eines Anrufs beim Konkurrenten kann Wunder wirken.

- Schock-Strategie: Nur bei aggressiven Smart-Shoppern zu empfehlen. Direkte Eingangsfrage: "Waren Sie mit meiner Beratung zufrieden?" und anschließend Nachhaken: "Warum glauben Sie dann, ich würde Sie beim Preis über den Tisch ziehen wollen? In einem guten Restaurant würden Sie für einen solchen Service sogar Trinkgeld geben." Das nimmt selbst ausgebufften Rabattjägern den Wind aus den Segeln.

Zudem hat es jedes Unternehmen in der Hand, Rabatte von vornherein und unmissverständlich auszuschließen. Das kann sogar als zusätzliches Werbeargument genutzt werden, etwa nach der Devise: "Bei uns müssen Sie nicht erst um den niedrigsten Preis feilschen. Sie bekommen ihn von vornherein."

Weitere Informationen unter: www.bvt-ev.de www.ihk-muenster.de

www.uni-muenster.de www.ehi.de; www.bbe.de

www.bundeskartellamt.de

ComputerPartner-Meinung:

Die Kunden finden den Wegfall des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung sicherlich gut. Auch wenn die neue Situation viele Händler verunsichert, bietet sie doch auch Chancen im Marketing-Bereich, die nicht unbedingt kostenintensiv sein müssen. Leben müssen jedenfalls Gegner und Befürworter mit der Entscheidung - die Umsätze werden diejenigen machen, die am schnellsten darauf reagieren. (mf)