Für und wider

Windows Intune auf dem Prüfstand

24.03.2011
Mit "Windows Intune" bringt Microsoft einen spannenden Dienst für Reseller aus dem KMU-Umfeld. Es lohnt sich, genau hinzuschauen.

Mit "Windows Intune" bringt Microsoft einen spannenden Dienst für Reseller aus dem KMU-Umfeld. Es lohnt sich, genau hinzuschauen.

Windows Intune könnte kleineren Resellern den Einstieg ins Cloud-Business erleichtern
Foto: microsoft

"Wir haben immense Erwartungen in Windows Intune", so Brad Anderson, Corporate Vice President und damit einer der ranghöchsten Manager des Konzerns auf dem " Microsoft Management Summit" (MMS), der in diesen Tagen in Las Vegas stattfindet. Der Manager darf diese Hoffnung zurecht kundtun: Der Aboservice, der seit dem gestrigen Mittwoch offiziell in 35 Ländern - inklusive Deutschland - erhältlich ist, füllt eine Lücke aus, auf deren Schließung viele IT-Reseller mit kleiner und mittelständischer Klientel seit Jahren warten: Der Branche fehlte eine Lösung für die einfachen und zentralen PC-Wartung für kleinere IT-Umgebungen bislang gänzlich. "Das praktische ist, dass es für Reseller so einfach ist, einzusteigen", so Anderson im Gespräch mit ChannelPartner, vor Ort für Sie in Las Vegas.

In der Tat liefert Windows Intune auf den ersten - und möglicherweise auch auf den zweiten Blick - genau das, was das Geschäft vieler kleinerer Reseller verändern wird: Den Einstieg ins Cloud-Business. Und damit warten auch die Früchte desselbigen: Wiederkehrende und planbare Einnahmen, geringere Fahrtkosten und Zeiteinsparungen sowie ein für alle Beteiligen bequemerer Service. CP hat die Gelegenheit vor Ort auf der MMS genutzt, und den Dienst, der sich in diesen Tagen so viel Interesses erfreut, genau unter die Lupe genommen.

Die Vorteile Windows Intune

Als abonnierbarer Cloud-Service richtet sich Windows Intune vornehmlich an kleinere Fachhändler und Systemintegratoren. Denn mit dem Dienst lassen sich kleine IT-Umgebungen per Webbrowser warten - und zwar solche, die hauptsächlich oder - noch besser ausschließlich - aus Clients der Plattformen Windows 7, Windows XP (ab SP2) und Vista, bestehen. Serverbetriebsysteme gehören nicht zum Leistungsumfang, dafür ist aber für jede in Anspruch genommene Lizenz das Aufsetzen einer virtuellen Maschine möglich, was sehr praktisch sein kann - dazu später mehr.

Die Webkonsole von Windows Intune ist für das Dienstleistungsgeschäft ausgelegt
Foto: Microsoft

Zwar können Endkunden den Dienst für Selbstzwecke auch direkt in Anspruch nehmen - doch ist die Webkonsole in der Tat für das Dienstleistungsgeschäft ausgelegt. Das zeigt allein der Blick auf den Funktionshaushalt: Inbegriffen ist die Möglichkeit zum Remote-Support (der Client kann aber nur vom Kundenrechner aus gestartet werden) sowie ein leicht zu bedienendes Administrationstool. Mit diesem lassen sich Sicherheitslücken auf den Clients erkennen und schließen, (etwa fehlende Updates des Antivirenprogramms oder Malwareverseuchungen) und sämtliche installierte Anwendungen inklusive Version auslesen (allerdings nur solche, die Microsoft kennt).

Für viele Microsoft-Partner wird zudem die Tatsache interessant sein, dass Intune einen Upgrade aller gewarteten Client auf aktuelle Windowslizenzen erlaubt. Zwar nicht via ferngewarteten Rollout, aber immerhin: Insel- oder veraltete Microsoft-Umgebungen sind mit Windows Intune passé. Und wenn eine bestimmte Kundenanwendung mangels Patches beispielsweise doch nur auf XP laufen kann - ist ein solches System über eine virtualisierte Umgebung schnell bereitgestellt, die wie bereits beschrieben wiederum dem Service Windows Intune unterliegt.

Darüber hinaus liefert Microsoft optional das Add-On "Microsoft Desktop Optimization Pack" (MDOP) aus: MDOP erleichtert mit zahlreichen Werkzeugen die Desktopverwaltung. Die Preise hören sich wie die Margen fair an: Pro Rechner und Monat kostet Intune den Endkunden elf Euro, inklusive MDOP zwölf Euro pro Rechner. Resellern winkt für die Einführung zwölf Prozent Marge und für die jährliche Betreuung weitere sechs Prozent (also zusammen im ersten Jahr 18 Prozent), ganz abgesehen von den Diensten, die sich um Intune herum stricken lassen, etwa in Sachen Rollouts. Darüber hinaus verspricht Microsoft seinem - in Sachen Cloud noch teilweise stark unerfahrenen - Channel umfangreiche Hilfe, etwa in Sachen Rechts- und Zugriffsicherheit, oder in Supportfragen, wie Corporate Vice President Anderson gegenüber ChannelPartner ausdrücklich betont.

Mit zwei durchaus glaubhaften IDC-Studien will Microsoft die Schlagkraft von Windows Intune belegen: Demnach erspart der Dienst den Wartungsaufwand pro PC um rund 500 Dollar im Jahr; des weitere hebt - nach den Einschätzungen der Marktfoscher - Intune den Erfolg von Resellern im Sachen PC-Management allein im ersten Betriebsjahr um durchschnittlich knapp 20 Prozent an. Soweit so gut.

Was spricht gegen Intune?

Doch ist natürlich nicht alles Gold, was glänzt. Auch Intune hat seine Haken. Das erste Problem: Damit sie in den vollen Genuss des vollen Leistungsumfangs des Services kommen können, müssen Kunden die Sicherheitsarchitekturen ihrer Clients, sprich ihre laufenden Antivirensoftware-Lizenzen, aufgeben. Die entsprechenden Dienste von Microsoft sind aber sicherlich nicht jedermanns Sache. Wer hier nicht Microsoft vertraut und seine bestehenden Lizenzen aufgibt, profitiert aber nicht wirklich von Intune.

Windows Intune ist in der Lage, den Update- und Sicherheitszustand von Clients zu erkennen
Foto: Microsoft

Denn der Dienst ist zwar in der Lage, auch den Update- und Sicherheitszustand von Clients zu erkennen, die Lösungen von Drittanbietern verwenden, kann aber nicht eingreifen. Das heißt: Die Systembetreuer müssen diese Eingriffe weiter vor Ort oder über den Remote-Client, der nur läuft, wenn er vom Kunden eigens aktiviert wird, abwickeln. Ein Trostpflaster ist hier die Tatsache, dass Microsofts Sicherheitslösungen für Clients in den letzten Jahren an Qualität deutlich zugelegt haben und in Vergleichen durchweg gut abschneiden. Aber ob das immer reicht, Kunden zur Aufgabe ihrer bewährten Antiviren-Lizenzen zu bringen, darf bezweifelt werden.

Der zweite Kritikpunkt: Noch fehlt eine API-Schnittstelle, die es findigen Spezialisten erlaubt, Softwaredienste rund um Intune zu stricken. Denkbar wären Anbindungen für Drittanbieterlösungen, um die Updating und Management von Virenschutz- oder weiteren Programmen direkt per Intune zu erledigen. In diesem Bereich wird sich möglicherweise in den nächsten Versionen einiges tun, wie auch Brad Anderson gegenüber ChannelPartner andeutete. Und drittens fehlt das Thema BackUp gänzlich, das auch im Bereich PC-Wartung immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Für wen eignet sich Intune?

Brad Anderson, Corporate Vice President bei Microsoft: "Wir haben immense Erwartungen in Windows Intune!"
Foto: Microsoft

Das Fazit von Intune: Der Service ist für den Markt sicherlich relevant, muss aber mit einem Häkchen versehen werden. Der Dienst erschließt Fachhändlern aber in jedem Fall eine neue Türe: Den Weg in die Cloud und in neues Geschäftsfeld, der Systemwartung für kleinere Firmenkunden. Positiv ist auch die Tatsache, dass sich viele Dienstleistungen rund um Intune stricken lassen und bislang auch die Marge stimmt. Wer im Umfeld von KMU gerne auf Kundenakquise geht, neue Geschäftsfelder sucht oder wessen Kunden ob ihrer veralteten Microsoft-Systemarchitektur genervt sind, für den ist Intune das richtige Tool. Nur muss andersrum der Kunde eben erst überzeugt werden, seine bestehenden Sicherheitslösungen aufzugeben und hier im besseren Fall voll auf Microsoft zu setzen.

Microsoft-Manager Anderson hat für die Unentschlossenen eine Empfehlung parat: Partner können sich unter der Webseite www.windowsintune.de eine 30-Tägige Testversion holen und Intune für Eigenzwecke ausprobieren. In Deutschland sind übrigens auch zwei Distributoren in das Intune-Geschäft eingebunden: Die SaaS-Distribution und Ingram Micro. (aro)