Technical Preview

Windows Server – die Neuerungen im Überblick

15.10.2014 von Eric Tierling
Passend zur ersten großen Beta-Version des Client-Systems Windows 10 hat Microsoft auch eine Vorabversion des nächsten Windows Servers bereitgestellt. Wir haben uns angesehen, was Windows Server Technical Preview bietet.

Mit nur ein paar Stunden Verzögerung nach der Bereitstellung der Windows 10 Technical Preview hat Microsoft die dazu gehörige Server-Ausführung zum Download breitgestellt. Verfügbar sind die Bits des "Windows Server Technical Preview" auf TechNet und somit auch für diejenigen, die über kein Abo von MSDN (Microsoft Developer Network) verfügen. Wahlweise kann der Interessent die ISO-Datei zur eigenständigen Installation oder eine virtuelle Festplatte im VHD-Format herunterladen, auf der Microsoft die Beta-Version seines kommenden Serverbetriebssystems bereits vorinstalliert hat.

Außerdem hat Microsoft ein Image von Windows Server Technical Preview in seinen Azure-Katalog aufgenommen. Interessenten, die das neue Serverbetriebssystem zwar ausprobieren, aber nicht lokal installieren möchten, können also eine entsprechende virtuelle Maschine in der Azure-Cloud ausprobieren.

Als Ablaufdatum dieser Beta-Version von Windows Server Technical Preview hat Microsoft den 15. Februar 2015 gewählt, sodass genügend Zeit bleibt, sich mit den Bits vertraut zu machen. Neben dem vollwertigen Windows Server gibt es zudem das "Microsoft Hyper-V Server Technical Preview". Diese im üblichen Windows Server Core-Gewand daherkommende Virtualisierungsplattform bietet dieselben Funktionen wie die Hyper-V-Rolle von Windows Server Technical Preview.

Windows Server in neuer Optik

Nach Installation der grafischen Oberfläche fällt im Anschluss an das Hochfahren und der interaktiven Anmeldung bei Windows Server Technical Preview sofort auf: Der Kachel-Startbildschirm, der die grafische Benutzeroberfläche von Windows Server 2012 R2 dominierte, ist jetzt passé. Stattdessen begrüßt Windows Server Technical Preview den Administrator mit einem Startmenü, dessen Outfit an das Client-Pendant Windows 10 Technical Preview angelehnt ist - abgesehen von den Miniatur-Ansichten der App-Kacheln, die es hier standardmäßig nicht gibt.

Somit lässt sich das Startmenü auf dem Server ganz ähnlich wie auf dem Client verwenden und beispielsweise mit der Maus in der Höhe verändern. Das Netzschalter-Icon ist ebenfalls in das Startmenü gewandert und residiert dort nun in der rechten oberen Ecke.

Windows Server Technical Preview - Die Neuerungen im Überblick
Lokales Setup
Die Installation von Windows Server Technical Preview gleicht der von Windows Server 2012 R2.
Betrieb in der Cloud
Windows Server Technical Preview lässt sich auch in der Azure-Cloud installieren und dort in einer virtuellen Maschine ausprobieren.
Vertrautes Gewand
Bis auf das zurückgekehrte Startmenü sehen die grafische Oberfläche sowie die GUI-Verwaltungstools von Windows Server Technical Preview ganz ähnlich aus wie beim Vorgänger.
In der Übersicht
Die neue Task-View-Ansicht übernimmt Windows Server Technical Preview von Windows 10 Technical Preview.
Anderer Benutzer
Der Hyper-V-Manager gestattet die Anmeldung als anderer Benutzer bei einem bestimmten Host.
Networking leicht gemacht
Die neue Rolle als Network Controller soll den Umgang mit physischen und virtuellen Netzwerken vereinfachen.
Schädlingsbekämpfung serienmäßig
Das zur Malware-Abwehr dienende Windows Defender gehört zur Serienausstattung von Windows Server Technical Preview.
Installations-Repositories
Windows PowerShell 5.0 erlaubt den Bezug von Software-Paketen aus internen und externen Repository-Quellen.
Eingabeaufforderung-Verbesserungen
Auch für Freunde der Befehlszeile hat Windows Server Technical Preview Nützliches an Bord, obgleich Microsoft die entsprechenden Features wie das Einfügen aus der Zwischenablage als experimentell bezeichnet.

Wer sich übrigens mit der Renovierung des zurückgekehrten Startmenüs partout nicht anfreunden mag, kann alternativ auf das Classic Start Menu zurückgreifen. Im Test jedenfalls ließ sich die zugehörige Version 4.1.0 der Classic Shell einwandfrei auf Windows Server Technical Preview installieren. Der dortige Klick auf den obersten Eintrag "Start Screen" bewirkt dann den Wechsel zum Windows Server Technical Preview-eigenen Startmenü.

Über die mit Windows 10 Technical Preview eingeführte Task-View-Ansicht verfügt die Windows Server Technical Preview ebenfalls. Diese listet nicht nur die geöffneten Fenster auf, sondern erlaubt auch die Erstellung weiterer virtueller Desktops sowie den anschließenden Wechsel dorthin. Für Administratoren, die gerne mit vielen geöffneten Fenstern arbeiten, kann das eine willkommene Ergänzung sein. Derzeit besteht allerdings keine Möglichkeit, die konfigurierten virtuellen Desktops zu speichern und in einer späteren Sitzung wieder aufzurufen, sodass der praktische Nutzen noch begrenzt ist.

Neuerungen bei der Virtualisierung mit Hyper-V

Neuerungen gibt es im Hyper-V-Bereich zu verzeichnen. Eine der wichtigsten dürfte die Unterstützung für Rolling-Cluster-Updates sein. Das schafft die Voraussetzung, mit Windows Server 2012 R2 arbeitende Knoten eines vorhandenen Hyper-V-Failover-Clusters im laufenden Betrieb auf Windows Server Technical Preview umstellen zu können. Je nach gewünschtem Szenario lassen sich alle vorhandenen Knoten nacheinander aktualisieren oder der Failover-Cluster mit Knoten erweitern, auf denen die aktuellste Windows Server-Version läuft.

Ebenfalls neu bei Windows Server Technical Preview ist die Cluster-Funktionsebene. Ähnlich wie die Domänenfunktionsebene beim Active Directory gibt diese an, welche Möglichkeiten der Failover-Cluster beherrscht. Maßgeblich dafür ist, ob bereits alle Knoten mit Windows Server Technical Preview laufen oder einzelne Knoten noch mit der älteren Version Windows Server 2012 R2 zu Werke gehen. Erst nach der Umstellung auf die Cluster-Funktionsebene von Windows Server Technical Preview lassen sich die in der aktuellsten Version des Serverbetriebssystems enthaltenen Hyper-V-Features im Cluster nutzen.

Anderer Benutzer: Der Hyper-V-Manager gestattet die Anmeldung als anderer Benutzer bei einem bestimmten Host.
Foto: Eric Tierling

Zu den neuen Features bei Hyper-V von Windows Server Technical Preview gehört zum Beispiel die Option, virtuellen Maschinen weitere Netzwerkadapter im laufenden Betrieb hinzuzufügen. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass es sich um Generation 2-VMs handelt - also virtuelle Maschinen des Typs, den Microsoft mit Hyper-V bei Windows Server 2012 R2 eingeführt hat. Unterstützt werden hierbei sowohl Windows- als auch Linux-Gäste. Bei virtuellen Maschinen, die mit Windows 10 Technical Preview oder Windows Server Technical Preview laufen, lässt sich der Arbeitsspeicher im laufenden Betrieb anpassen. Das funktioniert selbst dann, wenn die dynamische Arbeitsspeicher-Funktion nicht eingeschaltet ist. Für Linux-Gäste auf Basis von Ubuntu 14.04 und höher oder SUSE Linux Enterprise Server 12 hält Hyper-V von Windows Server Technical Preview ebenfalls ein Schmankerl bereit: Werden diese als virtuelle Maschinen vom Generation-2-Typ installiert, können sie nun sowohl UEFI-Firmware als auch Secure Boot verwenden.

Generell verabschiedet sich Microsoft bei Hyper-V von Windows Server Technical Preview bei den Konfigurationsdateien virtueller Maschinen vom XML-Format früherer Hyper-V-Generationen. Die jetzt verwendeten VMCX-Dateien verwenden ein Binärformat und lassen sich nicht mehr manuell editieren. Neu ist zudem die Möglichkeit, sich im Hyper-V-Manager beim Zugriff auf einen Host dort als ein bestimmter Benutzer anmelden zu können.

Sicherheit, Netzwerk und Storage

Ein für die Notfallwiederherstellung relevantes Speicher-Feature der Windows Server Technical Preview nennt sich Storage-Replica. Dieses dient dazu, zwischen einzelnen Servern eines Standorts eine synchrone Replikation durchzuführen oder einen Failover-Cluster auf mehrere Standorte auszudehnen. Alternativ kann standortübergreifend eine asynchrone Server-zu-Server-Replikation erfolgen, um im Desaster-Fall das Risiko von Datenverlusten zu verringern. Dazu bedient sich die Funktion, die auch deduplizierte und mit BitLocker geschützte Volumes unterstützt, zahlreicher technischer Verfahren wie zum Beispiel das von Microsoft bei Windows Server 2012 eingeführte SMB3 mit Multipath- und Multichannel-Unterstützung.

Networking leicht gemacht: Die neue Rolle als Network Controller soll den Umgang mit physischen und virtuellen Netzwerken vereinfachen.
Foto: Eric Tierling

Als Neuerung im Netzwerk-Bereich fällt bei Windows Server Technical Preview die Rolle "Network Controller" auf. In Kombination mit Verwaltungstools wie System Center Virtual Machine Manager und System Center Operations Manager (geeignet sind bereits die 2012 R2-Versionen) soll diese die Konfiguration, Überwachung, Fehlersuche von physischen und virtuellen Netzwerken vereinfachen. Der Web App Proxy (WAP), der als Reverse-Proxy agiert und den Zugriff auf intern laufende Webanwendungen von außerhalb ermöglicht, präsentiert sich bei Windows Server Technical Preview in erweiterter Ausführung. Dadurch lassen sich mehr Anwendungen veröffentlichen, wozu auch die verbesserte Vorauthentifizierung mittels HTTP beiträgt.

Den Netzwerkzugriffsschutz, besser bekannt als Network Access Protection oder kurz NAP, hat Microsoft in Windows Server Technical Preview ersatzlos gestrichen. Damit besteht also keine Möglichkeit mehr, dieses Feature zumindest optional zu nutzen. Nachdem NAP bereits in Windows Server 2012 R2 mit dem Veraltet-Status versehen wurde, schienen die Tage dieser Schutzfunktion ohnehin gezählt zu sein. Tragisch ist dieser Verlust nicht wirklich: Kennern der Szene mag dieses Features zwar bekannt gewesen sein, in der Praxis anzutreffen war es jedoch nur selten.

Maßgeblich dürfte dazu beigetragen haben, dass NAP insbesondere auf Windows-Clients abzielt, der der Active Directory-Domäne des Unternehmens angehören. Nachdem aber der Zugriff auf das Unternehmensnetz immer öfter auch mit anderen Clients und mobilen Endgeräten erfolgt, hatte NAP einen zunehmend schweren Stand. Als probate Alternative bieten sich Verwaltungstools an, die prüfen, ob Betriebssystem-Patches sowie aktuelle Viren- und Malware-Signaturen auf dem Client installiert sind.

PowerShell 5.0, Multipoint Services und Windows Defender

Gänzlich neu sind die Multipoint Services. Hierbei handelt es sich um die früher in Windows Multipoint Server (WMS) enthaltene Technologie, die jetzt in Windows Server Technical Preview als installierbare Rolle enthalten ist. Auf den Remotedesktopdiensten basierend, eignet sich das WMS-Verfahren beispielsweise für Schulen und Bildungseinrichtungen, die ihren Schützlingen mit geringem Budget eine eigene Umgebung auf gemeinsam genutzten Computern bereitstellen möchten. Dadurch können auf einem Monitor, den sich zwei Schüler teilen, zwei Windows-Desktops nebeneinander angezeigt werden.

Schädlingsbekämpfung serienmäßig: Das zur Malware-Abwehr dienende Windows Defender gehört zur Serienausstattung von Windows Server Technical Preview.
Foto: Eric Tierling

Ebenfalls an Bord der Windows Server Technical Preview befindet sich Windows Defender zum Schutz vor Viren und anderen Schädlingen. Die Echtzeit-Überwachung führt diese Software allerdings im Hintergrund durch, während das grafische Verwaltungstool standardmäßig nicht installiert wird. Zur Einspielung neuerer Viren- und Spyware-Signaturen ist die GUI aber gar nicht erforderlich, da der Windows Update-Dienst derlei Aktualisierungen gleich mit erledigt. Auf den ersten Blick mag es überraschen, dass Microsofts seine Desktop-Software zur Schädlingsbekämpfung nun auch dem Serverbetriebssystem beilegt. Andererseits sorgt Microsoft auf diese Weise für einen gewissen Grundschutz, was in jedem Fall zu begrüßen ist. Und obwohl manche Firmen lieber zu einer anderen Server-basierten Malware-Schutzlösung greifen werden, kann Windows Defender gerade für kleinere Umgebungen sinnvoll sein, die für eine entsprechende Lösung eines Drittanbieters kein zusätzliches Geld ausgeben möchten.

Installations-Repositories: Windows PowerShell 5.0 erlaubt den Bezug von Software-Paketen aus internen und externen Repository-Quellen.
Foto: Eric Tierling

Des Weiteren ist PowerShell 5.0 Bestandteil von Windows Server Technical Preview. Zu den wichtigsten Merkmalen der neuen Version zählen neben kleineren Verbesserungen wie der Möglichkeit zum Umgang mit ZIP-Archiven vor allem OneGet. Mithilfe entsprechender Cmdlets erlaubt dieses Modul die automatisierte Installation von Software-Paketen aus Web-basierten Repositories. Als Beispiel für ein solches Repository wurde in früheren Beta-Versionen der PowerShell 5.0 Chocolatey genannt. In der bei Windows Server Technical Preview mitgelieferten PowerShell 5.0-Fassung hat Microsoft diese Quelle durch die zur PowerShell Resource Gallery ersetzt, die unter msconfiggallery.cloudapp.net erreichbar ist und die das Verfahren veranschaulichen soll. Wer aufgrund von Sicherheitsbedenken derlei öffentlichen Quellen generell meiden möchte, kann aber auch sein eigenes, unternehmensinternes Repository aufbauen.

Administratoren, die sich partout nicht mit der PowerShell-Umgebung und ihrer aufwendigen Syntax anfreunden möchten oder die sich immer wieder über kryptische PowerShell-Fehlermeldungen ärgern, die den Arbeitsfluss hemmen, werden sich möglicherweise über Verbesserungen an der herkömmlichen Befehlszeile freuen. Denn die Eingabeaufforderung von Windows Server Technical Preview hält nun sogenannte "experimentelle Konsolen-Features" bereit. Diese gestatten zum Beispiel das Markieren des gesamten Fensterinhalts mit <STRG>+<A> sowie das Übernehmen dieses Inhalts in die Zwischenablage durch simples Drücken von <Enter>. Selbst das Einfügen von Befehlen in der Eingabeaufforderung mittels der Tastenkombination mit <STRG>+<V> funktioniert, sofern diese experimentellen Konsolen-Features eingeschaltet sind, was standardmäßig der Fall ist.

Erste Eindrücke

Bei den ersten Gehversuchen hinterlässt Windows Server Technical Preview einen positiven Eindruck - auch wenn derzeit noch nicht alles wie gewünscht funktioniert oder manche der angekündigten Features erst implementiert werden müssen. Das ist aber im jetzigen Stadium in Ordnung, schließlich befindet sich die Software ja im Beta-Stadium. Microsoft gibt an, Fehlerbereinigungen und Funktionserweiterungen in den nächsten Wochen und Monaten nachzureichen.

Bereits jetzt zeigen die angekündigten Neuerungen recht gut, wohin die Reise geht: Den mit Windows Server 2012 und dessen R2-Nachfolger eingeschlagenen Weg der Virtualisierung, erheblich verbesserten Storage- und Netzwerk-Merkmalen sowie der zunehmenden Automatisierung setzt Windows Server Technical Preview konsequent fort. Zwar fallen die derzeit bekannten Neuerungen des kommenden Serverbetriebssystems von Microsoft längst nicht so umfangreich aus, wie es vor ein paar Jahren zu Zeiten von Windows Server 2008 R2 beim Erscheinen von Windows Server 2012 der Fall gewesen ist. Stattdessen wirkt Windows Server Technical Preview wie eine angenehme und willkommene Modellpflege, mit der sich Administratoren schnell anfreunden dürften. (mje)