Interview mit Frank Kuypers, Intel

"Wir beginnen mit Tests bereits am Reißbrett"

25.05.2012 von Beate Wöhe
Intel-Prozessoren sind eine von vielen Komponenten in mobilen Geräten. ChannelPartner wollte mehr darüber wissen, welchen Stellenwert die Prozessoren innerhalb der Entwicklung und der Produktion einnehmen.
"Wir sprechen im Vorfeld nicht über genaue Launch-Daten, sondern geben ungefähre Zeiträume an." Frank Kuypers, Platform Architecture Specialist EMEA bei Intel
Foto: Intel

Intel-Prozessoren sind eine von vielen Komponenten in mobilen Geräten. ChannelPartner wollte mehr darüber wissen, welchen Stellenwert die Prozessoren innerhalb der Entwicklung und der Produktion einnehmen.

Herr Kuypers, in welchen mobilen Produktgruppen werden Intel-Prozessoren verbaut?

Frank Kuypers: Intel Prozessoren werden in allen Produktgruppen von Smartphones über Tablets, Netbooks, Ultrabooks, Notebooks, Desktop PCs und Workstations bis hin zu Servern verbaut. Wir bezeichnen das als Compute Continuum. Es besteht aus drei Säulen: Energieeffizienz, Konnektivität und Sicherheit. Dies bildet die Grundlage dafür, dem Anwender ein nahtloses Interneterlebnis zu bieten.

Werden zum Beispiel bei der Entwicklung eines Notebooks alle anderen Komponenten um den Prozessor "herumgebaut"?

Kuypers: Bei der Einführung einer neuen Kategorie, so wie voriges Jahr mit der Ultrabook-Kategorie geschehen, veranstalten wir Summits mit den OEMs und ISVs (Independent Software Vendors), auf denen unseren Partnern die neuen Technologien vorgestellt werden. Dort wird gemeinsam diskutiert, wie die Technologien am besten eingesetzt werden und welche Anwendungsmodelle sich unsere Partner damit vorstellen können. Wir setzen uns aber auch mit den einzelnen Partnern individuell zusammen, um ein Line-up präzise abzustimmen, damit die Funktionalitäten gewährleistet und auch die Preispunkte getroffen werden.

Welche Probleme können bei der Zusammenstellung der technischen Komponenten auftauchen?

Kuypers: Für neue Kategorien, zum Beispiel die Tablets, haben wir eine Liste mit validierter Hardware, die wir den OEMs an die Hand geben. Teilweise gibt es hier sogar schon fertige Designs, die der OEM übernehmen kann. Bei Standardprodukten wie Notebooks, Desktops und Servern sind die verfügbare Hardware so weit gesteckt und das Ökosystem mit Spezifikationen und Treibern so weit ausgebaut, dass dies nicht mehr notwendig ist. Jeder OEM entwickelt hier zuerst einmal seine eigene Plattform und testet diese.
Bei Problemen, die sich auf eine Intel-Komponente zurückführen lassen, arbeiten wir dann sehr eng mit allen Parteien zusammen, um eine Lösung zu finden. Zudem arbeiten wir natürlich sehr eng mit dem Ökosystem zusammen, um neue Technologien auch selber zu validieren, zum Beispiel PCIx der dritten Generation, wo wir vor allem mit Grafikkartenherstellern, aber im Serverbereich auch mit Herstellern von Netzwerk- und Infiniband-Adaptern sehr eng kooperiert haben.

Der Launchzeitpunkt wird nicht verraten

Wie viel Einfluss kann Intel auf die Entwicklung einzelner Modelle der Hersteller nehmen, etwa beim Thema Ultrabooks?

Kuypers: Unser Einfluss im Speziellen bei den Ultrabook geht so weit, dass wir eine Spezifikation erstellt haben, an die sich der OEM halten muss, um den geschützten Namen Ultrabook verwenden zu können. Dies sind die maximale Bauhöhe des Geräts von 21 Millimetern und die Batterielaufzeit mit mindestens fünf Stunden - siehe auch Centrino oder vPro.

Was sind für Intel bei der Entwicklung einer neuen Chipgeneration die größten Herausforderungen?

Kuypers: Ich kann nur ein paar Dinge hervorheben, wobei der Prozess von der Forschung bis zum finalen Produkt sehr komplex ist und viele Herausforderungen beinhaltet. Eine große Herausforderung ist sicherlich das Erforschen, wie man Transistoren noch kleiner bauen kann. Dabei setzen wir auf Innovationen wie aktuell den Tri-Gate-Transistor, bei dem das Gate erstmals Drain-Source von drei Seiten umschließt und so für eine wesentlich bessere Energieeffizienz sorgt, da Leckströme erheblich reduziert werden. Bis wir dies in der Massenproduktion fertigen können, sind mehr als zehn Jahre mit intensiver Forschung vergangen. Wir sind der erste Hersteller, der das geschafft hat.

Wie kommt es zu Verzögerungen von angekündigten Lieferterminen für Prozessorplattformen, aktuell die mobilen Plattformen von Ivy Bridge?

Kuypers: Wir sprechen im Vorfeld nicht über spezifische Launch-Daten, sondern geben ungefähre Zeiträume an, von denen wir relativ sicher sein können, sie einzuhalten. Insofern sprechen wir auch bei den Intel-Core-Prozessoren der dritten Generation nicht von Verzögerungen.

Ein Blick in das Intel-Forschungslabor in Braunschweig. (Foto: Intel)
Foto: Intel

Fehlerhafte gelieferte Chipsätze, wie im vorigen Jahr zum Beispiel Sandy Bridge, können eine Vielzahl von Herstellern in extreme Lieferschwierigkeiten bei bereits angekündigten Geräten bringen. Wie wird in solchen Fällen vonseiten Intels verfahren?

Kuypers: So etwas kommt selten vor, da sich unsere Kontrollen auf das höchste Qualitäts-Level konzentrieren. Sollte doch ein solcher Fall eintreten, sind wir bemüht, die Auswirkungen für unsere Kunden so gering wie möglich zu halten. Dafür sind eine offene und transparente Kommunikation sowie ein partnerschaftliches Verhältnis zu unseren Kunden wichtig. Als Integrated Design Manufacturer haben wir die Möglichkeit, Fehler in enger Kooperation unserer Design- und Herstellungsteams so schnell wie möglich zu beheben.

Werden die neuen Produkte vor der Markteinführung getestet? Wie lange und von wem?
Kuypers: Wir beginnen mit dem Testen von Produkten bereits am Reißbrett, mehr als ein Jahr, bevor das Produkt in den Markt eingeführt wird. Unsere Kunden binden wir mit dem Testen etwa ein Jahr vorher ein, um so die Funktionalität mit einer möglichst großen Bandbreite an Peripheriehardware sicherstellen zu können.

Wie viel von der Kalkulation eines Produktpreises entfallen durchschnittlich auf die Bereiche Entwicklung und Produktion?

Kuypers: Wir geben pro Jahr mehr als 20 Milliarden Dollar für Forschung und Entwicklung aus. Dabei wird der Preis pro Transistor bei jeder Verkleinerung - beispielsweise aktuell von 32 auf 22 Nanometer Fertigungsgröße - geringer, was natürlich Auswirkungen auf den Produktpreis hat.

Können Sie von einem Fall erzählen, bei dem sich der Markteintritt eines Produktes erheblich vom ursprünglich angekündigten Termin nach hinten verschoben hat? Was war der Grund?

Kuypers: Nein. Da wir vor dem Launch eines Produktes nicht über genaue Launch-Daten sprechen, sondern über Zeiträume, bei denen wir uns relataiv sicher sind, sie einhalten zu können, versuchen wir, genau so etwas zu vermeiden. (bw)