BGH zu Verbraucher-Leasingverträgen

Wirksamkeit einer Restwertgarantie

13.10.2014 von Renate Oettinger
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in zwei Entscheidungen mit der Wirksamkeit von Restwertklauseln, die in Leasingverträgen gegenüber Verbrauchern verwendet wurden, sowie mit der Umsatzsteuerpflicht der zum Ausgleich des Restwertes erfolgenden Zahlung des Kunden befasst.

Der Bad Nauheimer Fachanwalt für Verkehrsrecht Romanus Schlemm, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, verweist auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28.5.2014 zu seinen Urteilen vom selben Tage, Az. VIII ZR 179/13 und VIII ZR 241/13. In diesen beiden Entscheidungen hat sich der BGH mit der Wirksamkeit von Restwertklauseln, die in Leasingverträgen gegenüber Verbrauchern verwendet wurden, sowie mit der Umsatzsteuerpflicht der zum Ausgleich des Restwertes erfolgenden Zahlung des Kunden befasst.

Bei Leasingverträgen spielt auch die Umsatzsteuer eine wichtige Rolle.
Foto: W.D. Summers - Fotolia.com

Individualabrede

In dem Verfahren VIII ZR 179/13 schloss das klagende Leasingunternehmen mit der Beklagten einen "Privat-Leasing-Vertrag" über einen Pkw. In der dem Vertrag zugrunde liegenden "PrivatLeasing-Bestellung" der Beklagten findet sich in der Mitte des von der Klägerin verwendeten Formulars unter der Überschrift "Vereinbarungen (Vertragsabrechnung, Individualabrede)" folgende Regelung:

"Nach Zahlung sämtlicher Leasingraten und einer eventuellen Sonderzahlung verbleibt zum Vertragsende ein Betrag von EUR 19.455,48 (einschl. USt), der durch die Fahrzeugverwertung zu tilgen ist (Restwert). Reicht dazu der vom Leasing-Geber beim Kfz-Handel tatsächlich erzielte Gebrauchtwagenerlös nicht aus, garantiert der Leasingnehmer dem Leasing-Geber den Ausgleich des Differenzbetrages (einschl. USt.). […] Die Kalkulation erfolgt auf Basis einer jährlichen Fahrleistung vom 15.000 km. Die Gebrauchtwagenabrechnung erfolgt unabhängig von den gefahrenen Kilometern."

Nach Ablauf der Leasingzeit gab die Beklagte das Fahrzeug an die Klägerin zurück, die es zum Preis von 12.047,89 € brutto verwertete. Den Restbetrag von 7.305,48 € brutto (6.139,06 € zzgl. 1.166,42 € USt) beansprucht die Klägerin aus der genannten Restwertgarantie. Die auf Zahlung dieses Restbetrages gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen nur hinsichtlich des darin enthaltenen Nettobetrages vom 6.139,06 € Erfolg gehabt. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte Erfolg.

Restwert und Umsatzsteuer

Dem Verfahren VIII ZR 241/13 liegt ebenfalls ein zwischen der klagenden Leasinggesellschaft und der dortigen Beklagten unter Verwendung des gleichen Vertragsformulars "PrivatLeasing-Bestellung" abgeschlossener Leasingvertrag über einen Pkw zugrunde. Der am Vertragsende zu tilgende Betrag (Restwertgarantie) war hier mit 44.694,71 einschließlich der Mehrwertsteuer beziffert.

Nach Ablauf der Vertragslaufzeit verwertete die Klägerin das Fahrzeug hier für 26.210 € zuzüglich Umsatzsteuer. Den Restbetrag vom 14.660,72 € (12.319,93 € nebst Umsatzsteuer) beansprucht die Klägerin aus der Restwertgarantie. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage hatte in der ersten Instanz mit Ausnahme der Umsatzsteuer Erfolg. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte auch zur Zahlung der Umsatzsteuer verurteilt; die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hatte keinen Erfolg.

Der unter anderem für das Leasingrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Formularklausel über die Restwertgarantie wirksam ist und die beklagten Leasingnehmerinnen deshalb zum Restwertausgleich sowie zur Entrichtung von Umsatzsteuer auf den Differenzbetrag zwischen dem kalkulierten Restwert und dem erzielten Verwertungserlös verpflichtet sind.

Eine Verpflichtung des Leasingnehmers zum sogenannten Restwertausgleich ist wegen des - einem Finanzierungsleasingvertrag tragend zugrunde liegenden - Vollamortisationsprinzips (Ersatz aller Aufwendungen des Leasinggebers einschließlich eines kalkulierten Gewinns) auch in der hier vereinbarten Form einer Restwertgarantie leasingtypisch und als solche rechtlich unbedenklich.

Juristisch nicht vorgebildeter Durchschnittskunde

Auch ein juristisch nicht vorgebildeter Durchschnittskunde kann nach dem Text der Klausel nicht davon ausgehen, dass der Aufwand der Klägerin, den sie sich vom Leasingnehmer vergüten lässt, durch die Zahlung der Leasingraten abgegolten ist und er darüber hinaus keine Leistungen erbringen muss. Bereits im Eingangssatz der Klausel wird vielmehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Klägerin neben der Zahlung der Leasingraten und einer etwaigen Sonderzahlung auch noch der bezifferte Restwert zusteht, der möglichst - wenn auch nicht notwendigerweise und auch nicht regelmäßig - durch die Fahrzeugverwertung gedeckt werden solle, im Übrigen aber vom Leasingkunden zu zahlen ist.

Aus dem zweiten Satz der Klausel ergibt sich, dass eine vollständige Abdeckung des kalkulierten Restwerts durch die vorgesehene Fahrzeugverwertung ungewiss ist. Mit der weiteren Formulierung, dass der Leasingnehmer den Ausgleich des Differenzbetrages "garantiert", wenn der Erlös aus der Fahrzeugverwertung den als Restwert genannten Betrag nicht erreicht, wird dem Leasingnehmer die eingegangene Verpflichtung unmissverständlich vor Augen geführt.

Der Leasingkunde kann deshalb gerade nicht davon ausgehen, dass es sich bei dem als Restwert genannten Betrag um den Fahrzeugerlös handelt, der nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge am Ende der Leasingzeit zu erwarten ist. Die Klausel ist in den hier vorliegenden Fällen weder überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB noch ist sie gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebots unwirksam.

Entgelt für Gebrauchsüberlassung

Weil es sich bei der Restwert-Ausgleichszahlung um einen Teil des Entgelts für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeugs und damit der Hauptleistungspflicht handelt, findet eine Inhaltskontrolle der Klausel (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, §§ 308, 309 BGB) im Übrigen nicht statt. Als Teil des Entgelts für die Gebrauchsüberlassung unterliegt die Ausgleichszahlung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG der Umsatzsteuerpflicht.

Schlemm empfiehlt, die Entscheidung zu beachten und in derartigen Fällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. - www.vdvka.de - verweist.

Weitere Informationen und Kontakt: Romanus Schlemm, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Vize-Präsident des VdVKA - Verband Deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V., c/o Kanzlei Ruppert, Schlemm & Steidl, Frankfurter Str. 28, 61231 Bad Nauheim, Tel.: 06032 9345-21, E-Mail: Schlemm@anwaltshaus-bad-nauheim.de, Internet: www.anwaltshaus-bad-nauheim.de

Meldungen zum Thema "Steuern & Finanzen"
Beauftragung "ohne Rechnung"
Verbraucher, die Handwerkerleistungen entgegennehmen und schwarz bezahlen, können bei schlecht ausgeführter Arbeit keine Nachbesserung verlangen.
Spätere Korrektur der Vorsteueraufteilung
Die Finanzverwaltung akzeptiert jetzt die spätere Korrektur einer vorläufigen Aufteilung des Vorsteuerabzugs aus allgemeinen Aufwendungen in der Umsatzsteuerjahreserklärung.
Keine Haftung bei falschem Schadensbericht
Auch „Obliegenheitsverletzungen“ können zum Haftungsausschluss führen. Die Arag-Experten stellen einen einschlägigen Fall vor.
Wirksamkeit einer Restwertgarantie
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in zwei Entscheidungen mit der Wirksamkeit von Restwertklauseln, die in Leasingverträgen gegenüber Verbrauchern verwendet wurden, sowie mit der Umsatzsteuerpflicht der zum Ausgleich des Restwertes erfolgenden Zahlung des Kunden befasst.
Rechnung auch beim Tauschgeschäft
Viele Unternehmen verzichten bei tauschähnlichen Umsätzen auf eine Abrechnung. Dann drohen erhebliche steuerliche Nachteile. Denn ein Recht auf rückwirkende Rechnungsberichtigung hat nur, wer zunächst eine Rechnung ausstellt, sagt Dr. Stephanie Thomas von der WWS.
Schwarzarbeit beauftragt – keine Nachbesserung
Alexander Rilling legt dar, wie es zu der Änderung der Rechtsprechung beim Bundesgerichtshof kam und was die möglichen Folgen sind.
Ausgleichszahlungen bei Leasing-Ende
Das Bundesfinanzministerium hat sich zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Ausgleichzahlungen bei Beendigung des Leasingverhältnisses geäußert. Die Steuerexperten der Kanzlei WW+KN stellen die neuen Regelungen vor.
Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen
Für die Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen kommt es allein darauf an, ob der Leistungsempfänger die Leistung selbst zur Erbringung von Bauleistungen verwendet. Die Steuerexperten der Kanzlei WW+KN nennen Einzelheiten.
Schweigegeld keine außergewöhnliche Belastung
In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger Aufwendungen für ein "Ermittlungsverfahren wegen Erpressung" inklusive Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dies hat das Finanzamt nicht anerkannt.
Falsche Angaben und Arglist des Versicherungsnehmers
Wer die Fragen nach Krankheiten und Beschwerden unvollständig und die nach psychotherapeutischen Behandlungen nicht beantwortet, riskiert, dass der Versicherer vom Vertrag zurücktritt.
Häusliches Arbeitszimmer und Kostenaufteilung
Der BFH hat entschieden, ob eine steuerliche Abzugsmöglichkeit besteht, wenn der Raum ausschließlich oder fast ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird.
Besteuerung von Dienstwagen
Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung, führt dies beim Arbeitnehmer auch dann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, wenn er es nicht privat nutzt.
Leasingfahrzeug weg – Kunde muss zahlen
Versäumt es der Leasingkunde, die Leasingfirma umfassend über einen Diebstahl zu unterrichten, und kann die Leasingfirma deswegen keine Schadensregulierung der Kaskoversicherung erreichen, muss der Kunde Schadensersatz leisten.
Dauerthema häusliches Arbeitszimmer
Was die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im Falle eines Pool-Arbeitsplatzes beziehungsweise eines Telearbeitsplatzes betrifft, hat sich der BFH unterschiedlich geäußert.
Rückabwicklung von Lebensversicherungen
Wird ein versicherungsnehmer nach jahrelanger Durchführung eines Lebensversicherungsvertrags ordnungsgemäß belehrt, so liegt in der Regel kein bereicherungsanspruch vor.