Automobilbranche im Umbruch

Wo bleibt die Killer-App für das Connected Car?

23.10.2015 von Andreas Hein
Für die Generation der Digital Natives ist das Auto „just another device“. Die Automotive-Industrie sucht deshalb fieberhaft nach der Killer-App für das Connected Car. Doch die wird es nicht geben.

In der Automobilindustrie vollzieht sich ein fundamentaler Wandel. Etablierte Produkte und Strukturen verändern sich. Insbesondere die junge Generation fragt verstärkt Mobilitätsdienstleistungen nach. Längst steht nicht mehr alleine das Fahrzeug im Mittelpunkt, es geht um das gesamte Ökosystem. Immer mehr Zulieferer konzentrieren sich nicht mehr nur auf Reifen oder Einspritzpumpen. Sie bauen stattdessen ihr Portfolio sukzessive aus und sammeln immer mehr Daten ihrer Endkunden, sprich der Fahrer. Mit der wachsenden Vernetzung der Fahrzeuge - Stichwort "Connected Car" - entstehen riesige Datenmengen, deren Analyse sich lohnen kann.

Die IT mit ihren diversen Vernetzungsdiensten, Cloud-Services und Big-Data-Konzepten wird so zum Dreh- und Angelpunkt der weiteren Digitalisierung der Automobilindustrie. Aus Sicht der Digital Natives ist das Auto ohnehin "just another device". In diesem Kontext gibt es schon jetzt sehr anspruchsvolle Applikationen, die dem Fahrer echte Mehrwertdienste liefern. Die Kunden sind mittlerweile auch bereit, dafür zu zahlen. Einige Beispiele:

a) Die perfekte Route für mich

Für eine individuelle Routenoptimierung reichen herkömmliche Präferenzen wie "schnell / kurz" oder "keine Mautstraßen" nicht mehr aus. Heute werden die dynamischen Routen durch Wetter-, Realtime-Verkehrsinformationen, Car2Car-Informationen und zusätzliche "Location based Services" neu und dynamisch definiert.

b) Follow your friends

Chinesen nutzen die Kommunikations-App "WeChat" wie die Deutschen ihr Whatsapp - immer und überall. Damit kann man allerdings nicht nur chatten oder videotelefonieren. Asiatische Autofahrer organisieren damit gleich ihre Konvois, die eigene Route wird ganz einfach an einer definierten Freundesgruppe ausgerichtet.

c) Location based Services

Mein Auto kennt mich und weiß, dass ich nach zwei Stunden gern eine Kaffeepause einlege - entweder an einer Raststätte auf dem Weg oder einer Fastfood-Kette meiner Wahl. Als interessierter Kunde bekomme ich Aktionsangebote mit automatischer Zielführung und Parkplatzreservierung in mein Fahrzeug gespielt, bei Bedarf auch gleich noch eine Ladestation reserviert.

Location Bases Services können dem Fahrer viel Arbeit abnehmen.
Foto: Syda Productions - shutterstock.com

Hinter solchen Funktionen stecken nicht nur Apps, die neu im Apple App Store oder in Google Play offeriert werden, sondern ganze Geschäftsmodelle. Lange werden die Autofahrer deshalb nicht mehr um die Frage herumkommen, ob sie lieber werbefinanzierte Modelle oder Abos für ihre Connected Features akzeptieren.

Die Automobilbranche hat lange nach der Killer-App gesucht, mit der sie das vernetzte Auto endlich dem Massenmarkt schmackhaft machen kann. Doch diese eine App wird es nicht geben. Eher sehen wir eine Reihe neuer digitaler Geschäftsmodelle, wie Google und Apple sie uns bereits vorleben. (wh)