You can Windows ME, too!

21.09.2000
Das ganz neue supertolle Betriebssystem ist endlich da

Am Samstagmorgen erhielt ich eine Mail von Microsoft: Ich solle mich doch zum Launch des modernsten Betriebssystems aus dem designierten Teilkonzern online zuschalten. Toll, dachte ich, dass die an ihre Partner in Europa denken und freute mich richtiggehend dabei zu sein. Doch wie, ohne Zeitmaschine, zwei Tage in die Vergangenheit reisen? Denn der Startschuss für die Millennium-Edition fand schon am Donnerstag zuvor statt. Nun wusste ich immerhin von Microsoft offiziell, dass es dieses "Windows ME" gibt. Auf eine Händlerprodukt-Ausstattung verzichteten die Kleinweicher heuer ganz, da die sowieso nie rechtzeitig eingetroffen ist. Die logische Konsequenz eines dynamisch und Just-in-Time geführten Managements: Lassen wir es ganz! Keine Produktinfo, kein Folder, kein Dummy-Paket, kein Plakat. Nicht einmal die üblichen, aufdringlichen Bestellformulare mit 50 Pfennig Rabatt für die 100-Pakete-Order beim Distributor. Die Redmonder haben es anscheinend nicht mehr nötig zu werben. Ich also schnell im Media-Markt Windows ME gekauft, billiger gibt es das sonst nirgends, schon gar nicht beim Disti. Eine halbe Stunde installiert, neu gestartet, und was ist passiert? So gut wie nichts, kein Feuerwerk an neuen Features, kein Geschwindigkeitsschub, im Gegenteil, alles wie gehabt. Für 139 Mark Super-Special-Dumping fand ich zwei Shareware-Gimmicks. Außerdem den Mediaplayer mit Fehlermeldung inklusive und als Oberhammer den vom Pluspaket und NT 4 seit 1996 bekannten Beamtenflipper "SpaceCadet". Apropos Pluspaket: seit Windows 98 gab es ein solches nicht mehr - und der Sherlock in mir kombinierte, dass hier Bugfix, Shareware und bunter Fenstermüll kurzerhand zu einer neuen Version vermatscht wurden, anstatt zu einem als überflüssig erkennbaren Pluspaket. Das Release zeigt für mich jedenfalls, dass hier nur ein kleiner Schritt für die Menschheit, doch ein großes Opfer für die Brieftasche geleistet wird. Ob das Ganze jetzt ein Fachhändler-Intelligenztest war oder die ultimative Privatkundenverlade, jedenfalls soll bei der Presseveranstaltung der deutschen Abteilung in München am 12. September viel gelacht worden sein.

Mein Fazit: Die Schmerzgrenze, was ehrbare Kaufleute ihren Kunden zumuten sollen, ist erreicht. Freuen wir uns auf die Playstation 2, das ist was für Private.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.