Zahlungsmoral bei Privatkunden und Öffentlicher Hand weiter gesunken

29.12.2006
Unternehmen in Deutschland müssen immer länger warten, bis ihre Rechnungen bezahlt werden.

Unternehmen in Deutschland müssen immer länger warten, bis ihre Rechnungen bezahlt werden. Aktuell beträgt der Zahlungsverzug 16,2 Tage über das vertraglich vereinbarte Zahlungsziel hinaus. So das Ergebnis des aktuellen Risk Index Herbst 2006 von Intrum Justitia, dem führenden europäischen Anbieter für Forderungsmanagement.

Es ist der höchste Wert, den Intrum Justitia seit 2003, dem Beginn der zweimal jährlich durchgeführten Untersuchung, je gemessen hat. Im Frühjahr 2006 lag der Zahlungsverzug bei 15,9 Tage, in 2003 bei 14,4 Tage.

Ursache für den Anstieg ist die mangelnde Zahlungsmoral bei Privatkunden und bei der Öffentlichen Hand. In beiden Bereichen hat sie sich nochmals verschlechtert: Privatkunden zahlen Rechnungen im Durchschnitt nach 37,4 Tagen (Frühjahr 37,0), die Öffentliche Hand lässt sich mit 48,6 Tagen (Frühjahr 48,0) noch mehr Zeit. Bei den Geschäftskunden hingegen hat die Untersuchung eine Verbesserung festgestellt. Hier liegt die Zahlungsdauer aktuell bei 45,8 Tagen, nach zuletzt 46,4 im Frühjahr.

Durch die leicht verbesserte Zahlungsmoral der Geschäftskunden haben sich auch die Forderungsverluste aus nicht bezahlten Rechnungen positiv abgeschwächt. Nach 2,3 Prozent im Frühjahr müssen die Unternehmen aktuell 2,0 Prozent ihrer Forderungen komplett als Verlust abschreiben. Deutschland liegt damit jedoch immer noch über dem EU-Durchschnitt, für den Intrum Justitia zuletzt einen Wert von 1,9 Prozent ermittelt hat.

Forderungsrisiken minimal verbessert

Insgesamt haben sich die Forderungsrisiken in Deutschland minimal von zuletzt 155 auf jetzt 154 Indexpunkte verbessert. Der von Intrum Justitia erhobene Risk Index basiert auf acht Subindizes, die sich aus 21 Schlüsselwerten wie Zahlungsfrist, Zahlungsverzug und Forderungsverlust berechnen. In die Berechnungen fließen sowohl betriebswirtschaftliche Finanzkennzahlen als auch die Einschätzungen der befragten Unternehmen ein. Ein Indexwert von 100 bedeutet, dass keine Zahlungsrisiken bestehen. Der in der Herbstuntersuchung für Deutschland ermittelte Wert bedeutet, dass eine ausgeprägte Notwendigkeit für Maßnahmen zur Senkung des Gefährdungsrisikos besteht.

"Unsere Untersuchung zeigt, dass sich die Forderungsrisiken in den beiden Bereichen Geschäftskunden und Privatkunden weiter auseinander entwickelt haben", so Klaus Gildhorn, Direktor Marketing & Sales von Intrum Justitia Deutschland. "Während die Unternehmen von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung bereits profitieren, lässt sich der gleiche Effekt bei den Privatpersonen nicht beobachten. Hier ist es die Arbeitsmarktreform, die deutlich ihre Spuren hinterlässt."

Die erfreuliche Entwicklung der Forderungsrisiken bei den Geschäftskunden sei jedoch mit Vorsicht zu genießen, erklärt Gildhorn. "Zwar zeigen die meisten Basisindikatoren des Risk Index eine positive Entwicklung auf, doch die Erfahrung zeigt auch, wie schnell sich das Blatt wieder wenden kann." Insbesondere in einer anziehenden wirtschaftlichen Entwicklung sei es oftmals so, dass die Unternehmen höhere Risiken eingehen, welche dann bei einer einsetzenden Wachstumsverflachung unvermittelt zu Tage treten.

Unternehmen verhängen häufiger Lieferstopps

Ebenfalls untersucht hat Intrum Justitia, nach welchen Kriterien die Unternehmen vorgehen, wenn sie ihre Lieferungen und Leistungen an einen säumigen Zahler einstellen. In 71 Prozent der Unternehmen wird eine solche Entscheidung von der Geschäftsleitung gefällt, in 34 Prozent liegt die Entscheidungsbefugnis im Finanzbereich. Eine automatisierte, IT-basierte Leistungseinstellung wird von 13 Prozent der Unternehmen eingesetzt. Verhängen die Unternehmen einen Lieferstopp, sind die Erfahrungen zwiespältig. Bei 19 Prozent der Befragten hat sich danach die Kundenbeziehung verbessert, bei 26 Prozent jedoch verschlechtert. Die Mehrheit der Unternehmen (55 Prozent) hat die Erfahrung gemacht, dass sich die Kundenbeziehung nicht wesentlich verändert hat.

Jedes dritte Unternehmen hat der Untersuchung zufolge in den vergangenen zwei Jahren häufiger Lieferstopps verhängt als in den Jahren zuvor. Häufigste Kriterien für eine Liefereinstellung sind: Dauer der Außenstände, Höhe der Außenstände sowie die Bonität des Kunden. Eine Einstellung der Lieferungen erfolgt im Durchschnitt 74 Tage nach Rechnungsfälligkeit. "Um hier gegenzusteuern", so Klaus Gildhorn von Intrum Justitia, "empfehlen wir das rasche Mahnen nach der 2-2-2-Formel. Erste Mahnung spätestens zwei Wochen nach Rechnungsfälligkeit, Versand von lediglich zwei Mahnungen vor dem Einleiten rechtlicher Schritte oder der Übergabe der Forderung an einen professionell arbeitenden Dienstleister für Forderungsmanagement." (mf)