So kommen Sie groß raus ...

Zehn Tipps für Projekt-Manager

01.04.2010 von Renate Oettinger
Sie möchten, dass Ihre Projekte zäh verlaufen, weil Sie sich damit in der Firma profilieren können? Dann folgen Sie den Ratschlägen von Jürgen Rohr.
So werden Sie zum Projekt-Held!
Foto: Fotolia, J, Thew

"Unser Projekt läuft wie geschmiert." Nur selten hört man diese Aussage von (Projekt-)Verantwortlichen in Unternehmen. Weit häufiger vernimmt man von ihnen die Klage, wie schwierig ihr Projekt zu managen sei. So oft ertönt dieses Klagelied, dass man zuweilen den Eindruck gewinnt: Die Verantwortlichen wünschen sich geradezu, dass ihre Projekte möglichst zäh und mühevoll verlaufen, um sich firmenintern zu profilieren. Hier einige Tipps, wie Sie dieses Ziel, sofern Sie zu dieser Spezies zählen, erreichen.

Es gibt kaum etwas Beeindruckenderes als eine funktionierende Organisation und ein funktionierendes Team. Geradezu überwältigend ist es zu sehen, wie Menschen sich gemeinsam für ein Ziel engagieren und danach streben, dieses zu erreichen - weil jeder an den Erfolg glaubt und bereit ist, sein Bestes hierfür zu geben. In solchen Teams entsteht ein kollektives Flow-Erlebnis, dem sich kaum einer entziehen kann.

Doch leider begegnet man solchen Teams selten - auch weil die (Projekt-)Verantwortlichen in den Unternehmen häufig Verhaltensmuster zeigen, die das Entstehen eines solchen "Spirits" verhindern. So oft nimmt man diese Verhaltensmuster wahr, dass man zuweilen den Eindruck gewinnt: Die Verantwortlichen möchten gar nicht, dass sich ihre Organisation wie verbal verkündet entwickelt. Beziehungsweise sie wollen, dass sich der Weg zum Ziel möglichst mühevoll gestaltet, damit sie anschließend voller Stolz verkünden können, welche Hürden sie genommen und welche Widerstände sie gemeistert haben. Hier zehn Tipps, wie Sie dieses Ziel mit hoher Wahrscheinlichkeit erreichen - sofern Sie zu dieser Spezies zählen:

Termine, Analyse, Feedback und Umsetzung

Tipp 1:

Setzen Sie die Verantwortlichen unter Termindruck. Mit engen Terminen stellen Sie sicher, dass möglichst wenige Betroffene ins Boot geholt werden. Damit vermeiden Sie die sowieso unnötigen Diskussionen um Meinungs- sowie Wahrnehmungsunterschiede. Und: Sie behalten die vermeintliche Kontrolle über Budget und Termine.

Tipp 2:

Starten Sie mit einer problem-orientierten Ist-Analyse. Fragen Sie immer zuerst danach, was nicht gut läuft. Damit fokussieren Sie die Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf die Schwächen der Organisation. Sie stellen sicher, dass niemand auf die Idee kommt, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. Und das Beste: Die Veränderungsenergie wird so gering sein, dass die operative Arbeit kaum gestört wird.

Tipp 3:

Geben Sie möglichst kein zusammenfassendes Feedback. Halten Sie die Betroffenen im Unklaren. Das fördert zwar die Gerüchteküche, hält aber den Änderungsaufwand für die Konzeptionierer gering. Sie erhalten schon mit dem ersten Wurf ein Konzept aus einem Guss - ohne lästige und zeitaufwändige Anpassung an unterschiedliche Wahrnehmungen der Beteiligten.

Tipp 4:

Lassen Sie das Konzept ohne Beteiligung der Betroffenen ausarbeiten. Hier können Sie Aufwand und Budget einsparen. Jeder Betroffene wird mit seinen individuellen Ansichten sowieso nur das Konzept verwässern. Außerdem: Wenn ein Außenstehender den Sollzustand konzipiert, kommt endlich frischer Wind in die Organisation. Bei der Umsetzung werden sich die Betroffenen schon an die neue Ausrichtung gewöhnen.

PowerPoint, Budget, Zugriff und Unterstützung

Tipp 5:

Vermitteln Sie das Konzept frontal mit mindestens 100 PowerPoint Slides. Hier gilt: Je mehr Input, desto weniger lästige Rückfragen. Halten Sie das Präsentationstempo hoch. Planen Sie ja keine Zeit für die Diskussion ein. Das Konzept steht. Basta!

Tipp 6:

Planen Sie keine Zeit für die Überarbeitung des Konzepts ein. Das wäre ja noch schöner: Sie planen knapp bei Budget und Terminen und wollen sich den Erfolg nicht durch unplanbare Überarbeitungsaufwände vermiesen lassen. Denn jede Überarbeitungsschleife würde den schönen Entwurf zerstören. Und am Ende wären Sie womöglich bei einer Liste von rasch wirksamen Interventionen, die es auch getan hätten. Völlig undenkbar.

Tipp 7:

Schränken Sie die Zugriffsrechte auf neue Tools möglichst stark ein. Ganz wichtig: Wenn Sie im Rahmen der Organisationsentwicklung neue Werkzeuge (zum Beispiel ein IT-System) einführen, achten Sie darauf, dass niemand außer den Konzeptionierern in der Lage ist, die Werkzeuge anzupassen. Das würde nur dazu führen, dass persönliche Arbeitsprozesse abgebildet werden. Sie wollen aber, dass die neuen, besseren Prozesse gelebt werden.

Tipp 8:

Lassen Sie die Betroffenen beim Umsetzen des Konzepts alleine. In diesem Punkt gilt das Motto: Die Leute werden sich schon umgewöhnen. Durch die Unterstützung während der Umsetzungsphase könnte wiederum das sorgfältig ausgearbeitete Konzept verwässert werden. Das ist unbedingt zu vermeiden. Widerstände sind normal. Manche Mitarbeiter lernen eben nie, was wirklich gut für sie ist.

Kontakt und Feedback

Tipp 9:

Vermeiden Sie persönlichen Kontakt zwischen den Beteiligten. Stellen Sie sich vor, was Sie hier an Reisekosten einsparen können. Diskussionen können auch per E-Mail geführt werden. Das spart richtig Geld. Und Sie können leichter die Kritiker ausschließen.

Tipp 10:

Betrachten Sie jegliches Feedback als persönliche Kritik. Wenn jemand mit einem Feedback zu Ihnen kommt, will er damit eigentlich sagen, dass Sie Ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben. Das wirkt sich schlecht auf Ihr Selbstwertgefühl aus. Möglicherweise geben Sie dem anderen noch das Gefühl, er hätte mit seiner Wahrnehmung recht. Dann haben Sie wirklich keine Ruhe mehr, um am nächsten Konzept zu arbeiten.

Hinweis:

Vermutlich gehören Sie nicht zu der raren Spezies von Unternehmensführern und Projektverantwortlichen, deren Selbstbewusstsein davon abhängt, wie schwierig sich ihre Projekte stets gestalten. Dann sollten Sie die vorgenannten Tipps selbstverständlich auf keinen Fall beherzigen, sondern ... Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch in Ihrem Team zumindest die erforderliche Zahl von Mitarbeitern an den Erfolg glaubt und bereit ist, sein Bestes hierfür zu geben; des Weiteren, dass in ihrem Team ein kollektives Flow-Erlebnis entsteht, dem sich nur wenige entziehen können. (oe)

Lesen Sie zum Thema auch den Beitrag "Change-Projekte - mögliche Brandherde frühzeitig erkennen".

Kontakt:

Der Autor Jürgen Rohr ist Inhaber der Projektmanagement-Beratung Vedanova, Wiesbaden, und Co-Autor des Buchs "Prozessorientiertes Projektmanagement" (Hanser Verlag). Tel.: 0611 97774-403. E-Mail: juergen.rohr@vedanova.de, Internet: www.vedanova.de