Zeit der Kristallkugeln

24.01.2002
Wann, wieviel und warum doch alles anders kommt!

Kaum zurück von den Malediven, wird bei Unternehmensberatern und Marktforschern die Kristallkugel geputzt. Konträr sind die Meinungen derzeit, Gott sei dank, dann kann sich jeder die Prognose bestellen, die er für Aktionäre oder Banken benötigt. So ähnlich, wie der Weltuntergang und die Landung von Außerirdischen jedes Jahr auf ein Neues propagiert werden, so werden auch heuer wieder Milliarden für Vorhersagen zum Fenster hinausgeworfen, die sinnvoller in Service und Qualitätssteigerung investiert würden. Während allgemein bekannt ist, dass Handleser und Wetterfrösche eine höhere Trefferquote besitzen, dazu noch weitaus billiger und zumindest erstere im Jahre eins nach Harry Potter voll im Trend sind, macht die ehemals reiche und mächtige IT noch immer in altmodischer Wissenschaft. Weil bekanntermaßen Rechtschreibung und Kopfrechnen ihren Stammplatz für immer abenteuerlichere Anglizismen und neokapitalistisches Vokabular geräumt haben, halten sich die Marktschreier der gegenwärtigen Wirtschaft an der Macht. In der demenzgeschwängerten Welt virtuellen Wachstums herrscht scheinbar der Glaube, dass sich Geld durch reichlich verbale Düngung vermehrt. Weder erhöht sich die Kaufkraft durch Rationalisierung, noch passieren Wunder, wenn Politiker ans Mikrofon treten. Auch irgendwelche fiktiven Exportquoten sind kein Indiz mehr, in einer Zeit, in der Unternehmen ihre Standorte gegeneinander ausspielen können. Einziger Gradmesser für ein echtes Wachstum muss die Binnenkaufkraft der Bevölkerung und der Unternehmen sein. Stimmt die, kann mir die Weltwirtschaft gestohlen bleiben. Mit jeder Nullrunde und jedem neuen Arbeitslosen nimmt diese Kaufkraft ab. Unternehmenspleiten und Entlassungen im Bausektor, Personalabbau vor allem bei Banken und Versicherungen werden auch 2002 dem Handel schwer zu schaffen machen. Zentralisierung im Mittelstand und Schließungen bei Kleinbetrieben in Handwerk und Handel werden weiter zunehmen. So wie Waldbrände von Grundstücksspekulanten gelegt werden, zerstören gewinnmaximierende Unternehmen derzeit unseren wirtschaftlichen Überlebensraum. Investitionen der zumeist überschuldeten Städte und Gemeinden werden zurückgestellt und beschleunigen die Depression, an der wir angeblich knapp vorbeigeschlittert sind. Doch vorbei ist es noch nicht, es wird schlimmer, und mit den Wahlen im Herbst stehen die Ausreden schon fest.

Mein Fazit: Im Land der Dichter und Denker fehlt es vor allem an letzteren. Doch für eine Korrektur scheint die Konzernwirtschaft bereits zu stark zu sein.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.