Zugang einer Kündigungserklärung trotz Rückgabe des Kündigungsschreibens

27.12.2007
Dr. Christian Salzbrunn über mögliche Probleme beim Ausspruch einer arbeitsrechtlichen Kündigungserklärung.

Der Ausspruch einer arbeitsrechtlichen Kündigung ist sorgfältig vorzubereiten. Denn nicht nur die schon so häufig zitierte Verpflichtung zur Beachtung des Schriftformerfordernisses in § 623 BGB birgt zahlreiche Gefahren in sich. Ein markantes Problem beim Ausspruch einer arbeitsrechtlichen Kündigungserklärung resultiert auch daraus, dass eine solche Erklärung beim Empfänger in nachweisbarer Form "ankommen" muss.

In juristischer Hinsicht stellt der Kündigungsausspruch eines Arbeitsverhältnisses eine so genannte einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung dar. Das bedeutet, dass eine solche Erklärung nach der Vorschrift in § 130 BGB dem Adressaten zugehen muss. Erst wenn dieser Zugang der Willenserklärung bewirkt ist, kann die Kündigung ihre einseitige, rechtsgestaltende Wirkung auslösen (sofern allerdings die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer arbeitsrechtlichen Kündigung erfüllt sind). Daher ist es auch so wichtig, dass der Zugang der Kündigung für den Erklärenden im nachhinein "hieb und stichfest" nachweisbar ist.

Wie sieht die Rechtslage aber aus, wenn einem Mitarbeiter in einem Personalgespräch eine schriftliche Kündigungserklärung übergeben werden soll, dieser das Schriftstück aber ungelesen unmittelbar wieder zurückgibt. Ist damit der Zugang der Erklärung bereits bewirkt?

Über diese Rechtsfrage hatte das LAG Köln in einem Beschluss vom 04.09.2007 zu befinden. Der Kläger des Verfahrens war bei der Beklagten schon seit mehreren Jahren als Maschinenführer beschäftigt. Mit Schreiben vom 14.08.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2007. Dieses Kündigungsschreiben sollte dem Kläger während eines Personalgesprächs übergeben werden. Dies funktionierte aber nicht vollständig, denn nach Aushändigung gab der Kläger das Kündigungsschreiben unmittelbar wieder zurück. Er begründete dies damit, dass er den Brief nicht lesen könne. Daher solle ihm das Schreiben nach Hause zugesandt werden, damit die Kinder ihm den Inhalt des Schreibens übersetzen könnten. Nach den Angaben des Klägers ist ihm jedoch erst am 25.09.2006 eine Kopie der Kündigungserklärung übergeben worden.

Gegen diese Kündigung erhob der Kläger am 29.09.2006 eine Kündigungsschutzklage und beantragte zugleich die nachträgliche Zulassung dieser Klage, weil die 3-Wochenfrist des § 4 S. 1 KSchG zur Einleitung des Kündigungsschutzverfahrens zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war. Der Kläger berief sich darauf, dass ihm die Kündigungserklärung zu keinem Zeitpunkt im Original ausgehändigt worden sei. Zudem habe er den am 14.08.2006 übergebenen Brief nicht gelesen, sondern sofort wieder zurückgegeben. Von der Kündigung seines Arbeitsvertrages habe er also zu dem Zeitpunkt überhaupt keine Kenntnis gehabt. Insoweit sei ja auch nicht auszuschließen, dass am 14.08.2006 gar keine Kündigung ausgehändigt worden sei und dass ihm eine Kündigung erst zu einem späteren Zeitpunkt untergeschoben worden sei.

Dieser Argumentation erteilten die Richter in zwei Instanzen eine Absage und wiesen den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage ab. Nach ihrer Ansicht war die Klage verspätet, weil der Kläger sie nicht gemäß § 4 S. 1 KSchG innerhalb der Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben hat. Zudem konnte er diese Verspätung auch nicht genügend entschuldigen.

Die Richter wiesen den Kläger darauf hin, dass die Kündigung bereits mit der Aushändigung des Schreibens am 14.08.2006 zugegangen sei. Dem Zugang der Kündigung stehe gerade nicht entgegen, dass der Kläger das Schreiben ungelesen wieder zurückgegeben hat. Denn der Kläger habe in dem Verfahren selbst ausgeführt, dass er den Brief in die Hände bekommen hat. Damit hatte der Kläger die Möglichkeit, dieses Schreiben zu behalten und sich von dem Inhalt zu überzeugen. Die Richter hielten dem Kläger letztlich entgegen, dass es nicht auf die tatsächliche Kenntnis über den Erklärungsinhalt ankomme, sondern dass allein schon die Möglichkeit der Kenntnisnahme ausreichend sei. Damit ist der Zugang einer Kündigungserklärung unter Anwesenden immer schon dann bewirkt, wenn die schriftliche Erklärung durch tatsächliche Übergabe in dem Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt. Eine Kenntnis vom genauen Inhalt ist dagegen nicht erforderlich (LAG Köln, Beschluss vom 04.09.2007, Az.: 14 Ta 184/07).

Außerdem wiesen die Arbeitsrichter darauf hin, dass auch die möglicherweise fehlenden Sprachkenntnisse des Klägers den Zugang der Kündigung nicht verhindern konnten. Insoweit bestand für den Kläger nämlich die weitere Möglichkeit, das Kündigungsschreiben mit nach Hause zu nehmen und sich dort von den Kindern übersetzen zu lassen. Schließlich bestanden für die Richter auch keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Kündigung dem Kläger untergeschoben worden sei. In der Beweisaufnahme, die zur Klärung dieser Frage anberaumt worden ist, haben die angehörten Zeugen übereinstimmend ausgesagt, dass in dem Gespräch am 14.08.2006 ausdrücklich über die Kündigung gesprochen worden sei und dass dem Kläger das Kündigungsschreiben sogar vorgelesen worden ist.

Dieser Fall verdeutlicht, dass sich ein Arbeitnehmer dem Zugang einer Kündigungserklärung nicht dadurch entziehen kann, indem er das Schriftstück mit der Kündigungserklärung einfach ungelesen wieder zurückreicht. Auf der anderen Seite sollte die persönliche Übergabe einer Kündigungserklärung am Besten im Beisein eines Zeugen erfolgen, damit gerade für einen solchen Fall durch Zeugenbeweis nachgewiesen werden kann, dass der Mitarbeiter die Möglichkeit hatte, die Kündigung zur Kenntnis zu nehmen.

Kontakt und weitere Informationen: Rechtsanwaltskanzlei Dr. Christian Salzbrunn, Alt-Pempelfort 3, 40211 Düsseldorf. Tel.: 0211/1752089-0, Fax: 0211 / 1752089-9. Mail: info@ra-salzbrunn.de. Weitere Informationen zur Rechtsanwaltskanzlei Dr. Christian Salzbrunn erhalten Sie im Internet über die Homepage http://www.ra-salzbrunn.de. (mf)