Zwischen C++ und HTML

27.09.2001
Die Seitenbeschreibungssprache HTML genügt nicht mehr den Anforderungen moderner Webapplikationen, etwa beim Online-Banking. Curl soll Abhilfe schaffen.

ActiveX ist tot, Java läuft bald nicht mehr auf Windows-Maschinen, und Javascript ist nur ein Notbehelf: Wenn es um die Programmierung von interaktiven Webseiten geht, gehen langsam die Möglichkeiten aus. Dies hat sich wohl auch der Web-"Erfinder" Tim Berners-Lee gedacht und gemeinsam mit seinen Mitstreitern am Massachusetts Institute of Technology (MIT) eine neue Programmiersprache ersonnen, die genau die sich nun auftuende Lücke schließen soll.

Sie heißt Curl und vereinigt die Einfachheit eine Beschreibungssprache wie HTML mit der Funktionalität einer objektorientierten Programmiersprache wie C++.

Trifft wirklich zu, was deren Vermarkter, die Curl Corp., behauptet, dürften die Tage von HTML, Javascript und Macromedias Flash gezählt sein.

Eine mit Curl programmierte Anwendung erreicht den Surfer als Quellcode, der vom im Webbrowser integrierter Laufzeitumgebung "Surge 1.0" kompiliert wird. Erst danach erscheinen Curl-basierende Inhalte auf dem Bildschirm.

Diese zeitliche Verzögerung lohnt sich aber, da ansonsten jedesmal ein Vielfaches neu geladen werden müsste - Quellcode benötigt nur einen Bruchteil an Datenmenge der dazugehörigen ausführbaren Applikation. Trotzdem erreicht den Surfer nicht nur der Inhalt, sondern auch die Anweisung, wie dieser Content in seinem Browser darzustellen ist.

Noch befinden sich die Spezifikationen der neuen Programmiersprache in den Händen ihrer Entwickler, aber noch dieses Jahr sollen Teile daraus zu "open Source" werden. Für den persönlichen Gebrauch ist die Curl-Entwicklungsumgebung frei erhältlich, gewerbliche Nutzer zahlen Lizenzgebühren - abhängig von der Code-Menge, die von ihrer Website geladen wird. Diese Regelung ist in der Szene noch sehr umstritten.

Deutschen Partner gewonnen

Als erstes deutsches Unternehmen engagiert sich Adisoft AG für Curl. Die Karlsruher wollen mit der neuen Programmiersprache interaktive Anwendungen fürs Online-Banking entwickeln. Außerdem sollen die künftigen Curl-Entwickler im deutschsprachigen Raum von einem zentralen Call-Center der Adisoft AG betreut werden.

Für den Firmenchef Karl Schlagenhauf ist es vor allem wichtig, als Erster mit dieser "revolutionären" Technologie am Markt zu sein. Insbesondere die mit Curl zu verwirklichende Visualisierungstechniken (siehe Bild) haben es Schlagenhauf angetan.

www.curl.com

www.adisoft.de

ComputerPartner-Meinung:

Auch wir haben uns das Surge-Plug-in für den Browser heruntergeladen. Auf den ersten Eindruck vermag das Zusatzprogramm auch nicht mehr als Java. Ob die Marketing-Power der Curl Corp. und der Adisoft AG ausreicht, um diese Technologie am Markt durchzusetzen, darf bezweifelt werden. Aber vielleicht stürzen sich wirklich alle Finanzdienstleister darauf, um ihre Online-Kunden bei Laune zu halten. Dann gäbe es auch einiges für Sys-temintegratoren und Entwickler zu tun. (rw)