Umweltbilanz

1:0 für den Online-Handel

13.10.2015
Bestellungen im Online-Handel sind bequem. Eine aktuelle Studie zeigt jetzt, dass sie wegen geringerer CO2-Belastungen beim Warentransport auch umweltfreundlich sind. Allerdings bleiben Fragen offen.

Der Online-Handel in Deutschland boomt. Lieferdienste wie DHL, Hermes, UPS oder DPD liefern im Sekundentakt Pakete an Internet-Shopper im ganzen Land. Die Lieferfahrzeuge sind inzwischen aus den Städten nicht mehr wegzudenken. Doch kann die bequeme Zustellung an die Haustür umweltfreundlicher sein als der Einkauf im stationären Geschäft?

Eine aktuelle Studie des Deutschen CleanTech-Instituts (DCTI) sagt: Ja. Trotz hoher Retourenquote und teilweise mehrmaliger Anfahrt durch den Paketzusteller könnten Kunden guten Gewissens online einkaufen. Denn im Durchschnitt werde dabei deutlich weniger CO2 produziert, als wenn die Käufer dasselbe Produkt im stationären Einzelhandel erwerben würden.

Wer mit dem Bus oder dem Fahrrad zum Einkaufen in die Innenstadt fährt, reduziert den CO2-Ausstoß drastisch und macht den Shoppingbummel vielleicht sogar umweltfreundlicher als die Online-Bestellung.
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Der Hauptgrund dafür: Wenn die Verbraucher Mode, Möbel, Bücher oder Elektronik einkaufen wollen, nutzen sie meist den eigenen Pkw, um in die Shopping-Meilen zu kommen. Und das produziert viel mehr Abgase als der gebündelte Transport der Bestellungen durch Paketdienste. Besonders groß sei der Vorsprung des Online-Handels in Sachen CO2-Vermeidung, wenn die Verbraucher in ländlich geprägten Räumen lebten und weite Strecken zu ihrem Einkaufsort zurücklegen müssten.

In Auftrag gegeben wurde die umfangreiche Studie vom Otto-Versand und dessen Lieferdienst Hermes. Doch prüfte das Freiburger Öko-Institut die Untersuchung vor ihrer Veröffentlichung methodisch und inhaltlich auf Korrektheit. Moritz Mottschall vom Öko-Institut lobt die Studie: "So eine umfassende Studie gab es meines Wissens bisher nicht." Denn durch eine repräsentative Befragung von 1.000 Konsumenten seien hier erstmals auch die Auswirkungen des Kaufverhaltens der Verbraucher auf die Ökobilanz berücksichtigt worden.

Die Studie macht deshalb auch deutlich, wie sehr die Verbraucher letztlich die Umweltbilanz ihrer Einkäufe selber beeinflussen können. Wer mit dem Bus oder dem Fahrrad zum Einkaufen in die Innenstadt fährt, reduziert den CO2-Ausstoß drastisch und macht den Shoppingbummel vielleicht sogar umweltfreundlicher als die Online-Bestellung. Wer seine Bestellungen bei Amazon und Co. bündelt und Retouren nach Möglichkeit vermeidet, verringert die Umweltbelastung durch die Online-Bestellung noch einmal kräftig.

Und das Verpackungsmaterial?

Das letzte Wort im Öko-Vergleich ist durch die Studie aber wohl noch nicht gesprochen. Denn wichtige Aspekte, wie etwa der Verbrauch von Verpackungsmaterial durch den Online-Handel, wurden bei der Beurteilung ausgeklammert. CleanTech-Geschäftsführer Philipp Wolff räumt ein, dies könne das Ergebnis verändern. Nicht berücksichtigt wurden allerdings auch die Umweltbelastungen etwa durch die Heizung und Beleuchtung der Kaufhäuser und Fachgeschäfte.

An Brisanz wird das Thema nicht verlieren. Nach einer aktuellen Prognose des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln dürfte das Volumen des Online-Handels in diesem Jahr erneut um über vier Milliarden auf rund 46 Milliarden Euro steigen. Die Lieferfahrzeuge werden also noch öfter in den Straßen zu sehen sein.

Ob die Umwelt aber wirklich davon profitiert, wie man es nach der Studie erwarten könnte, das hängt am Ende wieder entscheidend vom Verbraucher ab – und davon, was er mit der durch den Online-Einkauf gewonnenen Zeit anfängt. "Wenn er dann statt zum Shoppingbummel mit dem Auto zum Kaffeetrinken in die Stadt fährt, gibt es keine Einsparungen bei den CO2-Emissionen", betont Moritz Mottschall vom Öko-Institut. (dpa/tö)

Die größten Paketdienste in Deutschland im Vergleich – Hintergrund, Umsatz, Kennzahlen, Zusteller
DHL
<b>Hintergrund:</b> DHL gehört seit 202 zur Deutschen Post AG. Die Buchstaben stehen für die Anfangsbuchstaben der Nachnamen der Firmengründer Dalsey, Hillblom und Lynn. DHL betreibt in Deutsch­land 33 Paketzentren, 200 Zustellbasen und 3.000 Zustellstützpunkte. Kunden können in rund 12.000 Filialen und über 2.650 Packstationen Pakete in Empfang nehmen und an mehr als 29.000 Stellen abgeben. Firmensitz: Bonn <br><br> <b>Umsatz:</b> 3,75 Milliarden Euro (2013; Deutschland) <br><br> <b>Transportvolumen:</b> 1,02 Milliarden Pakete in Deutschland (2013) <br><br> <b>Zusteller:</b> DHL beschäftigt bundes­weit rund 62.000 Zusteller. Mit der Gewerk­schaft Verdi wurde vereinbart, maximal 990 der 39.800 Bezirke an Subunternehmer zu vergeben
DPD
<b>Hintergrund:</b> DPD gehört seit 2001 zur französischen GeoPost. Als Dynamic Parcel Distribution wurde DPD 1976 von 18 deutschen Speditions­firmen gegründet. DPD betreibt in Deutschland 75 Depots, in mehr als 5.000 Paket­shops können Kunden Pakete abholen und versenden. Firmensitz (D): Aschaffenburg <br><br> <b>Umsatz:</b> 4,39 Milliarden Euro (2013; Gesamtkonzern) <br><br> <b>Transportvolumen:</b> 320 Millionen Pakete pro Jahr in Deutschland <br><br> <b>Zusteller:</b> DPD lässt seine Pakete ausschließ­lich von Subunternehmen ausliefern. Die etwa 1.000 System­partner beschäftigen mehr als 8.000 Zusteller.
GLS
<b>Hintergrund:</b> Gehört zur britischen Royal Mail. Wurde 1989 als German Parcel gegründet und 1999 von der Royal Mail über­nommen und fortan unter dem Dach von General Logistics Systems weitergeführt. GLS-Kunden stehen deutsch­land­weit rund 5.000 Paket­shops zur Verfügung. Das Standort­netz besteht aus 60 Depots, 18 davon dienen zusätzlich als regionale Verteilzentren. Firmensitz (D): Neuenstein. <br><br> <b>Umsatz:</b> 1,96 Milliarden Euro (2013/14; Konzernumsatz) <br><br> <b>Transportvolumen:</b> 404 Millionen Pakete pro Jahr weltweit <br><br> <b>Zusteller:</b> GLS wickelt die gesamte Paket­zustellung in Deutsch­land über Subunternehmen ab. Rund 4.500 Lieferfahr­zeuge sind dafür im Einsatz.
Hermes
<b>Hintergrund:</b> Hermes gehört zur Otto Group Hamburg. Unter dieser Marke agieren elf Gesell­schaften, die welt­weit handels­nahe und logistische Dienst­leistungen erbringen. Für die Zustellung von Paketen bis 31,5 kg ist die Hermes Logistik-Gruppe Deutschland GmbH (HLGD) verantwortlich. Sie betreibt sechs Hauptumschlagbasen, 59 Niederlassungen und mehr als 500 Sat-Depots. Firmensitz: Hamburg. <br><br> <b>Umsatz:</b> 2,08 Milliarden Euro (2013; Gesamtkonzern) <br><br> <b>Transportvolumen:</b> ca. 300 Millionen Pakete pro Jahr in Deutschland <br><br> <b>Zusteller:</b> Die Sendungen werden an ca. 400 selbständige Zusteller (Subunternehmer) weitergegeben, die rund rund 10.000 Fahrer beschäftigen und 87 Prozent des Auftrags­volumens für Hermes zustellen. Bei Hermes selbst arbeiten ca. 570 Fahrer in Festan­stellung.
UPS
<b>Hintergrund:</b> Gehört zu United Parcel Service of America. UPS betreibt in Deutschland 72 Paketzentren, und verfügt über rund 2.500 Access-Point-Stand­orte, an denen Kunden Pakete abholen können. Firmensitz (D): Neuss <br><br> <b>Umsatz:</b> 44,5 Milliarden Euro (2013; Konzernumsatz) <br><br> <b>Transportvolumen:</b> 4,3 Milliarden Pakete pro Jahr weltweit <br><br> <b>Zusteller:</b> Die Gewerk­schaft Verdi geht davon aus, dass etwa 40 Prozent der Aufträge an Subunternehmer gehen, den Rest bewältigen Vollzeit-Angestellte von UPS.