Analytics aus der Cloud

Analysen wandern zu den Daten - auch in die Cloud

12.05.2016 von Frank Niemann, Carsten Bange, Jacqueline Bloemen und Larissa Seidler
Die Idee, Daten in der Cloud zu analysieren, stößt gerade bei deutschen Anwendern noch auf Skepsis. Doch die Experten von BARC und PAC sind sich sicher: Je mehr Applikationen in der Cloud laufen und diese dort auch Daten erzeugen, desto stärker dürfte das Interesse an Business-Intelligence-Werkzeugen in der Cloud wachsen.

Bis vor kurzem herrschte bei vielen Unternehmen noch die klare Ansicht vor, Cloud Computing komme für sie nicht in Frage. Mittlerweile jedoch sehen immer mehr Firmen die möglichen Vorteile, die sich ihnen durch Cloud Computing bieten. Dazu zählen eine schnellere Inbetriebnahme, flexible Kostenstrukturen (Gebühren statt Investitionen und Bezahlung nach Nutzung) sowie ein geringerer Administrationsaufwand, den ja der Cloud-Dienstleister übernimmt. Die grundsätzliche Einstellung zur Cloud ändert sich nicht zuletzt auch durch jene Anbieter, die lokale Rechenzentren in Deutschland errichten und betreiben, in erster Linie um dem Thema Datenschutz Rechnung zu tragen. Langsam setzt sich auch die Erkenntnis bei vielen, gerade kleinen und mittelgroßen Unternehmen durch, dass die Datensicherheit bei einem Cloud-Anbieter tendenziell besser gewährleistet werden kann, als im eigenen Unternehmen.

Dennoch hat der BARC BI Trend Monitor 2016 gezeigt, dass gerade im deutschsprachigen Raum die Wichtigkeit von Cloud BI als Trend von Anwenderseite deutlich geringer eingeschätzt wird, als in allen anderen Ländern und Regionen weltweit. Weiterhin zeigten sich auch starke Unterschiede in den Branchen und Unternehmensgrößen. Insgesamt halten Softwareanbieter und Berater den Trend Cloud BI für deutlich wichtiger als die Anwender dies tun.

Speziell im deutschsprachigen Raum gehen die Anwender eher zögerlich an das Thema Cloud-BI heran. Das gilt aber grundsätzlich für alle Bereiche, die mit Cloud Computing zu tun haben. Vor allem Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit spielen hier eine Rolle.
Foto: BARC

Gemäß der Marktzahlen für Deutschland umfasst der Markt für die Public Cloud über drei Milliarden Euro. Dies klingt zunächst nicht besonders eindrucksvoll, gerade wenn man die Zahl mit dem Volumen des gesamten deutschen IT-Markts in Relation setzt, das der Bitkom für 2016 auf über 160 Milliarden Euro taxiert. Aufmerken lässt hingegen das Wachstum: In den nächsten Jahren wird der Markt für Public-Cloud-Services im Schnitt um mehr als 28 Prozent zulegen. Mit der Public Cloud sind über eine Cloud-Architektur vom Provider bereitgestellte IT-Ressourcen gemeint, die verschiedene Kunden im "One-to-Many"-Prinzip via Internet nutzen. Dies unterscheidet sich von den ebenfalls in den Analysen berücksichtigten Ansätzen für die Private Cloud. Ferner sind in Sachen Cloud die unterschiedlichen Ebenen zu unterscheiden, die tatsächlich vom Cloud-Betreiber bezogen werden:

Infrastructure as a Service (IaaS), was Hardware-Ressourcen wie etwa Storage, CPU und Netzwerk, sowie teilweise auch fundamentale Software-Komponenten wie etwa das Betriebssystem umfasst.

Platform as a Service(SaaS), über die in der Regel eine Entwicklungsumgebung zur Verfügung gestellt wird, in der Softwarelösungen auf Basis einer meist standardisierten Plattform entwickelt und zum Ablauf gebracht werden können.

Software as a Service (SaaS) stellt eine fertige Anwendung zur Verfügung, was im Normalfall auch die Datenhaltung der Anwendung mit einschliesst.

Die verschiedenen Cloud-Spielarten (IaaS, PaaS, SaaS) und die Aufteilung der dazu gehörigen Dienste auf Cloud-Kunden und Cloud-Anbieter.
Foto: BARC

Ein - wenn auch noch sehr kleiner - Teil dieses Marktes umfasst Business Intelligence aus der Cloud. Hierbei kann grundsätzlich der Aufbau von Data Warehouses oder anderen Datenspeichern (IaaS, PaaS) für entscheidungsunterstützende Zwecke auf Cloud Plattformen sowie die Nutzung von Business-Intelligence-Systemen (PaaS, SaaS) unterschieden werden. Viele Anbieter bieten bereits vorkonfigurierte thematische Applikationen speziell für BI- und Planungsszenarien an (SaaS).

Vom gesamten Business-Intelligence Anwenderwerkzeugmarkt nutzen nach Daten des BARC BI Surveys elf Prozent der Nutzer Cloud-basierte Lösungen. Ein stärkeres Wachstum ist hier zu erwarten, sobald mehr operative/transaktionale Daten auch direkt in Cloud-basierten Applikationen erzeugt werden. Denn eine Auswertung von Cloud-basierten Daten durch Cloud-basierte BI-Systeme ist deutlich eher vorstellbar, als eine Verlagerung von Daten aus den eigenen on-premise betriebenen Systemen in die Cloud. Ein weiterer Faktor für stärkeres Wachstum von Cloud BI sind das verfügbare Angebot und der Aspekt, wie gut es auf die Anforderungen der Nutzer passt. Neben insgesamt breiterer und ausgereifterer Funktionalität spielt hier auch die üblicherweise erst seit Kurzem verfügbare "hybride" Datenhaltungsoption eine Rolle (mit Cloud-BI Werkzeugen können sowohl Daten in Datenbanken des Unternehmens als auch in der Datenbank des Cloud BI-Anbieters ausgewertet werden).

Der Anteil der Unternehmen, die Cloud-BI bereits einsetzen beziehungsweise den Einsatz in absehbarer Zeit planen, wächst - zwar langsam aber dafür stetig.
Foto: BARC

Anbietermarkt für Cloud BI ist sehr dynamisch

Der Markt für Cloud BI entwickelt sich sehr dynamisch. Neue Anbieter treten in den Markt und bieten den Kunden an, Reports und Analysen als Service zu beziehen. Die etablierten BI-Softwareanbieter sind aber auch nicht untätig geblieben, sondern legen ihrerseits entsprechende Angebote auf. Das ist allerdings nicht ganz trivial, denn eine etablierte und lange entwickelte Softwarelösung in eine sinnvolle Cloud-Lösung umzuwandeln, bedarf einigen Aufwands. Typische Veränderungen, die Anbieter dabei berücksichtigen müssen, sind:

Grundsätzlich sind drei wesentliche Kategorien in der Anbieterlandschaft von Cloud BI zu unterscheiden:

Reine Cloud-BI-Angebote: Dieses Segment umfasst Produkte, die gezielt für den Betrieb in der Cloud entwickelt wurden. Hierzu zählen neben vielen weiteren nicht nur relativ neue BI-Anbieter wie Adaptive Insights, Anaplan, BIRST, Domo, GoodData oder Host Analytics, sondern auch namhafte BI-Hersteller, die neue Lösungen für die Cloud entwickelt haben. Beispiele dafür sind IBM mit "IBM Watson Analytics", Microsoft mit "Power BI" beziehungsweise der gesamten "Cortana Analytics Suite", Oracle mit "Data Visualization Cloud Service" oder SAP mit "SAP Cloud for Analytics".

On-Premise-Produkte mit Cloud-Option: Das sind klassische BI-Lösungen, die als Platform-as-a-Service angeboten werden. Bekannte BI-Anbieter wie zum Beispiel IBM, Information Builders, Jedox, MicroStrategy, Oracle, Qlik, SAS Institute, SAP, Tableau oder Tibco Spotfire stellen ihre bestehenden Produkte ihren Kunden als Service aus der Cloud bereit. Wegen der oben genannten Umstellungsaufwände von On-Premise zu Cloud-Versionen sind die Hersteller hier unterschiedlich weit hinsichtlich der tatsächlichen Ausnutzung der Vorteile von Cloud-Plattformen für Ihre Lösungen.

BI-Services der Cloud-Plattformanbieter: Namhafte Vertreter dieser Gattung sind Internet-Firmen die ihr Portfolio um BI-Angebote erweitert haben. Amazon Web Services (AWS) stellt beispielsweise eine Cloud-Plattform mit eigenen Diensten bereit. Das BI-Produkt "QuickSight" ist momentan noch in der Beta-Version. Zudem nutzen BI-Hersteller die AWS-Dienste als Grundlage für die eigenen Cloud-BI-Angebote. Salesforce.com liefert mit "Wave Analytics" eine BI-Komponente für die eigene Cloud-basierte CRM-Plattform. Damit erweitert das Unternehmen seine bislang bereitgestellten operativen Auswertungs- und Analysemöglichkeiten. Google verfolgt mit seiner "Google Cloud Platform" ein ähnliches Konzept wie AWS und stellt Kunden eine Cloud-Plattform mit diversen Diensten und Services inklusive Frontends für beispielsweise Verarbeitung und Visualisierung von "Big Data" zur Verfügung. Kürzlich hat Google auch mit "Data Studio 360" ein Dashboard-Produkt als Teil seiner "Analytics 360 Suite" angekündigt. Ähnlich zu Salesforce scheint es zunächst auf die Aufbereitung der Daten aus den eigenen Applikationen beschränkt zu sein, aber dies muss ja nicht langfristig so bleiben.

Welche Vorteile Cloud BI bietet

Neben den Vorteilen, die für Cloud-Services im Allgemeinen gelten, kommen noch einige, spezielle Merkmale von Cloud BI hinzu. Beispielsweise können es Cloud-basierte BI-Systeme erleichtern, den Bedarf an IT-Ressourcen (Rechenleistung, Speicher, etc.) flexibel anzupassen. Kontinuierlich eine gute Performance in der eigenen BI-Umgebung zu gewährleisten, stellt vielfach eine Herausforderung für Unternehmen dar. Hier kann Cloud BI eine gute Wahl sein, Leistungsengpässe zu beseitigen.

Mindestens genauso wichtig sind die Möglichkeiten, neue Auswertungen beziehungsweise Analysen in kurzer Zeit zu entwickeln und den Nutzern zur Verfügung zu stellen. Da die Fachbereiche in den Unternehmen stets nach neuen und detaillierten Analysten fragen, kann sich Cloud BI an dieser Stelle als nutzbringende Option anbieten. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass durch Cloud BI weniger interne Ressourcen für das Implementieren und den Betrieb von BI-Infrastruktur sowie BI-Software erforderlich sind.

Letztlich steigert auch der explorative Umgang mit Daten im Rahmen von Digitalisierungs-/Big-Data-/Data Science- und ähnlichen Initiativen den Bedarf nach flexibel nutzbaren Werkzeugen für verschiedene Aufgabenstellungen, die gegebenenfalls nur ausprobiert oder für bestimmte Anwendungsfälle genutzt werden sollen. Auch hier zahlt sich die Flexibilität und schnelle Verfügbarkeit Cloud-basierter Lösungen aus.

Einsatzgebiete von Cloud BI

Grundsätzlich können Cloud-BI-Systeme das leisten, was auch On-Premise-Systeme zu bieten haben. Die komplette Infrastruktur inklusive der Datenbanken, Datenintegration, Design- und Entwicklungswerkzeuge sowie direkt nutzbare BI-Anwendungen sind verfügbar. Das sind mögliche Nutzungsszenarien:

Analyse von Daten aus der Cloud: Vor allem für die Analyse von Daten aus der Cloud bieten sich Cloud-BI-Systeme an. Nutzer von Software-as-a-Service-Anwendungen (etwa CRM-Systeme) machen davon Gebrauch. SaaS-Anwendungen bringen entsprechende BI-Funktionen oft schon mit oder diese werden als optionale Erweiterungen angeboten. Mit dem hohen Zuwachs von SaaS-Anwendungen nimmt in der Folge auch die Nutzung von Cloud BI zu.

Neue BI- und Analyseaufgaben bewältigen: Firmen nutzen für die Entwicklung und Bereitstellung von neuen Analysefunktionen Cloud BI, statt diese auf der Grundlage von On-Premise-Systemen zu errichten. Hierzu zählen beispielsweise Analysen von Web-Nutzerdaten sowie Social Media. Manche Anbieter offerieren für diese Zwecke bereits vorkonfigurierte BI-Umgebungen beziehungsweise fertige Anwendungen an.

Kapazitätserweiterung bestehender BI-Umgebungen: Firmen können BI-Workloads von ihren bestehenden Umgebungen auf Cloud-BI-Systeme auslagern. Auf diese Weise können Unternehmen die Leistungsfähigkeit ihrer BI-Umgebung unter Umständen mit weniger Aufwand ausbauen, als wenn sie dafür die On-Premise-Infrastruktur skalieren müssten.

Migration von BI-Umgebungen in die Cloud: Unternehmen migrieren bestehende On-Premise-BI-Systeme in die Cloud, ersetzen diese also durch eine Cloud-Plattform um die entsprechenden bereits beschriebenen Vorteile nutzen zu können.

Prognose: Cloud puscht Cloud-BI

Cloud Computing und damit auch Cloud BI bilden schnell wachsende Märkte. Das Angebot nimmt kontinuierlich zu und die gebotenen Funktionen stehen denen der On-Premise-Systeme kaum nach. Jedoch findet Cloud BI heute vor allem dort Zuspruch, wo ohnehin schon Cloud-Services beziehungsweise Software as a Service im Einsatz ist. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass es die BI-Experten in den Unternehmen vorziehen, die Analysefunktionen zu den Daten zu bringen und nicht umgekehrt. Aus diesem Grund sind Unternehmen, deren zu analysierende Daten bereit in der Cloud lagern, viel eher geneigt, auch die BI-Features aus der Cloud zu beziehen. Die Migration bestehender On-Premise-BI-Systeme ist für viele Firmen dagegen heute noch nicht attraktiv. Hier spielen unter anderem Bedenken in Bezug auf Sicherheit und Kontrolle der Daten, Datenschutz sowie rechtliche Aspekte eine wichtige Rolle.

Ergebnisse des "BI Trend Report" bestätigen die Analyse: Demnach ist Cloud BI derzeit ein eher von Herstellern und Beratungshäusern getriebenes Thema. Insbesondere in Europa messen sowohl Fachanwender wie auch IT-Verantwortliche dem Thema BI as a Service momentan noch eine vergleichsweise geringe Bedeutung bei. Für den BI Trend Report wurden rund 2800 Personen befragt.

Es ist allerdings zu erwarten, dass Cloud BI vor allem für neue Analyseaufgaben eine wichtige Rolle spielen wird, und zwar vor allem dort, wo es ohnehin um die Analyse von Web- beziehungsweise Cloud-basierten Daten geht. Verbreitung findet Cloud BI indirekt auch über die neuen Formen der Softwareentwicklung: Softwareexperten erstellen immer mehr Anwendungen mit Micro-Services beziehungsweise Apps auf Web-basierten Plattformen (Platform as a Service), bei denen auch Funktionen für Datenanalysen in die Entwicklung eingebunden werden können. Und auch durch die verstärkte Nutzung von Sensordaten im Internet of Things (IoT) beziehungsweise Industrie 4.0 wird Cloud BI weitere Verbreitung finden, da Firmen für die Realisierung entsprechender Anwendungen ebenfalls Cloud-basierende Plattformen verwenden und die Integration und Analyse von Daten dabei eine zentrale Rolle spielt. (ba)