Homepod

Apples schlauer Lautsprecher

21.07.2017 von Peter Müller
Apple macht wieder in Lautsprechern: Der Homepod ist zudem ein weiteres Endgerät für Siri.
Der Homepod von Apple
Foto: Apple

Was braucht der Homepod, um zu einem Erfolg zu werden - an der Antwort auf diese Frage versucht sich Macworld-Autor Dan Moren. Es ist gewiss nicht zu erwarten, dass der Homepod zu einem Multimillionenseller wie das iPhone werde, womöglich erreiche er nicht einmal die Verkaufszahlen von iPad und Mac. Doch sollte ihm ein besserer Erfolg beschieden sein, als die nicht besonders lang angebotene Boombox iPod HiFi - die aber gewiss bei ihren Liebhabern noch in Einsatz.

Von Apple werde man das bekommen, was man sehe: Einen hochwertigen Heimlautsprecher mit Siri-Unterstützung. Gerüchte, der Homepod würde noch einige zusätzlich Funktionen bringen, die Apple bisher nicht gezeigt habe, wie etwa den Einsatz als Nachfolger der Airport Extreme, verweist Moren in das Reich der Phantasie.

Apple werde vor allem Wert darauf legen, das Produktversprechen zu erfüllen: Der Homepod soll den bestmöglichen Sound liefern und mehrere Geräte sollen sich zu einer Multiroom-Anlage à la Sonos verknüpfen lassen. Dazu eben Siri und somit Sonos und Echo/Google Home in einem Gerät. Die Entwicklung von Apples Sprachassistent könnte vom Homepod enorm profitieren, denn damit Siri besser werden kann, müssen mehr Leute die künstliche Intelligenz nutzen - angeblich ist die Siri-Nutzung zuletzt merklich zurück gegangen, während Amazon und Google größere Fortschritte machten. Doch scheint den meisten Leuten auch die Nutzung Siri oder einem Konkurrenzprodukt in den eigenen vier Wänden mit einer fest installierten Anlage sinnvoller zu sein als unterwegs und in der Öffentlichkeit. Der Homepod nähere sich der Sprachsteuerung über den intuitiven Anknüpfungspunkt der Musik und könnte somit ein Angebot sein, das man nicht mehr ablehnen kann.

Der Preis ist nach Morens Ansicht dennoch ein Problem, mag auch ein Homepod nicht teurer sein als ein Echo und ein hochwertiger Airplay-Lautsprecher zusammen. Wirklich nützlich werde das Gerät aber erst dann, wenn man mehrere davon einsetzt, am besten in jedem Raum eines. Das käme dann aber recht teuer. Apple sei jedoch in der Lage, derartige Preise verlangen zu können. Morens Prognose: Der Homepod werde sich bezüglich Verkäufen irgendwo in der Liga von Apple Watch, Apple TV und den AirPods tummeln, was ja nicht die schlechtesten Aussichten sind.

Ein intelligentes Gerät sollte besser einen Bildschirm mitbringen, meinte Phil Schiller erst vor einigen Wochen in einem Interview, in dem es auch um Amazon Echo und andere Lautsprecher ging. Denn so sinnvoll Antworten von smarten Assistenten zu Fragen nach dem Wetter oder Fußballergebnissen auch seien, mit einer grafischen Aufbereitung der Wetterkarte oder einem Foto von CR7 mit Henkelpott habe man dann doch mehr. In manchen Fällen helfe das Bild noch viel weiter, man denke etwa nur an die Navigation durch unbekannte Straßen.

Und dann stellt der gleiche Phil Schiller, seines Zeichens Senior Vice-President of Worldwide Marketing bei Apple ein weiteres Siri-Zugangsgerät vor, das im Gegensatz zu iPad und iPhone eben ohne Bildschirm auskommt und auf den ersten Blick wie auf eine Antwort auf Amazon Echo und Google Home aussieht: Den zylinderförmigen Homepod.

Was Homepod mit Siri kann.

Naturgemäß ist eine Keynote kein bidirektionaler Kommunikationskanal, man mag an Schillers Präsentation aber erkennen, dass er den Eindruck vermeiden mag, sich widersprüchlich über Siri und ihre Einsatzzwecke geäußert zu haben, denn er geht den Homepod aus der anderen Richtung an. Schlau soll er ja sein, aber dazu später mehr, vor allem ist er ein Lautsprecher.

Das Versprechen: Schlauer Lautsprecher mit starkem Sound

Apple habe das Hören von Musik speziell unterwegs mit dem iPod massiv verändert und Apple Music mit den stets verfügbaren 40 Millionen Tracks noch einen drauf gesetzt, jetzt wolle man sich (wieder) um das Wohnzimmer kümmern. Das hatte Apple schon mal mit der Boombox Apple Hi-Fi versucht, die im Februar 2006 auf den Mark kam und im September 2007 wieder ersatzlos aus dem Angebot gestrichen wurde. Warum das recht anständig aber nicht überragende klingende Gerät kein längeres Leben hatte, weiß man vermutlich nicht einmal in Cupertino so genau, mit Airplay und Bluetooth bogen aber schon damals zwei Technologien um die Ecke, die es tendenziell überflüssig machen, einen Pod mit einem Lautsprecher per Kabel respektive Buchse zu verbinden.

Auch den zweiten Versuch mit einem "iPod für das Wohnzimmer" darf man als gescheitert betrachten, so bezeichnete Apple seinerzeit die erste Version des Apple TV, das sich noch mit dem Mac synchronisierte und Filme in sinnvoller Qualität über das TV-Gerät abspielte - Musik aber eben meist auch, und dann halt nicht so fein klingend.

Da half auch der Audioausgang für die Stereoanlage nicht weiter, das Apple TV musste sich eine andere Nische suchen. Lautsprecher sehen heute anders aus, nicht immer, aber sehr oft zylinderförmig und den Sound in alle Richtungen abstrahlend (okay, eher flach, aber das ist kein Problem), drahtlos, batteriebetrieben. Empfänger von Streaming-Geräten, Spotify und Apple Music dudelnd.

Erinnerung an den Mac Pro und ein paar Lautsprecher

Apple ist bei weitem nicht der erste Hersteller mit einem solchen Konzept. Die Präsentation bei der WWDC-Keynote bescherte uns gleich zwei Deja-Vus: Das Ding sieht ja fast so aus wie eine UE Wonderboom – wenn auch weniger poppig – und: Warum lässt Apple das gleiche Videoteam wieder ran, das an gleicher Stelle vor vier Jahren den letztlich gescheiterten Mac Pro in Szene gesetzt hatte? Mit einem aus der Dunkelheit auftauchenden schwarzen Zylinder? Den es auch diesmal wieder erst in einem halben Jahr zu kaufen gibt?

Aber, Gemach: Für den Mac Pro war die Form ungewöhnlich und letztlich unglücklich, für das Homepod könnte sie sich als die exakt richtige erweisen. Musste man nämlich noch das iPod Hi-Fi und die Boomboxen der Konkurrenz so aufstellen, dass ihre Monolautsprecher wenigstens ein bisschen des im Studio oder Konzertsaal eingefangenen Raumklangs reproduzierten und niemals verrücken, will dem Homepod es egal sein, wie es steht. Denn ein großer Teil seiner von einem A8-Chip gesteuerten Intelligenz will der Lautsprecher darauf verwenden, den Raum um sich zu vermessen und danach die Abstrahlung der Schallwellen zu auszurichten. Sprich: Homepod weiß, wo die Wand ist, wo die Möbel stehen, wo der Hörer sich aufhält. Dass der Gesang zentral zu klingen hat und der Bass eher rechts, Bläser oder andere Diskantstimmen links. Zumindest so, wie es der Stereomix vorschreibt. Ein Monolautsprecher, der Stereoklang simuliert? Wir sind gespannt...

Ein weiterer Siri-Port

Eine andere künstliche Intelligenz benötigt Siri. Hier könnte ein lang gehegter Traum in Erfüllung gehen, den so oder so ähnlich natürlich auch Alexa erfüllt. Siri spielt die Musik, die man ihr zu spielen aufträgt. Eine bestimmte Playlist, einen Song, ein Album. Oder etwas ganz Neues. Laut Apple hat sich das Siri-Team hart darum bemüht, der Maschine viele neue Befehle beizubringen. Die Marketingaussage des Marketingchefs, im Homepod stecke ein Musikwissenschaftler, ist zwar ein wenig steil. Aber zugegeben: Dank Apple Music haben wir in den letzten beiden Jahren viel Neues entdeckt, wenn uns Siri über den Speaker noch tiefer in das Angebot eintauchen lässt, nehmen wir das gerne an.

Übrigens: Laut Apple lauscht das Homepod nicht ständig, sondern erst, wenn wir "Hey Siri!" rufen. Versehentlich etwas im Apple Store bestellen - etwa den ab 5000 Euro kostenden iMac Pro - geht so nicht. Aber natürlich antwortet uns der Speaker auch auf Fragen nach dem Wetter oder den Fußballergebnissen. Wobei - für ersteres haben wir ein Fenster und für zweiteres das Radio. Beats 1 in allen Ehren, aber auf den Sportkanal warten wir noch.

Technik, Preis und Verfügbarkeit

Zur Technik sagt Apple in etwa noch so viel: Neben dem nach oben abstrahlenden und recht verzerrungsfreien Subwoofer seien sieben Mittel/Hochtöner eingebaut, die mit ihrem Richtstrahlverfahren "unglaublicher Richtungskontrolle bieten und leistungsstarke direkt integrierte Technologien, um Detailreichtum und Intention der Originalaufnahmen zu erhalten. Rundum montiert sind sechs Mikrophone, es macht also praktisch keinen Unterschied, aus welcher Richtung wir den Lautsprecher ansprechen. Interessant ist der Preis: 349 US-Dollar kostete exakt auch das iPod Hi-Fi vor elf Jahren. Wenig interessant die Verfügbarkeit: Bis Ende dieses Jahres soll das Homepod in USA, UK und Australien auf den Markt kommen, in anderen Ländern später. Kann sein, dass es von heute aus also noch fast ein Jahr dauert, bis wir den Lautsprecher vor die Ohren bekommen. Das Problem dürfte hierbei wohl die Lokalisierung von Siri sein. Dafür muss sich auch Apple ausreichend Zeit nehmen. Man stelle sich vor: Wir wünschen uns "Red Skies Over Paradise" von Fisher Z und bekommen "Farbenspiel" von Helene Fischer zu hören...

Erster Blick der Macworld

Gästen der WWDC hat Apple gestern noch einen ersten Blick aus der Nähe auf den neuen Homepods gestattet. Anfassen war zwar nicht, aber aus nächster Nähe betrachtet, konnte etwa unser Macworld-Kollege Roman Loyola einige Erkenntnisse gewinnen. Auch er konnte nicht umhin, die Optik des Siri-Speakers mit der des vor vier Jahren auf der WWDC erstmals gezeigten Mac Pro zu vergleichen. Dieser sei zwar schlanker und höher als der Lautsprecher, dieser sehe aber irgendwie so aus wie ein "Mac Pro in Netzstrümpfen". Das Design sei aber wohl bewusst so gewählt, denn während Amazon Echo und Google Home von vornherein so aussähen wie "Geräte, die zuhören", gleiche der Homepod gängigen Audiolautsprechern etwa von Herstellern wie JBL, Ultimate Ears oder Libratone. "Eine Ästhetik, die definitiv ins Wohnzimmer passt," urteilt der Kollege. Das runde Licht in der Mitte der Oberseite sei ja nun wirklich kein Bildschirm, doch vermutlich werde der Homepod mit einem Blinkcode signalisieren, ob Siri gerade auf Empfang sei oder gerade antworte.

Eine Vorführung der Geräte gab Apple nicht, womöglich waren sie nicht funktionsfähig. An den Strom angeschlossen waren sie aber, zwei interessante Details auf einmal: Denn auf der Keynote konnte man noch vermuten, die Lautsprecher seien von einem Akku getrieben. Der andere Aspekt: Die Farbe des Netzkabels korrespondiert mit der des Lautsprechers, Apple eben.

Der erste akustische Eindruck

In vielerlei Hinsicht sind wir gespannt auf den Homepod, Apples Antwort nicht auf Alexa und Google Home. Vor allem in Sachen Klang hat Apple viel versprochen und damit eine gewisse Fallhöhe erreicht. Es ist aber noch ein halbes Jahr hin, bis in den USA der Lautsprecher in den Handel kommen soll, der Rest der Welt wird noch länger warten müssen. Das mag der Grund sein, warum Apple auf der WWDC den Homepod zwar zeigte, aber neben dem ersten Blick nur einigen wenigen einen ersten akustischen Eindruck erlaubte. Denn Hardware und Software können sich bis zur Finalisierung des Produkts noch deutlich ändern. Nur die Grundausstattung dürfte gleich bleiben: Ein Subwoofer, sieben Tweeter und sechs Mikrophone, die nicht nur Siri dienen, sondern auch den Raum ausmessen, um den Sound zu optimieren.

Einer der wenigen Glücklichen, die schon ein Ohr an den HomePad anlegen konnten, war unser Macworld-Kollege Jason Snell. Der Klangzylinder könne nach seinen Eindrücken einen Raum mit "eindrucksvollem, dynamischen Klang" füllen. Die Elektronik des Homepod - gesteuert von einem A8-Chip - zerlege offenbar den Mix der Musik und entscheide situativ, auf welchen der Lautsprecher welche Teile ausgegeben werden. So entstehe eine Art von Raumklang - und das mit einem Mono-Lautsprecher. Dieser Klang bestehe rundum, da der Zylinder in 360 Grad abstrahle. Das gelinge aber nicht immer zum Wohl der Musik, stellt Snell fest, und rechnet damit, dass Apple seine Algorithmen noch bis Ende des Jahres optimieren werde. Die Hardware kann ja schon deutlich früher in Produktion gehen. Wie genau die erste Kalibrierung des Soundsystems anhand des Raumklangs geschehe, könne man daher auch noch nicht sagen. (Macwelt)