Die Generalisten

Broadliner unter Margendruck

03.07.2012 von Armin Weiler
Die großen Distributoren der Branche müssen neue Wege suchen. Mit Masse und Volumenwachstum allein stoßen sie an ihre Grenzen, und die Gewinnspannen schrumpfen.
Die Broadliner sind die Tanker unter den Distributoren: Leistungsfähig, aber schwer zu manövrieren. (Bild: Bernd Sterzl, pixelio.de)

Die großen Distributoren der Branche müssen neue Wege suchen. Mit Masse und Volumenwachstum allein stoßen sie an ihre Grenzen, und die Gewinnspannen schrumpfen.

Spricht man mit den Broadline-Distributoren der Branche, dann gleichen sich vordergründig die Ziele: Jeder will mehr Service- und Lösungsgeschäft. Jeder sieht sich als VAD, und jeder schielt auf vertikale Märkte. Der Grund ist offensichtlich: Der Margendruck im reinen Transaktionsgeschäft steigt stetig, und am reinen Kistenschieben ist nicht mehr viel verdient (siehe auch Umfrage "Stecken die Broadliner in einer Krise?").

Trotzdem bewegt sich das VAD-Geschäft bei den Broadlinern noch im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. "Die Distribution wird sich Schritt für Schritt die aktuellen Trendthemen wie Cloud Computing und Managed print services erarbeiten und zudem auch weitere Geschäftsfelder wie die Educaiton- und Medical-Sektoren erschließen, kündigt Patrick Köhler, Vorstand bei b.com, an.

"Ich halte die klassische Einteilung in Broadline und Value für veraltet, da die unterschiedlichen Themen immer stärker zusammenwachsen und diese Entwicklung noch weiter voranschreiten wird", Marcus Adä, Vice President Sales bei Ingram Micro

Die Ansätze für mehr VAD-Geschäft sind aber unterschiedlich. So versucht Also Actebis, durch Zukäufe wie Druckerfachmann.de und Medium entsprechendes Know-how zu integrieren. Bei Ingram Micro setzt man eher auf die Erweiterung und Vernetzung der bestehenden Geschäftsfelder aus eigener Kraft. So sei es in der Broadline-Distribution immer schwieriger, eine klare Trennung zwischen den einzelnen Bereichen zu ziehen, meint Marcus Adä, Vice President Sales bei Ingram Micro. "Ich halte die klassische Einteilung in Broadline und Value inzwischen sogar für veraltet, da die unterschiedlichen Themen immer stärker zusammenwachsen und diese Entwicklung noch weiter voranschreiten wird", so der Ingram-Vertriebschef.

Broadline ist immer noch Kerngeschäft

"Anstatt das Sortiment weiter aufzublasen, gilt es, dieses umfangreiche Produktsortiment den Vertriebspartnern mit einem effizienten Supply-Chain-Service anzubieten", Thomas Kasper, Geschäftsführer und Product Marketing Director bei Tech Data

Tech Data kann wiederum auf eigenständige Geschäftsbereiche wie Azlan, Datech, Maverick oder Brightstar zurückgreifen. Doch beim Münchener Distributor will man auch das Broadline-Geschäft nicht aus den Augen verlieren: "Mit rund 100 Herstellern deckt man 99 Prozent des Umsatzes ab", weiß Thomas Kasper, Geschäftsführer und Product Marketing Director bei Tech Data. Statt das Sortiment weiter aufzublasen, sei es besser, dieses umfangreiche Produktsortiment den Vertriebspartnern mit einem effizienten Supply-Chain-Service auf einer E-Commerce-Plattform anzubieten.

Für b.com-Vorstand Köhler zeichnet nicht unbedingt die Umsatzgröße einen Broadliner aus: "Wir definieren das anhand der Kundenbreite, der Anzahl an Herstellern im Portfolio sowie einer umfassenden Sortimentsbreite und -tiefe. Umsatz ist aus unserer Sicht eher zweitrangig", betont Köhler.

Margensituation verschärft sich weiter

"Die E-Tailer-Landschaft ist ja schon recht ausgeprägt und auf diesem hohen Niveau wird sich die Situation weiter etablieren", Patrick Köhler, Vorstand bei b.com.

Nach Einschätzung der Experten wird sich die Margensituation weiter zuspitzen, auch weil die Distributoren derzeit nicht an einem Strang ziehen. "Das hängt natürlich vom Verhalten der anderen beiden großen Distributoren ab - die eine Seite scheint ebenfalls an einem Umdenken interessiert zu sein, die andere Seite tut sich da wohl noch etwas schwer", erläutert Tech-Data-Mananger Kasper. Die Missachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze führe dann unweigerlich zu Entlassungen. "Wenn die Nachfrage nachlässt, wird der Druck auf die Marge grundsätzlich höher, gerade wenn man gewissen Zielen unterliegt", weiß b.com-Manager Köhler.

Die in den letzten Jahren kontrovers diskutierte Trend der E-Tailer als Beschaffungsquelle für den Fachhandel wird sich nach Ansicht der Broadliner nicht verstärken: Wenn wir das Leistungsspektrum des E-Tails mit unserem vergleichen, sind wir mehr als wettbewerbsfähig und bieten eine deutlich größere Vielzahl an Service- und Beratungsleistungen", meint Marcus Adä. "Die E-Tailer-Landschaft ist ja schon recht ausgeprägt und auf diesem hohen Niveau wird sich die Situation weiter etablieren", prognostiziert Patrick Köhler. Tech-Data-Product-Marketing-Director Kasper rechnet auch nicht mit einer Zunahme der E-Tail-Konkurrenz, doch der Markt werde sich wandeln. "Der Fachhandel sollte sich über die klare Ausrichtung oder auch Spezialisierung des jeweiligen Angebots Gedanken machen", rät er.

Gerne hätten wir auch über die Einschätzung von Also Actebis zur Zukunft des Broadline-Geschäfts berichtet, doch unsere Fragen blieben leider unbeantwortet. (awe)