Partner Summit in Boston

Cisco will die Cloud wiederverkaufen

06.06.2013 von Alexander Roth
"Resell Cloud": In Boston hat Cisco rund 3.000 Partner auf seine selbstbewusste Strategie eingestimmt, die Nummer Eins in der IT-Branche werden zu wollen. Denn der Konzern kann es sich derzeit erlauben, groß aufzufahren.

Von Alexander Roth, freier Journalist in München

Cisco ist ein besonderer Konzern im IT-Channel. Der Hersteller hat es in den vergangenen Jahren – besser: fast Jahrzehnten seit seiner Gründung – immer wieder geschafft, sich erfolgreich neu zu formieren und stets auf die Begebenheiten des Markts die richtigen Antworten zu finden. Wie zur Eigenbelohnung ist er dabei auch kräftig gewachsen.

Stichwort Netzwerke: Dort wo man in den Neunziger Jahren noch Router und Switche verkaufte, boomt heute ein breites Geschäft, das bis zu Servern und Services reicht. Beachtlich ist: Das Haus hat dabei immer seine Partner mitgenommen. Nach wie vor weist das Unternehmen einen konstanten indirekt erzielten Anteil des Umsatzes von über 90 Prozent aus. Die Anzahl der weltweiten Partner beläuft sich aktuell auf die Rekordsumme von über 68.000 Unternehmen.

"Wir wollen das führende IT-Unternehmen werden"

Vom 3. bis 6. Juni ging nun in Boston die weltweite Partnermesse über die Bühne – ChannelPartner war vor Ort. Die Konzernspitze, allen voran der langjährige Boss John Chambers machte eines deutlich: "Wir sind noch lange nicht am Ziel, wir haben stolze Pläne. Wir wollen das führende IT-Unternehmen werden. Und wir sind auf dem besten Weg dazu."

Es ist klar, dass US-Konzerne mit großen Geldbeutel – Cisco steuert aktuell einen Umsatz von 50 Milliarden Dollar an, bei steigenden Gewinnen – gerne solche Töne verlauten lassen, doch Cisco legt in diesen Tagen beste Argumente vor, warum es auch in Zukunft weiter bergauf gehen kann: Das Haus bietet eine inzwischen wieder fokussierte Portfolio- und Cloudstrategie inklusive Mittelstandskonzept, eine an vielen Stellen innovative Technik, und nicht zuletzt ein lebendiges Partnernetzwerk, in welches der Hersteller jetzt auch noch kräftig investieren will.

150 Millionen Dollar für den Channel

Das Management um John Chambers kündigte vor Ort gleich mal eine Investition von über 150 Millionen Dollar an, das in den kommenden zwölf Monaten in weltweite Partnerinitiativen fließen soll. Diese Summe soll auf die 75 Millionen Dollar folgen, die der Konzern bereits vor einem Jahr für diesen Zweck bereitgestellt hatte.

Doch damit nicht genug: Die Summe ist Teil eines Gesamtbudgets von sage und schreibe einer Milliarde Dollar, die der Hersteller aufstellen will, um in den kommenden Monaten sein Mittelstandsgeschäft anzukurbeln. Im Visier sind Unternehmen von 100 bis 1.000 Mitarbeitern.

Die Kampagne soll als Gesamtpaket Imagepflege, Technikentwicklung, Marketing-, und Service-Kampagnen, Incentives und nicht zuletzt Lead-Belohnungen für Sales-Teams von Partnern enthalten, aber Cisco-interne Verkaufserfolge belohnen. Das gesamte Management stellte dabei über alle Ebenen und an allen Tagen in Boston klar, dass der Channel weiterhin die DNA von Ciscos Geschäft bleiben soll. Klare Lippenbekenntnisse für eine nicht anzufechtende Partnerstrategie gab es unmissverständlich viele an der Zahl.

Auf der nächsten Seite äußert sich EMEA-Chef Michael Ganser zur Cisco-Vergangenheit und -Zukunft.

Die Kunden Cloud-fähig machen

Cisco-EMEA-Chef Michael Ganser: "Wir besetzen jetzt ohne Umschweife genau die strategischen Themen, die Firmen für die Bewältigung ihrer IT-Probleme benötigen."
Foto: Cisco

Wo die Reise hingehen soll, machte Cisco-EMEA-Michael Ganser im Gespräch mit ChannelPartner vor Ort deutlich: "Unsere Strategie ist darauf ausgelegt, Partnern Raum zu geben, Services rund um unser Geschäft, dem intelligenten Netzwerk anzubieten und zu entwickeln. Wichtig ist uns, dass dabei die Cloud im Fokus steht: Hier bieten wir über unser gesamtes Portfolio hinweg Raum für etliche Geschäfts- und Servicemodelle."

Ganser verweist auf die Felder intelligentes Routing, Switching (auch per Software), Mobility und Security sowie Ciscos Wachstumsmärkte, Rechenzentrum, Video, und Collaboration. Eben genau die Bereiche, auf die sich sein Konzern in den vergangenen Monaten wieder offiziell zurückbesonnen hatte, nachdem der Netzwerker zuvor einige Portfoliowirren, unter anderem im Consumer-Bereich veranstaltet hatte.

Ganser: "Ja, das war zu viel damals. Ich kann Ihnen sagen, warum wir als Cisco in den kommenden Jahren stark wachsen werden: Wir besetzen jetzt ohne Umschweife genau die strategischen Themen, die Firmen für die Bewältigung ihrer IT-Probleme benötigen: Wir sorgen für geordnete und sichere Mobility-Konzepte in den Bereichen BYOD und Unified Access, wir liefern Service-Strukturen, etwa in den Bereichen Kollaboration und Video, und wir schaffen Architekturen, um intelligente Netze aufzubauen. Ob es dabei um die Zusammenführung von Geräten geht oder darum, private und öffentliche Cloud-Umgebungen zu erschaffen, oder darum, um Workflows in Unternehmen sicherer und vernetzter zu machen: überall bietet Cisco eine konkrete Antwort."

Entscheidend sei, dass die Partner mitziehen und ihre Services entsprechend entwickeln und ausbauen, sei es in vertikalen Märkten oder auch Zukunftsfeldern wie dem "Internet of Everything", einem Markt, dem der Netzwerker die unglaubliche Summe von fast 15 Trillionen Dollar in den kommenden Jahren zuschreibt.

Mit der bisherigen Adaption der Partner an die neuen Strategie gibt sich Ganser zufrieden: "Unsere Partner sind von unserer Ausrichtung durchweg begeistert. Verloren durch die Anpassungen haben wir im übrigens keine."

Detaillierte Informationen zum deutschen Markt hat Ganser leider nicht zu bieten. Den Wechsel von Oliver Tuszik, der in den vergangenen Wochen als Chef von Computacenter Deutschland zu Cisco wechselte, kommentiert Ganser nur knapp: "Die Personalie hat mich sehr erfreut und bestätigt klar den perspektivischen Weg, den wir als immer Service-Orientierteres Unternehmen auch einem solchen Top-IT-Manager bieten können."

Traumzahlen im Servergeschäft

In der Tat ist es schwer, regionale und spezifisch heruntergebrochene Zahlen von Cisco einzuholen, um den Hersteller aus regionaler Sicht beurteilen zu können. So gibt der Netzwerker keine eigenen Geschäftszahlen für das Deutschland-Geschäft bekannt, auch sind die hiesigen Partnerzahlen nicht veröffentlicht.

Immerhin lässt sich aber aus dem jüngsten Quartalsbericht vom Mai ersehen, das Cisco es in der Tat geschafft hat, neue Geschäftsfelder erfolgreich zu besetzen und sich damit vom traditionellen Routing- und Switching-Geschäft immer weiter zu lösen. Dies sei mit Einschränkungen gesagt, da Switching dank neuer Möglichkeiten im Umfeld von Software-Defined-Networks (SDN), im Portfolio von Cisco weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird, vermutlich nur eben im neuen Kontext.

Dennoch: 70 Prozent Wachstum im Serverbereich mit einem aktuellen Marktanteil in Deutschland von 17 Prozent, einem Feld, das Cisco vor einigen Jahren noch nicht einmal zu besetzen wagte, spricht für sich. Auch in den Bereichen Video und Services hat Cisco dem Bericht zufolge kräftig zugelegt.

Dazu kommen zahlreiche Übernahmen, die das Haus in den vergangenen Monaten getätigt hatte, aber noch nicht zu Buche schlagen. Jüngster Neuzugang: Die deutsche Firma Joulex, die mit ihren Softwarelösungen die Energieversorgung von Rechenzentren effizienter machen kann. Was bedeuten diese Geschäftsentwicklungen für die Partner?

Auf der nächsten Seite wird deutlich, was Cisco unter dem Wiederverkaufen der Cloud versteht.

Problemfelder im LAN
Problemfelder im LAN
Wenn das LAN verrückt spielt, kann das mehrere Gründe haben.
Verbindungsfragen
Als erstes sollten bei LAN-Problemen die Kabel überprüft werden, selbst optisch einwandfreie Kabel können defekt sein.
In der Dauerschleife
Falsch installierte Switches könne für eine Loop sorgen, der Broadcast-Stürme hervorruft. Dieser zusätzliche Verkehr kann das Netz massiv beeinflußen.
Unerlaubte IP-Adressen
Ein weitere beliebte Fehlerquellen sind doppelte oder falsche IP-Adressen. Bei modernen Switchen lassen sich diese Übeltäter auf Port-Ebene aussperren.
Zu viele DHCP-Server
Heimlich installierte DHCP-Server finden Sie mit einem Server-Screening. Da das mehrfache Vorhandensein von DHCP-Servern den Netzbetrieb beeinträchtigt, sollten Sie die Störenfriede aussperren.
Fehlerfalle Spanniung Tree
Das Vermeiden von doppelten Strecke und Gewährleistung der Redundanz – diese Vorteile sprechen für ein Netz mit Spanning Tree. Wer jedoch nicht aufpasst handelt sich mehr Probleme ein.
Performance-Booster Trunk
Mit paralellen Leitungen (Trunk) läßt sich die Übertragungsleistung verdoppeln.
Tuning statt Upgrade
Mit Hilfe des Trunking lässt sich häufig ein kostspieliges Upgrade auf 10 Gbit/s Ethernet vermeiden, denn im Trunk können bis zu acht Gigabit-Verbindungen zusammengeschaltet werden.

"It's time to resell cloud"

Transformation wird erwartet: Laut Cisco wird es mit den Distributionspartnern Modelle geben, die Partnern dabei helfen, ohne große Investition in die Cloud einzusteigen.

In Ciscos Welt bedeutet das laut Channel-Chef Edison Peres: "Es ist nun Zeit für unseren Channel, Cloud wiederzuverkaufen ("resell cloud") und nicht mehr nur dieser Welt freundlich entgegenzuwinken. Die Cloud muss eine strategische Rolle im Geschäft unserer Partner einnehmen." Will heißen: Alle engeren Partner sollen sich, soweit sie es nicht getan haben, transformieren in Richtung Cloud. Wer nicht mitzieht, dem ist nur schwer zu helfen. Cisco strebt dabei ein hybrides Modell an, dass Kunden die Wahl lässt, ob sie auf private oder öffentliche Cloud-Umgebungen oder auf eine Mischung beider Welten setzen wollen.

Cisco betont aber auch, dass es gemeinsam mit den Distributionspartnern Modelle gebe, die Partnern dabei helfen, ohne große Investition in die Cloud einzusteigen. So oder so: Transformation wird erwartet. Passend dazu hatte der Hersteller in Boston einige Ankündigungen im Programm: Das "Cisco Business Transformation Playbook" stellt Partnern eine Reihe an Materialen bereit, das sie dabei unterstützt, interne Prozesse auf die Cloud umzustellen. Dabei handelt es sich um geschäftstrategische Hilfestellungen, aber auch konkrete Tipps, Mitarbeiter und Vertrieb umzustimmen und schließlich eigene Dienstleistungen rund um Ciscos Portfolio zu entwerfen.

Das "Value Incentive Program (VIP)" hält dagegen erhöhte Rabatte und Incentives für Verkaufserfolge im Umfeld von Cisco-Powered Services (u.a. IaaS- und Video-On-Demand mit Cisco) bereit. Mit dem Go-To-Market (GTM) Center führt der Hersteller schließlich ein Internetportal ein, das Partnern Marketingmaterialien für Ciscos Cloud-Welt bereitstellt. Insgesamt, so der Hersteller, gebe es bereits über 1.700 Spezialisierungen und über 100 verschiedene Cisco-Powered-Angebote, die Partner im Cloud-Geschäft weltweit bereithalten.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich berichten, dass sich die Mehrheit der anwesenden Partner sehr angetan zeigte von den vielen neuen Möglichkeiten in der Cisco-Welt und die Stimmung durch die Bank gut und motiviert erschien. Zudem wurde deutlich, dass der Konzern offenbar keinerlei merkbaren Schritte unternimmt, um auch direktes Geschäft verstärkt in Gang zu bringen, etwa um es den Wettbewerber IBM oder HP nachzutun.

Stellt sich die Frage, was der Konzern unternehmen wird, wenn sein anvisierter Ruf als Service-orientiertes IT-Unternehmen aufgrund eines zu zögerlichen Transformations- und Adaptionsprozess bei den Partnern zu lang auf sich warten lässt. Fakt ist: Cisco hat sich gut dafür aufgestellt, die Partner dafür zu motivieren. (aro/tö)