Einkaufsverhalten im Elektronikhandel

Das Internet ist nicht alles

14.07.2014 von Matthias Hell
Der Kunde, das unbekannte Wesen: Das Institut für Handelsforschung hat die sogenannte Customer Journey von Käufern im stationären Elektronikhandel genauer unter die Lupe genommen. Dabei zeigt sich, dass der Effekt des Internets ungewisser ist als gerne behauptet wird.
Das Schaubild zur IFH-Studie offenbart genauer betrachtet interessante Details

Wenn es im Handel nicht so läuft, ist heute üblicherweise das Internet schuld: Regelmäßig klagen Händler über Kunden, die wedelnd mit Ausdrucken von Online-Preisvergleichern Rabatte einfordern. Agenturen versuchen dem Handel unterdessen einzubläuen, dass ohne vorherige Kaufanbahnung im Netz nichts mehr geht. Eine Studie des renommierten Instituts für Handelsforschung (IFH), die eigentlich genau diese Sichtweise bestätigen soll, kommt allerdings zu einigen überraschenden Ergebnissen.

Untersucht wurden 1.431 stationäre Elektronikkäufe in einem durchaus repräsentativen Handelsumfeld, in dem die Flächenmärkte von Media Markt, Saturn sowie den großen Verbundgruppen einen Marktanteil von rund 50 Prozent besitzen. In immerhin 44,3 Prozent dieser klassischen stationären Käufe kam es dazu, dass Kunden ohne vorherige Recherche in ein Ladengeschäft spazierten und mit dem Produkt ihrer Wahl nach Hause gingen - ein Wert, der dem stationären Handel eigentlich chancenfroh stimmen sollte.

55,7 Prozent der Kunden haben dagegen ihren Elektronikkauf mithilfe einer vorhergehenden Informationsrecherche fleißig vorbereitet. Davon wählten 80,2 Prozent (also 44,7 Prozent der Elektronikkäufer insgesamt) Onlineshops als Informationsquelle. 43,8 Prozent (24,4 Prozent insgesamt) haben sich vorab in weiteren Ladengeschäften informiert. Wenn es um Printkataloge als Informationsmedium geht, bestätigt die IFH die gängigen Vorurteile: Mit einem Wert von 7,2 Prozent (4 Prozent der gesamten Käuferschaft) ist der Katalog tatsächlich ziemlich tot.

Forschungsinstitut leistet Retail-Seelsorge

Mitinitiator der IFH-Studie war übrigens die Media-Saturn Holding (MSH). Deren CEO Wolfgang Kirsch fühlt sich in seiner Strategie von der Käuferstudie erwartungsgemäß bestätigt: "Als führender Multichannel-Händler unserer Branche wissen wir, wie wichtig das Zusammenspiel der unterschiedlichen Kanäle für unsere Kunden und somit für unser Business ist. Nur wer überall dort ist, wo sich die Kunden bewegen, bleibt langfristig relevant."

Doch wie relevant sind die Online-Aktivitäten von Media-Saturn für den stationären Elektronikkauf? Auf den ersten Blick klingt es beeindruckend, dass 57 Prozent der Käufer, die sich in Onlineshops informieren, die Seite Mediamarkt.de besuchten. Damit liegt der Onlineshop noch vor Amazon.de mit 54,9 Prozent, bevor an dritter Stelle erneut MSH mit Saturn.de (33,3 Prozent) folgt. Auf die gesamte stationäre Käuferschaft bezogen, relativieren sich diese Werte allerdings: Von diesen besuchten nur noch 25,5 Prozent Mediamarkt.de und 14,9 Prozent Saturn.de.

Damit ist die IFH-Studie ein gutes Beispiel dafür, wie Forschungsinstitute großen Handelskonzernen dabei helfen, den nicht wirklich messbaren Erfolg ihrer Multichannel-Investitionen schönzureden. Natürlich ist es möglich, dass die Webseite-Besuche Media Markt und Saturn zu zusätzlichen stationären Käufern verhelfen. Allerdings hat sich der stationäre Marktanteil von Media-Saturn in den letzten Jahren nicht signifikant verändert und kann man daher ebensogut davon ausgehen, dass die Kunden auch ohne den Besuch der Webseite den Weg zu Europas größtem Elektronik-Retailer gefunden hätten. Am zutreffendsten ist daher die Sichtweise, dass Online-Investitionen sich in erster Linie auch am Erfolg des Online-Geschäfts messen sollten. (mh)

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