Microsoft-Partnerkonferenz in Hamburg

"Das Momentum nutzen"

05.10.2011 von Alexander Roth
Anfang Oktober 2011 präsentierte sich Microsoft seiner Partnerwelt voller Elan und mit 150 Millionen Euro im Gepäck. Ein scheint aber einen triftigen Grund dafür zu geben.

Auch wenn es Microsoft möglicherweise nicht wahrhaben will: Auf der deutschen Partnerkonferenz, die am 4. und 5. Oktober 2011 in Hamburg stattfand, wurde ein Dilemma deutlich, in dem sich der Hersteller derzeit befindet: Microsoft hat möglicherweise in den vergangenen Monaten zu schnell vorgelegt und muss jetzt in Sachen Channel nachjustieren.

150 Millionen für die Partner

Mittelstandschef Martin Berchtenbreiter und sein Channel-Beauftragter Bernd Stopper auf der Microsoft-Partner-Konferenz in Hamburg. Quelle: Microsoft, Oktober 2011
Foto: Microsoft

Über 1.500 Partner, so viele wie noch nie, versammelten sich in diesem Jahr in der Elbstadt. Die Hauptmeldung des Konzerns lautete: Microsoft Deutschland will allein in diesem Geschäftsjahr rund 150 Millionen Euro in sein Partnernetzwerk investieren. Darüber soll in diesen Tagen eine groß angelegte Endkunden-Marketingkampagne folgen, die sich rund um Office 365 und die eigene Cloud-Lobby dreht.

Deutschland-Chef Ralph Haupter verwies in seiner Keynote auf das weiterhin ungebrochen gut laufende Deutschland-Geschäft seines Konzerns, der im Sommer 2011 die fabulöse weltweite Gewinnsumme von 23,15 Milliarden Dollar für das abgelaufene Geschäftsjahr 2011 gemeldet hatte. "Die Unternehmen investieren nach wie vor, wobei Services und Software das Geschäft weiter antreiben. Eine Vergrauung des Markts, die von vielen Seiten gemeldet wird, sehen wir derzeit nicht", so Haupter.

Treiber seien vor allem die Cloud sowie "Consumerization", die Verschmelzung von Heim- und Geschäfts-IT. Dieser Trend halte auch in Deutschland immer stärker Einzug. Microsoft habe sich hier mit Produktreleases rund um Office 365, Lync, Windows Phone 7.5 und weiteren Cloud-nahen Lösungen aktuell gut aufgestellt und mit der Einführung des neuen Microsoft Partner Networks (MPN) die richtigen Bedingungen für entsprechendes Wachstum geschaffen. Auch in Sachen MPN sind laut dem Management die Vorgaben in Deutschland erfüllt: In Hamburg meldete der Konzern die aktuelle Rekordzahl von rund 37.000 deutschen Partnern, im Vorjahr waren es noch 31.500.

Microsoft-Deutschland-Chef Ralph Haupter auf der Partner-Konferenz in Hamburg,. Quelle: Microsoft, Oktober 2011
Foto: Microsoft

Wo das angekündigte immense Investment von 150 Millionen Euro nun einfließen soll, das machte Martin Berchtenbreiter, General Manager Mittelstand & Partner, deutlich: Vornehmlich in Qualifikationen, Schulungen und Incentives rund um die Cloud. Denn nun sind die Partner gefragt, damit der Konzern sein offenbar hervorragendes Geschäft auf Kurs halten kann - oder besser deren richtigen Motivation, Ausrichtung und Qualifikation.

"Die Anforderungen der Unternehmen an ihre IT ändern sich - dank Cloud und Consumerization. Dafür ist nicht Microsoft verantwortlich, sondern die sich ändernde Nachfrage. Seien Sie die treibende Kraft", so Berchtenbreiters Appell an die versammelte Community. Auch der neue Partnerchef Bernd Stopper, seit Mitte August 2011 Nachfolger von Oliver Gürtler, sprang in diese Kerbe und kündigte Vertriebsunterstützungen und Incentives rund um die Lösungsfelder Cloud Computing, Unified Communications und Collaboration (UCC), Business Intelligence( BI) und CRM (Customer Relationship Management) an.

Für die Produktlinie Microsoft Dynamics CRM verspracht Stopper Partnern nun statt der im hauseigenen Cloud-Business üblichen Marge von zwölf Prozent für das erste Jahr nun satte 40 Prozent. Kaum ein Wort fand das Management dagegen für das herkömmliche Lizenz- und On-Premise-Business, auch hier gab es hauptsächlich nur Appelle an Systemhäuser umzudenken und nach neuen und zusätzlichen Geschäftsfeldern rund um die Cloud zu suchen.

Zu wenige Cloud-Partner?

Was passiert aber, wenn die Partner "das Momentum" (Haupter), in dem sich der Markt rund um Microsoft derzeit befindet, nicht in der Geschwindigkeit aufnehmen, wie sich der Konzern das vorstellt? Die aktuellen Zahlen, die vom deutschen Management genannt werden, könnten genau das vermuten lassen: Laut Berchtenbreiter gibt es in Deutschland derzeit rund 2.500 Partnerunternehmen, die sich im Cloud-Bereich offiziell qualifiziert oder geschult haben lassen.

Das klingt nach nicht viel, gerade bei dem Wind, den Microsoft rund um die Cloud derzeit macht. "Das mag sein, aber die wahre Zahl der Partnerunternehmen, die sich mit der Cloud intensiv beschäftigen, liegt vermutlich deutlich höher. Zudem halten wir die Zahl von rund 700 qualifizierten Gold- und über 1.300 Silberpartnern im Cloud-Umfeld für beachtlich, gerade mit Blick auf das noch junge Partneprogramm MPN", so Berchtenbreiter.

Dennoch: Auch bei den von offiziell 2.200 Unternehmen, die in Deutschland aktuell für Office 365 registriert sind, schwingt immer ein "nur" mit, zumal auch nicht klar ist, wie viele von diesen Firmen die Lösung auch tatsächlich einsetzen. Was kommt also, wenn die Partner Microsofts Cloud-Produkte nicht genügend vorantreiben beziehungsweise die in Hamburg angekündigten Maßnahmen nicht ausreichend greifen? Droht mehr Direktgeschäft?

Das sehen zumindest einige von ChannelPartner befragte Microsoft-Reseller, die nicht genannt werden wollten. Einer der Vorwürfe: Microsoft hat in den vergangenen Wochen intensiv in die Ausbildung und die Rekrutierung der hauseigenen Cloud- und Service-Experten investiert. "Der Konzern wird sich vermutlich das Cloud-Geschäft nicht entgehen lassen wollen, wenn der Channel zu spät einsteigt", so ein Systemhauschef. Im Umfeld solcher Vorwürfe bekommen Microsofts Ankündigungen einen neuen Unterton, quasi eine "Drohung" an die Partner. Man könnte dem nun entgegenhalten, dass der Hersteller aus Redmond in Sachen Cloud im Gegenzug zu vielen seiner Wettbewerber offenbar alle Register zieht, um Partner in die Cloud einzubinden. (aro)