Das Wettbewerbsrechts nach der Reform

05.08.2004
Anfang Juli ist das überarbeitete Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft getreten. Welche Änderungen es gegeben hat und worauf Unternehmer in Zukunft achten müssen, erklärt Rechtsanwalt Johannes Richard.

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wird novelliert. Anlass der Überarbeitung des UWG sind Liberalisierungstendenzen, die sich bereits im Wegfall des Rabattgesetzes oder der Zugabenverordnung verdeutlichten. Zudem geht es um eine Harmonisierung des europäischen Wettbewerbsrechtes und um die Umsetzung von EU-Richtlinien. Das neue UWG ist am 8. Juli 2004 in Kraft getreten.

Was ändert sich?

Das "alte" UWG lebte von den beiden großen Generalklauseln der §§ 1, 3 UWG. Daraus entwickelte sich eine umfangreiche Rechtsprechung zu den einzelnen Fallgruppen des unlauteren Wettbewerbs und dem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes. Diese von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen werden nun im UWG einzeln aufgeführt. § 4 des neuen UWG sieht nun elf Beispielgruppen des unlauteren Wettbewerbs vor. Die Auflistung ist, wie sich aus der Einleitung des § 4 UWG durch das Wort "insbesondere" ergibt, nicht abschließend.

§ 4: Beispiele unlauteren Wettbewerbs

Unlauter im Sinne von § 3 handelt insbesondere, wer

1. Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen;

2. Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit insbesondere von Kindern oder Jugendlichen, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen;

3. den Werbecharakter von Wettbewerbshandlungen verschleiert;

4. bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt;

5. bei Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen nicht klar und eindeutig angibt;

6. die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig macht, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel ist naturgemäß mit der Ware oder der Dienstleistung verbunden;

7. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;

8. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;

9. Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er a) eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, b) die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder c) die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;

10. Mitbewerber gezielt behindert;

11. einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Gleiches gilt für die irreführende Werbung, früher § 3 UWG, nunmehr § 5 UWG.

§ 5: Irreführende Werbung

(1) Unlauter im Sinne von § 3 handelt, wer irreführend wirbt.

(2) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung irreführend ist, sind alle ihre Bestandteile zu berücksichtigen, insbesondere in ihr enthaltene Angaben über:

1. die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Zusammensetzung, Verfahren und Zeitpunkt der Herstellung oder Erbringung, die Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, die geografische oder betriebliche Herkunft oder die von der Verwendung zu erwartenden Ergebnisse oder die Ergebnisse und wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;

2. den Anlass des Verkaufs und den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, und die Bedingungen, unter denen die Waren geliefert oder die Dienstleistungen erbracht werden;

3. die geschäftlichen Verhältnisse, insbesondere die Art, die Eigenschaften und die Rechte des Werbenden, wie seine Identität und sein Ver-mögen, seine geistigen Eigentumsrechte, seine Befähigung oder seine Auszeichnungen oder Ehrungen.

Bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, sind insbesondere deren Bedeutung für die Entscheidung zum Vertragsschluss nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen.

(3) Angaben im Sinne von Absatz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(4) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

(5) Es ist irreführend, für eine Ware zu werben, die unter Berücksichtigung der Art der Ware sowie der Gestaltung und Verbreitung der Werbung nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu erwartenden Nachfrage vorgehalten ist. Angemessen ist im Regelfall ein Vorrat für zwei Tage, es sei denn, der Unternehmer weist Gründe nach, die eine geringere Bevorratung rechtfertigen. Satz 1 gilt entsprechend für die Werbung für eine Dienstleistung.

Einige Punkte sind eher eng gefasst und entsprechend der aktuellen Rechtsprechung. Die Regelung zu "Mondpreisen" findet sich in § 5 Abs. 4 UWG. Die Vorratsverpflichtung bei Sonderangeboten besteht nunmehr für zwei Tage gem. § 5 Abs. 5 UWG. Ausnahmen sind möglich.

§ 6 UWG regelt die nunmehr erlaubte vergleichende Werbung, legt jedoch gleichzeitig Merkmale fest, unter denen auch eine vergleichende Werbung unlauter und somit nicht erlaubt ist.

§ 6: Vergleichende Werbung

(1) Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

(2) Unlauter im Sinne von § 3 handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

1. sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht;

2. nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist;

3. im geschäftlichen Verkehr zu Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt;

4. die Wertschätzung des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt;

5. die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder

6. eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt.

(3) Bezieht sich der Vergleich auf ein Angebot mit einem besonderen Preis oder anderen besonderen Bedingungen, so sind der Zeitpunkt des Endes des Angebots und, wenn dieses noch nicht gilt, der Zeitpunkt des Beginns des Angebots eindeutig anzugeben. Gilt das Angebot nur so lange, wie die Waren oder Dienstleistungen verfügbar sind, so ist darauf hinzuweisen.

Interessant ist die unzumutbare Belästigung des § 7 UWG. Die Belästigung bezieht sich auf unerwünschte Werbung und soll für einen entsprechenden Schutz vor Spam, Faxen und Telefonanrufen sorgen.

§ 7: Unzumutbare Belästigungen

(1) Unlauter im Sinne von § 3 handelt, wer einen Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt.

(2) Eine unzumutbare Belästigung ist insbesondere anzunehmen

1. bei einer Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der Empfänger diese Werbung nicht wünscht;

2. bei einer Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung oder gegenüber sonstigen Marktteilnehmern ohne deren zumindest mutmaßliche Einwilligung;

3. bei einer Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten vorliegt;

4. bei einer Werbung mit elektronischen Nachrichten, bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

(3) Hat ein Unternehmer die elektronische Adresse eines Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten, kann er diese Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen nutzen, es sei denn, der Kunde hat diese Nutzung untersagt. Die Nutzung ist außerdem nur zulässig, wenn der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Nutzung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er diese Nutzung jederzeit untersagen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Die Zulässigkeit von Werbung richtet sich nach dem Opt-in-Prinzip. Der Empfänger einer Werbung muss deren Erhalt vorher zugestimmt haben. Das Gegenstück ist das Opt-out-Prinzip. Hier muss der Empfänger von Werbung ausdrücklich widersprechen. Für Spam gilt insbesondere § 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG. Falsche Adressen oder eine verschleierte Identität ist demzufolge unzulässig. Es muss zumindest ein Absender vorhanden sein, wo der Empfänger die Werbung abbestellen kann. Ein Ende des Spam-Problems wird die UWG-Novelle nach unserer Auffassung nicht darstellen, da dieses Problem von seiner Herkunft her weder auf Deutschland noch auf Europa beschränkt ist.

Besonders interessant, auch für den Bereich E-Commerce und Internet, ist die Frage der Verwendung von Kundendaten gem. § 7 Abs. 3 UWG. Diese Norm entspricht der EU-Datenschutzrichtlinie. Kundendaten, die beim Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten werden, dürfen zur Direktwerbung genutzt werden. Die Nutzung ist aber an Voraussetzungen geknüpft, die nicht ganz ohne sind:

a) Die Daten dürfen nur für eigene Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Eine Weitergabe der Adresse an Dritte zu Werbezwecken ist daher nicht erlaubt.

b) Die beworbene Ware oder Dienstleistung muss ähnlich sein. Wer bei einem Versandhaus Kleidung gekauft hat, darf nicht mit der Werbung für Versicherungsleistungen belästigt werden.

c) Der Kunde darf der Nutzung nicht widersprochen haben. Und der nach unserer Auffassung wichtigste Punkt:

d) Der Kunde muss bei Erhebung seiner Daten darauf hingewiesen worden sein, das er eine entsprechende Datennutzung jederzeit untersagen kann. Wichtig sind die Worte "bei Erhebung". Der Hinweis an den Kunden muss somit zu dem Zeitpunkt erfolgen, an dem der Kunde die Daten erstmalig eingibt. Die Verwendung von "Altdaten" ist somit problematisch, da diese in der Regel ohne den entsprechenden Hinweis gespeichert wurden. Ordnungsgemäße Datenschutzbelehrungen nach dem TDDSG (Teledienstdatenschutzgesetz) können sich hier unter Umständen bezahlt machen, da hier die Möglichkeit eingeräumt werden muss, der Speicherung seiner Daten für die Zukunft zu widersprechen. Ob diese Belehrung einem Hinweis auf das Rechts des Kunden zur Untersagung der Datennutzung gleichsteht, wird die Rechtsprechung klären müssen. Dieser Hinweis ist übrigens bei jeder Nutzung zu geben und nicht nur bei der erstmaligen Datenerhebung. Wichtig erscheint auch, dass der Hinweis deutlich zu erteilen ist. Diese Vorgabe sollte man ernst nehmen. Das Erschleichen einer Zustimmung zur Datennutzung über eine entsprechende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dürfte weder wirksam sein noch den Vorgaben des UWG entsprechen.

Was fehlt?

Folgende Tatbestände fallen im neuen UWG weg:

- Insolvenzwarenverkauf

- Hersteller- und Großhändlerwerbung

- Kaufscheinhandel

- Sonderveranstaltungsverbot

Hierunter fallen Saisonschlussverkäufe (Sommer- und Winterschlussverkauf), Jubiläumsverkäufe und Räumungsverkäufe. Auch weiterhin ist bei Jubiläumsverkäufen zu beachten, dass die genannten Jubiläen zutreffend und wahr sind.

Auch wenn der Verbraucher in § 2 Abs. 2 UWG erstmalig im UWG aufgeführt wird, hat er durch das UWG keine eigenen Ansprüche. Diese stehen - wie vorher auch - Mitbewerbern, Verbänden, Einrichtungen nach dem Unterlassungsklagegesetz sowie den Kammern zu. Die Anspruchsdurchsetzung richtet sich nach § 12 UWG und beschreibt das übliche Procedere. Die Abmahnung ergibt sich aus § 12 Abs. 1 UWG. Die bisher unstreitige Verpflichtung des Kos-tenersatzes für berechtigte Abmahnung richtet sich nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Bemerkenswert ist, dass § 14 Abs. 2 UWG nunmehr eine ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte vorsieht.

Steckbrief des Autors:

Johannes Richard

Johannes Richard arbeitet in Rostock als Rechtsanwalt mit den Tätigkeitsschwerpunkten Online-Recht und Wettbewerbsrecht in der Kanzlei Lang-hoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen

Kontakt: rostock@ra-lsk.de

www.internetrecht-rostock.de