"Der Kunde muss wissen, wenn er bei Vobis ist, dass er bei Vobis ist."

21.06.2001
Vobis will dieses Jahr in die schwarzen Zahlen vordringen. Dabei sollen neue Franchise-Nehmer und attraktive Preise helfen. Welche Stellung das Aachener Unternehmen im deutschen Markt hat und welche Kunden es adressieren will, besprach Vobis-Vorstandsvorsitzender Jürgen Rakow mit ComputerPartner-Redakteurin Ulrike Goreßen.

Der PC-Markt steckt in der Krise. Wie geht es Vobis in dieser Situation?

Rakow: Sonnig, wie das Wetter.

Heißt das, dass Sie alle Ihre Ziele für dieses Jahr erreichen - wie etwa Vobis in die schwarzen Zahlen bringen und neue Franchise-Nehmer suchen? Haben Sie schon viele Partner gefunden?

Rakow: Na ja, durch die Einführung des neuen EDV-Systems konnten wir am 2. Mai schon den ersten neuen Franchise-Nehmer oder Vertriebspartner begrüßen. Wir machen jedoch kein Existenzgründer-Franchise, sondern suchen Menschen, die schon ihre Erfahrungen mit der Selbständigkeit haben. Was sie bislang gemacht haben, sollte zumindest kein Misserfolg gewesen sein.

Sie haben ja massiv auf der Cebit neue Franchise-Nehmer gesucht. Wie erfolgreich war die Aktion?

Rakow: Die richtigen Partner zu finden, ist nicht so einfach, das braucht seine Zeit. Um Ihnen mal eine Quote zu nennen: Von 50 Interessenten, mit denen wir auf der Cebit gesprochen haben, sind nur drei in die engere Wahl gekommen. Da sehen Sie schon, dass es nicht so einfach ist.

Welche Forderungen muss denn ein potenzieller Partner erfüllen und was bieten Sie ihm im Gegenzug, damit sich ein etablierter Computerfachhändler entscheidet, VobisFranchise-Nehmer zu werden?

Rakow: Es muss erst einmal kein etablierter Computerfachhändler sein. Es gibt ja auch angrenzende Bereiche, wie etwa Bürofachhändler, die früher Schreibmaschinen verkauft haben und heute vielleicht auch eine Erweiterung ihres Portfolios suchen. Denken Sie an die große Zahl von Telekommunikationshändlern, die jetzt ein schwieriges Umfeld haben, da die erheblichen Subventionen der Netzbetreiber wegfallen. Aber auch den "etablierten Computerhändler" sollte man differenzieren. Meint man einen erfolgreichen, also finanziell erfolgreichen Händler, bieten wir ihm sicherlich nicht die Attraktivität, als wenn wir mit unserer Vertriebsleistung und unserer Sortimentsleistung helfen können. Das sind ja die beiden Dinge, wo wir hilfreich sein können.

In welcher Form?

Rakow: Wir haben eine Marke, die bekannt ist, wir erbringen eine Werbeleistung, wir bearbeiten den Markt. Das heißt, der Partner oder der Interessent, der bei uns Partner wird, braucht sich um das Thema Vertrieb, Akquisition von Kunden nicht zu kümmern, das übernehmen wir für ihn. Das können wir, wenn wir das zentral durchführen, natürlich wesentlich leichter tun als er das allein tun kann. Wir halten ja ein Team von Spezialisten bereit, die sich um die Durchführung, um die Planung und die Marketingarbeit und natürlich auch um die Refinanzierung der Marketingarbeit bei der Industrie kümmert. Da kann er wirklich partizipieren. Dazu gehören auch die Zeitungsbeileger. Ende Mai haben wir immerhin den zehnten Beileger in diesem Jahr herausgebracht. Also, das ist schon eine ganz gehörige Anzahl von Beilegern und dazu kommen Pressearbeit, Messeauftritte und Sponsoringaktivitäten. All das tun wir also, um Marketing- und Vertriebsarbeit zu leisten. Der Vertriebspartner kann daran partizipieren. Er muss dafür nur eine Gebühr bezahlen, das sind 2,5 Prozent vom Preis der Ware, die er bei uns kauft.

Was muss er denn alles bei Ihnen kaufen?

Rakow: Wir zwingen ihn nicht dazu, dass er alles bei uns einkauft, er kann es aber. Es gibt so genannte systemtypische Produkte. Wenn Sie das mal mit McDonalds vergleichen, dann dürfen Sie eben die Buletten, die da zwischen den Brötchen sind, nicht woanders einkaufen. Die müssen Sie über McDonalds beziehen, um eine gleichmäßige Qualität zu garantieren. Dazu gehören auch die Brötchen, die müssen überall immer gleich sein. Bei uns ist es halt der High-screen-PC, also die Highscreen-Monitore und die Highscreen-Produkte und die Produkte, die wir in unserer Werbung drinnen haben, die muss er in jedem Fall bei uns kaufen.

Aber beispielsweise die Drucker oder Scanner, die Sie auch bewerben, darf er doch wohl beim Hersteller oder einem Disti kaufen?

Rakow: Klar darf er das. Er wird es vermutlich nicht tun, weil wir ihm, da bin ich eigentlich sicher, den besseren Preis bieten können. Doch er hat die freie Wahl. Das ist für ihn natürlich ein Kalkulationsproblem aufgrund der Gebühren. Er würde, wenn er den Canon-Drucker direkt bei Canon kauft, nicht die 2,5 Prozent bezahlen. Andererseits erbringen wir eine Sortimentsleistung. Das heißt, wir organisieren ihm sein Sortiment. Dazu gehört ja auch, dass wir die ganzen Rückgaberechte organisieren oder auch Kommissionsware. In diesem Fall muss er sich nicht selber darum kümmern, welche Produkte in einem Hauptsortiment für einen Computershop sind. Er soll sich dann viel mehr um ein additives Sortiment kümmern. Das kann einmal der Fotokopierer sein als ganz primitives Beispiel, das kann aber auch die Dienstleistung sein, die er seinem Kunden bietet. Er entscheidet selbst.

Wenn nun aber ein Partner jahrelang Telefone oder Büromaterial verkauft hat, versteht er davon eine ganze Menge, nicht jedoch vom PC. Wieviel Service kann ein Kunde von diesem Partner erwarten, wenn er Fragen oder Probleme hat?

Rakow: Diese Situation kann es gar nicht geben. Entweder der Inhaber oder einer seiner Mitarbeiter wird von uns entsprechend qualifiziert. Reparaturen werden dann von uns ausgeführt.

Welche weiteren Anforderungen stellen Sie an die potenziellen Vertriebspartner?

Rakow: Mit entscheidend ist natürlich auch die Ladenfläche. Wenn sie einen winzigen Handy-Shop haben, dann brauchen wir das Thema nicht zu vertiefen, weil wir da einfach das Sortiment nicht unterbringen. Ich kann nicht auf der einen Seite durch Marketingmaßnahmen dem Vobis-Kunden ein bestimmtes Sortiment versprechen und er findet es nachher nicht. Für unser Sortiment haben wir schon einen gewissen Platzbedarf, der irgendwo bei 100 Quadratmetern Verkaufsfläche beginnt, aber das ist schon knapp bemessen. Wenn wir an unsere eigenen Standorte denken, sind das in der Regel mindestens 250 Quadratmeter. Das berücksichtigt natürlich auch die Nebenfläche wie etwa die sanitären Einrichtungen, Kaffeeküche und Back Office.

Welche Erwartungen haben Sie sonst noch an das Erscheinungsbild eines FranchiseLadens?

Rakow: Es muss schon aussehen wie ein Vobis-Laden. Der Kunde muss wissen, wenn er bei Vobis ist, dass er bei Vobis ist. Die Industrie hat eine hohe Begierlichkeit, ihre Produkte in eigenen Regalen oder gar Präsentationsmöbelstücken in die Läden zu stellen. Diese werden dem Händler kostenlos gestellt. Wenn man jedoch alle diese Indus-triemöbel reinstellen würde, wüss-te der Kunde überhaupt nicht mehr, wo er eigentlich ist. Und das soll natürlich nicht sein. Deshalb stellen wir unseren Franchise-Nehmern auch die Einrichtung der Verkaufsfläche, und zwar kostenlos. Natürlich, sein Büro und die Küche und so muss er selbstverständlich selbst einrichten. Angenommen, das wäre ein großer Büroartikelhändler, dann würden wir dort natürlich eine Coexistenz schaffen. Es würde einen Bereich, der eben Vobis-typisch aussieht und einen Bereich, der eben entsprechend dem jetzigen Sortiment aussieht, geben.

Kann man das als eine Art Shop-in-Shop-System sehen?

Rakow: Ich habe dieses Wort mit Absicht vermieden. Ich denke dann immer an so eine kleine Kuchenecke.

An was ganz anderes denkt Frank Roebers von PC-Spezialist, wenn er nach eigener Aussage Vobis-Läden sieht. Er sagte vor ein paar Wochen im ComputerPartner-Interview, Vobis-Läden seien schlecht bestückt, das Personal nicht motiviert und deshalb würde sich Vobis wohl dieses oder spätes-tens nächstes Jahr ganz aus dem Ladengeschäft verabschieden. Das ist ja ein direkter Angriff.

Rakow: Ja, ich weiß, aber ich möchte diesen Angriff gar nicht erwidern. Das hat für mich mit Wettbewerbskultur zu tun. Ein Standardbeispiel dafür ist der 100-Meter-Lauf. Da möchte jeder als Erster durchs Ziel. Aber es gibt in solchen Wettbewerben bestimmte Regeln. Man läuft nicht schlagend durch die Gegend, sondern bleibt in seiner Bahn. Das meine ich mit Kultur.

Aber das war nicht das erste Mal, dass Sie beide aneinander geraten sind. Stehen Sie mit PC-Spezialist in einem besonderen Konkurrenzkampf?

Rakow: Ach, wissen Sie, Roebers macht sein Geschäft und PC-Spezialist macht in meinen Augen ein sehr interessantes und gutes Modell. Wichtig für Roebers ist, dass er Geld verdient. Aber wer sagt, dass auch seine Franchise-Nehmer Geld verdienen? Ich kann nur immer wieder darauf hinweisen, dass sich sein und unser Geschäft vom Business-Design her wesentlich unterscheiden. Wir fassen die Ware an, wir kümmern uns um sie und wir verkaufen sie. Das tut ein PC-Spezialist nicht. Er sagt ja auch selber, er biete ein Dienstleis-tungs-Franchise, und hier fängt schon der wesentliche Unterschied an. Die Werbung wird eben nicht bis zum Ende organisiert sondern seine Franchise-Nehmer müssen das selber machen. Sie können dann von Fall zu Fall entscheiden, ob und wann sie Werbung machen wollen. Andererseits haben sie aber nicht die permanent kalkulierbare Größe von 2,5 Prozent wie bei uns, mit der die Kosten für sämtliche Werbeaktionen abgedeckt werden.

Vobis unterscheidet sich also sehr stark von PC-Spezialist in Sachen Business-Design. Aber Sie konkurrieren im selben Marktsegment. Wen sehen Sie da noch im direkten Vergleich?

Rakow: Wir haben ein Ranking der Mitbewerber gemacht. An ers-ter Stelle steht der Media-Markt, gefolgt von Promarkt, Aldi und Saturn. Der PC-Spezialist steht hier vor dem traditionellen PC-Dealer. Aufgrund der zentralen Organisation halten wir ihn für einen strengeren Wettbewerber als den einzelkämpfenden Händler.

Direkt darunter haben wir Electronic Partner angesiedelt, da wir das Konzept von EP äußerst interessant finden und deshalb beobachten wir EP genau. Dann folgen Dell, Conrad, Quelle und Otto, Department Stores bis hin zu Real. Das ist für mich eine Liste zum Anfassen. Wo muss ich hingucken und aufpassen, was die anderen tun, wo muss ich Strategien entwickeln, durch die ich mich abgrenze, damit der Kunde versteht, warum er zu uns kommen soll. Ich will dem Kunden erklären: Komm zu uns, denn wir sind innovativ, wir sind die Einzigen, die die PCs selber herstellen. Alle anderen müssen PCs kaufen. Deshalb sind wir viel, viel schneller als der Rest. Und wenn sie sehen, was wir im Bereich der Flachbildschirme aufgrund unserer guten Kontakte im asiatischen Beschaffungsraum haben, können wir auch dort sehr attraktive Preise machen.

Mit dem 15-Zoll-TFT für jetzt 799 Mark haben Sie die Konkurrenz schon aufhorchen lassen. Wollen Sie nun auch im 18-Zoll-Bereich irgendwelche Preisschallmauern einreißen?

Rakow: Man erwartet von uns Preisaggressivität. Unsere PCs sind ja ebenfalls nicht teuer. Der Kunde will eben einen guten Preis haben, das gibt ihm ein gutes Gefühl. Und aus diesem Grund gibt es bei uns ab sofort auch ein 18-Zoll-TFT für 1.799 Mark.

Um einen möglichst günstigen Preis zu bieten, muss man ja seine Kosten senken. Sie haben bereits im vergangenen Jahr massiv die Sach- und Personalkosten gesenkt. Ist das ein Zeichen, dass sich Vobis in Zukunft tatsächlich aus dem Ladengeschäft verschieden wird?

Rakow: Für mich ist es unvorstellbar, ganz auf die Läden zu verzichten. Die Marke Vobis lebt vom Vertrauen der Kunden, die im Direktgeschäft mit uns arbeiten. Wir werden auf jeden Fall den stationären Handel weiter betreiben. Was ich aber nicht sagen kann, ist, wie in fünf oder sieben Jahren so ein stationärer Einzelhandelsstandort aussehen wird, ob die alle 800 Quadratmeter haben werden oder ob es dann auch eine große Anzahl von kleineren Einheiten mit 75 Quadratmetern gibt, wo der Mensch und die Beratung gewünscht sind, aber der Rest elektronisch abgewickelt wird. Wichtig ist nur, dass der Kunde sich wohl fühlt. Das ist überall wichtig, beim Einkaufen, beim Essen und sogar beim Tanken.

Sich beim Einkaufen wohl fühlen - diesen Anspruch haben wohl kaum Geschäftskunden sondern eher Privatkunden. Welche Zielgruppe bedient Vobis?

Rakow: Neben Privatleuten sind das die von der Industrie so viel beschworenen SMBs oder KMUs. Das sind aber für mich nicht die oft zitierten Zahnärzte, weil man diese durch ihre fachspezifische Tätigkeit separat betrachten sollte. Es sind für mich viel mehr Menschen, die ein Büro betreiben, die einen ganz normalen Anwendungsbedarf haben, zum Beispiel Briefe schreiben, ein paar Kalkulationen machen, Rechnungen stellen und ab und an im Internet surfen. Hier werden keine Datenbanken programmiert, dieser Kunde hat ein Adressverwaltungsprogramm. Diese Kundengruppe kauft ein bis fünf Rechner und wurde früher von den Systemhäusern bedient. Aber es gibt immer mehr Know-how innerhalb dieser Klientel, weil das Wissen um den PC verstärkt zum Allgemeinwissen gehört. Dadurch veränderte sich die Einkaufsstätte. Diese Zielgruppe kauft wieder verstärkt in Computershops.

Wollen Sie damit sagen, dass Computershops Systemhäusern den Rang ablaufen?

Rakow: Deshalb habe ich meine Lieblingsfolie mitgebracht. Und da sehen Sie, wie der Marktanteil der Systemhäuser seit 1998 dramatisch zurückgegangen ist. Andererseits haben sich die Aldis und Lidls einen steigenden Marktanteil erkämpft, genauso wie die Büroausstatter und natürlich Computershops. Das geht alles zu Lasten der Systemhäuser. Die Gruppe der Computershops, in der auch Vobis agiert, hat in der Zeit von 1999 bis 2000 immerhin einen Zuwachs von fast 50 Prozent erreicht. Und deshalb geht es uns sonnig, wie ich schon zu Anfang erklärte. (Siehe dazu auch die Grafik.)