Wo Apple, Microsoft & Co fertigen lassen

Die „heimlichen Helden“ der Hardware-Industrie

01.06.2010 von Christian Remse
Sie glauben Apple produziert das iPhone? Dann liegen Sie falsch! Wir zeigen Ihnen, welche Firmen tatsächlich die populären Handys, Laptops und andere Unterhaltungselektronik produzieren.
Die „heimlichen Helden“ der IT-Industrie

Apples iPhone, Microsofts Xbox oder die Blackberry-Smartphones von RIM –diese Gerätenamen sind weithin bekannt. Doch entgegen dem Glauben vieler Nutzer stammt so manche Hardware nicht aus den Fabrikhallen großer Unterhaltungselektronikkonzerne. Mittlerweile geben Apple, Microsoft & Co. die Produktion von Computern, Handys, MP3-Playern und anderen Geräten bei großen Herstellern in Auftrag, die sich nicht selten in Ländern wie Taiwan oder Mexiko mit niedrigen Produktionskosten angesiedelt sind. Während die namhaften Konzerne mit großem Aufsehen ihre Produkte vermarkten, halten sich die tatsächlichen Hersteller in der Regel im Hintergrund.

Wir zeigen Ihnen auf den folgenden Seiten, welche Firmen sich hinter Produkten wie dem iPhone, der Xbox, bekannten Handys, Notebooks und sogar Peripheriegeräten wie Surfsticks verbergen.

Foxconn: Hersteller von iPhone, Kindle & Co.

Apples iPhone erblickt das Licht der Welt bei Foxconn in Taiwan
Foto: Apple

Angefangen vom populären Apple-Handy iPhone bis hin zu Amazons Ebook-Lesegerät Kindle – der taiwanesische Elektronikgigant produziert zahlreiche namhafte Unterhaltungselektronikprodukte.

1974 gründete Terry Gou den Foxconn-Mutterkonzern Hon Hai Precision Industry mit einem Startkapital von 7500 US-Dollar. 2008 setzten die rund 200.000 Mitarbeiter des taiwanesischen Elektronikgiganten durch die Herstellung bekannter Produkte aus der Unterhaltungsindustrie weltweit über 60 Milliarden US-Dollar um. Foxconns Produkt-Portfolio ist umfangreich und findet sich in den Märkten Europas, Nord- und Südamerika, Asien sowie Australien wieder. Apple beispielsweise gibt die Herstellung seiner Produkte bei Foxconn in Auftrag. Foxconn baut dabei nicht nur das iPhone zusammen, sondern kümmert sich auch um die Fertigung anderer Apple-Geräte wie Macs und iPads. Dabei kommen Forschung und Entwicklung in Bereichen wie Nano-Technologie, Wärmeaustausch und drahtlose Netzwerke. Mittlerweile nennt Foxconn über 25.000 Patente sein Eigen.

Aber auch für die Herstellung anderer beliebter Produkte ist Foxconn verantwortlich. So fabrizieren die Taiwanesen den mobilen Ebook-Reader Kindle im Auftrag von Amazon, Smartphones für Nokia, Samsung und Motorola, Laptops für HP, Flachbildfernseher für Sony sowie Video-Spielkonsolen des japanischen Konzerns Nintendo. Auch Endverbraucher hat Taiwans größtes privat geführtes Unternehmen stark im Visier. Foxconn produziert PC-Bauteile wie Motherboards, Barebones, Netzteile, Kühler und Grafikkarten – letztere fabriziert und vertreibt Foxconn unter dem Label seiner Tochterfirma Leadtek. Leadteks Produktpalette umfasst dabei 3D-Grafikkarten, auf denen der Nvidia-Geforce-Chip verbaut ist und die unter dem Namen Winfast bekannt sind.

Quanta Computer: Nummer eins der Laptop-Hersteller

Intel-Plattformen aus dem Hause Quanta Computer
Foto: Quanta Computer

Die Wiege der meisten Laptops steht in den Fabrikhallen des weltgrößten Laptop-Fabrikanten Quanta Computers. Das taiwanesische Unternehmen zählt Computerfirmen wie Dell und HP zu seinen Auftraggebern.

Gegründet 1988 von Barry Lam, der auch heute noch im Chefsessel sitzt, hat sich der ODM-Spezialist (Original Design Manufacturer) Quanta Computer zum weltgrößten Laptop-Hersteller der Welt gemausert. Er darf sich zu den Fortune Global 500 zählen. Zu seinen Kunden zählen US-amerikanische Computer-Großkonzerne wie HP, Dell, Lenovo, aber auch kleinere Computer-Unternehmen wie die oberösterreichische Firma Gericom. Im Notebook-Segment produziert Quanta Computer Intel Plattformen für die Serien 15,4-Zoll, 14,1-Zoll und 12,1-Zoll. Aber auch in den Sparten Digital-TV und Navigations-Geräte ist das Unternehmen äußerst aktiv. So baut das Unternehmen beispielsweise TV-Geräte in den Display-Diagonalmaßen 26-Zoll, 32-Zoll, 37-Zoll und 42-Zoll für Modelle mit Lautsprechern am unteren Rahmen sowie TV-Geräte in den Display-Diagonalmaßen 26-Zoll, 32-Zoll und 37-Zoll für Modelle mit Lautsprechern an den Seitenrändern wie sie von Sony, LG und Sharp verkauft werden.

OLPC-Laptops von Quanta produziert
Foto: Quanta

Gleichzeitig wurde Quanta Computer 2005 der Auftrag erteilt, eine Million XO1-Laptops für die gemeinnützige Initiative One Laptop per Child (zu Deutsch: einen Laptop für jedes Kind), ins Leben gerufen von Visionär und MIT-Professor Nicholas Negroponte, zu produzieren. Damit möchte Negroponte sicherstellen, dass Kinder in ärmeren Ländern Zugang zu moderner Technologie bekommen. Co-Sponsoren der Initiative sind Firmen wie AMD, Google sowie der Linux-Distributor Red Hat. Die auf Linux-basierten Rechner sind mit 256 MByte DRAM und 1 GByte Flash-Speicher ausgestattet – ausreichend, so die Initiatoren, um Kinder in benachteiligten Ländern mit Computer- und Internet-Technologie vertraut zu machen.

Compal Electronics: Geburtstätte der Acer-Computer

Der ebenfalls in Taiwan angesiedelte Elektronikkonzern Compal Electronics hat seinem direkten Konkurrenten Quanta den Kunden Acer bereits streitig gemacht – die Nummer zwei schraubt allerdings noch einige andere Elektronikgeräte für große Firmen zusammen.

Compal hat 1984 als Firmenzulieferer für Peripherie-Komponenten begonnen und zählt mittlerweile zur Nummer zwei der ODMs unter den Notebook-Herstellern – dies kam nicht zuletzt durch die Auftragsübernahme des Laptop-Segments von Acer zustande, das zuvor von Konkurrent Quanta produziert wurde. Die weltweit über 30.000 Mitarbeiter, ansässig in China, Südkorea, Großbritannien und den USA, fabrizieren zahlreiche Platinen-Serien, die als White-Lable-Notebook-Modelle an Auftraggeber verkauft werden. Auftraggeber wie Acer versehen anschließend die White-Label-Notebook-Modelle mit dem eigenen Firmenwarenzeichen. Beispiel: Die Serie Compal LA-3151P hat der OEM (Original Equipment Manufacturer) im Acer Aspire 3100 verbaut, ausgestattet mit einem Mobile-AMD-Sempron-Prozessor und dem Grafik-Chip ATI Radeon Xpress.

Medienberichten zufolge wird Compal auch in das Marktsegment der Tablet-PCs einsteigen. Das Unternehmen erwartet 3,8 Millionen Geräte im Jahr 2011 produzieren zu können. 2010 lieferte Compal 48 Millionen Notebooks aus.

Compal-LA-3151P-Hauptplatinen finden sich in Modellen wie dem Acer Aspire 3100 wieder
Foto: Acer

Neben der Herstellung von Notebooks hat Compal seine Produktpalette seit 2004 auf tragbare Geräte erweitert und vermarktet das Segment unter der Bezeichnung Digital Media Center (DMC). Dabei produzierte das Unternehmen hauptsächlich mobile Geräte für Motorola (91,3 Prozent) und mauserte sich dadurch zum größten Handy-Hersteller. Nachdem der US-amerikanische Hauptkunde Einbußen bei tragbaren Geräten hinnehmen musste, gingen seit 2006 auch die Einnahmen bei Compal zurück.

ZTE: Mobilfunkgeräte-Hersteller für T-Mobile, Vodafone und O2

Das chinesische Unternehmen versorgt laut eigenen Angaben über 500 Netzbetreiber in 140 Ländern mit Telekommunikationstechnik für mobile und feste Netzwerke – in Deutschland nutzen vor allem Kunden von T-Mobile, Vodafone und O2 ZTE-Handys.

ZTE begann 1996 in weltweite Märkte zu expandieren. Mittlerweile arbeiten 10.000 der rund 70.000 Angestellten in den über 100 ausländischen Niederlassungen. Seit 2005 hat sich ZTE mit seiner Filiale ZTE Deutschland GmbH in den hiesigen Breiten niedergelassen und betreut über seine vier deutschen Standorte die großen Mobilfunkanbieter Deutschlands. Zu den Kunden gehören T-Mobile, Vodafone und O2.

2008 unterschrieb ZTE einen Rahmenvertrag mit T-Mobile, der sich auf die Abnahme von Handys im gesamten europäischen Markt von T-Mobile International erstreckt. 2009 war ZTE für die Herstellung des Handys Vairy Touch sowie des Daten-Sticks MF637 verantwortlich. Der MF637 ist unter der T-Mobile Bezeichnung Web 'n' Walk Stick Fusion bekannt und ermöglicht es dem Nutzer unterwegs über das UMTS-Netzwerk im Internet zu surfen.

Vairy Touch als erstes T-Mobile-Handy von ZTE
Foto: ZTE

Im gleichen Jahr unterschrieb der Telekom-Konkurrent Vodafone einen Rahmenvertrag mit ZTE, der einen Verkauf von 11,6 Millionen 2G-Mobiltelefonen an Vodafone Global vorsah. Seit 2010 beliefert ZTE den dritten großen Mobilfunkanbieter O2 mit Daten-Sticks. Bei O2 ist der ZTE-Daten-Stick MF 100 als O2 Prepaid Surfstick bekannt, über den der Nutzer mit bis zu 3,6 MBit pro Sekunde mobil im Internet surfen kann. Der Internet-Provider 1&1 setzt auf den Daten-Stick ZTE MF 110, den das Unternehmen als 1&1 USB UMTS-Surf-Stick verkauft. Der Stick verbindet sich nicht nur mit dem UMTS-Netzwerk, sondern auch mit dem deutlich schnelleren HSDPA-Netzwerk. Zudem bietet er über den integrierten SD-Kartenleser geladene Daten bis zu einer Gesamtgröße von 4 GByte abzuspeichern.

Flextronics: Ursprung von Microsofts Xbox & Zune

Die Xbox kommst aus den Flextronics-Hallen im mexikanischen Guadalajara
Foto: Microsoft

Gegründet im kalifornischen Silicon Valley. Mittlerweile ist der Hauptsitz in Singapur. Flextronics Inc. ist für die Herstellung der Microsoft-Spielkonsole Xbox sowie für den Multimedia-Player Zune verantwortlich. Letzterer wird allerdings eingestellt.

Joe McKenzie hat Flextronics 1969 im Silicon Valley, beheimatet im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien, gegründet. 1981 verlagerte Flextronics Inc. seinen Hauptsitz in den asiatischen Stadt-Staat Singapur, von wo aus Mike McNamara, CEO von Flextronics, gemeinsam mit seinem Team von insgesamt zirka 200.000 Mitarbeitern Firmen verschiedener Marktsegmente mit den unterschiedlichsten Technologien versorgt. Das Firmenportfolio umfasst Aufgabenbereiche wie die Entwicklung und Herstellung, aber auch Vertrieb und Logistik für Geräte in den Anwendungsbereichen Automobilbranche, Medizin und Unterhaltungselektronik. Flextronics ist in Fachkreisen vor allem für die Herstellung der Microsoft-Spielkonsole Xbox sowie den MP3-und Video-Player Zune verantwortlich. Der Software-Gigant gab beide Geräte bei Flextronics in Auftrag. Flextronics produziert die Xbox in Guadalajara im Nordwesten Mexikos.

Flextronics EMS (Electronics Manufacturing Service) produziert unter anderem Digicams und Selbstbedienungskiosks für den Ausdruck von Bilder für Kodak, Tintenstrahldrucker und Speichergeräte für HP sowie die Business-Smartphones Blackberry für den kanadischen Hersteller RIM (Research in Motion). Das RIM-Smartphone Blackberry Curve 8520 beispielsweise schrauben Flextronics-Mitarbeiter im brasilianischen São Paulo zusammen.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.