Gesetzliche Regeln zum Verzug

25.10.2005 von Thomas Feil
Verzug ist immer und für alle Beteiligten unangenehm: Ob der IT-Anbieter seine Leistung nicht rechtzeitig erbringt oder ob der Kunde die Rechnung verspätet bezahlt, der Ärger ist vorprogrammiert. Rechtsanwalt Thomas Feil über die gesetzliche Sicht der Dinge.

Für jeden IT-Anbieter ist es unangenehm, wenn versprochene Leistungen nicht rechtzeitig erbracht werden können. Dann ist ein unzufriedener Kunde zu beruhigen, und gleichzeitig ist zu überlegen, wie der Kunde wieder zufrieden gestellt werden kann. Ein weiterer typischer Fall des Verzuges ist die verspätete Zahlung des Kunden.

Zum Verzug gibt es eine Reihe rechtlicher Regelungen. Die nachfolgenden Hinweise geben einen Überblick über die gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Voraussetzungen für den Anbieter-Verzug

Im Einzelnen sind folgende Voraussetzungen notwendig, um einen Verzugsfall eintreten zu lassen.

1. Es muss eine Forderung aus einem Schuldverhältnis bestehen.

2. Der IT-Anbieter hat nicht rechtzeitig gemäß den vertraglichen Vereinbarungen geliefert.

3. Die Leistung ist nicht unmöglich.

4. Die Leistung war fällig.

5. Die Forderung ist durchsetzbar.

6. Der Kunde hat den IT-Anbieter nach Ablauf des vertraglich vereinbarten Lieferzeitraumes oder Liefertermins gemahnt. Alternativ beschreibt das Gesetz in § 286 Absatz 2 BGB verschiedene Situationen, in denen die Mahnung entbehrlich ist.

7. Der IT-Anbieter hat den Verzugsfall zu vertreten.

Ein Verzug kann also nur dann eintreten, wenn Fachhändler oder Systemhaus zwar die Leistung erbringen kann, dieser Verpflichtungen aber nicht nachkommt.

Fälligkeit und Durchsetzbarkeit

Eine Forderung ist dann fällig, wenn der Schuldner die Leistung zu erbringen hat. Meist ist die Leistungszeit vertraglich geregelt. Ist weder im Vertrag noch aus den Vertragsumständen eine Leistungszeit zu entnehmen, so bestimmt sich die Leistungszeit nach § 271 BGB. Die Leistung kann sofort verlangt werden, und der IT-Anbieter hat die Leistung sofort zu bewirken.

Ist die Forderung des Kunden mit einer dauernden oder aufschiebenden Einrede des Anbieters behaftet, so ist die Forderung nicht durchsetzbar. Solange der IT-Anbieter die Leistung verweigern kann, schließt dies den Verzug aus. Eine mögliche Einrede kann beispielsweise das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB sein.

Mahnung

Wichtige Voraussetzung für den Verzugsfall ist die Mahnung oder eine ähnliche Handlung, wie sie in § 286 Absatz 1 BGB beschrieben ist. Bei der Mahnung handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige, geschäftsähnliche Handlung, auf welche die Vorschriften über Rechtsgeschäfte und Willenserklärungen entsprechend anwendbar sind. Die Mahnung ist eine an den IT-Anbieter gerichtete Aufforderung des Kunden, die geschuldete Leistung zu vollbringen. Sie ist nicht formgebunden.

Die Mahnung muss nach Fälligkeit erfolgen. Ist die Mahnung vorher ausgesprochen worden, so ist sie wirkungslos. Die Mahnung kann aber auch gleichzeitig mit einer die Fälligkeit begründenden Handlung (beispielsweise dem Abruf der Lieferung) verbunden werden.

Die in der Mahnung enthaltene Aufforderung zur Leistung muss eindeutig sein. Der Kunde muss zum Ausdruck bringen, dass er die geschuldete Leistung verlangt. Eine Fristsetzung oder die Androhung von Folgen ist nicht notwendig.

Entbehrlichkeit der Mahnung

§ 286 Absatz 2 BGB sieht eine Reihe von Sonderfällen vor, aufgrund derer die Mahnung entbehrlich ist. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Eine entsprechende Festlegung muss im Vertrag zu finden sein. Eine einseitige Bestimmung durch den Kunden genügt hierfür nicht. Weiterhin ist eine Mahnung entbehrlich, wenn sich die Zeit für die Leistung anhand eines Ereignisses errechnen lässt.

Nach § 286 Absatz 2 Nr. 2 BGB tritt auch ohne Mahnung Verzug ein, wenn der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender bestimmen lässt. Damit können Klauseln wie "Bezahlung 2 Wochen nach Rechnung" oder "Lieferung 14 Arbeitstage nach Abruf" Ausgangspunkt für eine kalendermäßige Berechnung der Leistungszeit sein und eine Mahnung entbehrlich machen.

Wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat oder unter besonderen Gründen und der Abwägung beiderseitiger Interessen der sofortige Eintritt des Verzuges gerechtfertigt ist, ist eine Mahnung ebenfalls entbehrlich, § 286 Absatz 2 Nr. 3 und 4 BGB. In diesen Fällen wäre die Mahnung eine sinnlose Förmelei, da der Schuldner ohnehin nicht bereit ist zu leisten.

In der Praxis empfiehlt es sich, Leistungszeiten im Vertrag möglichst genau zu regeln. Bei einer Mahnung sollte (auch wenn dies gesetzlich nicht notwendig ist) eine Frist für die Leistungserbringung gesetzt werden.

Vertretenmüssen des Verzugs

Schließlich muss der IT-Anbieter die Nichtleistung trotz Fälligkeit, Durchsetzbarkeit und Mahnung zu vertreten haben. Sein Verschulden wird zunächst gesetzlich vermutet. Der Anbieter kann aber beweisen, dass er weder fahrlässig noch vorsätzlich den Verzug herbeigeführt hat.

Rechtsfolgen bei Verzug

Das BGB regelt die nachteiligen Rechtsfolgen für den Schuldner, wenn dieser die Leistung verspätet erbringt. Die wichtigsten Rechtsfolgen sind ein Schadensersatzanspruch wegen Verzögerung der Leistung gemäß §§ 280 Absatz 1, 2, 286 BGB, ein Anspruch auf Zinsen bei Geldschulden gemäß § 288 BGB und eine Haftungsverschärfung nach § 287 BGB.

Allerdings soll nicht jede bloße Verzögerung einer Leistung für den Schuldner aus Sicht des Gesetzgebers nachteilig sein. Vielmehr sollen die Nachteile erst im Falle des so genannten "Schuldnerverzuges" eintreten. Dieser setzt ein Vertretenmüssen des Schuldners sowie eine Mahnung oder einen gleichgestellten Umstand voraus.

Verzögerungsschaden

Das BGB sieht für den Fall, dass der IT-Anbieter im Verzug ist, Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280 Absatz 1, 2, 286 BGB vor. Das Gesetz wertet die verspätete Lieferung einer Kaufsache als Pflichtverletzung.

Um einen Schadensersatzanspruch geltend machen zu können, muss neben der Pflichtverletzung ein Schaden infolge der Verzögerung entstanden sein (so genannter Verzögerungsschaden). Darüber hinaus muss eine Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden bestehen. Schließlich muss der IT-Anbieter den Schadensfall auch zu vertreten haben.

Der Verzögerungsschaden beeinflusst den Erfüllungsanspruch nicht. Er ist daher vom so genannten Schadensersatz statt der Leistung zu unterscheiden.

Der Umfang des Schadensersatzanspruches bestimmt sich nach den allgemeinen Regeln in den §§ 249ff. BGB. Der Gläubiger ist hier so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Leistung rechtzeitig erbracht worden wäre.

Der Verzögerungsschaden soll ein angemessener Ausgleich aller durch den Leistungsverzug des Auftragnehmers entstandenen Kosten sein. Dazu gehören beispielsweise der nachweisbare Zeit- und Verwaltungsaufwand, den der Auftraggeber zur Geltendmachung der Forderung hatte. Hierzu gehören aber auch ein möglicher entgangener Gewinn sowie die Kosten für die Anschaffung eines Ersatzgerätes während der Zeit des Verzugs.

Die Kosten, die durch ein Mahnschreiben eines Anwalts entstehen, sind jedoch nicht mit umfasst, da der Händler erst durch dieses Schreiben in Verzug kommt.

In der Praxis erweisen sich häufig allerdings die konkrete Berechnung und der Nachweis eines Schadens als schwierig. Die Schadenspositionen sind im Einzelnen darzulegen und gegebenenfalls im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Urkunden, Zeugenaussagen oder anderweitigen Beweismitteln zu beweisen.

Zinsen bei Verzug von Geldforderungen

Erbringt der IT-Anbieter seine Leistung zwar pünktlich, kommt aber der Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach, kann auch der Kunde in Verzug kommen. § 286 Absatz 3 BGB enthält eine Sonderregelung. Danach kommt der Schuldner einer Entgeltforderung auch ohne Mahnung spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet.

Der IT-Anbieter kann nun unter Umständen einen Verzugsschaden nach § 280 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB geltend machen. Außerdem stehen Fachhändler und Systemhaus die gesetzlichen Verzugszinsen nach § 288 BGB zu. Nach § 288 Absatz 2 BGB kann bei Rechtsgeschäften zwischen Unternehmen und der öffentlichen Hand ein Zinssatz für Entgeltforderungen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt werden.

Der Basiszinssatz orientiert sich an dem Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank (§ 247 BGB). Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres. Der aktuelle Zinssatz von jedem kann unter der Internetadresse www.bundes bank.de/presse/presse_zinssaetze. php erfragt werden.

Neben der Zahlung von Verzugsschaden und möglichen Verzugszinsen regelt das Gesetz eine Haftungsverschärfung für den Verzugsschuldner (§ 287 BGB).

Nach dieser gesetzlichen Regelung hat der IT-Händler während des Verzugs nicht nur jede Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 287 Satz 1 BGB), sondern er haftet auch für die durch Zufall verursachten Leistungshindernisse (§ 287 Satz 2 BGB). Befindet sich der IT-Anbieter in Verzug mit einer Lieferung, und wird diese ohne sein Zutun zerstört, so haftet er auch weiterhin für den Verzugsschaden, auch wenn er das erneute Leistungshindernis nicht verschuldet hat.