Schweinepreis-Diskussion

"Grauimporte untergraben Marktpreise"

01.07.2009
Selten wurde ein Thema im CP forum so intensiv diskutiert wie die Frage der Preisdifferenzen. ChannelPartner hat daher bei Herstellern und Distributoren nachgefragt.
Marcus Adä, Vice President Sales bei Ingram Micro ist die aktuelle Preisdiskussion nicht unbekannt.

Selten wurde ein Thema im CP forum so intensiv diskutiert wie die Frage der Preisdifferenzen zwischen Distributions-HEK und Angebote von E-Tailern. ChannelPartner hat daher bei Herstellern und Distributoren nachgefragt, wie diese Preisunterschiede zustande kommen. Bei Tech Data und Ingram Micro verweist man auf die Hersteller und auf den nur "begrenzten Einfluss". Actebis wollte zum Thema sich offiziell gar nicht äußern, zu groß ist die Angst, es sich mit den Herstellern zu verscherzen.

Die Problematik ist Marcus Adä, Vice President Sales bei Ingram Micro, nicht unbekannt: "Über unseren Vertrieb erhalten wir fortlaufend Feedback der Kunden zu unseren Preisen, was ein wichtiger Indikator für uns ist", erklärt der Vertriebsmanager. Ein großes Thema seien Grauimporte, die die Preise am Markt untergraben. "Wir beziehen ausnahmslos aus einwandfreien Quellen. Wer mit uns Geschäfte betreibt, kann sich darauf verlassen, dass er von uns saubere Ware einkauft, auf die alle gesetzlichen Abgaben und Gebühren abgeführt werden", versichert Adä. Dafür verhandeln und fordern wir marktgerechte, faire Preise. Preisdifferenzen können daneben auch aus Überkapazitäten beim Hersteller oder Distributor, Retouren sowie Sonder- oder Abschreibungsposten resultieren".

Auch Günter Schissl, Geschäftsführer Hersteller Management bei Tech Data, verweist auf die europäische Komponente: "Ein Grund liegt vermutlich in den heterogen Preislisten verschiedener Hersteller in den einzelnen europäischen Ländern, was unweigerlich zu unterschiedlichen Einkaufskonditionen und somit zu Warenfluss über die Landesgrenzen führt. Häufig existieren bei internationalen Herstellern zwar harmonisierte Preislisten für Europa. Da aber nicht alle Länder den Euro als Währung haben und es derzeit immer wieder zu massiven Währungsschwankungen kommen kann, führt dies wiederum zur unterschiedlichen EKs, sehen Sie sich zum Beispiel die Entwicklung des britischen Pfund Sterlings an", meine der Tech Data-Manager.

Keine Hoffnung auf Änderung

Günter Schissl, Geschäftsführer Hersteller Management bei Tech Data, glaubt nicht an ein einmaliges Phänomen.

Viel Hoffnung auf Änderung macht sich Schissl nicht: "Die Preisentwicklung in verschiedenen Segmenten, vor allem bei den Hardwareprodukten, macht es für Händler zunehmend schwierig, genug Marge zu erzielen. Ich empfehle Händlern daher dringend, sich jetzt neue bzw. zusätzliche Nischenmärkte zu suchen und ihr Geschäft breiter aufzustellen". Solange sich Märkte bewegen, werde es immer wieder ähnliche Entwicklungen und Preisschwankungen in die eine oder andere Richtung geben. "Wir sollten also davon ausgehen, dass es sich nicht nur um ein einmaliges Phänomen handelt", konstatiert er. Als Beispiele für Spezialisierungsmöglichkeiten nennt er Server-Virtualisierung, Storage-Lösungen oder im Consumer-Segment den Gamer-Markt.

Auch Ingram-Manager Adä verweist auf zusätzliche Verdienstmöglichkeiten durch Service: "Unserer Einschätzung nach ist es mittelfristig erfolgsversprechender, wenn sie sich nicht über den Preis, sondern - mit unserer Unterstützung - über Dienstleistungen und lösungsorientiertes Geschäft vom Mitbewerb abheben", appelliert er an die Reseller.

Diese Meinung spiegelt sich übrigens auch in einigen Foren-Beiträgen wieder. "Wir sind ein kleines Systemhaus mit neun Mitarbeitern. Umsatzmäßig macht Hardware keine zehn Prozent aus. Wenn es umgekehrt wäre, würde ich morgen mein Geschäft zusperren!", schreibt beispielsweise Johann Fertl. Seinen nur auf Harware fixierten Kollegen macht er wenig Hoffnung: "Die reinen Hardwarehändler, die bei diesen Einkaufskonditionen mithalten müssen, haben somit meinen vollen Respekt. Auch wenn Sie zu einer aussterbenden Spezies gehören."

Der Ingram-Vertriebler Adä verweist seinerseits an die zusätzlichen Leistungen seitens der Distribution, die die Produkte teuerer machen: "Es wird sich im Internet sicher immer ein Anbieter finden, der günstiger ist als wir. Bei Ingram Micro erhält der Fachhändler neben der reinen Ware aber viele zusätzliche Leistungen, wie spezialisierte Vertriebs- und Marketingunterstützung, Produktberatung, flexible Finanzierunglösungen sowie unkomplizierte Retouren- und Gewährleistungsabwicklung", erklärt er.

Auch Hersteller wollen stabile Preise

Für Druckerhersteller OKI bedeuten stabile Preise Planungssicherheit für alle Beteiligten am Wirtschaftskreislauf: "Preisschwankungen verunsichern alle Parteien. Für uns ist es unabdingbar, die Preise langfristig stabil zu halten. Kurzfristig wird es aber auch immer wieder zu Promotion für bestimmte Produkte kommen. Sei es zum Launch Date, oder bei End of Life dieser Geräte", erklärt Geschäftsführer Bernd Quenzer. Ein im CP forum angeführtes Beispiel zum Farblaserdrucker C5000 erklärt er so: "Aktuell gab es kurzfristig eine Promotion für unsere C5000-Farbdruckerserie. Die Distribution konnte für einige Tage Produkte dieser Serie bis zu 50 Prozent günstiger einkaufen. Die Nachfrage speziell auf diese Promotion war außerordentlich hoch, und es kam zu einer Situation, in der die aufgelaufenen Händlerbestellungen leider nicht alle zeitgleich ausgeliefert werden konnten. Einige Händler konnten über Ware verfügen und werben, andere warteten auf Ware, und wiederum andere verpassten wegen der Kürze der Laufzeit dieser Promotion das Angebot gänzlich." Man habe daraus gelernt und werde zukünftig Start und Ende von Promotionen sowie Warenverfügbarkeit harmonischer aufeinander abstimmen, verspricht Quenzer.

Bei Acer versucht man dem Problem mit zwei verschiedenen Produktlinien Herr zu werden: "Es nützt einem Fachhändler nicht viel, wenn er das gleiche Produkt wie ein Retailer im Regal hat, dem Trommelfeuer aus Werbung und aggressiven Preisen letzten Endes aber wenig entgegenzusetzen hat", meint Acer-Manager Mico Krebs. Für Fachhändler, die ausschließlich auf reine Hardwareumsätze mit privaten Endkunden setzen und kein Lösungsgeschäft entwickeln, werde es aber zunehmend schwieriger, gegen E-Tailer und Retail, die auch noch mit geringen Margen profitabel sind, zu bestehen. Warum aber die Fachhandelslinie auch bei E-Tailern auftaucht, dazu hat Acer keine Erklärung.

Dass das Thema Preisgestaltung äußerst heikel ist, zeigt die Zurückhaltung der ansonsten so kommunikationsfreudigen Hersteller. So war beispielsweise von Samsung bis zum bisher kein Statement zu erhalten.

Trotzdem wollen wir für Sie am Ball bleiben. Im CP forum haben wir daher die Rubrik "Schweinepreis-Alarm!" eingerichtet. Wenn immer möglich, dokumentieren Sie das Verkaufsangebot bitte mit einem Screenshot, PDF, Beweisfoto oder ähnlichem. Bitte geben Sie auch die genaue Quelle an. Umso größer sind die Aussichten, dass dem "Schweinepreis-Alarm!" nachgegangen werden kann.

Die Redaktion wird der Sache nachgehen und den Hersteller damit konfrontieren. Seine Stellungnahme werden wir an gleicher Stelle veröffentlichen. Natürlich werden wir auch dann informieren, wenn eine Stellungnahme verweigert wird. (awe)