Mit vollen Händen

Hier werfen Firmen Geld zum Fenster raus

28.01.2011 von Simon Hülsbömer 
Die IT ist in vielen Bereichen ein Fass ohne Boden. Lesen Sie, wo so mancher Ihrer Kunden seine Gelder versenkt.
Ihr Geld zum Fenster rauszuwerfen beherrschen viele Unternehmen ziemlich gut.
Foto: Robert Kneschke/Fotolia.com

IT-Budgets sind häufig auf Kante genäht, trotzdem wird Geld zum Fenster hinausgeworfen. Da geben Unternehmen zu viel für Softwarelizenzen und Service-Level-Agreements aus, da wird Bandbreite bezahlt, die gar nicht benötigt wird, da fressen zu viele veraltete Unterlagen und E-Mails den Speicherplatz auf den Unternehmensservern auf und sorgen für unnötige Zukäufe von Infrastruktur. Von fehlgeschlagenen Projekten im Endstadium und den Millionen, die für Papier, Tinte und Toner ausgegeben werden, einmal ganz abgesehen.

Das muss natürlich nicht sein, aberr dennoch passiert es. nicht sein. Obwohl es kein allgemein gültiges Patentrezept gegen die folgenden sechs Arten der Geldvernichtung gibt, können die dieFinanzen Ihrer Kunden schon mit einfachen Bordmitteln einigermaßen im Zaum gehalten werden. In diesem Beitrag wird aufzeigt, wo in Unternehmen häufig unsinnig Geld verbrannt wird. Sie können Sie als Händler, Systemhaus-Mitarbeiter oder IT-Dienstleister durchaus ableiten, wo Sie Schwerpunkte bei Ihrer Beratung setzen sollten.

Softwarelizenzen

Unternehmen zahlen Milliarden für Softwarelizenzen. Dabei handelt es sich oft um Programme, die niemals eingesetzt werden oder für Angestellte entwickelt wurden, die schon längst nicht mehr im Unternehmen arbeiten. Die gezahlten Lizenzpreise sind demnach weit höher als das, was nötig wäre. Eine aktuelle IDC-Umfrage unter mittelständischen und großen Unternehmen zeigt, dass weit über die Hälfte aller eingekauften Anwendungen nicht oder nur unzureichend eingesetzt werden – teils werden drei Viertel der erstandenen Lizenzen für eine Software nie benötigt.

"Unternehmen nutzen typischerweise weniger als 50 Prozent des Funktionsumfangs eines ERP-Systems und zahlen trotzdem Lizenz- und Wartungsgebühren für Module und Funktionen, die ihrem Business nichts bringen und nicht gebraucht werden", stellt IT-Consultant Kathryn Douglas von WillowTree Advisors fest. "Sie müssten ihre personengebundenen Lizenzen einmal prüfen und die geschlossenen Vereinbarungen überarbeiten, um ungenutzte oder doppelt vorhandene Lizenzen hinauswerfen zu können." Der finanzielle Unterschied zwischen einer Lizenz für 2.000 Arbeitsplätze und einer für 1.000 könne durchaus einige Hundert Euro ausmachen.

Kleine und mittlere Unternehmen kommen möglicherweise mit einer einfachen Excel-Tabelle aus, um einer Aufstellung ihrer Kontobewegungen beizukommen. Komplexe Operationen jedoch verlangten nach einer Enterprise-Software, die die aktiven Assets verwalte, ihre Anwendung überwache und die Zahl der Lizenzen entsprechend optimiere – so Steve Schmidt, Leiter des Produkt-Managements bei Flexera Software, das Lösungen im Bereich Application Usage Management anbietet.

Zum Einstieg in die Kostenoptimierung solle ein Unternehmen Informationen über die Softwarelizenzen sammeln, für die Geld ausgegeben werde und darüber, welche wirklich genutzt würden, so Schmidt. Vielfach genüge es bereits, diesen Vergleich ein einziges Mal anzustellen und ihn nicht kontinuierlich wiederholen zu müssen.

Die Kombination aus Tracking und bestmöglichem Einsatz von Lizenzen beinhaltet auch noch Themen wie Downgrade-Rechte und Zweitnutzung. Weltweit tätige Unternehmen schließen deshalb oft Vereinbarungen, mit denen sie Lizenzen jederzeit und überall verwenden dürfen. Das Gleiche sollte im Übrigen für alle Cloud-Anwender gelten – auch wenn es hier ungleich schwerer ist, den Nutzungsgrad bestimmter Lizenzen im Auge zu behalten.

30 Millionen gespart

Wer sein Lizenz-Management im Griff hat, spart – und nicht wenig. So hat Procter&Gamble (Mutterkonzern von Marken wie Pampers, Ariel und Gilette) mit Hilfe von Flexeras FlexNet Manager Suite überflüssige Lizenzen für Oracle- und SAP-Produkte im Wert von jährlich über 30 Millionen Dollar aussortiert.

Wer noch mehr einsparen möchte, könne auch gleich komplett auf Open-Source-Produkte umsteigen, rät David Wood, CTO der Jun Group: "Wenn sie nicht in Geschäftsfeldern wie Finanzen, Gesundheit und Militär unterwegs sind, in denen anerkannte (und kostspielige) Softwarezertifikate überlebenswichtig sind, zahlen Anwender gerade für Oracle-Produkte zuviel Gebühren für ungebrauchte Features. Das Problem ist nur, dass die Infrastrukturen in den Unternehmen über Jahre gewachsen sind und sich mittlerweile kaum noch auf kostengünstigere Lösungen portieren lassen. Darüber hinaus fehlt es nach wie vor an Vertrauen in die Open-Source-Anbieter."

Papierflut

Wer erinnert sich noch an das papierlose Büro? Niemand, denn es hat es nie gegeben. Untersuchungen des Lawrence Berkeley National Laboratory nach produziert jeder US-Büroarbeiter pro Jahr mehrere Zehntausend Seiten bedrucktes Papier im Gesamtwert von mehr als sechzig Euro – fast die Hälfte davon landet sofort im Mülleimer. Amerikanische Unternehmen geben jährlich 120 Milliarden Dollar nur für Papier aus, wie eine Studie des Druckerherstellers Xerox belegt. Dazu kommen die meist exorbitant teuren Nachkäufe von Tintenpatronen und Tonern. Die Gesamtkosten fürs Nachfüllen des Papiers, das Kopieren, Mailen, Speichern und spätere Wiederfinden können schnell mehr als 30 Mal (!) höher liegen als die für den einfachen Ausdruck, so die Angaben aus einer Studie des Minnesota Office of Environmental Assistance aus dem Jahr 2005.

Das papierlose Büro war also nie weiter weg als heute. Dennoch ist ein papierarmes Büro durchaus machbar. Der erste Schritt dahin ist die Abschaffung aller Arbeitsprozesse, die nach wie vor per Hand erledigt werden müssen. Paula Selvidge, Leiterin des Geschäftsbereichs "User Experience" beim Geschäftsprozess-Automatisierer Perfect Forms, stellt fest: "Viele tägliche Abläufe im Unternehmen bedürfen der Papierform – Urlaubsplanung, Zeitpläne, Rechungsaufstellungen – um diese an andere Abteilungen wie HR zu senden und schließlich dem Vorstand vorzulegen." Die meisten Prozesse können jedoch genauso komplett digitalisiert stattfinden – ohne einen einzigen Ausdruck. Ein Intranet-Workflow für Standardabläufe muss nur einmal aufgesetzt werden und verursacht kaum Folgekosten. Hier sind Ersparnisse im vierstelligen Bereich ohne weiteres möglich.

400.000 gespart

Wenn Mitarbeiter des Weiteren darauf verzichten, E-Mails, Websites und andere elektronische Dokumente massenweise auszudrucken, lässt sich noch mehr Geld sparen. Kent Dunn, Verkaufsleiter von Software-Hersteller Green Print, der Lösungen anbietet, unnötige Druckjobs zu vermeiden und damit Papier und Tinte zu sparen, behauptet, dass ein Unternehmen mit 5000 PC-Arbeitsplätzen im Jahr über sechs Millionen Papierseiten zuviel ausdrucke und so 400.000 Dollar ausgebe, die sich einsparen ließen.

Bereits der bloße Verzicht auf papierne Überweisungsträger und Schecks spart einer Javelin-Research-Studie zufolge mehr als 130 Euro pro Mitarbeiter jährlich.

Service Level Agreements

Egal ob Helpdesk, Web-Hosting oder Server-Betriebszeiten: Unternehmen zahlen in vielen outgesourcten Bereichen für Luxus-SLAs (Service Level Agreements), obwohl es die günstige Variante auch täte. IT-Berater und Blogger Matthew Podowitz ("The IT Value Challenge") stellt daher die Frage: "Wie viele Unternehmen brauchen wirklich eine 99,999-prozentige Verfügbarkeit rund um die Uhr und sieben Tage die Woche?"

Ob eine Website oder ein System nun 15 Minuten (bei oben genannter Verfügbarkeit) oder zwölf Stunden (bei der deutlich günstigeren 98,5-prozentigen Verfügbarkeit) im Jahr nicht erreichbar sei, mache meist keinen Unterschied, sagt Podowitz. Wenn durch die paar Stunden keine spürbaren Wettbewerbsnachteile entstünden, ließe sich hier eine Menge Geld einsparen. "Als Regierung eines Landes möchte ich natürlich nicht, dass meine staatliche Notrufnummer ausfällt, private Bankgeschäfte hingegen müssen nicht jederzeit möglich sein", meint der Berater.

Selbst IT-Abteilungen, die ihre Budgets stramm gebürstet haben, können bei den SLAs noch sparen - vor allem beim Kundensupport, so John Baschab von Technisource: "Gerade der zuviel vorhandene Service ist ein schwarzes Loch im operativen Budget." So sollte in den SLAs festgeschrieben werden, dass die Anwender sich bei Problemen zunächst selbst zu helfen versuchten sollten (End-User Self-Service), bevor der Support eingeschaltet wird.

Auch sollten nur die wichtigsten Service-Leistungen vertraglich inkludiert und darüber hinaus gehende gesondert abgerechnet werden, sagt Baschab. "Das Schwierigste ist die SLA-Analyse – welche Services brauche ich wirklich, welche sind optional? Dafür benötigen Sie Erfahrung im Benchmarking, im Anforderungsmanagement, im Service-Level-Setting und im Bereich Governance."

E-Mail

Dass E-Mail ein Produktivitätskiller weil unberechenbarer Zeitfresser ist, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, dass es auch in Sachen Speicherplatz, Wartung, Softwarelizenzen, Server-Unterhalt und Security Unmengen an Geld verschlingt.

Wie die Radicati Group ermittelte, verschickten Internet-Anwender im vergangenen Jahr insgesamt 247 Milliarden E-Mails pro Tag, rund ein Viertel davon entfiel auf Unternehmen. In den kommenden drei Jahren wird sich dieses Volumen noch einmal verdoppeln und zu großen Speicherplatzproblemen im Enterprise führen. "Ein 10.000 Mitarbeiter zählender Konzern ohne Mailbox-Richtlinien verbraucht durchschnittlich 30 Gigabyte Speicherplatz am Tag nur für E-Mails und ihre Anhänge", sagt WillowTree-Beraterin Douglas.

Mit gezielten Einstellungen in der Mail-Software oder dem Einsatz eines Tools fürs Enterprise Mail Management in Kombination mit einer E-Mail-Archivierungs-Policy ließen sich laut Douglas die Speicherkosten drücken. Solche Werkzeuge verwalteten die Vorhaltezeit der Nachrichten, filterten Anhänge bestimmter Größen aus und leiteten die Anwender in diesem Fall zu Drittlösungen wie Microsoft SharePoint um, wo große Dateien besser und schneller mit anderen geteilt werden könnten.

"Wenn Unternehmen die Mail-Gewohnheiten ihrer Mitarbeiter verfolgen und verstehen, können sie mithelfen, für jeden den besten Weg zu finden, Informationen zu verschicken, zu speichern und zu erhalten - damit sinken zum einen die Kosten und zum anderen steigt die E-Mail-Performance", meint Douglas.

Eine Alternative zum stationären E-Mail-Client ist die Cloud-Anwendung, wo Speicherplatz und Systemwartung komplett ausgelagert werden können. Das sei besonders für kleinere Unternehmen mit bis zu 1.000 Arbeitsplätzen zu empfehlen, so Gary Badahur, CEO von KRAA Security. "E-Mail lässt sich ziemlich einfach und schnell in die Cloud geben – Sie müssen sich keine Gedanken mehr über Kosten für Hardware und Softwarelizenzen, den Betrieb und um Viren machen. Die Dienstleister haben sich spezialisiert und sparen Ihnen Geld."

Bandbreite

Bandbreite kann man nie genug haben. Soweit die landläufige Meinung. Die Folge: Unternehmen verpulvern Geld für Bandbreite, die sie gar nicht nutzen und versäumen, die wirklich notwendige Bandbreite besser zu verwalten. Firmen, die beispielsweise 100-Mbit-Leitungen im Einsatz haben, nutzten allzu oft nicht einmal ein Prozent davon aus, stellt Andrew Rubin fest, CEO des Netzdienstleisters Cymtec.

Die oft pragmatische Reaktion der Unternehmen auf zuviel teure Geschwindigkeit: "Mit dieser Netz-Infrastruktur sind wir auf Jahre hinaus gerüstet." Besser sei es, im mittleren Bandbreiten-Bereich anzufangen, aber in der täglichen Arbeit der IT-Abteilung so zu tun, als sei die Leitung viel langsamer, rät Rubin. "Dann verstehen Sie schneller, was Sie wirklich an Leistung benötigen und was Sie aus dem bereits vorhandenen alles noch herauskitzeln können."

Dass viele Unternehmen glaubten, sie würden bald zum Global Player aufsteigen, mache den Bandbreiten-Wahnsinn nicht einfacher, glaubt Jun Group-CTO Wood. Sie bauten sich ihr Netz deshalb oft als Statussymbol im Markt auf – auch weil sie meinten, die komplette IT-Infrastruktur selbst betreiben zu müssen. Auch hier könnten Cloud-Services kostengünstige Abhilfe schaffen.

Projekte

Ambitionierte IT-Großprojekte sind vom Start weg fehlerbehaftet. 30 bis 70 Prozent von ihnen gehen schief. Die Branche ist übersät mit schlechten Beispielen (siehe auch die nachfolgende Bilderstrecke). Wie die Standish Group in ihrem letztjährigen CHAOS Report schrieb, wird jedes vierte IT-Projekt gar nicht erst abgeschlossen, weil es nicht mehr zu retten ist – die Kosten gehen in die Milliarden.

Kostspielige IT-Pannen
Fehlerhafte Hartz IV Software (2004)
Zum Start der Arbeitsmarktreform Hartz IV streikte die Software, die die das Arbeitslosengeld für Langzeitarbeitslose berechnete. Die von T-Systems entwickelter Anwendung "A2LL" lief nicht stabil und löste Rechnerabstürze aus. <br /><br />Zudem wurden Zuschläge falsch berechnet, Datenfelder fehlten oder waren für die Erfassung gesperrt. Außerdem kam es bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge zu Rundungsfehlern. <br /><br />Später wurde bekannt, dass eine nach gelagerte Software kurze Kontennummern falsch auffüllte. Statt Nullen voranzustellen, wurden sie hinten angehängt. Dadurch waren Konten nicht zuzuordnen. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/nachrichtenarchiv/549354/" target="_blank">Fehlerhafte Software bedroht Hartz-IV-Start</a>
Hartz-IV-Softwarepanne, die Zweite (2006)
Im Dezember 2006 streikte die Software erneut, eine Bearbeitung von Erst- und Fortzahlungsanträgen für das Arbeitslosengeld 2 (ALG2) war nicht mehr möglich. Die Probleme tauchten auf, nachdem ein Update eingespielt wurde, hieß es zunächst. <br /><br />T-Systems wehrte sich allerdings gegen den Vorwurf, eine fehlerhaft implementierte Dialog-Software sei der Grund für die Pannenserie. Vielmehr sei das Problem durch ein Datenbank-Update hervorgerufen worden, betonte die Telekom-Tochter. <br /><br /><a href="http://www.computerwoche.de/nachrichtenarchiv/585325/" target="_blank">Probleme mit Hartz-IV-Software</a>
EDS und die britische Kindergeld-Behörde (2004)
Der US-amerikanische IT-Dienstleister scheitert 2004 spektakulär in Großbritannien und bescherte dem Steuerzahler einen Verlust von etwa einer Milliarde Pfund. <br /><br />EDS war beauftragt worden, für die britische Behörde Child Support Agency (CSA), die das Kindergeld auszahlt, ein neues IT-System zu entwickeln, dass das Verfahren beschleunigt. <br /><br />Die implementierte Lösung CS2 überwies etwa 1,9 Millionen Berechtigten zuviel Geld, rund 700 000 bekamen allerdings zu wenig. Grund dafür war nicht allein die Software, denn zeitgleich hatte die britische Regierung die CSA reformiert. Update zwang die Software in die Knie.
Die Explosion der Ariane 5 (1996)
Innerhalb von Sekunden zerbarst im 1996 Europas ehrgeizige Ariane-5-Mission. Die unbemannte Rakete explodierte 30 Sekunden nach dem Start vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana, nachdem sie zuvor von ihrem Kurs abgekommen war. An Bord waren vier Satelliten im Wert von 500 Millionen Dollar. <br /><br />Später veröffentlichte die New York Times den Grund für die Panne. Die Ariane 5 nutzte die gleiche und bewährte Software wie ihr Vorgängermodell, die Ariane 4. Die neue Trägerrakete war jedoch schneller und konnte eine größere Nutzlast transportieren, dadurch fielen deutlich mehr und höhere Flugdaten an, die verarbeitet werden mussten. <br /><br />Letzten Endes löste die Umwandlung von Gleitkommazahlen in ganzzahlige Werte einen Overflow aus und setzte damit eine Fehlerkette in Gang. Das redundante System der Ariane 5 konnte die Katastrophe nicht verhindern. Es nutzte die gleiche Software.
Panne in der Entwicklung des Airbus A380 (2006)
Die verteilte Fertigung bei Airbus brachte es mit sich, dass in verschiedenen Werken unterschiedliche Software verwendet wurde. Peinlich wurde dies, als die Werke unterschiedliche Versionen der CAD-Software Catia verwendeten. <br /><br />In Hamburg arbeiteten die Ingenieure mit einer älteren Version, im französischen Toulouse kam die aktuellste Ausführung zum Einsatz, die allerdings nicht abwärtskompatibel war. Als die an den jeweiligen Standorten entwickelten und gefertigten Teile zusammengeführt werden sollten, passten die Verkabelungsbäume nicht zueinander. <br /><br />Die Auslieferung des Airbus verzögerte sich um acht Monate.
Das Jahr-2000-Problem (1999/2000)
Für die IT-Industrie wurde der Jahrtausendwechsel zum großen Fest. Sie verdiente prächtig an einem Fehler (beziehungsweise einer Unzulänglichkeit), den sie selbst mitverursacht hatte. <br /><br />Weil in den frühen Jahren der IT Speicherplatz teuer war, wurden Jahreszahlen nur zweistellig dargestellt. Die Zahlenkombination "00" bezeichnete also sowohl das Jahr 1900 als auch das Jahr 2000. Zum Teil wurde auch ungültige Datensätze mit der Doppelnull gefüllt. <br /><br />Viele Anwenderunternehmen fürchteten finanziellen Schaden aufgrund falscher Berechnungen. Zudem drohten Computerabstürze und Sicherheitslecks in Anwendungen von Banken, Industrieanlagen und Kernkraftwerken.
Millionengrab Fiscus (1993 bis 2005)
Zum Fass ohne Boden entwickelte sich das Föderale Integrierte Standardisierte Computer-Unterstützte Steuersystem (Fiscus). Mehr als zwölf Jahre strebten die deutschen Bundesländer an, eine einheitliche Steuersoftware für rund 650 Finanzämter einzuführen. Dafür verbrauchten sie geschätzte 900 Millionen Euro. <br /><br />Ein brauchbares Ergebnis kam nicht dabei heraus. Die Anfänge nahm Fiscus im Jahr 1993. Die Bundesländer wollten die parallele Entwicklung mehrerer Lösungen zentralisieren, um Kosten zu sparen. Zudem sollten die ausufernden Altsysteme durch eine neue, moderne Applikation ersetzt werden. <br /><br />Während der Entwicklungsarbeiten wurden mehrfach die technischen Zielrichtungen verändert (etwa von der strukturierten zur objektorientierten Entwicklung). <br /><br />Schwierigkeiten bereitete zudem das Kompetenzgerangel zwischen den Bundesländern. 2005 wurde die eigens für das Projekt gegründete Fiscus GmbH liquidiert und das neue Projekt "Konsens" gestartet. <br /><br /><a href=" http://www.computerwoche.de/it_strategien/it_management/599350/index2.html" target="_blank"> Von Fiscus zu Konsens: Ein langer Weg geht zu Ende </a>
Hessens Desaster mit der Schulsoftware (2007)
Das Bundesland Hessen erlebte mit der Einführung der neuen Schulverwaltungssoftware LUSD (Lehrer- und Schülerdatenbank) ein Desaster. <br /><br />Ziel der Software war eine zentrale Verwaltung aller Schüler und Lehrerdaten. Mit der Implementierung in den Schulen startete der beauftragte IT-Dienstleister CSC im Oktober 2006. Zur Eskalation kam es im Herbst 2007 als die betroffenen Schulsekretariate sich über anhalten Performance-Probleme beschwerten und sich die Mängel zum Politikum entwickelten. <br /><br />Ursache der Leistungsprobleme war offenbar eine nicht sauber implementierte 3-Tier-Architektur aus Web-Client, Application- und Datenbank-Server. Im Lauf des Entwicklungsprojekts wurde Prozess- beziehungsweise Business-Logik auf dem Datenbank-Server statt auf dem Application-Server abgebildet.

"Schlechtes Projekt-Management ist mit der größte Kostenpunkt in Unternehmen", so Chris Stephenson, Partner beim Beratungsunternehmen Arryve. Warum? Weil sich Projekterfolge und -misserfolge nicht (richtig) messen lassen und das Management nicht mitzieht: "Viel zu oft, werden IT-Projekte produktives Zutun der einzelnen Abteilungen vom Business zu den Entwicklern zu den Testern bis in den Livebetrieb durchgereicht. Niemand, der das spätere Produkt einsetzen soll, wird um Rat gefragt – jeder macht sein eigenes Ding, womit viel Arbeit doppelt und dreifach anfällt und immer auf andere Art und Weise ausgelegt wird", so Stephenson.

Er schätzt, dass die Zeit bis zur Fertigstellung von Projekten, die so und nicht den Regeln nach verschiedene Phasen durchlaufen, doppelt so lang ist wie bei Projekten, in denen von Anfang an alle Beteiligten mit einbezogen werden. Die Kosten seien entsprechend auch doppelt so hoch – außerdem liefen solche Projekte große Gefahr, niemals im Unternehmen angenommen zu werden.

Die Kosten für ein Projekt berechnen sich nicht in erster Linie aus den Ausgaben für die eingesetzte Soft- oder Hardware, sondern aus den Kosten für den Mitarbeiter, der seine Zeit mit einem Projekt verbringt. "Unternehmen müssen herausfinden, welche ihrer laufenden Projekte riskant sind und Gefahr laufen, im Desaster zu enden", rät Curt Finch, CEO des Online-Dienstleisters Journyx, der unter anderem Web-basierende Zeiterfassungssysteme anbietet.

"Am besten geht das, indem geschaut wird, wie viel Zeit die Mitarbeiter in bestimmten Projekten verbringen. Gleichzeitig ist zu prüfen, wie weit diese Projekte vorangeschritten sind. Wenn ein Projekt beispielsweise 1000 Personenstunden vorsieht und davon bereits die Hälfte verbraucht wurde, das Projekt aber nur zu 15 Prozent fertig gestellt ist, haben sie in den meisten Fällen ein Hochrisiko-Projekt vor sich – und damit ein Problem."

Um diese bodenlosen Fässer erst gar nicht ins Haus zu lassen, reicht es oft schon, nur den gesunden Menschenverstand einzuschalten. Finch rät Unternehmen: Beginnen Sie niemals mit Projekten, von denen Sie wissen, dass Sie sie nicht abschließen können (so sehr Sie es auch wollen). Starten Sie auch keine drei Projekte gleichzeitig, wenn Ihre Ressourcen nur für die Bearbeitung eines einzigen reichen.

Prüfen Sie fortlaufend den Projektfortschritt und den eingebrachten Arbeitsaufwand. Projektmitarbeiter sollten zu regelmäßigen Statusupdates angehalten sein, die der Wahrheit entsprechen und Projektrückstände klar benennen dürfen, ohne persönliche Konsequenzen fürchten zu müssen. "Wenn ein Projekt in Schieflage gerät, das Management das Projekt aber für wichtig hält, sollten weitere Ressourcen dafür freigesetzt werden und nicht sofort die Köpfe rollen."

Dieser Artikel stammt von Dan Tynan von unserer US-Schwesterpublikation Infoworld. (cm)