Spielräume nutzen, Stolperfallen meiden

Home Office – Vor- und Nachteile

08.07.2013
Die aktuelle Rechtsprechung erleichtert die Einrichtung und Ausstattung von Heimarbeitsplätzen. Profitieren können sowohl Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Allerdings sollten sie alle Details im Blick behalten, sagt Klaus Zimmermann.

Von einem Traumjob erwarten immer mehr Arbeitnehmer vor allem eines: Flexibilität. Viele wünschen sich eine möglichst freie Zeiteinteilung und Arbeitsplatzwahl, um die beruflichen Aufgaben zu erfüllen. Die Vielzahl an neuen technischen Möglichkeiten erleichtert es, vertragliche Pflichten auch außerhalb der Betriebsstätte wahrzunehmen.

Heimarbeitsplätze entsprechen dem Trend zu mehr Flexibilität. Obendrein bieten sie für Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktive Einsparpotenziale. Nach einer Studie des Marktforschers Ipsos bietet mehr als ein Drittel aller mittelständischen Unternehmen flexible Arbeitsmodelle wie die Heimarbeit an - Tendenz steigend.

Die aktuelle Rechtsprechung erweitert den Gestaltungsspielraum rund um Home Offices. Allerdings beäugen die Finanzbehörden die Rahmenbedingungen sehr genau. Unternehmen sollten alle Möglichkeiten sorgfältig prüfen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Richtig ausgestaltet, ergeben sich aber enorme Vorteile für das Unternehmen und ihre Mitarbeiter.

Pluspunkte Heimarbeit

Home Offices bieten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlreiche Vorteile. Arbeitgeber können betriebliche Arbeitsplätze auf mehrere Mitarbeiter aufteilen. Die Arbeitskräfte halten sich abwechselnd in den Geschäftsräumen auf und arbeiten die verbleibende Zeit in ihren Home Offices. Unter Umständen benötigt der Arbeitnehmer keinen betrieblichen Arbeitsplatz und arbeitet ausschließlich zu Hause oder unterwegs.

Die Folge: Arbeitgeber reduzieren ihren Raumbedarf und alle damit verbundenen Kosten. Zudem können Home Offices dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Arbeitgeber machen den Job auch für weiter entfernt wohnende Kandidaten attraktiv. Sie müssen ihren Lebensmittelpunkt für den Job nicht unbedingt aufgeben.

Für Arbeitnehmer wiederum entfallen die oft langen Fahrten zur Betriebsstätte. Das spart Zeit, Kosten und angesichts vieler Verkehrsstaus auch Nerven. Heimarbeiter können die eigentliche Arbeitszeit oft flexibel gestalten. So lassen sich alltägliche Dinge wie der Handwerkertermin leichter in den Arbeitsalltag einbinden.

Von einer engen familiären Anbindung, die mit Home Offices einhergeht, profitieren Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Unternehmen können Mitarbeiter, die sich zwischenzeitlich stärker der Familie verschrieben haben, wieder schneller integrieren. Dazu zählen etwa Mutterschaftsurlaub, Elternzeit oder Freistellungen zur Pflege erkrankter Familienangehöriger. Wer keinen Kinderbetreuungsplatz findet, kann mit einem Home Office Familie und Beruf leichter unter einen Hut bringen.

Neue Rechtsprechung nutzen

Eigentlich können Arbeitnehmer die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur unter strengen Bedingungen als Werbungskosten ansetzen. Die Finanzbehörden akzeptieren alle Kosten nur dann, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit bildet. Ist dies nicht der Fall, doch dem Arbeitnehmer steht kein anderer Arbeitsplatz für die berufliche und betriebliche Tätigkeit zur Verfügung, so sind Kosten bis zu 1.250 Euro jährlich abzugsfähig.

Ein Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (Az. 4 K 1270/09) stellt indes klar: Alle Aufwendungen sind auch dann komplett abzugsfähig, wenn das Home Office nachweislich im Interesse des Arbeitgebers ist. Im konkreten Fall wurde der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber per Arbeitsvertrag verpflichtet, an zwei Tagen pro Woche von zu Hause aus zu arbeiten und dafür einen Raum vorzuhalten.

Unternehmen können sich auf das aktuelle Urteil berufen und ähnliche Vereinbarungen treffen. Sind Home Offices aus arbeitsrechtlichen Gründen erforderlich, müssen die Finanzbehörden grundsätzlich alle Kosten anerkennen. In der Regel übernehmen Arbeitgeber die Kosten für Hard- und Software sowie die Kommunikationskosten. Sie können dann die Kosten in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend machen. Der Arbeitnehmer trägt seinerseits meist alle weiteren Kosten wie die anteilige Miete oder die Stromkosten. Die Kosten kann er als Werbungskosten im Rahmen der jährlichen Steuererklärung ansetzen.

Stolperfallen im Blick

Geringe wöchentliche Arbeitszeiten im Home Office rufen schnell die Finanzbehörden auf den Plan. Auch wenn das Home Office betrieblich vorgesehen ist, kann es zu Kürzungen des Höchstbetrags kommen. Je nach Aufteilung der Arbeitstätigkeit im Betrieb und im Home Office können die Finanzbehörden den vollen Betrag noch zeitanteilig kürzen. Arbeitnehmer, die das Interesse des Arbeitgebers an einem Home Office nicht nachweisen können, müssen prinzipiell mit der Streichung von Werbungskosten rechnen.

Das Finanzamt überprüft die Kosten rund um ein häusliches Arbeitszimmer sehr genau. Dabei scheuen die Beamten auch vor Hausbesuchen nicht zurück. Nicht selten messen sie die Raumgröße selbst nach. Kosten, die nicht genau zu ermitteln oder zu beziffern sind, lassen sich steuerlich auch nicht geltend machen. Eine "Putzmittelpauschale" etwa wird das Finanzamt nicht akzeptieren. Der Fiskus fordert eindeutige Belege und nachvollziehbare Berechnungen.

Klare Vereinbarungen treffen

Ist die Einrichtung eines Home Office geplant, sollten Unternehmen systematisch vorgehen und einige Grundregeln befolgen. So lassen sich alle steuerlichen Begünstigungen ausschöpfen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten in jedem Fall eine arbeitsrechtliche Vereinbarung zum Home Office treffen. Darin sollten sie die zeitliche Nutzung von betrieblichen Räumen und Home Office genau festhalten. Besonders wichtig ist, dass aus der Regelung das Interesse des Arbeitgebers an der Heimarbeit des Mitarbeiters hervorgeht. Auch Kontrollrechte des Arbeitgebers und deren Umfang sind aufzunehmen.

Die arbeitsrechtliche Vereinbarung sollte auch Fragen der IT-Sicherheit sowie den Gesundheits- und Versicherungsschutz umfassen. Andernfalls drohen Missverständnisse oder haftungsrechtliche Streitfälle (siehe Kasten "Home Office: häufige Stolperfallen vermeiden" auf Seite XXX).

Heimarbeiter sollten private und betriebliche Kosten möglichst trennen. Idealerweise richtet der Arbeitnehmer einen separaten Raum als Home Office ein. Alternativ kommen auch ein Arbeitsplatz oder eine Arbeitsecke in Betracht. Das Arbeiten per Notebook am privaten Esstisch oder auf der Couch hingegen, ist steuerrechtlich nicht erlaubt. Hier lassen sich Privatsphäre und Arbeitsbereich nicht mehr trennen, was einen steuerlichen Kostenabzug grundsätzlich verhindert.

Lageplan erstellen, Belege sammeln

Arbeitnehmer sollten zusätzlich folgende Vorkehrungen treffen: Sie sollten die Größe des Arbeitszimmers genau dokumentieren, um dem Finanzamt eine Kostenüberprüfung zu ermöglichen. Dazu sind ein bemaßter Grundriss und ein Lageplan sorgfältig aufzubewahren. Durchgänge in andere Räume, die die Nutzung des Arbeitszimmers beeinträchtigen, sollten aus der Kostenaufstellung herausgerechnet werden. Andernfalls nimmt das Finanzamt pauschale Kostenkürzungen vor.

Um auch die laufenden Kosten für ein Home Office geltend zu machen, sollten Heimarbeiter alle Belege für die Steuererklärung sammeln. Dazu zählen die anteilige Miete, Abschreibungen, Zinsaufwendungen, Wasser- und Energiekosten, Renovierungskosten und Grundsteuer, aber auch Müllgebühren oder Versicherungen.

Der organisatorische Aufwand lässt sich mit einer interessanten Option deutlich reduzieren: Der Arbeitnehmer kann das häusliche Arbeitszimmer auch an den Arbeitgeber vermieten. Der Bundesfinanzhof macht allerdings zur Bedingung, dass der Arbeitgeber gleichartige Mietverträge auch mit Dritten abschließt und keinen betrieblichen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt (Az. V R 131/00).

Dann kann der Arbeitnehmer die Kosten für das Home Office über die "Anlage V" geltend machen, muss aber im Gegenzug auch die Mieteinnahmen versteuern. Unternehmen können die Mietzahlungen und die angefallenen Nebenkosten als Betriebsausgaben absetzen. Welches Modell letztlich sinnvoll und praktikabel ist, sollten Unternehmen im Vorfeld mit ihrem steuerlichen Berater diskutieren. (oe)
Der Autor Klaus Zimmermann ist Steuerberater in der Kanzlei DHPG Dr. Harzem & Partner KG in Bornheim.
Kontakt und Infos:
www.dhpg.de