Aufregung in den USA; HP jagt Cisco Marktanteile ab

Kauft Cisco McAfee? Switch-Marktanteile bröseln

11.08.2008
Ob der Netzwerkriese Cisco in einer schwierigen Situation ist, kommt auf den gewählten Strandpunkt an. Einerseits breitet sich das Unternehmen konsequent aus; andrerseits sind Parter besorgt, ob es die richtige Perspektive bei seinem Stammgeschäft Router und Switches verfolgt. Und es wird gemunkelt, dass Cisco McAfee kaufen will.

Von Wolfgang Leierseder

Die unangefochtene Marktdominanz von Cisco im Stammgeschäft Router und Switches droht womöglich zu erodieren. Die Gründe, so befinden amerikanische Partner des Netzwerkriesens, lassen sich auf folgende zwei zurückführen: Erstens habe Cisco bei seiner Expansion in Richtung neue Märkte - unter anderem Sicherheit, VoIP, Video, Wireless, Storage und Virtualisation - seine angestammten Märkte Routers und Switches aus den Augen verloren. So warten so manche Partner auf eine abgespeckte Version des Edge-Switches "Catalyst 3750", um den massiv Marktanteile erobernden Switches des Rivalen HP Procurve begegnen zu können. Andere Partner wiederum verweisen nicht auf ein Produkt, wie es bei diesem GB-Switch der Fall ist, sondern generell auf die deutlich Anstrengungen von Procurve, sich mit vergleichsweise billigeren und mit 30 Jahren beziehungsweise in den USA mit lebenslanger Garantie versehenen Komponenten im SMB- und Enterprise-Markt als Alternative zu Cisco zu etablieren.

Derzeit mit Erfolg, wie jüngste Zahlen des US-Marktforschers Dell'Oro belegen. Ihnen zufolge konnte Procurve im ersten Quartal 2008 weltweit seine Port-Auslieferungen um 28,4 Prozent gegenüber dem Vergleichsquartal 2007 erhöhen. Der Netzwerkmarkt insgesamt legte jedoch in diesem Quartal nur um 7,8 Prozent zu. Dell'Oro führt mittlerweile Procurve als weltweit zweitgrößten Anbieter von LAN-Netzwerkkomponenten an. Und zum Beleg der deutlichen Erfolge des Netwerkers führt Dell'Oro die nordamerikanischen Ergebnisse an: In diesem Markt legte Procurve im ersten Quartal 2008 um 10, 4 Prozent zu, während der Markt insgesamt um fast 12 Prozent abnahm. Aber auch in Europa (EMEA) konnte Provcurve sich deutlich steigern. Die Port-Auslieferungen wuchsen um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, während der Gesamtmarkt stagnierte; er nahm um ein Prozent ab.

Betrachtet man dazu die Quartalsumsätze, ist Procurve kein Leichtgewicht mehr. Mit einem Umsatzplus von 27,4 Prozent liegt die HP-Tochter jetzt hinter Cisco und 3Com an dritter Stelle des weltweiten Ethernet-Switches-Markt. Marktforscher Synergy Research errechnete, dass Cisco und 3Com lediglich ein Wachstum von 6,9 beziehungsweise 16,4 Prozent vorweisen konnten. Allerdings muss ergänzend angemerkt werden, dass HP im Switches-Markt bereits 2004 auf dem dritten Platz lag.

Kauft Cisco McAfee?

Mit einem klaren und interessanten Portfolio unterwegs: Sicherheitsanbieter McAfee

Nun müssten angesichts absoluter Zahlen die Cisco-Partner nicht sonderlich besorgt sein. Mit knapp 74 Prozent Marktanteilen bei Firmen-LAN-Komponenten, so Dell’Oro, dominiert der kalifornische Riese den Markt. Doch Cisco-Partnern zufolge bedeutet das auch: massive Konkurrenz untereinander.

Wenn also Procurve sowohl im SMB- als auch im Enterprise-Markt zur Netzwerk-Alternative wird, müssen Cisco-Parner damit rechnen, in einem insgesamt stabilen Markt weniger Projekte gewinnen zu können. Folglich dürfte die Menge der Systemhäuser, die auch HP ins Portfolio nehmen, wachsen. Eine Spirale nach unten aus Cisco-Sicht?

Bei Cisco aber sieht man diese Entwicklung offiziell gelassen. Er glaube nicht, sagte der weltweit Verantwortliche für das "Channel go to market"-Programm, Edison Pers, gegenüber dem amerikanischen IT-Magazin "Varbusiness", dass Cisco eine "besondere Strategie" einschlagen müsse. Für HP aber kommentierte Mark Thompson, verantwortlich für den Procurve-Vertrieb, die jüngsten Erfolge so: "Die Welt wird immer aufmerksamer auf Procuve."

Wie viel Aufmerksamkeit Sicherheitsanbieter McAfee sich wünscht, ist offen. Dass er aber auf Cisco aufpassen muss, wird in einem amerikanischen Blogs versichert. In diesem steht, Cisco, in diesem Jahr mit ganzen zwei Akquisitionen sehr zurückhaltend mit Zukäufen, könnte sich die mit derzeit mit rund sechs Milliarden Dollar kapitalisierte Company kaufen. Zur Begründung führt der Blogger auf, dass Cisco sich noch viel intensiver als bisher mit dem Thema Sicherheit befassen werde.

Das muss es auch, da es bekanntlich sich als sogenannter "One Vendor Shop" begriffen haben möchte. Zudem wäre es zum ersten Mal seit seiner Abkehr vom reinen Netzwerkgeschäft in der Lage, die Frontends in Unternehmen mit den Produkten McAfees in den Griff zu bekommen. Zugleich würde es sein vorläufiges Scheitern bei NAC (Network Admission Control) doch noch in eine brauchbare Strategie ummünzen können. In dem Blog steht: Gleich, ob nun der Kauf tatsächlich stattfindet oder nur überlegt wird - ich halte dafür, dass Cisco Sicherheit zu einem bedeutenden Thema seiner Strategie machen wird.

Im Januar 2007 hatte Cisco IronPort gekauft. Dessen CEO, Scott Weiss, führt mittlerweile die Security-Abtelung von Cisco. Und er wird von Cisco nahe stehenden Venture Capital-Investoren as möglicher Nachfolger von Cisco-CEO John Chambers gehandelt. Das ist Einiges an Spekulation - aber eine gewisse Plausibilität hat es doch. (wl)