Studie zum IT-Sourcing

Klassische Angebote behaupten sich gegen Cloud-Lösungen

13.02.2018 von Jürgen Brettel
Auch bei Infrastructure und Application Services ist Cloud Computing auf dem Vormarsch, löst das klassische Sourcing-Geschäft jedoch noch lange nicht komplett ab.

Unternehmenseigene Rechenzentren werden immer mehr zum Auslaufmodell, da sie entweder zu klein geworden sind oder nicht mehr den heutigen Sicherheitsstandards entsprechen. Deshalb lösen sich weiterhin viele mittelständische und große Unternehmen von Serviceaufgaben im Eigenbetrieb und geben diese an Dienstleister ab. Das zeigt auch die Studie "Infrastructure & Application Sourcing - ISG Provider Lens Germany 2018", die 77 Anbieter auf dem deutschen Markt unter die Lupe nahm.

Klassische Hosting-Services behalten auch im Cloud-Zeitalter ihre Berechtigung.
Foto: Alona Syplyak - shutterstock.com

Die Studie untersuchte die in Deutschland relevanten Anbieter in den Infrastruktur-Marktsegmenten

und im Applikations-Umfeld die Segmente

Housing Services: Zahl der Rechenzentren steigt und steigt

Die Nachfrage nach sicheren Colocation- bzw. Housing-Angeboten in Deutschland ist ungebrochen. Die Colocation-Anbieter bauen jedes Jahr neue Rechenzentren, um den Bedarf zu befriedigen. Dabei sind die Flächen oft schon vermietet, bevor das Gebäude überhaupt fertiggestellt ist. Doch nicht nur die Kapazitäten, sondern auch das Angebot in diesem Marktsegment wird attraktiver. Jahr für Jahr erweitern die Anbieter ihre Angebote um neue Dienste, die den Unternehmen den Wechsel zu einem Dienstleister schmackhaft machen sollen - seien es individuell definierte SLAs (Interxion), die schnelle Umsetzung von Cloud-Szenarien in die Praxis (e-shelter) oder Infrastrukturen zum Testen der Kundeninfrastruktur in der neuen Umgebung (Equinix).

Für Deutschland identifiziert die Studie 21 marktrelevante Anbieter. Davon schafften es sieben Provider in den "Leader"-Quadranten.

Anbieter-Quadrant "Housing Services"
Foto: ISG

e-shelter

Dazu gehört e-shelter als hierzulande größter Anbieter von Rechenzentrumsstellflächen, die das Unternehmen alle selbst betreibt und so über ein hohes Maß an Erfahrung darüber verfügt, wie ein sicheres Rechenzentrum (RZ) ausgestattet sein muss. Insgesamt stehen 90.000 Quadratmeter zur Verfügung, die weiter wachsen. International ist e-shelter mit RZs in Zürich und Wien vertreten - sowie über den japanischen Mutterkonzern NTT an 140 Standorten weltweit. Dies ist insbesondere für Kunden von Vorteil, deren Business global aufgestellt ist. Neben den klassischen RZ-Dienstleistungen bietet e-shelter umfangreichen Support bei Transition sowie Umsetzplanung und im laufenden Betrieb. Die schnelle Umsetzung von Cloud-Szenarien ermöglicht das "innovation lab" des Unternehmens. Kunden können so selbst bereitgestellte neue Technologien in bewährte Umgebungen einbinden, sodass sich auch die Testphase in der kundeneigenen Umgebung verkürzt. So stellt sich e-shelter als innovativer Player dar, der sein Angebot ständig erweitert und sich an Kunden aller Größenordnungen richtet.

Interxion

Interxion gehört bereits seit Jahren zu den Marktführern unter den Housing-Anbietern und betreibt in Deutschland (Düsseldorf und Frankfurt) zwölf Rechenzentren mit einer Gesamtnettofläche von über 24.000 Quadratmetern und baut diese kontinuierlich aus. Allerdings unterhält das Unternehmen in anderen bedeutenden Ballungszentren oder international keine Datacenter. Einen besonderen Schwerpunkt legt Interxion auf das Thema Sicherheit - zumal zum Kundenkreis vor allem auch Systemhäuser und Internetanbieter gehören. Zahlreiche Zertifizierungen sollen diesen Anspruch unterstreichen, aber zum Beispiel auch 15 physische Katastrophenübungen im Jahr, in welche die Sicherheits- und Facility-Mitarbeiter eingebunden sind. Individuellen SLA-Anforderungen steht das Unternehmen offen gegenüber, was wohl auch dazu beiträgt, dass Interxion auf eine im Durchschnitt sehr lange Kundentreue zählen kann, die sich bei zahlreichen Kunden mittlerweile über viele Jahre erstreckt.

Equinix

Equinix gehört mit Blick auf die RZ-Kapazitäten zu den Big Playern in Deutschland - zumal das Unternehmen 2017 sämtliche Rechenzentren des amerikanischen Telekommunikationsanbieters Verizon übernommen hat und damit global nun über mehr als 175 Datacenter verfügt. Der Equinix Professional Service unterstützt Kunden zudem bei ihren Transitionsvorhaben, während das Solution Center technologische Infrastrukturen zur Verfügung stellt. Dieser Mix aus erweiterten Services und einer weltweit hohen Präsenz macht den Anbieter vor allem für aus Deutschland heraus weltweit agierende Unternehmen interessant. Dieses Profil führt aber zugleich auch dazu, dass Equinix manch kleinerem Unternehmen als zu groß und mächtig erscheint.

Hosting Services: Langfristig wettbewerbsfähig trotz Cloud

Insgesamt ist der Markt für Hosting Services noch recht stabil, auch wenn er zunehmend durch entsprechende Cloud Services attackiert wird. Klassische Hosting Services werden aber auch in absehbarer Zukunft eine relevante Rolle im Markt spielen. Denn es ist zu beobachten, dass die Anbieter ihr Hosting-Angebot laufend erweitern und durch neue Services die Attraktivität erhöhen. Beispielsweise bieten einige Anbieter neben den Infrastructure Services auch an, die Anwender-Applikationen zu administrieren - ein Angebot, das insbesondere von Großkunden gern angenommen wird.

Der französische Hosting-Dienstleister OVH ist dabei, sich in Deutschland niederzulassen und baut unweit von Frankfurt ein neues Rechenzentrum. Doch es war vor allem ein Ereignis, das den Hosting-Markt 2017 prägte: der Zusammenschluss von HP Enterprise Services und CSC, welche nun gemeinsam als DXC Technology auftreten. DXC positioniert sich hier im Segment Large Accounts.

Bei den Hosting Services für mittelständische Unternehmen ("Midmarket") identifiziert die ISG-Studie 18 relevante Anbieter am deutschen Markt. Neun davon etablierten sich im "Leader"-Quadranten. An die Spitze konnte sich dabei die Deutsche Telekom setzen, die für den Mittelstand hochsichere und zertifizierte Rechenzentren in Deutschland anbietet. Eine erhöhte Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit erreicht das Unternehmen durch synchrone Datenspiegelung in Twin-Core-Rechenzentren. Dadurch können Kunden geschäftskritische Anforderungen realisieren. Das Angebot umfasst das gesamte Hosting-Servicespektrum sowie optional auch umfangreiche Applikationsservices, die den Endanwender von seinen alltäglichen Aufgaben entlastet. Auch in Sachen Kundenzahl und -Zufriedenheit rangiert die Deutsche Telekom im Spitzenfeld. Allerdings können sich manche KMUs angesichts der Konzerngröße auch überfordert fühlen, zumal oft nicht klar ist, ob die Deutsche Telekom oder T-Systems der richtige Ansprechpartner ist. Weitere "Leader" sind All for One Steeb, Atos, Bechtle, BT, Cancom/Pironet, FIT, Fujitsu und Materna.

Anbieter-Quadrant Hosting Services - Large Accounts
Foto: ISG

Auch im Großkundenmarkt für Hosting Services konnte die Deutsche Telekom die Spitze des Feldes erobern - dicht gefolgt von sieben weiteren Providern im "Leader"-Quadranten: Atos, BT, Cancom/Pironet, Capgemini, DXC Technology, IBM und Materna. Insgesamt gibt es 16 Anbieter, die auf dem deutschen Markt relevant sind.

Anbieter-Quadrant Hosting Services - Large Accounts
Foto: ISG