Erprobtes Mittel in schwierigen Zeiten

Kurzarbeit - So machen Sie Ihre Firma krisenfest

17.02.2009
Die Haufe-Online-Redaktion hat die 15 wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Kurzarbeit zusammengestellt.

Viele Unternehmen werden in den kommenden Monaten Kurzarbeit einsetzen oder planen es bereits. Aber wann können Arbeitgeber auf die Maßnahme zurückgreifen und welche Vorgaben müssen beachtet werden?

1. Kurzarbeit - was ist das?

Kurzarbeit nennt man die vorübergehende Herabsetzung der Arbeitszeit bei entsprechender Minderung des Entgelts der betroffenen Arbeitnehmer. Wird im Rahmen einer Kurzarbeit die Arbeit insgesamt eingestellt, spricht man von einer sogenannten Kurzarbeit Null.

2. Welche Vorteile bildet die Kurzarbeit?

Kurzarbeit hat den Vorteil, dass - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - Kurzarbeitergeld (zwischen 60 und 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz) von der Agentur für Arbeit bezogen werden kann. Der Arbeitgeber erspart hierdurch Lohnaufwendungen und die Arbeitnehmer sind vor starken Lohnverlusten geschützt.

3. Ist der Arbeitgeber berechtigt, einseitig Kurzarbeit anzuordnen?

Im individuellen Arbeitsverhältnis darf der Arbeitgeber einseitig keine Kurzarbeit anordnen, wenn dies nicht mit dem Betriebsrat vereinbart wurde. Dies gilt auch für betriebsratslose Betriebe. Kurzarbeit ist dann nur möglich, wenn der Arbeitnehmer einverstanden ist, dass die Arbeitszeit vorübergehend reduziert wird. Im Übrigen gilt der Grundsatz, dass der Arbeitsvertrag mit der vereinbarten Wochenarbeitszeit einzuhalten ist. Oftmals finden sich aber auch entsprechende rechtliche Grundlagen in Tarifverträgen.

Zudem findet sich noch eine besondere Rechtsgrundlage in § 19 KSchG. Diese Regelung kann bei einer beabsichtigten Massenentlassung einschlägig sein.

4. Muss sich die Kurzarbeit regelmäßig über das gesamte Unternehmen bzw. den gesamten Betrieb erstrecken?

Nein, Kurzarbeit ist auch nur in einzelnen bestimmten, organisatorisch abgrenzbaren Teilen des Betriebs denkbar.

5. Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Kurzarbeit?

Besteht ein Betriebsrat, hat dieser nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG über den Umfang und die Dauer der Kurzarbeit mitzubestimmen. Kommt keine Einigung zu Stande, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Liegt eine Einigung vor, wirkt die vereinbarte Kurzarbeit unmittelbar und zwingend gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern.

Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, dass dem Betriebsrat soweit auch ein sogenanntes Initiativrecht zusteht. Der Betriebsrat kann daher die Einführung von Kurzarbeit anregen und ggf. eine solche Einführung über einen Spruch der Einigungsstelle herbeiführen.

Dem Betriebsrat steht auch dann ein Mitbestimmungsrecht zu, wenn eine bereits eingeführte Kurzarbeit vorzeitig eingestellt werden soll.

6. Welche arbeitsrechtlichen Folgen bringt eine Kurzarbeit mit sich?

Die Kurzarbeit führt zu einer Suspendierung der Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer wird von der Arbeitsleistung befreit. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer im Gegenzug nicht vergüten.

7. Setzt eine betriebsbedingte Kündigung voraus, dass zunächst Kurzarbeit eingeführt wurde?

Nach Ansicht des BAG ist es für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung unbeachtlich, ob der Arbeitgeber hätte Kurzarbeit anordnen können.

8. Unter welchen sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Zunächst muss der Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen ($170 Abs1.Nr.1 SGB III); zudem dürfen keine anderen, im Einzelfall wirtschaftlich weniger schwerwiegende Entscheidungsalternativen zur Verfügung stehen, die Arbeitgeber und Arbeitnehmern zuzumuten sind. Daneben muss der Arbeitsausfall vorübergehend sein.

9. Welche wirtschaftlichen Gründe kommen gemäß §170 Abs.1 SGB III in Betracht?

Zu den wirtschaftlichen Gründen zählen neben Auftragsmangel oder Absatzschwierigkeiten auch betriebliche Strukturveränderungen, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt sind, z.B. Umstellung auf neue Produkte oder neue Fertigungsverfahren, Erweiterung oder Einschränkung der Produktion.

10. Welche Maßnahmen müssen Arbeitgeber vorrangig in Betracht ziehen?

Arbeitgeber müssen zunächst prüfen, ob z.B. Versetzungen, der Abbau von Leiharbeit oder Arbeitszeitguthaben oder das Vorziehen anderer Arbeiten als weniger schwerwiegende Entscheidungsalternativen in Betracht kommen.

11. Wie kann man schon vor dem Arbeitsausfall wissen, dass dieser nur vorübergehend sein wird?

Hierbei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Es muss glaubhaft gemacht werden, dass sich nach diesem Zeitraum wieder der normale betriebliche Ablauf aufgenommen wird, so dass Entlassungen vermeidbar erscheinen. Außerdem ist erforderlich, dass die finanzielle Lage des Unternehmens (Liquidität, Ertragskraft) es zulässt, dass der Kurzarbeitszeitraum wirtschaftlich überbrückt werden kann.

12. Kann der Arbeitgeber den Umfang der Kurzarbeit nach Belieben festlegen?

Nein, du Kurzarbeit muss einen bestimmten Mindestumfang haben. §170 Abs.1 Nr.4 SGB III verlangt, dass der Arbeitsausfall im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der in dem Betrieb oder der betroffenen Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmer erfasst und diese Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sind.

13. Besteht eine Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit?

Ja, eine solche Pflicht besteht nach §173 SGB III. Für die Anzeige sollte das von der Agentur für Arbeit bereit gestellte Formblatt verwendet werden. Der Anzeige muss eine Stellungnahme des Betriebrats (soweit vorhanden) beigefügt werden. Erst wenn eine ordnungsgemäße Anzeige vorliegt, kann Kurzarbeitergeld gewährt werden.

14. Welche Auswirkungen hat die Kurzarbeit auf die Sozialversicherung?

Arbeitnehmern, die Kurzarbeit leisten, entstehen dadurch keine Nachteile im grundsätzlichen Sozialversicherungsschutz. Für die Dauer des Bezugs von Kurzarbeitergeld bleibt die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung erhalten (§ 192 Abs. 1 Nr. 4 SGB V; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 49 Abs. 2 SGB XI). Ebenso besteht das rentenversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis fort (§ 1 Nr. 1 SGB VI). In der Arbeitslosenversicherung ist das Fortbestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses nicht an den Bezug des Kurzarbeitergelds, sondern an das Vorliegen eines Arbeitsausfalls geknüpft (§ 24 Abs. 3 SGB III).

15. Wer trägt während der Kurzarbeit die Beiträge zur Sozialversicherung?

Soweit in Zeiten der Kurzarbeit Entgelt für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt wird, tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge zur Sozialversicherung für dieses Arbeitsentgelt im üblichen Verhältnis. Soweit Kurzarbeitergeld gezahlt wird, hat der Arbeitgeber die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung aber allein zu tragen (§ 249 Abs. 2 Nr. 3 SGB V; § 58 Abs. 5 SGB XI; § 168 Abs. 1 Nr. 1a SGB VI). Bemessungsgrundlage für die Höhe der Beiträge sind 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem oben genannten Sollentgelt und dem Istentgelt (= fiktives Arbeitsentgelt, § 232a SGB V; § 57 Abs. 1 SGB XI, § 163 Abs. 6 SGB VI). Beiträge zur Arbeitsförderung (Arbeitslosenversicherung) sind bei Bezug von Kurzarbeitergeld nicht zu entrichten. (oe)

Quelle: Haufe-Online-Redaktion, www.haufe.de/personal