Kemp hat Wort gehalten

LG Deutschland hat im Krisenjahr 2009 mächtig zugelegt

02.03.2010
Ex-FSC- und -T-Systems-Chef Ulrich Kemp, seit Dezember 2008 Chief Operational Officer bei LG Electronics Deutschland, sagt von sich selbst, dass er kein Mann der kleinen Worte sei. Über 300 Millionen Umsatzplus im Krisenjahr 2009 sind kein Pappenstiel…

Ex-FSC- und -T-Systems-Chef Ulrich Kemp, seit Dezember 2008 Chief Operational Officer bei LG Electronics Deutschland mit Hang zu Höherem, sagt von sich selbst, dass er kein Mann der kleinen Worte sei. Als er damals bei dem koreanischen Hersteller in Willich anfing, hat er sehr zur Verwunderung mancher Kollegen vollmundig in den Raum geworfen, den Umsatz um über 300 Millionen Euro steigern zu wollen. Und er hat Wort gehalten und noch einen draufgelegt. "Und das profitabel", wie er betont.

Umsatzsprünge in fast allen Sparten

Im Krisenjahr 2009 ist es Kemp und seiner Mannschaft in Deutschland gelungen, den Umsatz um 41 Prozent von 632,762 Millionen auf 895,277 Millionen Euro zu steigern, sagte er auf dem ersten produktübergreifenden Presse-Rountable Ende Februar 2010.

Home Entertainment einschließlich Flachbildfernseher, Blu-ray-Player und Audio-Produkte machten 2009 mit knapp 504 Millionen Euro den Löwenanteil aus und kamen auch auf die höchsten Steigerungsraten von 45 Prozent.

Der Bereich Mobile Communications ohne Netbook-Deals mit Mobilfunkunternehmen (das Geschäft wird von Korea aus getätigt) legte um 23 Prozent auf 253,796 Millionen Euro zu. Mit Netbooks wäre die Steigerungsrate sogar bei rund 47 Prozent, klopft sich Kemp auf die Schulter.

Tiefenthal und Kemp kennen sich noch aus alten FSC-Zeiten.

Der von Stefan Tiefenthal geleitete Bereich Business Solutions, für den 2009 extra eine Unterfirma gegründet wurde, kam auf einen Umsatz von 96,422 Millionen Euro, ein Plus von 10 Prozent gegenüber 2008. Tiefenthal und sein Team haben 2009 hart gearbeitet und "praktisch von Null" fast 1.000 Fachhandelspartner unter Vertrag genommen.

Mit neuen Produkten wie Waschmaschinen mit bis zu 11 kg Fassungsvermögen ist auch der Bereich Weiße Ware zweistellig gewachsen, nämlich um 18 Prozent auf 34,879 Millionen Euro.

Einzig die AC-Sparte, sprich der Bereich Klimaanlagen, ist mit 37 Prozent geschrumpft und das sogar stärker als der Markt, der 2009 um 30 Prozent eingebrochen ist.

Dass LG auf vielen Gebieten aber auch deutlich mehr wachsen konnte als der Markt, zeigen laut COO Kemp Waschvollautomaten, wo der Hersteller um 39 Prozent zulegen konnte, der Markt nur um 6 Prozent.

47 Prozent Wachstum mit LCD-TVs hat der Markt 2009 auch nicht hergegeben. Bei Plasma-TVs war LG im August 2009 mit einem Wertanteil von 21 Prozent in Deutschland gesegnet. Die neue Submarke "Infinia" (ähnlich "Bravia" von Sony) soll das TV-Geschäft ankurbeln und auf ein höheres Niveau heben.

Wie manche Marktkenner sagen, hat LG es anders als Samsung immer noch nicht geschafft, als namhafte TV-Marke wahrgenommen zu werden, auch wenn das neue Logo mit dem Schriftzug "Life's Good" von den unrühmlichen Lucky-Goldstar-Zeiten ablenken soll und trotz vieler guter neuer Produkte wie 3D-fähige Full-HD-TVs mit LG-eigener Full-LED-Slim-Technologie.

Allein im ersten Halbjahr will der Hersteller schon mit 60 neuen LCD-TVs aufwarten, weitere 70 Modelle sollen in der zweiten Jahreshälfte folgen.

2,9 Millionen LG-Handys

Stolz verweist Kemp auf über 2,9 Millionen LG-Handys, laut GfK ein Absatzplus von 120 Prozent. Das neue LG Cookie ist seit der KW0 2010 Nummer eins auf der GfK-Hitliste.

Die Januarzahlen 2010 stimmen Kemp optimistisch, die Jahresziele zu erreichen, wenn nicht sogar zu übertreffen, auch wenn der COO darauf hindeutet, dass die weltweite Krise keineswegs überstanden ist.

Home Entertainment legte im Januar bei LG Deutschland um 44 Prozent zu, der Bereich Mobile Communications (ohne Netbook-Deals) sogar um 185 Prozent, Business Solutions kam auf ein Plus von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Insgesamt konnte LG Deutschland den Umsatz im Januar um 56 Prozent auf 95,72 Millionen Euro steigern.

Geplantes Jahresziel sind trotz der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen und trotz anhaltender Kreditklemme ein Deutschland-Umsatz von 1,2 Milliarden Euro, was einer Umsatzsteigerung von rund 34 Prozent entspräche, oder einer Umsatzverdoppelung seit Kemps Antritt.

Dem Deutschlandthron näher

Und damit käme der COO auch seinem persönlichen Ziel näher, bis Jahresende zum Präsidenten von LG Electronics Deutschland ernannt zu werden. Noch sitzt mit Uk Jung ein Koreaner auf dem Thron, in einigen Ländern Europas sind aber schon Europäer zu Landespräsidenten aufgestiegen. Anfang 2009 war LG Deutschland unter den führenden Nationalteams Europas noch im Mittelfeld, im Januar 2010 aber schon an der Spitze, auch wenn es laut Kemp im Februar vielleicht nur für den zweiten Platz reicht.

Um die Ziele und Pläne für 2010 zu erreichen, setzt Kemp auf einen klaren Fachhandelsfokus, ein "partnerschaftliches und zuverlässiges Wachstum über alle Vertriebskanäle", den Aufbau neuer Produktfelder wie Solar, 3D und LED, eine Verbesserung der Servicequalität und eine weitere Optimierung der Logistik, sprich auf ein klares Distributionskonzept.

Dazu sollen auch in allen Bereichen neue Leute eingestellt werden. Für den Mobilfunkbereich zum Beispiel neu an Bord sind Sascha Hancke als Sales Director und Gunter Thiel als Head of Marketing. Derzeit beschäftigt LG Deutschland rund 320 Mitarbeiter. Allein BS-Chef Tiefenthal will sein Personal 2010 um 30 bis 40 Prozent von 21 auf 28 bis 30 Leute aufstocken.

Mehr Personal für das Partnergeschäft

Im Monitormarkt, der 2009 um 25 Prozent gesunken ist, will LG mit 30 Prozent LED-Backlight-Produkten Akzente setzen. Tiefenthals "ganzer Stolz" sind NAS-Storage-Produkte mit Blu-ray-Brennern für 50 Jahre Revisionssicherheit und Netzwerkmonitore zur Virtualisierung bei Anbindung von bis zu 30 Monitoren an einen PC über Netzwerkkabel, aber wie Tiefenthal betont, nicht zu verwechseln mit Thin-Client-Lösungen.

Die NS-Serie von NAS-Lösungen bietet Platz für bis zu 8 Terabyte Speicherkapazitäten und wird wie alle Produkte mit Kapaztäten von bis zu 4 TB rein über den B2B-Kanal vertrieben, während die 2-Bay-NAS-Storage-Lösungen den NC-Serie nur maximal zwei TB an Speicherkapazitäten aufnehmen und als Consumer-Produkte dem Retail-Kanal vorbehalten sind. Ein Drittel der unter Vertrag genommenen 997 Fachhandelspartner sind laut Tiefenthal bereits "auf NAS eingeschworen".

Wachstumschancen sehen Tiefenthal, Kemp und Floran Rosenthal, Sales Director für Home Entertainment, auch im Bereich 3D-Displays. LG war einer der ersten Anbieter von solchen Bildschirmen, die ohne Brille 3D-Effekte liefern. Auf die Frage, wann der brillenlose 3D-Genuss kopfschmerzlos kommen wird, nannte Kemp unter Berufung auf Entwickler in Korea die Zahl von fünf Jahren. Der koreanische Marktforscher DisplayBank hat die brillenlose Variante gerade als einer der zehn wichtigsten Zukunftstechnologien der nächsten zehn Jahre genannt.

Auf einer 3D-Roadshow im April sollen aber jetzt schon deutliche Verbesserungen gezeigt werden.

Tue Gutes und rede darüber

Kühlschränke mögen den ITK-Fachhändler zwar wenig interessieren, aber ein Produktbereich von LG ist schon erwähnenswert. Es handelt sich um Side-by-Side-Boliden, die ohne Festwasseranschluss mit Ice-Crusher kommen und somit überall aufgestellt werden können.

Dass die Geräte wohlmöglich zu wenig beworben wurden, räumt Kemp ein, aber er sagt auch, dass man nicht in jedes Produkt massiv Marketinggelder hineinpumpen könne. Um hier anzusetzen, werde man verstärkt den Fachhandel informieren und schulen.

Aber: "Wer nicht in LG investiert, in den wird auch LG nicht investieren", umreißt Kemp die Ausrichtung, nach der alle Fachhändler im April 2010 neue Verträge bekommen werden.

Global hat LG 2009 rund 35 Milliarden Euro umgesetzt, den Löwenanteil machten Home Entertainment (HE) und Mobile Communications (MC) aus.

Global hat LG Electronis 2009 nicht konsolidiert 55 Billionen Koreanische Won oder 34,95 Milliarden Euro umgesetzt, 2008 waren es 49 Billionen Won (siehe Tabelle).

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Weltweit besonders stark gewachsen sind die Bereiche Home Entertainment und Mobile Commmunications, die Business-Sparte (BS) ist mit zirka fünf Billionen Won in den letzten vier Jahren relativ konstant geblieben. (kh)