T-Systems IT-Chef Ferri Abolhassan im CW-Interview

Mit der Open Telekom Cloud auf Expansionskurs

24.02.2016 von Jürgen Hill
Unterstützt vom chinesischen Anbieter Huawei will T-Systems zu einem der größten Anbieter von Public-Cloud-Ressourcen aufsteigen. Ferri Abolhassan, Chef der IT-Division von T-Systems, erläutert die Pläne der Telekom-Tochter.
Ferri Abolhassan, Geschäftsführer der IT-Division von T-Systems, diskutierte mit CW-Redakteur Jürgen Hill über die Cloud-Pläne der Telekom.
Foto: T-Systems

CW: Herr Abolhassan, wie laufen die Geschäfte?

FERRI ABOLHASSAN: Die Neuaufstellung rechnet sich: wir wachsen. Und bei der Profitabilität sind wir nach Plan unterwegs. Was mancher Wettbewerber noch vor sich hat, haben wir erledigt. Jetzt können wir uns auf Markt-, Portfolio- und Wachstumsthemen konzentrieren. Wir haben gleichzeitig Effizienz und Qualität nachweislich verbessert. Im Qualitäts-Benchmark eines Marktforschungsinstituts, das dazu weltweit 3.000 Kunden befragt, gehören wir zu den Top 10 - und das schon zum dritten Mal in Folge. Damit setzen wir einen neuen Benchmark in der Branche, was uns auch führende Analysten bestätigen.

CW: Aber läuft Ihr klassisches IT-Geschäft wirklich noch rund oder warum setzen Sie jetzt alles auf die Cloud-Karte?

FERRI ABOLHASSAN: Cloud machen wir schon seit 10 Jahren, da hat es nur noch keiner so genannt. Mit der Digitalisierung bekommt die Technologie eine ganz andere Bedeutung: Alles was digitalisiert werden kann, wird auch digitalisiert, alles was vernetzt werden kann, wird auch vernetzt, und alles was in die Cloud kann, geht auch in die Cloud. Heute sind wir der größte Betreiber von SAP aus der Private Cloud weltweit. Mit mehr als 50 Millionen SAPs und über 2,6 Millionen Nutzer.

Und mehr noch. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie heute keinen anderen Player außer uns finden werden, der ihnen auf der Private-SaaS-Seite Applikationen von SAP, Microsoft und Salesforce aus einer Hand hinstellen kann. Wir können das. Und genau das wird uns auch auf der Public-Cloud-Seite gelingen. Mit der Open Telekom Cloud peilen wir ganz klar die Marktführerschaft im Infrastrukturgeschäft an. Und setzten mit unserer Ende-zu-Ende-Ansatz noch einen drauf: Als Cloudifier bauen wir Cloud-Architekturen von A bis Z. Und zwar standardisiert und zu Festpreisen-Modellen.

Nach dem Intercloud-Angebot als private Cloud kommt jetzt die Open Telekom Cloud.
Foto: Deutsche Telekom

CW: Konkret: Was machen Sie anders als der Wettbewerb?

FERRI ABOLHASSAN: Um etwas anders, sprich besser zu machen, müssen Sie sich erst mal in den Kunden hineinversetzen: Alle müssen digitalisieren - vom Bäcker um die Ecke bis zum Ölriesen. Die Grundlage dafür ist die Cloud. Nur sie macht IoT-Technologie und Co nutzbar. Und warum tun sich unsere Kunden vom Mittelstand bis zum Großkunden dabei eigentlich so schwer?

Weil es kompliziert ist, weil es viel Geld kostet und weil es riskant ist. Und genau damit räumen wir jetzt auf. Wir rollen den Markt neu auf. Die Transformation in die Cloud wird schnell, einfach und bezahlbar. Und dabei auch sicher. Mit einer Cloud, die die Großen nicht mehr in langfristige Verträge knebelt. Wir machen Outsourcing zum Un-outsourcing. Und zwar standardisiert und zu Festpreisen. Das kann nur ein Cloudifier.

CW: Und was heißt Un-outsourcer konkret?

FERRI ABOLHASSAN: Wir wollen wirklich zufriedene Kunden. Wir wollen dem Kunden die Sorge nehmen, sich langfristig an einen Dienstleister binden zu müssen. Also ohne Vendor Lock-in. Damit definieren wir die Marktregeln neu. Für Neukunden bedeutet das: "Run-on-Satisfaction". Soll heißen: In Abhängigkeit zur Größe der SAP-Umgebung können T-Systems-Kunden nach Beendigung einer drei- bis sechsmonatigen Hypercare-Phase jederzeit ohne Angabe von Gründen kündigen, sofern sie mit ihrer SAP-Transformation in die Cloud nicht zufrieden sind.

Ein entsprechendes Angebot für Bestandskunden bietet T-Systems voraussichtlich im zweiten Quartal dieses Jahres bei Vertragsverlängerung für Dynamic Services for SAP/ SAP HANA mit "Quit anytime". Angebote wie Un-outsourcer, Open Telekom Cloud und Cloudifier funktionieren nur, wenn sie intern richtig und auch in der Zusammenarbeit mit den Partnern richtig gemanagt sind. Unser Zero-Outage-Programm hat uns in den letzten fünf Jahren dahin gebracht.

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2008:
Fehltritt mit Folgen – Manfred Balz tritt als erster Vorstand für Datenschutz, Recht und Compliance der Telekom sein Amt an.
Anja Feldmann:
Feldmann leitet seit 2006 den Lehrstuhl für „Intelligent Networks“ und „Management of Distributed Systems“ der Deutsche Telekom Laboratories, einem An-Institut der Technischen Universität Berlin. Sie erhält den Leibnitz-Preis für ihre Konzepte eines Internet 2.
2007:
Friedrichshafens Oberbürgermeister Josef Büchelmeier, Ferdinand Tempel, Leiter T-City Repräsentanz und Bereichvorstand Technik T-Home Friedrich Fuß freuen sich über die Auswahl von Friedrichshafen als T-City.
2006:
Nach Kai-Uwe Ricke soll der ehemalige T-Online-Manager René Obermann Ordnung in das Telekom-Geschäft bringen.
Am 1. Januar 2005 ...
startete die LKW-Maut, an deren Realisierung T-Systems maßgeblich beteiligt war.
Von 2002 bis 2006 ...
steuerte Kai-Uwe Ricke als Telekom-Vorstand die Geschicke des Unternehmens.
2000:
Der schicke Robert T-Online wirbt für den Börsengang des gleichnamigen Telekom-Ablegers. Für die Anleger am Ende eine Pleite. Insofern wäre ein Pleitegeier wohl das bessere Symbol gewesen.
1998:
Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation – heute Bundesnetzagentur – die in diesem Gebäude in der Bonner Tulpenallee residiert, nimmt ihre Arbeit auf und sollte der Telekom noch viel Ärger bereiten.
1996:
28,50-DM-Mann (so hoch war der Aktienpreis für Privatanleger) Ron Sommer zieht als CEO den ersten Börsengang der Telekom durch.
Tim Berners Lee:
Der Erfinder des World Wide Web, das ab Anfang der 90er seinen Siegeszug antrat und auch das Geschäft der Telekom mit DSL-Anschlüssen beflügelte.
Start des D1-Netzes 1992:
Dieser Chip machte es möglich, über D1 zu telefonieren
Erst 1966 ...
wurde die letzte Handvermittlungsstelle auf automatisierten Betrieb umgestellt. Das Fräulein vom Amt starb aus.
1965:
Telefonieren auch in die USA über den Satelliten Early Bird.
1961:
Für heutige Verhältnisse gigantisch mutete das erste Telefon für das A-Netz an, das 1958 startete.
1904 ...
installierte Quante in Berlin die erste Telefonzelle
1877 ...
funktionierte in Berlin das erste Telefon, hergestellt von Siemens.

Die Open Telekom Cloud

Noch befindet sich die Open Telekom Cloud im Betastadium, zur CeBIT soll es aber losgehen.
Foto: Telekom

CW: Stichwort Open Telekom Cloud: Wie soll das Angebot denn genau aussehen?

FERRI ABOLHASSAN: Die Open Telekom Cloud wird auf unserem Webportal nicht nur als Infrastructure as a Service angeboten, bei dem jeder Kunde sein Datacenter selbst administriert, sondern vom Start an auch als Managed Service. Von der CeBIT an betreiben wir die virtuellen Maschinen auf der OpenStack-Plattform gleich mit einer Reihe von Diensten. Das Angebot reicht vom Elastic-Cloud-Server über Block-und Object-Storage bis hin zum Image-Management, Cloud-Monitoring und zur Web-Application-Firewall.

So sorgt ein Auto-Scaling dafür, dass sich die Ressourcenbereitstellung der Plattform am Auslastungsgrad durch Webshops oder an webbasierten Applikationen der Kunden orientiert und selbstständig anpasst. Ebenfalls automatisch nimmt ein IP-Service der Open Telekom Cloud die Zuordnung von Public-IP-Adressen vor, beispielsweise bei der VPN-Anbindung. Und zur Ende-zu-Ende-Lösung gehört auch ein Sicherheitspaket, das neben einem Identification- und Authentication-Service einen Anti-Denial-of-Service bietet, um die Plattform und die Services der Kunden vor Cyberkriminellen zu schützen.

Geplant ist auch, dass Huawei und T-Systems gemeinsam mit SAP noch in diesem Jahr SAP HANA aus der Open Telekom Cloud heraus bereitstellen. Unser Ziel ist es außerdem die Open Telekom Cloud sukzessive mit weiteren SAP-Anwendungen auszubauen.

CW: Wie funktioniert das Vertragsmodell? Ist das ein Leasing-Modell?

FERRI ABOLHASSAN: Mit Huawei haben wir ein Revenue-Sharing-Modell vereinbart. Damit brechen wir auch mit dem klassischen Partnering. Mit einem Partner, der auch klar Risiko und Verantwortung mit trägt. Und mit einem Partner, der genauso wie alle anderen den strengsten Sicherheitskontrollen unterliegt. Da prüfen wir sowohl im Vorfeld als auch über die gesamte Dauer der Zusammenarbeit alles auf Herz und Nieren.

Für die Open Telekom Cloud steuert Huawei nicht nur die Server, Storage- und Netzwerkkomponenten bei, sondern auch die Administrationssoftware, basierend auf der OpenStack-Technologie. T-Systems bringt Rechenzentren, Netze und den Betrieb in die Partnerschaft ein sowie die Transformationsleistung und das Cloud-Management. Beide habe wir das klare Ziel, den Marktpreis zu attackieren.

CW: Haben Sie keine Angst, dass sie einen Preiskrieg anzetteln, so dass am Ende niemand mehr vernünftig Geld verdienen kann?

FERRI ABOLHASSAN: Zunächst einmal gehen wir in den Angreifer-Modus, um Marktanteile zu gewinnen. Uns ist klar, dass die Marktteilnehmer dagegenhalten werden. Natürlich liegt uns nichts daran, auf Dauer den Markt kaputtzumachen. Dabei soll kein Billigheimer entstehen, denn wir wollen den Akkord aus Einfachheit, Sicherheit und Preis halten. Und dabei lassen wir uns natürlich mit dem Wettbewerb messen lassen.

Schon mehr als 30 Unternehmen - vom Start-up über mittelständische Unternehmen bis zu Konzernen - habe in einer Friendly-user Phase die Einfachheit der Open Telekom Cloud gestestet. Die Erfahrungen der Kunden etwa mit der Benutzeroberfläche oder der Geschwindigkeit der Servicebereitstellung sind in die finale Entwicklung eingeflossen.

CW: Ist es nicht auch ein Problem, dass uns in Deutschland der Gedanke des Revenue Sharings noch sehr fremd ist?

FERRI ABOLHASSAN: Genau, Sie bringen es auf den Punkt. Ich sehe das jetzt auch bei dem Thema Security, das wir ebenfalls aufbrechen werden. Mit einer Sicherheit die gleichzeitig leicht, sicher und vielleicht sogar Spaß machen kann. Warum sollen wir als Telekom keine Firewall anbieten können? Nur weil wir kein Softwarehaus sind? Wir werden Partner finden, mit denen wir die gleichen Vertragskonstruktionen hinbekommen, so dass wir eine deutsche Firewall-Software-Lösung haben.

Damit können wir uns im Sicherheitsmarkt nochmals ganz anders differenzieren und positionieren. Solche Ansätze scheitern aber noch immer am Einwand "not invented here". Die Prämisse lautet noch immer, ich muss alles von Anfang bis Ende besitzen und ich muss die Umsätze alleine für mich erwirtschaften. Dagegen sollte das neue Credo lauten, lasst uns eine clevere, kluge Partnerkonstruktion finden und dann zum Vorteil beider Partner ausleben.

Die Telekom und Partner Huawei

CW: Sie sprachen jetzt mehrmals das Thema Sicherheit an. Es gibt auch kritische Stimmen im Hinblick auf ihren Cloud-Partner Huawei. Was entgegnen Sie diesen Kritikern?

FERRI ABOLHASSAN: Sicherheit ist für die Deutsche Telekom das oberste Gebot. Das gilt für uns selbst und für unsere Partner gleichermaßen. Und ganz klar ist auch: Die Open Telekom Cloud ist das erste Public-Cloud-Angebot weltweit, das von einem deutschen Provider aus einem sicheren deutschen Rechenzentrum unter den strengen Datenschutzstandards dieses Landes betrieben wird. Im Hintergrund steht eine Firma, die mehr Leute zum Thema Sicherheit beschäftigt als die meisten Wettbewerber. Nachdem ich seit kurzem auch für das Thema Security in der Telekom zuständig bin, weiß ich worüber wir reden. Das Thema Sicherheit prüfen wir auf Herz und Nieren, bevor wir etwas in den Markt geben.

CW: Sind Hersteller wie Cisco oder HP angesichts der Partnerschaft mit Huawei bei der Telekom abgeschrieben?

Auch in China ist die Telekom in Sachen Cloud gemeinsam mit Partner Huawei aktiv.

FERRI ABOLHASSAN: Zunächst, Cisco ist für uns, wie auch HP, ein ganz großer Partner. Beispiel Cisco: Gemeinsam bieten wir die DSI Intercloud an. Was wir aber mit der Huawei-Partnerschaft verändert haben, ist das Partnerschaftsmodell. Letztlich haben wir bewiesen, dass wir von der Größe her - unser eigener Bedarf plus 6.000 Enterprise-Kunden - ein Marktvolumen abdecken, für das es sich als Hersteller schon lohnt, sich spezielle Vertragskonstrukte zu überlegen. Wir sehen inzwischen deutlich mehr Flexibilität bei dem Thema. Insofern haben wir den Markt schon verändert.

CW: Microsoft ist mit Office 365 und Azure zu ihnen gekommen, damit sie als Daten-Treuhänder fungieren. Können Sie sich dieses Modell auch für andere Anbieter vorstellen?

FERRI ABOLHASSAN: Auf jeden Fall. Lassen Sie uns noch einen Schritt weitergehen. Was wir heute machen, basiert ja nur auf konkret fassbaren Applikationen wie SAP, Office365 oder Azure. Spätestens mit dem Internet of Things ergibt sich eine ganz andere Fragestellung. Was ist denn IoT eigentlich? Sensorik, deren Daten über Funk zu einem Datensammelpool, nennen wir ihn Cloud, transportiert werden. Dort werden sie mit intelligenter Software ausgewertet. Seien es Daten von Sensoren im Zug, im Kühlschrank oder wo auch immer - das ist IoT. Am Schluss wird die entscheidende Frage lauten, wer welchen Zugang zu den Daten hat. Wichtig dabei: Den Nutzen aus den Daten ermitteln, ohne den Datenschutz und die Datensicherheit zu verletzen. Das trifft etwa für Bewegungsdaten zu. Über diese Fragen wird es in Zukunft auch in Deutschland eine Diskussion geben. Und diese Diskussion werden wir nicht einfach mit Verweis auf unsere Rechtsprechung wegschieben können.

3 Giga-Rechenzentren für Deutschland

CW: Die rechtliche Perspektive ist das eine und das Management der Daten das andere. Welche Strategie verfolgen Sie dabei für Ihre Rechenzentren in Deutschland?

FERRI ABOLHASSAN: Wir streben bis 2018 eine Zielstruktur von drei sogenannten Gigafabriken in Deutschland an. Diese drei Gigafabriken sind auf Skaleneffekte, Skaleneffekte, Skaleneffekte und nochmals Skaleneffekte getrimmt. Denn es ist völliger Humbug in jedem Dorf ein Datacenter zu haben. Was am Ende für uns als Betreiber zählt, ist der Automatisierungsgrad und der Energieeffizienzfaktor PUE.

Hier haben wir in München den Faktor 1,1 erreicht. Das ist Weltrekord, dazu brauchen wir nicht spektakulär RZs unter einem Eisberg bauen oder etwas in einem Zelt in der Wüste realisieren. Das machen wir cleverer. Dazu haben wir etwa das Datacenter in Biere vom Start weg in der Infrastruktur so ausgelegt, dass eine Vergrößerung um den Faktor 16 möglich ist. So können wir Zug um Zug erweitern.

CW: Wäre nicht ein anderer Weg vorstellbar? Sie lassen erst gar nicht so viele Daten entstehen und verarbeiten diese teilweise direkt vor Ort im Gerät?

FERRI ABOLHASSAN: Ja, da stimme ich Ihnen durchaus zu. Dazu müssen sie aber ein paar Spielregeln definieren und immer zwischen Datenschutz, Datennutzen und Kundentransparenz abwägen. Sie fragten ja, ob wir für mehr Unternehmen der Datentreuhänder sein werden. Ja, das glaube ich sehr wohl, aber wir machen es ganz anders: Wir reden dediziert mit Anbietern und Branchen - etwa der Automobilbranche. Dann fragen wir den Anwender, etwa den Autofahrer, ob er einverstanden ist, wenn wir gemeinsam mit einem Hersteller seine Bewegungsdaten zu seinem Vorteil nutzen, etwa zur Car-to-car-Kommunikation, um ihn sicherer zu machen.

Wir fragen den Nutzer und binden ihn ein und geben ihm einen Vorteil. Gleichzeitig muss dem Nutzer klar sein, dass seine Daten durch das Netz fließen. Diese Art des Vorgehens halten wir für die richtige Methode, um dort dedizierte, gefilterte und vom Nutzer freigegebene Daten zu erhalten und zu nutzen. Das kann für uns in Zukunft durchaus ein Datentreuhänder-Modell werden. Wir wollen uns dadurch differenzieren, dass wir den Kunden ganz transparent einbeziehen. Welche Daten dürfen wir weitergeben? Was dürfen wir nutzen? Welche Vorteile hat der User? Und wenn wir das geklärt haben, können wir über andere Wege nachdenken.

CW: Sie sprachen vorher den europäischen Markt an. Wo sehen Sie die Konkurrenten einer T-Systems? Und wo stehen Sie selbst?

FERRI ABOLHASSAN: Wir haben in Sachen Cloud und IT ein klares Ziel vor Augen: führend in Europa zu werden. Denken Sie an das aufgezeigte Cloud-Modell aus public und private - das ist zunächst einmal unser Markt. Wenn Sie dies als Markt definieren, dann müssen Sie sich dort auch die Wettbewerber anschauen. In der Sensorik haben wir unsere Partner. Deren Wettbewerber - wenn wir sie nicht zu Partnern konvertieren konnten - sind automatisch auch unsere Wettbewerber. Genauso verhält es sich beim Thema Analytics. Wen wir nicht als Partner gewinnen können, der wird automatisch zum Wettbewerber. Klar ist aber auch dass wir uns ganz deutlich vom Wettbewerb abheben: Wir können Cloud, Quality und Sicherheit wie kein anderer im Markt. Davon bin ich überzeugt.