Mit E-Commerce ist in Deutschland kaum Geld zu verdienen

11.02.2000
Auf den E-Commerce-Zug springen viele, das große Geld machen damit aber nur wenige. Die besten Chancen, im Online-Handel Erfolg zu haben, räumen die Marktforscher den Click-and-Mortars, sprich den Firmen mit stationärem Ladengeschäft, sowie den traditionellen Versandhäusern ein.

E-Commerce macht zwar viel her, bei näherem Hinsehen entpuppt sich der Netzhandel für die meisten deutschen Unternehmen aber noch als große Blase ohne nennenswerte Umsätze. In der Bekleidungsbranche ist der Online-Handel sogar ein regelrechter Flop, urteilt die Unternehmensberatung Roland Berger & Partner in einer Studie. Hauptkritikpunkte der befragten Konsumenten sind ein geringes virtuelles Angebot, schlechte Lieferbedingungen und ein zu umständlicher Aufbau der Web-Seiten, "dass man besser gleich mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt fährt."

Dass E-Commerce aber noch nicht so richtig ziehen will, belegt auch die E.com-Studie von IT-Berater und Systemintegrator CMG. Demnach erwirtschaften mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen noch nicht einmal zwei Prozent ihres Jahresumsatzes über das Internet. In Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden sind es hingegen knapp 40 Prozent, womit für CMG klar ist, dass Deutschland beim E-Commerce gegenüber seinen europäischen Nachbarn hinterherhinkt.

"Ungebrochener Optimismus"

"Trotz des verhaltenen E-Geschäfts ist der Optimismus in den Führungsetagen der Wirtschaft beim Electronic Commerce ungebrochen", stellt CMG-Deutschland-Geschäftsführer Reinhold Friedrich fest.

Der E.com-Studie zufolge gehen 80 Prozent der deutschen und fast 90 Prozent der anderen europäischen Führungskräfte davon aus, dass die Nachfrage im Online-Handel in den nächsten zwölf Monaten stark steigen wird. Fast ein Viertel der deutschen und knapp 30 Prozent der europäischen Unternehmen rechnen sogar damit, dass sich ihre Online-Umsätze in den nächsten zwölf Monaten mehr als verdoppeln werden.

Von dem magischen Ziel, 25 Prozent aller Umsätze im Internet zu generieren, sehen sich die deutschen Unternehmen in der Regel noch weiter entfernt als in den europäischen Nachbarländern. Dort wollen dieses Ziel 17 Prozent der Unternehmen in zwei Jahren er-reichen, in Deutschland hingegen nur fünf Prozent. Nach ihren langfristigeren Zukunftsplänen befragt, gaben aber immerhin 40 Prozent der deutschen Unternehmen an, dass sie bis 2005 mehr als ein Viertel ihrer Umsätze online erwirtschaften wollen.

Ferner hat die CMG-Studie erge-ben, dass die deutschen Unterneh-men bei ihren E-Commerce-Akti-vitäten überwiegend den Endkunden (B2C) im Auge haben, wäh-rend die europäischen Nachbarn den Fokus stärker auf die Firmen-kunschaft (B2B) legen.

Während die Firmen im europäi-schen Ausland als Motiv für ihr Online-Engagement die Neukunden-Akquise ganz nach oben stellen, sind die meisten deutschen Unternehmen in erster Linie auf den E-Zug aufgesprungen, um mit der Konkurrenz mithalten zu können.

Allgemein sind die deutschen Führungskräfte mit den E-Commerce-Aktivitäten ihrer Unternehmen zufrieden. Es gibt hierzulande jedenfalls nicht einen, der glaubt, dass sein Unternehmen im Wettbewerb hinterherhinkt. Im europäi-schen Ausland sehen sich hinge-gen schon fünf Prozent der TopManager auf der goldenen Zitrone herumkauen. Allerdings ist dort der Anteil derjenigen, die ihr ei-genes Firmennetz für überlegen halten, dafür auch wesentlich grö-ßer als in Deutschland.

Eine klare E-Commerce-Strategie verfolgen laut CMG 70 Prozent der Unternehmen. "Die meisten Firmen haben jedoch keine oder nur unzureichende Verfahren, um den Erfolg ihrer E-Commerce-Strategie zu messen", gibt CMG-Chef Friedrich zu Bedenken.

Die Macher und die Märkte

Macht E-Commerce die Welt zum "Global Village"? 21 Prozent der von CMG befragten deutschen Unternehmen antworteten für sich mit "ja". Jedoch beschränkt sich ihr ausländisches Engagement zu zwei Dritteln auf Europa. Die Führungskräfte in den europäischen Nachbarländern sind da schon mutiger. Denn 19 Prozent von ihnen expandieren auch nach Amerika und Asien.

Auch die Frage, ob die Dotcoms oder die Click-and-Mortars das Rennen um die Web-Kundschaft machen werden, beantwortet die CMG-Umfrage eindeutig: 69 Prozent der deutschen und 61 Prozent der europäischen Manager räumen den traditionellen Unternehmen die besten Chancen ein, in der Welt des Online-Handels zu bestehen.

Richtige Kompetenz findet man bei der Verfolgung der Strategien laut CMG in Deutschland eher selten: Denn E-Commerce ist hierzulande noch zu 56 Prozent ausschließlich Chefsache, sprich in der Hand des Vorstandes, Geschäftsführers oder der Vertriebs- und Markting-Leiter. Die Spezialisten haben da wenig zu melden. Nicht einmal zehn Prozent der hiesigen Unternehmen haben einen eigenen Leiter für E-Commerce eingesetzt, in weniger als fünf Prozent aller Fälle ist allenfalls der IT-Leiter für die E-Commerce-Strategien im Unternehmen zuständig. Anders bei den europäischen Nachbarn: Dort haben immerhin 21 Prozent der befragten Unternehmen einen "Head of E-Commerce" und 13 Prozent den IT-Leiter mit der Aufgabe beauftragt. (kh)

www.cmg.de; www.rberger.de