Mobilität ist Trumpf

25.07.2002
Während Desktops mit stagnierenden oder gar sinkenden Marktanteilen zu kämpfen haben, holen Notebooks gewaltig auf. Ist das Ende des Desktops schon eingeläutet? Im ComputerPartner-Roundtable diskutierten Vertreter der führenden Hersteller, wie die Zukunft des PCs aussehen wird.

Im ersten Quartal 2002 war der Anteil der Notebooks am PC-Absatz in Deutschland mit etwa 26 Prozent so hoch wie noch nie. Stirbt der Desktop-PC aus?

Broschart: Wir von der neuen HP glauben das nicht. In den Firmen werden aber immer mehr Arbeitsplätze als mobile Arbeitsplätze eingerichtet und ausgestattet. Und immer mehr Mitarbeiter werden mit mobilen Geräten ausgerüstet. Die Anteile verschieben sich also hin zu den Notebooks.

Hoffmann: Wenn wir von Desktops reden, bleibt ein PC grundsätzlich erst einmal ein PC. Die Computer werden aber immer kleiner, da sind die verschiedensten Trends vorhanden. Bei ECS Elitegroup, für die ich hier spreche, ist man sich sicher, dass es in Zukunft mehr Computer geben wird, aber nicht mehr die typischen Desktop-PCs, wie wir sie jetzt kennen.

Kissel-Müller: Bei Toshiba sind wir überzeugt, dass mobile PCs die stationären mehr und mehr verdrängen werden. Im B2B-Bereich eroberten Notebooks aktuell einen Anteil von über 27 Prozent aller abgesetzten Computer inklusive Server. Allerdings wird ein komp-lettes Umsteigen auf Notebooks noch eine ganze Weile dauern. Daher wird es mit Sicherheit auch in einiger Zeit noch den Desktop geben. Bei B2B-Anwendungen sehen wir Notebooks dank ihrer Mobili-tät im Vorteil, vor allem wegen der Wireless-Technologien.

Rümmele: Wir von IBM sind der Meinung, dass der Anteile mobiler Geräte im Business-Bereich in den nächsten zwei Jahren auf 50 Prozent steigen und sich dort stabilisieren wird. Aber die Desktops werden auf gar keinen Fall verdrängt werden. Es wird eine deut-liche Diversifizierung geben. In einigen Bereichen werden wir die großen Kisten nach wie vor haben, zum Beispiel in den Call-Centern, wo die Kosten im Vordergrund stehen und es völlig egal ist, wie die Dinger aussehen - Hauptsache, sie sind günstig. Und im Finanz-bereich werden wir immer mehr Design-PCs bekommen: kleiner, schicker und mit TFT-Monitoren.

Oberlehner: Bei Gericom sind wir überzeugt, dass es gerade in Deutschland immer einen Desktop-PC geben wird. Die Grenze zwischen einem Notebook und einem Desktop wird aber verschwinden. Viele Desktops werden auf dem Tisch stehen und wie ein Notebook ausschauen.

Der Trend geht jedoch in Richtung Notebook. Während im ersten Quartal acht Prozent weniger PCs verkauft wurden, stiegen die Notebook-Absätze um 15 Prozent.

Rümmele: Das liegt daran, dass es mehr mobile Arbeitsplätze gibt. Die Leute müssen nicht mehr unbedingt im Büro arbeiten. Sie fahren nach Hause und arbeiten dort weiter.

Hoffmann: Da hat auch die Preisentwicklung eine große Rolle gespielt. Zudem kommt der TFT zum Tragen, die Leute wollen Flachbildschirme haben. Und wenn man einen TFT-Monitor und einen Desktop-PC zusammennimmt, dann bin ich an der Preisgrenze eines Notebooks. Nicht zu vergessen: Die Leute sind das ganze Kabelgewirr in ihren Büros leid. Schauen sie sich doch einen PC von der Rückseite an: Was da alles herumhängt! Das ist bei einem portablen PC wesentlich eleganter.

Kissel-Müller: Auch die Leis-tungsfähigkeit der Notebooks ist ein ganz wesentlicher Faktor. Es werden sehr schnelle Prozessoren eingesetzt, die trotzdem relativ wenig Energie verbrauchen, sodass sie in ihrer Leistungsfähigkeit an Desktops heranreichen.

Broschart: Es gibt heute eigentlich keine Leistungsunterschiede mehr zwischen einem Desktop-Rechner und einem Notebook. Und wenn man die TCO berücksichtigt, sind Notebook und Desktop eng aneinander gerückt. Viele Unternehmen entscheiden sich dann für das Notebook.

Oberlehner: Eine große Firma wird sich keinen Desktop mehr hinstellen, sie wird allein schon vom Nutzen her auf Notebooks umsteigen. Aber kleinere Betriebe, die auf 100 oder 200 Euro achten, werden sich überlegen, ob eventuell nicht doch weiterhin ein Desktop in Frage kommt.

Rümmele: Die paar hundert Euro Unterschied spielen - auf eine lange Zeit betrachtet - gar keine Rolle mehr. Im Gegenteil, wenn ich bei einer schlimmen Verkehrssituation zu Hause bleibe, spare ich mir jede Menge Zeit. Letzten Endes wird das Notebook sogar günstiger.

Hoffmann: In Japan ist der Anteil der Notebooks an allen PCs mit 50 bis 60 Prozent erheblich höher als in Europa. Einfach wegen des fehlenden Platzangebotes, und weil man die Arbeitsplätze nicht permanent mit klobigen Geräten belagert haben will.

Wie sieht die Akzeptanz der Notebooks im privaten Bereich aus?

Kissel-Müller: Die niedrigeren Preise für Notebooks bewirken, dass die Leute sich für den Privatbereich in der zweiten Generation ein Notebook statt einen Desktop kaufen.

Hoffmann: Viele suchen Mobilität. Zum Beispiel die Studenten, die zwischen "Hotel Mama" und dem Campus pendeln, oder aber die Jugend, die zu Workshops oder LAN-Parties ganze Kisten durch die Gegend tragen muss. Mit einem Notebook kann ich mir auch im Wohn- oder Schlafzimmer einen Film auf DVD anschauen. Da stört ein kleineres mobiles Gerät nicht so sehr.

Welche Vorteile hat der Händler, wenn er Notebooks statt Desktop-PCs verkauft?

Hoffmann: Der Händler begrüßt die Miniaturisierung. Er hat weniger Kilos zu bewegen. Bei einem Bundle aus Desktop-PC und Monitor mit einem großen Karton muss ja fast schon ein halber Eisschrank transportiert werden. Hinzu kommt, dass der Service ein anderer ist. Ein Notebook kann ich einfacher verschicken, und der Anbieter kann einen Bring-in-Service günstiger anbieten als einen Vor-Ort-Service.

Gericom hat - wenn man sich die Verkaufszahlen betrachtet - bei seinen Notebooks den richtigen Preispunkt getroffen. Haben Sie aber auch etwas daran verdient, Herr Oberlehner?

Oberlehner: Nein, nicht wesentlich. Wir machen das nur aus Spaß, oder?

Hoffmann: Als PC-Hersteller sind wir ja nur die ehrenamtlichen Geldeintreiber für Microsoft, Intel, VG Wort und so weiter.

Gericom war das erste Unternehmen, das Notebooks mit Desktop-CPUs angeboten hat. Mittlerweile ist das ja schon fast Mode geworden.

Oberlehner: Als Letzter von den großen Herstellern hat jetzt auch Dell damit begonnen. Intel hat sich natürlich gegen diese Entwicklung gewehrt, da es sein Geld vor allem im Corporate-Markt verdient. Intel würde ja von sich aus nicht sagen, dass man die Desktop-CPU auch in ein Notebook einsetzen kann. Lassen wir doch den End-User entscheiden, ob er ein Desktop-Replacement oder ein mobiles Gerät haben will. Mittlerweile wird dieses Thema so brutal in eine Ecke getreten. Gerade im deutschsprachigen Raum, der extrem Megahertz-getrieben ist.

Rümmele: Hier werden Autos auch immer noch über PS-Zahlen verkauft. 2,0 Gigahertz beim Mo-bile Pentium 4-M oder 2,5 Gigahertz beim Pentium 4 - das sieht eben nach etwas anderem aus.

Hoffmann: Im deutschsprachigen Raum ist der Käufer durch die ganzen Flyer unglaublich aufgeklärt. Nehmen Sie die Supermärkte, die bei jedem angebotenen PC angeben mussten, was genau drinnen steckte. Und natürlich die Intel-Inside-Geschichte. Ich stelle mir vor, dass auf meinem Auto hinten steht: Der Motor ist von dem, die Scheibe ist von dem, die Bremse ist von dem, und die Reifen sind von dem.

Beim "Desknote", dem jüngsten Produkt von ECS Elitegroup, werden aber nicht nur Desktop-CPUs eingebaut.

Hoffmann: Wir haben hier aus Kostengründen ein neues Produkt kreiert und bauen komplett Desktop-Komponenten in den Desknote ein. Die Störanfälligkeit eines Notebooks ist nun einmal erheblich höher als die eines Desktops. Bei einem Desktop liegt das in der Größenordnung von drei bis fünf Prozent, während ein Notebook ein Mehrfaches davon hat.

Rümmele: Also das ist schon sehr hoch gegriffen. Das hieße, dass bis zu fünf von hundert Geräten ausfallen würden.

Broschart: Da muss ich auch widersprechen. Gerade für den Mobil-Bereich kann ich diese Behauptung nicht stehen lassen. Dadurch, dass ich mit dem Notebook unterwegs bin und es ins Auto werfe, entstehen vielleicht höhere Servicekosten, aber nicht dadurch, dass ich andere Komponenten einsetze.

Hoffmann: Das liegt nicht nur am Transport, sondern daran, dass ein Notebook durch die Miniaturi-sierung der Komponenten, durch die Wärmeentwicklung und durch verschiedenste andere Einflüsse wesentlich höhere Ausfallraten hat. Das ist Gesetz, da kommt keiner dran vorbei.

Rümmele: Das kann ich nicht nachvollziehen. Diese Zahlen treffen bei uns nicht zu. Die Anzahl der Störungen bei unseren Note-books ist nicht wesentlich höher als bei den Desktop-PCs.

Hoffmann: Aber in einem Notebook werden von Haus aus Teile ein-gesetzt, die eine kürzere Lebensdauer haben und mit einer geringen Stückzahl aus der Produktion kommen. Außerdem sind sie kleiner, und durch die geringeren Wärmeableitmöglichkeiten gibt es höhere Störmöglichkeiten, das ist ganz normal. Daher gibt es im After-Sale bei einem Notebook höhere Kosten.

Kissel-Müller: Aber dafür haben Sie eine wesentlich höhere Produktivität als bei einem stationären PC. Mobile Computer, die weitest gehend mit Desktop-Komponenten ausgestattet sind, sind eine Art Zwitter, mit denen ich nicht wirklich mobil sein kann. Und das ist der kritische Punkt.

Hoffmann: Nach unseren Untersuchungen werden weltweit annähernd 85 Prozent der gekauften Notebooks sowieso stationär in die Steckdose gesteckt. Bis auf die Festplatte und das DVD-Laufwerk haben wir beim Desknote nur Desktop-Komponenten verwendet. Und wenn ich auf eine höhere Stückzahl von Desktop-Komponenten zurückgreife, kann ich den Preis senken und die Geschwindigkeit anheben. Durch das Herausnehmen der Batterie haben wir Platz geschaffen, um die Desktop-Teile hineinzutun. Natürlich kann der Anwender eine externe Batterie dazu kaufen. Deswegen heißt das Ding nicht Notebook, nicht Desktop, sondern Desknote.

Broschart: Der Verbraucher, der in den Media-Markt läuft, kennt gar nicht den Unterschied zwischen einer Mobile-CPU und einer Desktop-CPU. Er weiß nicht, was Speedstep ist und was die Vorteile hiervon sind. Hier wird einfach auf die Megahertz-Zahl des Prozessors, auf die Gigabyte-Zahl der Festplatte und auf die Megabyte-Zahl des Arbeitsspeichers geachtet. Das sind Verkaufsargumente.

Notebook-Anbieter heben auch immer hervor, dass der Anwender mit den Geräten überall arbeiten kann.

Rümmele: Ich muss mit dem Gerät nicht in der Wüste sein. Bei Geschäftsleuten ist es doch so: Sie brauchen es für eine Stunde auf dem Flughafen, wo sie nicht unbedingt gleich eine Steckdose haben. Dann fliegen sie irgendwo hin, klappen es wieder auf, arbeiten wieder ein bisschen, dann wieder woanders. Mit solchen Geräte können sie richtig arbeiten, das können sie mit Geräten, die einen Desktop-Prozessor besitzen, auf gar keinen Fall.

Kissel-Müller: Es gibt aber Kunden, bei denen es mehr auf die Leis-tung ankommt, und die setzen die Geräte hauptsächlich stationär ein. Die B2B-Geräte sind ganz anders ausgestattet, zum Beispiel mit Zusatzakkus, wodurch ich auch sechs bis sieben Stunden vom Netz weg arbeiten kann. Das sind für Vielreisende und Geschäftsleute schon sehr interessante Aspekte. Die Kunden sagen, dass sie nicht unbedingt jedes Prozessor-Upgrade mitmachen müssten. Stattdessen möchten sie lieber eine Plattformstabilität haben.

Rümmele: Gerade der Mobile Pentium 4-M von Intel ist ein gutes Beispiel. Im Moment sehen wir noch keinen Vorteil bei ihm. Damit hat man 30 Prozent weniger Akkulaufzeit, und das Ding wird heißer.

Broschart: Die Batterie im Notebook bedarf heute noch der Entwicklung. Wir sehen immer schnellere Prozessoren, immer bessere Displays, immer größere Festplatten. Aber wir sehen seit Jahren den Lithium-Ionen-Akku, und bei zwei, drei oder vier Stunden ist letztendlich Schluss. Aber der Kunde erwartet heute von einem Notebook, dass die Akkulaufzeit einen ganzen Tag abdeckt. Doch das werden wir erst mit der nächsten Akku-Generation bekommen. Und das wird nicht eben morgen oder übermorgen geschehen, das wird noch eine lange Zeit dauern.

Hat sich eigentlich das typische Einsatzgebiet von Notebooks verändert? Neuerdings tauchen immer mehr robuste Rechner für den Einsatz im Freien oder in industriellen Umgebungen auf.

Oberlehner: Es ist einfach notwendig, dass das Notebook mehr können muss, als es momentan kann. Gerade Leuten, die viel unterwegs sind, sollte man ein Notebook anbieten, auf das sie nicht wie auf ihren Augapfel aufpassen müssen. Aber dieser Bereich steckt momentan sicherlich noch in den Kinderschuhen, weil die Leute mit dieser Problematik noch nicht genügend konfrontiert sind.

Hoffmann: Der Bedarf für den industriellen Einsatz geht mit einem besseren TFT-Bildschirm einher. Die Industrie würde auch mit kleineren Displays arbeiten, wenn sie denn nur eine höhere Helligkeit gegen die Sonneneinstrahlung aufweisen würden. Ich kann nicht einfach nur durch die Fabrik gehen, wenn es dunkel ist, aber nicht in dem Moment, wo ich es mit Tageslicht zu tun habe.

Oberlehner: Der Mitteleuropäer braucht ein möglichst großes Display, einen 14- oder 15-Zöller. In anderen Ländern sagen die Leute: "Für meine Bedürfnisse komme ich auch mit einem 9- oder 10-Zoll-Bildschirm aus." Und wenn ein 10-Zoll-Gerät herunterfällt, hat es natürlich viel geringere Auswirkungen, als wenn eine 15-ZollKiste herunterfällt.

Was wird sich mittelfristig am Aussehen eines Notebooks ändern?

Oberlehner: Heutzutage müsste ein Notebook längst nicht mehr so groß sein wie das, das wir derzeit bauen. Das Problem ist, dass die Peripherie teilweise sehr wenig genutzt wird. Wir haben immer noch eine Floppy drin, aber wie viele Leute benutzen eine Floppy?

Broschart: Wenn wir die Gewichtssegmente betrachten, gehen wir weg von diesem All-In-One-Klotz, der über drei Kilogramm wiegt, hin zu den so genannten Thin-and-light-Geräten, die zwischen 2 und 2,5 Kilogramm wiegen. Davon wird am meisten verkauft, und da wird auf ein Floppy-Laufwerk verzichtet. Wenn ich wirklich ein Floppy-Laufwerk brauche, kann ich es entweder extern anschließen oder intern gegen das DVD-Laufwerk austauschen. Aber die Notwendigkeit eines Floppy-Laufwerkes ist schon seit Jahren nicht mehr gegeben.

Rümmele: Das stimmt. Wir liefern Sachen aus, die keiner mehr will, also machen wir es einfach nicht mehr. Bis zum Jahresende werden wir bei IBM keines unserer Thinkpads mehr mit einer Floppy ausliefern. Wenn es ein Kunde möchte, gibt es dies als interne oder externe Option.

Kissel-Müller: In der zweiten Jahreshälfte werden Notebooks mit Touchscreen ein großes Thema werden.

Wie wird eigentlich das Build-to-order-Verfahren vom Kunden angenommen, also sich sein Notebook aus Einzelteilen zusammenzustellen?

Oberlehner: Hier handelt es sich eher um eine Finalisierung des Geräts. Es sind vielleicht fünf oder sechs Komponenten, die sich der Kunde wünschen kann. Behindert wird das Ganze ein bisschen durch unterschiedliche Standards, speziell bei Verbindungen.

Das heißt, der Anwender kann eine andere CPU, eine andere Festplattengröße, ein anderes Display wählen.

Oberlehner: Keiner investiert 10 oder 15 Euro zusätzlich in etwas Standardmäßiges, um es dann wieder wegzuschmeißen. Momentan ist es so, dass Leute mit einem höheren Einkommen sich dazu hinreißen lassen, sich etwas besonderes zusammenzustellen. Aber der 0815-Anwender kauft mehr oder weniger Standard.

Rümmele: Aber wir reden hier nicht von Einzelstücken, hier geht es um Projekte mit drei-, vier- oder fünfstelligen Zahlen. Hier definiert der Kunde von vornherein, was er braucht, und wenn er sich entschieden hat, will er keine Flexibilität.

Und damit sind wir beim Thema Aufrüsten eines Notebooks.

Hoffmann: Im Business-Bereich kaufen die Leute ein Notebook, und wenn es nicht um die Software geht, wird gar nichts mehr daran getan. Im privaten Bereich gehen 60 bis 70 Prozent der Käufer auch nicht an ihr Notebook ran. Es gibt natürlich die Freaks, die zu wenig Speicher oder mit der Platte ein Problem haben oder mit der Grafik. Die ganze Upgrade-Geschichte kann man irgendwann ignorieren, weil Leistungen erreicht sind, mit denen die Leute zufrieden sind.

Rümmele: Wir wollen ja auch gar nicht das ganze Upgrade, weil wir doch weg wollen von den Spezialisten. Sonst müsste ich mich als Anwender richtig auskennen. Aber auf der anderen Seite sagen wir, dass das Ding einfach bedienbar sein muss, und das widerspricht sich doch.

Die Entwicklung neuer und schnellerer Schnittstellen wie USB 2.0 und Firewire 2 wird

Notebooks sicherlich nicht schaden.

Kissel-Müller: Das wird das Geschäft noch einmal beflügeln und voranbringen. Die Kombination aus Notebook und Peripheriegeräten auf dem Tisch wird mit Sicherheit den künftigen Arbeitsplatz ausmachen.

Hoffmann: Durch die neuen Schnittstellen wird eine hohe Flexibilität erzeugt. Selbst bei einem "Hammerangebot" eines PCs, der von vorne bis hinten alles drin hat, wird der Kunde dieses oder jenes im Endeffekt wahrscheinlich überhaupt nie in seinem Leben nutzen. Und damit schlägt sich der Handel selbst die Beine weg. Wenn der Händler einen Rechner "entbundlen" würde, könnte er vielleicht ein besseres After-Sales-Geschäft machen und eine wesentlich bessere Marge erzielen. Zu zeigen, wie viel und was man alles in einen Computer gesteckt hat, gehört zu den Sünden der Vergangenheit. Sehen Sie sich den Desktop-PC an, da ist es ruhig geworden an der Front.

Also als Notebook-Hersteller keine Fehler machen, die die Desktop-PC-Anbieter gemacht haben?

Hoffmann: Wenn wir an die Stückzahlen des Desktop-PC heranwollen, dann müssen wir auch einmal weggehen von der typischen Notebook-Klientel, die ohne Zweifel eine Wachstumsfahrt vor sich hat. Aber unter den voraussichtlich 13 Millionen verkauften PCs in diesem Jahr in Europa gibt es ein großes Umsteigepotenzial. Und es ist mir eigentlich vollkommen egal, ob das ein B2B- oder ein Consumer-Kunde ist. Wir können da 20 bis 30 Prozent abspalten, und ich glaube, dass sich der Desktop-PC-Markt in einer Spirale bis auf einen gewissen Punkt hinunterentwickeln wird.

Kissel-Müller: Bei Notebooks wird das Design immer ein Thema sein. Aber dann ist der Preis wesentlich höher und damit automatisch die Käuferklientel eingeschränkt.

Aber wenn immer mehr Note-books verkauft werden, wird irgendwann der Punkt erreicht, an dem die Notebook-Komponenten genauso preiswert werden wie die Desktop-PC-Komponenten.

Rümmele: Nein. Weil ich mehr Entwicklungszeit benötige und die Miniaturisierung der Komponenten mehr Geld kostet.

Hoffmann: Es gibt keine Standardisierung bei den Notebook-Komponenten, jedenfalls nicht in der Form wie beim Desktop-PC. Jeder entwickelt für sich, ein Notebook wird vom Motherboard über die Bausteine individuell hochgezogen.

Oberlehner: Es gibt aber an und für sich keinen logischen Grund - wenn die Menge stimmen würde -, warum eine Notebook-Festplatte teurer sein sollte als eine Desktop-PC-Festplatte.

Rümmele: Die Schockempfindlichkeit einer Notebook-Festplatte muss doch viel höher sein. Den Desktop-PC darf ich nicht herumschütteln, beim Notebook erwarte ich, dass es das aushält.

Oberlehner: Die Firmen verdienen an einer Notebook-Festplatte einfach noch wesentlich mehr als an einer Desktop-PC-Festplatte.

Hoffmann: Es gibt einfach zu wenig Mitbewerber in diesem Bereich.

Oberlehner: Und die, die da sind, geben sich nicht zufrieden. Es fehlen ihnen noch die großen Stückzahlen.

Hoffmann: Notebooks sind aber auch zu individuell. Nehmen Sie nur mal die Tastatur. Ein IBMNotebook hat eine andere Tastatur als eines von Compaq oder Toshiba oder Fujitsu Siemens. Oder nehmen Sie das Touchpad. Jeder könnte das gleiche benutzen, aber nein, das eine hat diese Größe, das andere jene Größe.

Warum setzen sich dann die Hersteller nicht an einem Tisch und gründen ein Konsortium, in dem sie so etwas genau festlegen?

Hoffmann: Dann haben wir die gleiche Situation wie beim Desktop-PC. Heute sind doch alle froh, dass sie im Notebook-Bereich arbeiten.

Rümmele: Was wäre denn der Vorteil eines Konsortiums?

Die Absatzzahlen der Notebooks würden steigen.

Broschart: Das glaube ich nicht. Gerade die Individualität der Notebooks unterscheidet diesen Bereich doch von den Desktop-Rechnern - und das ist auch gut so.

Kissel-Müller: Bisher war der Notebook-Markt völlig anders strukturiert als der Desktop-PC-Markt. Desktops waren "Commodities", also "Bedarfsartikel", und ihre Komponenten alle gleich. Und weil die Unterschiede nicht mehr darstellbar waren, kam es zum Preis- und Margenverfall. Der Notebook-Markt lebte von der Innovation, und wir haben Produkte hervorgebracht, die nicht so ohne weiteres untereinander vergleichbar waren. Da gab es Fans von Toshiba, von IBM, von Compaq und so weiter. Doch momentan bewegen wir uns auf eine Grenze zu: Notebooks werden auch immer mehr zu "Commodities", weil es im Grunde keine richtigen Unterschiede gibt wie vor einigen Jahren. Wenn heute einer etwas Neues bringt, dann kommt drei Monate später der Nächste auch damit heraus.

Rümmele: Das sehe ich ein wenig differenzierter. Nehmen Sie die Art und Weise, wie man Wireless-Technologie implementiert. Da gibt es große Unterschiede. Jeder Hersteller sagt, seine Lösung sei die beste. Oder Security: Alle reden von Sicherheit, doch außer IBM bietet im Moment noch keiner implementierte Security-Chips an. Und ich glaube nicht, dass in drei Monaten alle Hersteller einen Security-Chip drinhaben werden. Daher ist es mit dem Abdriften in den Commodity-Bereich noch lange nicht so weit, zumindest nicht im Business-Bereich.

Kissel-Müller: Um das Geschäft noch interessanter zu machen, müssen neue technologische Features auftauchen, Innovation durch Wireless, Security oder andere Formfaktoren. Aber grundsätzlich ist der Preis- und Margenverfall da, und im Retail-Geschäft sind die Bedingungen heute denen bei den Desktop-PCs sehr ähnlich.

Rümmele: Das ist richtig, und deswegen ist es vielleicht auch von dem einen oder anderen Anbieter vernünftig, wenn er aus dem Retail-Bereich komplett hinausgeht.

Hoffmann: Design-Rechner waren in der Vergangenheit immer für Aha-Effekte gut, das Volumen ist aber nie gekommen. Und ein Return meistens auch nicht. Mittlerweile wird von den Kunden aber auch verstanden, dass diese Produkte nicht mehr für ewig sind. Ein Notebook wird nicht für fünf Jahre Investitionsdauer gekauft, man ist heute mit zwei bis drei Jahren zufrieden.

Wenn der Heimanwender zu Hause gar keinen PC haben will, aber trotzdem ins Internet möchte, bieten sich doch die so genannten Webpads oder Tablett-PCs an.

Oberlehner: Wir haben auf der Cebit 2000 unser erstes Gerät dieser Art vorgestellt, verkauft haben wir bis jetzt, glaube ich, 245 Stück. Das ist eher etwas für eine integ-rierte Business-Lösung, aber im Home-Bereich nicht abzusetzen.

Broschart: Ein Tablett-PC kann mit Sicherheit ein Notebook nicht ersetzen und ist auch gar nicht dazu konzipiert worden. Tablett-PCs werden in vertikalen Märkten zu finden sein, also in sehr stark lösungsgetriebenen Märkten. Es gibt mit Sicherheit jede Menge Anwendungen dafür. Wir werden gemeinsam mit Microsoft eine Windows-XP-Tablett-PC-Edition in den Markt bringen, aber wir erwarten natürlich nicht diese Stückzahlen, die wir vom Notebook-Bereich gewöhnt sind.

Kissel-Müller: Es gibt hier zwei Philosophien: den "Slate", also einen PC, der über eine Dockingstation auf dem Schreibtisch ausgerüstet werden kann, und den "Convertible", der zum Beispiel mit einem multifunktionalen Bildschirm ausgestattet ist. Für die Convertibles gibt es einen Markt im B2B-Bereich, und da sehe ich nicht nur die vertikalen Anwendungen, weil das eine Erweiterung der Funktionalität des Notebooks ist. Die vertikalen Anwendungen sehe ich auch für den Slate, weil das ein kleines, leichtes und flaches Gerät ist. Und innerhalb der nächsten fünf Jahre wird das Standard-Notebook somit ersetzt werden.

Rümmele: Ein Notebook wird nicht durch irgend etwas anderes, kleines ersetzt. Ein 12-Zoll-Notebook lässt sich heute nicht mehr verkaufen. Von daher gehe ich nicht davon aus, dass wir einen neuen Boom haben werden mit irgendwelchen Geräten, um zu Hause nur ins Internet zu gelangen.

Hoffmann: Es gibt so viel Indus-trieanwendungen für diese Tablett-PCs, aber im Privatbereich werden die neuen Telefone mit ihren größeren Displays locker diese Rolle übernehmen.

Oberlehner: Am besten mit Handschriften- und Spracherkennung, und ein Spiel wollen die Anwender auch noch haben. Wahrscheinlich wird es dafür einen Markt geben im Home-Bereich, die Frage ist nur, wann. Vielleicht nicht in unserer Generation, sondern in der nächsten oder übernächsten.

Rümmele: Ich glaube schon, dass mit diesen Geräten ein Boom ausgelöst wird, aber das wird sich nicht in unserem Metier abspielen.

Kissel-Müller: Es wird eine riesige Variabilität unterschiedlicher Devices geben. Die PDAs darf man auch nicht vergessen, die werden sicher auch weiter von sich reden machen. Webpads werden sich aber nicht für den Heimbereich entwickeln, wenn sie preislich in der Nähe eines PCs liegen.

Broschart: Ein Webpad ist nichts anderes als ein aufgeblasener Po-cket-PC, ich brauche immer ein Device, mit dem ich synchronisieren muss. Das heißt, mein Notebook hat seine Lebensberichtigung und mein Desktop-PC auch. Ein Tablett-PC siedelt sich in einem ganz anderen Segment an, nämlich genau dort oben, wo mein Notebook und mein Desktop-Rechner heute stehen. Das heißt, hier biete ich ein Device, dass die Funktionalität von beiden übernehmen kann.

Hoffmann: Klar ist, dass wir in Zukunft mehr Computer haben werden, als wir derzeit haben. Wo heute ein Desktop-PC steht, kommt ein mobiler Rechner dazu. Oder zum Einbau in die Küche, mit Fernseher, als Unterhaltungssys-tem bei einem Fitness-Center. Wir werden so viel mehr finden, egal in welcher Form, wir werden überschüttet werden.

Die Moderation führten die Com-puterPartner-Redakteure Christian Töpfer und Hans-Jürgen Humbert.

Roundtable

Die Teilnehmer

Michael Broschart, Produkt-manager Portables, Commercial PCs bei der neuen HP

Winfried Hoffmann, CEO bei der Henwin GmbH (für ECS Elitegroup)

Thomas Kissel-Müller, Marketingdirektor Computersysteme bei der Toshiba Europe GmbH

Hermann Oberlehner, CEO bei der Gericom AG

Felix Rümmele, Direktor PC-Marketing bei der IBM Deutschland GmbH