CP-Serie "Finanzierung von IT-Firmen", Teil 6

Mosaikfinanzierung – Management-Buy-in/-Buy-out

06.10.2011
Wie Manager auch mit wenig Eigenkapital zum Unternehmer werden können, sagt Dr. Bernhard Schmid.

Dieser Beitrag beschreibt, wie eine Nachfolge auch ohne hohes Eigenkapital intern beziehungsweise extern geregelt werden kann.

IfM schätzt, dass von rund 700.000 "übernahmewürdige" Unternehmen (mehr als 49.000 Euro Gewinn) rund 110.000 "übergabereife" Unternehmen befinden. Nach DIHT-Schätzung schaffen aber nur 50 Prozent der inhabergeführten Unternehmen den Sprung in die zweite Generation, weniger als zehn Prozent in die dritte Generation. Entsprechend gibt es geeignete Alternativen: Management-Buy-in beziehungsweise Management-Buy-out, bei dem Kapital und Management (sukzessive) übergehen, klassische Buy-outs, wo oft das Management zum Verbleib incentiviert wird, beziehungsweise familieninterne Lösungen, die die Einheit von Kapital und Management in der Familie garantiert.

Auf der anderen Seite sehen immer mehr erfahrene Manager das Unternehmertum als valide Alternative an, sei es als sogenannter Management-Buy-out-Kandidat (MBO), der intern gezielt zum Nachfolger aufgebaut wird, oder als externer Manager, der im Zuge eines Management-Buy-ins (MBI) die Anteile des Altgesellschafters übernimmt.

Dass es oft bei dem Wunsch bleibt, liegt nach Untersuchungen der Deutschen Ausgleichsbank an der unzureichenden Finanzierung. 68 Prozent der befragten Manager gaben dies als Hauptgrund für das Scheitern ihrer Bemühungen an. Nach Erfahrungen von GVM, liegt dies daran, dass Manager davon ausgehen, die komplette Summe selbst stemmen zu müssen. Doch dies ist nicht notwendig, wie die Methoden der Mosaikfinanzierung zeigen: Oft besteht dieses "Mosaik" aus einer Kombination von Fördermitteln oder (besicherten) Fremdkapital, Eigenmitteln des MBI-/-MBO-Kandidaten, einem Verkäuferdarlehen beziehungsweise Eigenkapital oder stille Beteiligungen durch einen externen Investor.

Der Modus ist - sehr vereinfacht ausgedrückt - ähnlich wie beim Erwerb einer fremdvermieteten Immobilie. Derartige Immobilien wurden in der Regel zum Beispiel über eine rückgedeckte Lebensversicherung mit einem geringen Anteil von etwa 20 Prozent aus Eigenmitteln finanziert. Über den Erfolg des Objekts (im Falle der Immobilie die Mieteinnahme) wird die Finanzierung über eine bestimmte Laufzeit zurückgeführt.

Den Kaufpreis, den ein Unternehmer für sein Lebenswerk erzielen möchte, übersteigt dabei oft die Mittel, die ein MBI-/-MBO-Kandidat in der Lage oder willens ist aufzubringen. Ungeachtet dessen sind externe Nachfolgeregelungen sehr erfolgreich: ZEW zufolge steigt der Umsatz (die Mitarbeiterzahl) um 5,9 Prozent (6,7 Prozent) bei MBOs, bei unternehmensinterner Nachfolge um 5,6 Prozent (4,3 Prozent) und bei Nachfolge innerhalb der Familie "nur" um 4,3 Prozent (3,1 Prozent).

Über Varianten der Mosaikfinanzierung ist es möglich, eine Brücke zu schlagen. Dabei wird zum Beispiel eine Beteiligungsgesellschaft gegründet, die die abzugebenden Geschäftsanteile vom Gesellschafter übernimmt.

Quellen der Beteiligungsfinanzierung

Die Mittel der Beteiligungsfinanzierungs werden dabei aus verschiedenen Quellen aufgebracht:

- Eigenmittel des MBI-/-MBO-Kandidaten

Die Höhe der Eigenmittel richtet sich nach dem zu erwerbenden Projekt und der finanziellen Situation des Erwerbers - so konnte zum Beispiel bei einer von GVM begleiteten Transaktion der ehemalige Manager eines großen Telekommunikationskonzerns seinen Lebenstraum als Unternehmer mit rund 15 Prozent Eigenmitteln verwirklichen und ein angesehenes IT-Systemhaus im Zuge einer Nachfolgeregelung übernehmen.

- Weitere direkte beziehungsweise indirekte Kapitalgeber (als offene beziehungsweise stille Beteiligung )

- Bankenkredite

Erste Anlaufstelle ist meist die Bank des Unternehmers/Unternehmens, da diese in der Regel das Unternehmen seit vielen Jahren als Hausbank betreut und das Unternehmen als Kunden nicht verlieren möchte. Analoges gilt für die Hausbank des MBI-/-MBO-Kandidaten, der entsprechend den Vermögensaufbau des neuen Unternehmens begleiten möchte, da es auch hier einen entsprechenden Track-Record gibt.

- Fördermittel

Die Existenzgründung und die Schaffung von Arbeitsplätzen sind eines der wichtigen Ziele innerhalb Deutschlands beziehungsweise der Europäischen Union. Entsprechend gibt es für Gründer wie MBI-/-MBO-Kandidaten zahlreiche Möglichkeiten, entsprechende Fördermittel zu erhalten (zum Beispiel zinsbegünstigte Darlehen mit einer gewissen Haftungsfreistellung für die durchreichende Hausbank). Oft handelt es sich auch hier um eine Kombination aus Mitteln aus dem European Recovery Fonds, Mitteln aus dem jeweiligen Bundesländern/Kommunen und sonstige staatliche Förderprogramme.

- Der Verkäufer

Neben den unternehmerischen Fähigkeiten des MBI-/-MBO-Kandidaten bildet eine reibungslose Übergabe einen wichtigen Erfolgsfaktor. Dies wissen alle an der Finanzierung Beteiligten und versuchen daher, über eine finanzielle Bindung das Commitment des Seniors zu verstärken. Ein Teil des Verkaufserlöses wird als Darlehen dem Unternehmen zeitbezogen zur Verfügung gestellt. Über die Rückzahlung dieses (Gesellschafter-)Darlehens ist die Motivation weiterhin hoch, auch nach der Veräußerung die Kundenbeziehungen und das Einphasen bezüglich der Mitarbeiter optimal zu gestalten.

Zusätzlicher Hebeleffekt

Die Beteiligungsgesellschaft profitiert vom Erfolg des operativen Unternehmens über Dividendenzahlungen. Dies ermöglicht eine Rückführung der anderen Finanzierungsquellen und damit die sukzessive Aufstockung der Anteile des MBI-/-MBO-Kandidaten über die Jahre hinweg. Ein weiterer Vorteil eines sorgsam erstellten Konstrukts besteht darin, dass das Kapital der Beteiligungsgesellschaft als Eigenkapital in der operativen Gesellschaft fungiert. Dies erleichtert die Aufnahme von Banklinien für Working Capital und erzeugt damit einen zusätzlichen Hebeleffekt.

Neben den geschilderten finanziellen Gesichtspunkten ist die Planung der Transaktion von entscheidender Bedeutung. Die Übergabe eines inhabergeführten Unternehmens ist aufgrund des Machtgefüges deutlich schwieriger als etwa die Integration analoger Unternehmen, die von angestellten Managern geführt werden.

Planung

Im Rahmen der Planung sind rechtliche sowie steuerliche Aspekte zu klären und die wirtschaftliche Unternehmenssituation zu analysieren (insbesondere unabhängig von der Person des Seniors). Idealerweise ermöglicht ein Investment Case Fact Book einen fairen Blick auf das Potenzial. Dieses beinhaltet:

- Geschäftsmodell/Unternehmensentwicklung

- Produkte und Dienstleistungen

- Markt und Wettbewerb

- Marketing und Vertrieb

- Produktion, F&E, Logistik

- Organisations-/Management-/Mitarbeiterstruktur

- Bilanz-/GuV-Relationen der zurückliegenden drei Jahre

- Budgetplanung des laufenden Jahres/Drei-Jahres-Planung

- Bilanz-/GuV- und Produktivitätskennzahlen

- letzte Betriebsprüfungen

- aktuelle Rechtsstreite/Wertberichtigungen

Transaktion

Bei der Übergabe inhabergeführter Unternehmen sind prinzipiell die gleichen Bewertungsverfahren wie bei anderen Transaktionen zugrunde zu legen (zum Beispiel Discounted-Cashflow-Methode). Besonderes Augenmerk sind aber auf spezifische Konstrukte wie etwa Pensionsrückstellungen des Geschäftsinhabers, die Höhe der Geschäftsführerbezüge, spezielle steuerliche Belastungen, Rückstellungen, ertragreiche und bereits abgesicherte Zukunftsprojekte sowie nicht ausgeschüttete Gewinne zu richten.

Vonseiten des abgebenden Unternehmers sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

- Festlegung des zeitlichen Rahmens

- Erstellung relevanter Unterlagen

- Entwicklung von Transaktionsvarianten

- Erarbeitung der Verhandlungsstrategie und -führung

- Festlegung der internen und externen Kommunikationsstrategie (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Banken, Behörden, Verbände etc.)

- Definition der (sukzessiven) operativen Übergabe zwischen Senior-Chef und Nachfolger

Abwicklung

Je professioneller die Auswahl und der Verhandlungsprozess unter Hinzuziehung geeigneter Partner ablaufen, desto weniger Reibungsverluste sind für die folgende Übergabephase zu erwarten. Das Sicherstellen einer optimalen Übergabe steht dabei an oberster Stelle.

Vielfach wird dabei im Eifer des Gefechts zu wenig Wert auf die Kommunikation gelegt - sei es intern, sei es gegenüber Banken, Geschäftspartnern und strategischen Kunden. Auch hier gilt: Für die interne und externe Bekanntgabe der Transaktion gibt es keine zweite Chance.

Aus der Erfahrung von Global Value Management liegt eine der wesentlichen Erfolgsfaktoren darin, die Folgemaßnahmen zur Integration bereits im laufenden Vertragsprozess zu gestalten. Die Übergabe erzeugt per se Unsicherheit bei Mitarbeitern beziehungsweise Marktteilnehmern. Wenn dann auch noch die handelnden Akteure keinen sicheren Eindruck bezüglich des Übergangs machen, haben Mitbewerber oft leichtes Spiel, die Übergangsphase zu ihren Gunsten auszunützen. Dabei gibt es bezüglich der Integration erfahrene Coaches, die den Prozess als Moderator begleiten, zum Beispiel nach der PBS-Methodik - People, Business, Strategy. Und zwar in dieser Reihenfolge, damit nicht das eigentliche Kapital des Unternehmens, nämlich die Mitarbeiter, auf der Strecke bleiben.

Fazit

Für den Unternehmer bedeutet die erfolgreiche Übergabe die Krönung des Lebenswerk; für den Erwerber der Beginn des Abenteuers Unternehmertum. Für beide wie auch für die Mitarbeiter steht folglich viel auf dem Spiel. Wesentliche Erfolgsfaktoren für einen erfolgreichen MBI/MBO sind daher eine geeignete Mosaikfinanzierung, die die finanziellen Risiken beherrschbar macht und Spielraum für weitere Expansion beziehungsweise Überstehen von Krisen beinhaltet, und eine optimale Planung des "geräuschlosen" Übergangs vom "alten" zum "neuen" Chef. (oe)

Der Autor Dr. Bernhard Schmid war knapp 20 Jahren in der IT-Branche tätig und hat in seiner Zeit als Geschäftsführer, Vorstand und Berater über 20 Corporate -inance -Transaktionen im IT-Channel realisiert. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter der Global Value Management GmbH (GVM).

Kontakt:

Tel.: 08141 8890-39, E-Mail: bernhard.schmid@global-value-management.de, Internet: www.global-value-management.de