Chancen für den Fachhandel

Netbooks – der neue Milliardenmarkt

31.10.2008
Mit den Netbooks hat sich eine neue Produktkategorie im ITK-Markt etabliert. Angesichts guter Verkaufszahlen versuchen alle Anbieter, ein möglichst großes Stück vom Kuchen abzubekommen. Welche Chancen werden dabei dem stationären Fachhandel eingeräumt?
Das "M912" von Gigabyte ähnelt einem Convertible Tablet PC.
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Dass Netbooks/Mini-PCs/UMDs (Ultra Mobile Devices) - oder wie sie auch immer genannt werden - Aussicht auf Erfolg haben, war bereits auf der CeBIT 2008 absehbar. Dort holten viele A-Brand-Hersteller hinter verschlossenen Türen ihre ersten Prototypen aus der Schublade. Asus hatte zu diesem Zeitpunkt mit dem Eee PC bereits den Fuß im Markt. Mittlerweile bietet der chinesische Hersteller sieben Modelle zu Preisen zwischen 249 und 599 Euro an.

Auf Zielgruppen zugeschnitten

Natürlich sind auch bei dieser neuen Produktgruppe die großen Flächenmärkte und E-Tailer als Vertriebskanäle im Fokus der Hersteller. Neben dem Fachhandel kommt noch ein zusätzlicher Absatzweg hinzu: "Ein noch sehr junger, aber wichtiger Kanal sind für uns die Mobilfunkanbieter wie T-Mobile, Vodafone, O2 oder E-Plus. Gemeinsam kann man preislich sehr attraktive Komplettpakete mit einem subventionierten HSDPA-fähigen Netbook anbieten. Bei Geräten ohne HSDPA ist natürlich der Vertrieb über den Einzelhandel am erfolgreichsten", sagt Keith Wrampling, Product Marketing Manager Mobile Computing bei Samsung.

Auf Erfolg mit dem Fachhandel richtet sich auch Acer aus: "Wir setzen beim Vertrieb der Geräte darauf, den verschiedenen Kanälen unterschiedliche, auf spezielle Zielgruppen zugeschnittene Modelle zur Verfügung zu stellen. So bieten wir das Aspire one A150X für den Retail-Markt in verschiedenen Farben an. Das schwarze Aspire one A110X Black Edition mit erschütterungsresistenter SSD und Sechs-Zellen-Akku wird hingegen nur über den Fachhandel erhältlich sein", so Robert Perenz, Product Manager Consumer PCs und Netbooks bei Acer.

Netbook oder Notebook? - Kunden wollen beraten werden

Obwohl einige Hersteller ihr erstes Netbook erst in diesen Tagen auf den Markt bringen, sind alle für das bevorstehende Weihnachtsgeschäft gerüstet - die Lager sind voll. "Die Verfügbarkeit der Geräte war zwar eingeschränkt, jedoch wird es im vierten Quartal definitive Angebote geben", bestätigt ein Medion-Sprecher gegenüber ChannelPartner. Dass es im Weihnachtsgeschäft "abgehen" wird, glaubt auch Arno Beier, Inhaber der Firma beico.net in Hattingen. Er verkauft Netbooks laut seiner Aussage schon in "ansehnlichen" Stückzahlen. "In den Verkaufsgesprächen lassen sich viele Kunden beraten, ob sie sich für ein Netbook oder doch für ein vollwertiges Notebook entscheiden sollen", erzählt der Fachhändler aus seiner Praxis.

Da Analysten und Hersteller den Absatz der Mini-Notebooks eher im Privatkundenbereich sehen, heißt es für den Fachhandel, wie so oft, sich durch Zusatz-Services ins Spiel zu bringen. Eine zusätzliche, vor allem für Reseller interessante Kundengruppe sind Geschäftsleute, die auf Reisen ihr Notebook im Büro lassen und ein kleines, leichtes Zweitgerät in die Tasche stecken. "Überwiegend kleine Firmen und Freiberufler fragen bei uns nach Netbooks. Kunden, die unterwegs nur 08/15-Office-Anwendungen nutzen oder E-Mails bearbeiten, sind genau die richtige Zielgruppe", erzählt Christian Fasold, Geschäftsführer der Firma Fasoft. Das ist für ihn ein Grund, seine Kunden auf die neuen Produkte anzusprechen, um vom Boom der neuen Geräteklasse zu profitieren.

Für 2012 prognostiziert Bob O'Donnell, Marktforscher bei IDC, weltweite Verkaufszahlen von 9,2 Millionen Netbooks bei einem Marktvolumen von 2,9 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: 2007 wurden nach IDC-Angaben weltweit 269 Millionen PCs und Notebooks verkauft. Als Klientel nennt er Consumer-Kunden, von denen 13 Prozent aus dem Schüler- und Studentensegment kommen.

Netbooks im Fachhandel

Das "Amilo Mini" von FSC in sattem Blau.
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Adrian Mose ist weder Schüler noch Student. Er ist als Inhaber der Firma Beamer Mounts Deutschland Geschäftsmann und Netbook-Besitzer. "Ich habe zwar von meinen größeren Firmenkunden noch keine spezifischen Anfragen zu Netbooks bekommen. Auf Zugfahrten werde ich aber oft von Mitreisenden auf mein Netbook angesprochen", erzählt der Reseller. Probleme beim Verkauf macht ihm die Preisfindung: "Wenn ich ein Gerät verkaufe, versuche ich, es günstiger als im Media Markt zu bekommen."

Dass, so wie damals bei den Notebooks, auch den Netbooks ein ähnlich rascher Preisverfall innerhalb der nächsten beiden Jahre bevorsteht, daran glauben die meisten Hersteller nicht. Derzeit liegen die Kosten für ein Netbook zwischen 269 und etwas über 500 Euro. "Ich denke, die Preise werden relativ stabil zwischen 399 und 499 Euro bleiben. An der oberen Grenze werden sich die Geräte mit HSDPA einpendeln", sieht Samsung-Manager Wrampling die Zukunft.

Unklare Preisentwicklung

Anderer Meinung ist Ingo Gassmann, Director Category Management der Personal Systems Group von HP: "Zurzeit bewegen sich die Preise nach unten. Der Preisdruck im Markt ist groß. Insgesamt wird sich das Preisgefüge allerdings nach oben verändern. Aktuell profitieren die Händler zusätzlich von einem Warenüberangebot und dem harten Preiskampf." Hat ein Reseller ein Netbook verkauft, stellt sich die Frage nach dem Verdienst. "Niedrige Preispunkte erfreuen den Kunden, für den Hersteller und den Fachhandelspartner sind die Margen im unteren zweistelligen Bereich angesiedelt", erklärt Dirk Thomaere, General Manager der Toshiba Europe GmbH.

Von langfristigen Preisvoraussagen nehmen andere Hersteller Abstand. So erinnert Sabine Bendiek, Channel Director für Zentraleuropa bei Dell, daran, dass es sich um eine neue Geräteklasse handelt, der das erste Weihnachtsgeschäft ins Haus steht: "Viel wird auch davon abhängen, wie der Markt die Notebooks gerade im Weihnachtsgeschäft annimmt und ob sie beispielsweise zu einem echten Commodity-Produkt werden." Im Laufe der nächsten Monate ist jedoch zu erwarten, dass sich das Angebot an Netbooks immens vergrößern wird. Der Netbook-Pionier Asus rechnet vor allem im höherpreisigen Segment mit vermehrter Nachfrage. "Im kommenden Weihnachtsgeschäft wird nicht nur der Low-End-Bereich für junge Einsteiger stark nachgefragt werden. Gerade bei den hochwertigen Netbook-Angeboten rechnen wir mit deutlichen Zuwächsen", sagt Asus-Marketingdirektor Holger Schmidt.

Verfügbarkeit ist laut Herstelleraussagen kein Thema

Für technologischen Ausbau ist - soweit es der begrenzte Platz zulässt - noch viel Spielraum vorhanden. Dadurch könnte ein allzu rasch einsetzender Preiskannibalismus abgeschwächt werden. "In den kommenden zwei Jahren werden die günstigen Mini-Notebooks natürlich technologisch weiterentwickelt. Daher ist auch kein dramatisches Preisgefälle zu erwarten. Vielmehr werden sich diese Produkte durch noch bessere Eigenschaften auszeichnen, und die Produktvielfalt wird den Kunden eine größere Auswahl bieten", meint Dirk Neuneier, Marketingleiter bei MSI. In den kommenden Monaten werden viele Hersteller versuchen, ihre bisherigen Standardmodelle weiter auszubauen, um sich von den Wettbewerbern zu differenzieren. So beispielsweise auch Gigabyte: "Das M912 hat ein drehbares Display wie ein Convertible Notebook und ist über Touchscreen bedienbar", erklärt Kelly Liu, Mitarbeiterin bei Gigabyte in Taiwan, das aktuelle Alleinstellungsmerkmal des ersten Gigabyte-Netbooks.

Um die Verfügbarkeit im letzten Quartal 2008 machen sich die Hersteller keine Sorgen. Nichts wäre schlimmer für einen Hersteller, als wenn er in einem Boom-Markt nicht die geforderten Stückzahlen parat hat. Da Netbooks von den großen Marktforschern bei den PC-Verkäufen eingereiht sind, können die Mini-PCs durch die erwarteten hohen Abverkaufszahlen erhebliche Verschiebungen in der PC-Markt-Platzierung hervorrufen. (bw)

Zusatzprofit mit Netbooks

Aufgrund der relativ günstigen Gerätepreise steigen Kunden möglicherweise eher auf zusätzlich angebotene Services oder Add-Ons ein:

- Installation eines Betriebssystems

- verschiedene Zusatzsoftware für Linux oder Mobile-Security

- Einrichten eines E-Mail-Clients

- Integration ins Firmennetzwerk

- Zubehör (z.B. Tasche) - UMTS via USB-Stick