IBM-Partnercamp

Neukunden-Initiative und Zertifizierung

16.07.2009
Beim "bestbesuchten IBM-Partnercamp seit Jahren" beherrschten Vorträge und Debatten zur Roadmap sowie zu Partneraufgaben und -konditionen das neue Kongresszentrum.

Als IBM-Cheftechnologe Gunter Dück den Anfang einer kommenden "Dynamic Infrastructure" zu Ende skizziert hatte – und dabei so ziemlich keinen Aspekt ausgelassen hatte, der eine kommende IT-Infrastruktur wirkliches Leben einhauchen würde: beispielsweise schnelle Krankenvisitationen via Web und digitale Krankenakte, Fuhrpark- und Container-Management via RFID, Strommanagement in Privathäusern und -wohnungen mittels konsequent verbrauchsgesteuerter Stromzuteilung in Echtzeit, aber auch Seniorenpflege via Webkameras und vieles anderes mehr, dankten ihm die IBM-Partner den launigen Vortrag mit viel Applaus.

Nicht nur, weil Dück am Ende des zweitägigen Partnercamps (am 13. und 14. Juli in Stuttgart) die rund 400 Partner mit der Botschaft nach Hause entließ, dass die kommenden technologischen Prozesse eine Menge Arbeit und damit Partner-Aufträge nach sich ziehen würden, sondern weil die Partner nach zwei Tagen, rund 70 Vorträgen und Workshops auch die Botschaft verlässlich mitnehmen konnten, IBM brauche sie als Channel.

"Es gibt viel Themen, die uns zusammenrücken lassen", hatten IBMs Channel- und Mittelstands-Managerinnen und Manager zu Beginn des Partnercamps versichert – an den beiden Tage versuchten zirka 100 IBM-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, diese Behauptung thematisch mit Argumenten, Vorträgen und in Diskussionen, letztere vor allem im Foyer des angenehm weitläufigen Messegebäudes, mit Leben zu erfüllen.

Server, Neukunden und PSCs

Etwa bei dem Thema Intel-Server. Dieses insbesondere im unteren Bereich vernachlässigte Segment hat neuerdings wieder einen "starken Fokus" bei IBM. Das liegt sowohl daran, dass allgemein x86-Server bald für die Hälfte aller Serverumsätze stehen werden, und es für IBM keinen Grund gibt, daran nicht partizipieren zu wollen, als auch daran, dass Big Blue sich sicher ist, dass seine Server- und Storage-Strategie in den kommenden Quartalen heißt: Neukunden gewinnen. (siehe dazu auch das Interview mit Mark Fischer, Leiter STG bei IBM Deutschland, Seite). "Unser Potential ist noch längst nicht ausgereizt", sagte stellvertretend für seine Kollegen Stefan Höchbauer, verantwortlich für das Software-Geschäft bei IBM Deutschland, zu ChannelPartner.

Dass IBM damit einen Verdrängungswettbewerb ankündigte, eigentlich bestätigte, denn diese Positionierung reicht genauso genommen bis Anfang dieses Jahres zurück, als man die in den Dämmerschlaf versetzten Partner Solution Camps wieder mit eigenen Verantwortlichen reaktivierte und zugleich mit Neubesetzungen wie Martina Koederitz und Doris Albiez die partnergetriebene Mittelstandorganisation "General Business & Channel" deutlich aufwertete – war den Partnern in Stuttgart nicht verborgen geblieben.

Sie begrüßten diese Initiative. Es käme nun darauf an, dass IBM dieser Initiative auch Treue hielte, sagte der Geschäftsführer eines süddeutschen Systemhauses. "Das wird IBM tun", steuerte Wolfgang Hafner, österreichischer Vertreter des Distributors Avnet und Marketing Manager IBM, bei. Schließlich habe Big Blue eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die auf das Partnergeschäft einen "deutlichen positiven Einfluss" (Hofer) haben sollten: So gibt IBM Kundenadressen ("Leads") an Partner ab, versucht sie, zusammen mit Kunden in die PSCs , den "Marktplätzen IBMs " (Martina Koederitz) zu bringen, und offeriert Roadshows und Events, an denen sich Partner aktiv beteiligen können, wie dem Vortrag "Das neue Messe und Event-Konzept für IBM Business Partner" eindeutig zu entnehmen war.

Zertifizierung SVI und VAP

Dass allerdings vor der Beteiligung noch einige Hürden zu nehmen sind, vor allem für kleinere Partner, wurde in Stuttgart offiziell und inoffiziell bestätigt Nachdem die neuen Software-Zertifizierungsprogramme SVI (Software Value Incentive) und VAP (Value Advantage Plus) ab Januar kommenden Jahres in Kraft treten werden, heißt das für SVI- Partner, dass sie sich binnen sechs Monaten in wenigstens einer der 14 Produktgruppen mit jeweils zwei technischen und einem Vertriebsmitarbeiter zertifiziert haben müssen, um weiter Software, die in in "Controlled Distribution" aufgelistet sind, verkaufen zu können. Während IBM dieses Programm konsequent als notwendige Befähigung ("Enablement") feiert, wurde in einigen Debatten klar, dass kleinere Partner befürchten müssen, aus dem Kreis der Partner ausgeschlossen zu werden. Zu komplex, nannten zudem einige Partner die Bedingungen, wie sie die fallbezogenen SVI-Verkäufe abrechnen müssten. Wenn sie auch umgekehrt begrüßten, dass nun erstmals die4 Beteiligung von Partnern, die vor allem beraten, weniger aber verkaufen, eindeutig feststellt werden würde. "Revisionssicher", wie ein Partner betonte.

An der VAP-Zertifizierung aber nur nach Vorlage eines Business-Plans mit komplexen Lösungen erfolgen soll, kritisierten einige Partner, sie sei aufwendig, um nicht zu sagen "überflüssig mühsam".

Allgemein jedoch nicht in Frage gestellt wurde, dass diese neue Einteilung überfällig war, um als Partner nicht mit Online- und Gelegenheits-Händlern konkurrieren zu müssen. Zudem könnten die Zertifizierungen den Partnern deutliche Vorteile bei Projekten verschaffen. Zumal wenn Partner, wie es sich IBM schon länger wünscht, auch die Möglichkeiten der Vernetzung untereinander endlich wahrnähmen. Das sei bekanntlich schon deshalb schwierig, ließen einige Partner erkennen, weil man Kunden, Projekte und deren Details nicht via Web bekannt wolle. Auch wenn IBM neuerdings Projektschutz anbietet, sagten in einer größeren Runde Partner.

Doch als aber die frohe Kunde kam, dass Partner nach einer längeren Debatte am Montagabend erreichten, dass ein Teil der Lotus-Produkte nun auch in die "Controlled Distribution" geschoben werden wird – Stichtag 1. April 2010 – war man sich einig: Aktives Networking findet auch und vielleicht besonders intensiv auf dem Partnercamp statt. (wl)