Retail Summer & IM.Top

Neuland für Ingram Micro - per Hardware zum Endkunden

04.08.2008
Ingram Micro hielt am Wochenende in Berlin mit dem "Retail Summer" und der "IM.Top" doppelt Hof. Vor Ort zeigte der Disti eine zukunftsweisende Hardware.

Von Alexander Roth

Unscheinbar sieht sie aus, wie ein "Quick-Check-In"-Automat am Flughafen - und doch ist die neue Terminalhardware von Ingram Micro möglicherweise richtungweisend für die gesamte verkaufende IT-Branche. Verkaufschef Markus Adä und Consumersparten-Chef Ernesto Schmutter stellten vergangenes Wochenende der Öffentlichkeit gemeinsam den Prototyp des so genannten "IM Sunny"vor, eine Hardware, die vielleicht schon in einigen Jahren Standard in deutschen Computerläden sein wird.

Consumersparten-Chef Ernesto Schmutter und Verkaufschef Markus Adä mit "IM.Sunny".

Anlass war die Consumer-Hausmesse "Retail Summer", die der Broadliner tradionell am ersten Augustwochende abhält; dieses Jahr hatte sich Ingram Micro erstmals Berlin als Austragungsort ausgesucht - und, in einer Art Experiment, eine zweite, norddeutsche Ausgabe seiner SMB-Messe "IMTop" mit drangehängt. Bevölkert wurden beide getrennt abgehaltenen Veranstaltungen von knapp 500 Gästen aus der Retail-Branche, rund 70 Herstellern und etwa 600 Fachhandelsunternehmen, hauptsächlich aus dem Norddeutschen Raum.

Dass sich Ingram Micro Sachen Consumer-Geschäft stärker am Point-Of-Sale (POS), also direkt in den Ladengeschäften vor Ort, präsent sein möchte, wurde bereits im vergangenen Jahr deutlich, als der Distributor sein Autoreplenishment-Angebot vorstellte. Dabei können Unternehmen ihr Warenwirtschaftsystem mit den Bestelltools von Ingram Micro koppeln: Lagerbestände sollen so automatisch aufgefüllt und damit Engpässe vermieden werden.

Dieses Jahr folgt nun das nächste POS-Angebot für Retailer: Die Hardware IMSunny wird direkt im Ladengeschäft aufgestellt und vom Endkunden für Bestellungen und zur Informationseinholung eingesetzt. Die Geräte werden wahlweise per Tastatur oder Touchtechnik bedient und enthalten das gesamte Portfolio von Ingram Micro inklusive Bestellformular, Produktinfos und -Fotos, Zubehörverlinkung und dauerhaft blinkender Herstellerwerbung. "Wiw der Inhalt konkret gestaltet wird, bleibt unseren Kunden überlassen", so Schmutter. Je nach Wunsch können eigene Margen oder eine Anzeige zur Vorort-Verfügbarkeit eingebunden oder Bestellvorgänge individualisiert werden -e twa, ob die bestellte Ware zum Endkunden nach Hause oder ins Geschäft geliefert werden soll.

Der Retail Summer fand dieses Jahr in Berlin statt.

Schmutter sieht in dem Terminal immenses Potential für den stationären IT-Handel: Mit den Geräten könne "jeder Markt ein Sortiment ohne jedes Lagerrisiko auf ein nahezu unbeschränktes Portfolio von 40.000 Produkten erweitern und dabei aktives Crosselling betreiben, vor allem was Komplementär- und Zubehörprodukte angeht." Ein weiteres Bonus sei zudem, dass mit den Geräten auch das Verkaufpersonal geschult werden könne.

Noch wendet sich Ingram Micro mit den Terminals nur an seine Retailkunden; das Potential sei aber so groß, dass vielleicht in "einer etwas ferneren Zukunft auch der SMB-Handel einsteigen" könnte - so sieht das zumindest Markus Adä. "Wir sind davon überzeugt, dass genau diese Art des Endkundenmarketings von seiten der Industrie eine große Zukunft für die gesamte Branche hat. Aber auch für uns ist das bislang Neuland", so der Manager.

Die Resonanz sei bislang enorm: Mit der Retail-Kette Metro, welche die Geräte bald schon einführen will, habe Ingram bereits ein namhaftes Pilotprojekt vorzuweisen, zudem sei man mit rund 200 weiteren Unternehmen in "ernsthaften Verhandlungen" - die Anfragen würden von Tag zu Tag zunehmen.

Zum Thema "Autoreplenishment" hatte Schmutter eine erste Bilanz dabei: Ingram Micro habe über das vergangene Jahr die Kundenzahl hier auf 60 Unternehmen gesteigert. Ein Vergleich habe gezeigt, dass diese Firmen im Durchschnitt 12 Prozent mehr Gesamtumsatz machten als andere, unabhängig davon. Schmutter: "Wir können damit beweisen, dass mit dem richtigen Sortiment vor Ort einfach mehr Geschäft gemacht wird."

Allgemeine Angaben vom Consumer-Geschäft von Ingram Micro blieben dagegen aus. Adä betonte, das vergangene Jahr sei "zufriedenstellend" gelaufen, blieb allerdings nur vage mit seinen Aussagen. Zu kämpfen gehabt habe man mit dem branchenweiten Problem des Preisverfalls bei Notebooks und PCs, dagegen habe sich das Flachbildschirm- und Panelgeschäft "hervorragend" entwickelt.

Das "Experiment" norddeutsche IM.Top scheint für Ingram Micro indes aufgegangen zu sein: Statt der erwarteten 500 Fachhandelsunternehmen kamen 600 mit insgesamt 1.200 Personen in die Haupstadt gereist. Adä zeigte sich hocherfreut: "Viele haben sich gewundert, dass wir mit der IMTop nach Berlin gegangen sind, wo doch in der Region kaum IT-Händler zu finden sind. Wir wollten aber bewusst hierhin. Die Resonanz hat unsere Erwartungen übertroffen, wie haben etliche Fachhändler aus Postleitzahlengebieten angetroffen, die in auf der Münchner IM-Top kaum vertreten sind."

Auf den 3.200 m² Messefläche dominierten zwei Themen, namentlich Spezialisierung und Frachtkosten. Adä berichtete gegenüber ChannelPartner, dass er mit Freuden sehe, dass immer mehr kleinere Händler auf den Zug "Spezialisierung" aufstiegen und die entsprechenden Angebote von Ingram Micro, auch aus dem hauseigenen "VAD-Bereich", in Anspruch nehmen würden. Der Manager hob hier das Thema Virtualisierung hervor. Zur Frachtkostenthematik sagte er, dass seiner Wahrnehmung nach der Handel spüre, was vor sich gehe: Zum einen stiegen die weltweiten Benzinpreise und damit die Importkosten weiter drastisch, währen gleichzeitig die Hardwarepreise weiter fielen: Dies sei mit den herkömmlichen Frachtkosten-Konditionen einfach nicht mehr zu vereinbaren: "Zumindest hier herrscht Konsenz." (aro)